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Würgh :(

Durch eine im August 2010 eingeführte Änderung der italienischen Straßenverkehrsordnung sind Lkw-Fahrer ab sofort verpflichtet, Geldstrafen vor Ort sofort und in bar zu bezahlen, wenn Unregelmäßigkeiten oder Verstöße festgestellt werden. Kann ein Fahrer die oft erheblichen Summen nicht zahlen (z. B. kostet eine Geschwindigkeitsüberschreitung zwischen 10 und 40 km/h bis zu 598,- EUR), kann das Fahrzeug stillgelegt werden. Eine Bezahlung der Strafen per Kreditkarte soll nicht möglich sein.

Derzeit wird geklärt, ob diese Änderung der Straßenverkehrsordnung überhaupt rechtens ist, da sie auch einen Unterschied zwischen der Behandlung von Pkw und Lkw macht.

Im konkreten Fall hatte die Sattelzugmaschine eines deutschen Transportunternehmers im Hafen von Genua einen aus Tunesien ankommenden Auflieger übernommen. Anstatt die geplante Pause in Genua vorzunehmen, hatte der Fahrer das bestehende Fahrverbot in Italien um 5 Minuten überzogen, um einen nahegelegenen Parkplatz anzusteuern. Die Schicht-, bzw. Lenkzeiten wurden dabei nicht überschritten.

Im Rahmen einer Polizeikontrolle auf der Autobahn kurz vor Erreichen des Parkplatzes bekam der Fahrer die Anweisung in den Hafen von Genua zurück zu fahren. Gegen ihn wurde eine Strafe von 420,- EUR verhängt.
Des Weiteren wurden ihm sämtliche Fahrzeugpapiere, die EU-Lizenz und der Führerschein abgenommen und der Lkw in einem abgezäunten Bereich des Hafens abgestellt.

Laut Aussage der zuständigen italienischen Polizeibehörden in Genua wurden die Sattelzugmaschine und der Auflieger für 4 Wochen beschlagnahmt, der Fahrer muss sich in dieser Zeit ebenfalls beim Fahrzeug aufhalten und darf dieses nur zwei mal täglich für jeweils 15 Minuten verlassen. Versucht wird derzeit, die Ladung frei zu bekommen, um sie dem Empfänger zustellen zu können.

Der betroffene Unternehmer hat letztendlich nur die Möglichkeit gegen diese Vorgehensweise beim zuständigen Gericht anzugehen. Dieser Vorfall zeigt, wie hart die italienischen Behörden schon bei kleineren Verstößen vorgehen.

Quelle: Mitteilung des DSLV vom 10.09.2010

16 Comments

  1. hajo
    hajo 11/09/2010

    he, die sind ja noch schlimmer als die Nachkommen der Raubritter in/an einem europäischen Gebirgszug 🙁

  2. Ralf
    Ralf 11/09/2010

    zweimal 15 minuten je tag in 4 wochen? da müsste normalerweise schon der europäische gerichtshof wegen verstosses gegen die menschenrechtskonventionen einschreiten.

  3. maik
    maik 11/09/2010

    @Ralf: Wenn es wirklich so ist, absolut. Aber wichtig sind natürlich andere Dinge:

    Versucht wird derzeit, die Ladung frei zu bekommen, um sie dem Empfänger zustellen zu können.

  4. Ralf
    Ralf