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Hunderttausende betrügen bei der Maut

Die Überschrift klingt scheiße. Oder? Und wenn man bei „20 Minuten.ch“ weiter liest, entdeckt man folgendes:

Um die Zahlungsmoral der Brummi-Fahrer ist es schlecht bestellt. Im vergangenen Jahr erwischten die deutschen Behörden 122 000 Mautpreller.

Wow. Was für eine beeindruckende Zahl. Einhundertzweiundzwanzigtausend Betrüger. Oder Gauner. Gut, von mir aus auch Bauernfänger.
Da ist es doch toll, wenn man später im Beitrag erfährt, dass dies einer Quote von 0,6 % aller kontrollierten Lkw entspricht. Oder anders ausgedrückt: 99,4% aller Lkw – Fahrer halten sich an Recht und Gesetz.

Das ist doch eigentlich eine positive Nachricht. Aber wohl nicht gut genug. Also präsentiert man als Aufmacher erst einmal Horrorzahlen. Klar. Macht sich ja auch besser.

17 Comments

  1. Chris
    Chris 27/02/2011

    Schlagzeilen bestimmen den Leser. Das ist das erste,was Journalisten lernen. Das zweite ist das blinde abschreiben von Agenturmeldungen.

  2. Kommentator
    Kommentator 27/02/2011

    Die Schlagzeile ist wirklich blöd und sagt tatsächlich mehr über den Verrottungszustand der Medien als über Mautkontrollen. Ich frage mich übrigens, wie oft ein defektes Mautgerät oder ein Aussetzer der Mautbrücke für den „Betrug“ verantwortlich waren.

    Was mich zuerst stutzig machte, waren übrigens die nackten Zahlen: Die 18.944.433 Lkw, die 2010 laut Pressemeldung kontrolliert wurden, bedeuten 51.903 Kontrollen pro Tag bzw. 2.163 Kontrollen pro Stunde – wenn rund um die Uhr (!) an jedem Tag des Jahres (!!) kontrolliert wird.
    „WTF“, dachte ich, das geht doch garnicht, dafür müßten Heerscharen von Kontrolleuren alle Autobahnen dauerhaft absperren…
    Es sind aber wohl im Wesentlichen automatische Kontrollen durch die Mautbrücken, das kommt schon eher hin.

  3. Luigi
    Luigi 27/02/2011

    So viel zur Qualität der Medien. Doch sie wird besser dank des Internets und vor allem Dank der Blogger die nicht einfach nur Schlagzeilen konsumieren sondern auch hinterfragen und nicht nur einer Quelle vertrauen.

  4. Symm
    Symm 27/02/2011

    Tja das erinnert mich an die Bild-Zeitung diese Woche.

    „8,5 mal höheres Krebs-Risiko durch Oral Verkehr.“

    Das man durch Oralverkehr einem höherem Krebsrisiko ausgesetzt ist, stimmt zwar, da die Krebsart die durch Humane Papillomavirus ausgelöst werden kann. Allerdings liegt die Chance normal nur bei 0,013% und wird durch Oralverkehr auf 0,11% erhöht.

    Hauptsache Panikmache

  5. Ralf
    Ralf 27/02/2011

    Die habens aber mit dem Aufrunden, die Schweizer. Von 18,9 Millionen auf 20 Millionen. Von 122Tsd auf Hundertausendende.

    Demnächst in 20 Minuten Online: Weltuntergang in 2012!! Wie Wissenschaftler (amerikanische, britische und chinesische, sowie deutsche und isländische und ganz viele aus ganz vielen anderen Nationen) festgestellt haben, hat das Jahr 2012 rund 400 Tage. Das kann ja nicht gut gehen.

  6. Sven
    Sven 27/02/2011

    In diesem Zusammenhang kann ich mich noch an meinen 250-EUR-Bußgeldbescheid erinnern.
    Ich war unterwegs im Süden dieses (achso tollen) Landes, hatte (mal wieder) einen Totalausfall des Gerätes der tollen Collecte, und musste eine Tankstelle mit Mautterminal suchen.
    Diese Suche dauerte ganze 2 Stunden, brachte 100 zusätzliche Kilometer, und letztenendes fand ich trotzdem keine Tankstelle mit Mautterminal.

    Ich beschloss, die nächste Autobahnauffahrt zu nehmen, nach welcher sofort ein Rasthof mit Mautterminal kommt – Distanz zwischen Auffahrt und Rasthof waren weniger als 2km.
    In dieser Auffahrt lungerten die Straßenstricher der BAG herum, und hängten sich sofort vor mich, mit der tollen roten LED-Laufschrift.

    Es half alles nichts – kein Argument war schwer genug um zu erklären, dass ich im Prinzip keine andere Wahl hatte als so zu handeln.

  7. Spacefalcon
    Spacefalcon 27/02/2011

    Wundert mich eigentlich nicht, dass aus der eigentlich guten Meldung (zumindest aus Sicht des Staates), der Umkehrschluß zum Aufmacher wird.

    Das Volk will betrogen werden, es interessiert sich einen Feuchten (zumindest habe ich vielerorts den Eindruck) um die wahren Gründe / Fakten.

    @Sven:
    Bei dem Fall wäre ich gegen angegangen, aber ich meine mich zu entsinnen, dass wir das Thema schon einmal hatten. 😉

  8. actro
    actro 27/02/2011

    Maik, aus Dir wird nie ein guter Sensationsjournalist..*befürcht*

  9. Spacefalcon
    Spacefalcon 27/02/2011

    Sensationsjournalisten sind mir eh suspekt… 😉

  10. maik
    maik 28/02/2011

    @Kommentator: Ein Problem besteht darin, dass Fahrer die die Maut manuell – also an einem Mautterminal – zahlen, eine feste Strecke eingeben und akzeptieren müssen.
    Besonders in Ballungsräumen ist das teilweise schwierig. Wie schnell hat man eine Ausfahrt verpasst oder landet auf der falschen Autobahn >>> A2, A40, A42. Oder A5 und A67. Alle laufen sie parallel zueinander.

    Auch kann es passieren, dass eine falsche Achszahl eingestellt ist. Nicht immer achtet man darauf. Fährt man z.B. Solo (also mit zwei Achsen) und das Mautgerät zeigt fünf Achsen an (mit Auflieger) macht man sich strafbar – obwohl man in diesem Fall nicht den Staat, sondern seinen Arbeitgeber bescheißt.

    Ein weiteres Problem beschreibt @Sven recht gut.

    @Luigi: Du überbewertest den Einfluss der Blogosphäre. Schon lange bevor Blogger auf Missstände hinwiesen, taten dies normale Leser.
    Hat sich etwas geändert? Ich glaube nicht!

    @Symm: Du hast mein Wochenende gerettet 🙂

    @Ralf: Dieses Blatt wird kostenlos vertrieben und da muss man auf solche Meldungen setzen.
    Trotzdem hält sich mein Verständnis in Grenzen.

    @Spacefalcon: Viele verlangen halt nach seichten Nachrichten. Das verstehe ich. Wer liest schon früh um sechs auf dem Weg zur Arbeit im Bus oder dem Zug die FAZ oder Süddeutsche Zeitung?

    @actro: Aus mir wird nicht einmal ein guter Mensch.

  11. Spacefalcon
    Spacefalcon 28/02/2011

    Wer liest schon früh um sechs auf dem Weg zur Arbeit im Bus oder dem Zug die FAZ oder Süddeutsche Zeitung?

    Öhm…

  12. actro
    actro 28/02/2011

    Also, das würd ich so jetzt nicht unterschreiben, Maik..

  13. Ralf
    Ralf 28/02/2011

    Maik, dein Blog wird auch kostenlos vertrieben und musst du deswegen auf solche Schlagzeilen setzen?

    Das sind Zeitungen für Menschen die nicht denken wollen und Gratis-Zeitungen klauen. Man könnte nun argumentieren wo eine Nachfrage besteht wird jemand diese durch ein entsprechendes Angebot befriedigen. Aber ich befürchte, dass die Nachfrage nach solch „leichter“ Kost erst dadurch entsteht, indem sie angeboten wird. Sprich: Gäbe es mehr qualitativen Journalismus, gäbe es mehr denkende Menschen.

  14. maik
    maik 03/03/2011

    @Ralf: Es gibt qualitativen Journalismus. Nur kostet dieser etwas mehr als Boulevard oder Lokal.
    Warum sind Leser nicht bereit, zwei Euro mehr pro Tag dafür auszugeben?

  15. Spacefalcon
    Spacefalcon 04/03/2011

    Warum?

    Weil viele inzwischen das Geld dafür nicht mehr über haben!

    Alle Kosten steigen, steigen die Löhne / Gehälter? Jein, zum Teil ist bei den Steigerungen hier nicht einmal die Inflation ausgeglichen.

    Bei solchen Konstellationen überlegt man sich zweimal, ob man diese 2 Euro über hat.

    Früher hatte ich die FAZ bspw. im Abo, heute „nur noch“ im Reader, und da bin ich ehrlich, sollte dieser mal kostenpflichtig werden, dann werde ich den wohl nicht mehr haben, denn ich kann Geld nur einmal ausgeben und bei der Wahl, zwischen Zeitung und Essen / Energie / und ein wenig Luxus, da muß ich nicht lange überlegen….

  16. maik
    maik 04/03/2011

    @Spacefalcon: Wer 60 Cent für eine BILD über hat, kann auch 1.30 Euro mehr für die Süddeutsche ausgeben.
    Ich mache es ja auch und bin nicht intellektuell 🙂

  17. Ralf
    Ralf 05/03/2011

    @Maik: Das die FAZ kein kleines Blättchen ist, zeigt doch das es genug Menschen gibt die bereit sind für qualitativen Journalismus Geld auszugeben.
    Auch gibt es im Ruhrgebiet kostenlose Blätter (von der WAZ gedruckt, nennen sich Nord-, Süd-, West- und Ost-Anzeiger, je nach Stadtteil) die ohne solche Schlagzeilen auskommen.
    Ich bezweifele ernsthaft das man miesen Journalismus machen muss wenn man für ein kostenloses Blatt schreibt. Denn z.B. die Anzeigenpreise richten sich nach den Auflagezahlen. Und wenn diese hoch sind, lassen sich auch kostenlose Blätter refinanzieren.

    Dumm nur ist, dass dieser Verblödungsjournalismus bereits weite Teile der Bevölkerung davon überzeugt hat das dies „Qualität“ darstellt. Wenn die Leute also ernsthaft glauben das Boulevard etwas mit Journalismus zu tun hat, dann kann man problemlos behaupten die Leute würden Boulevard wollen um sich zu informieren. Klingt nach Teufelskreis.

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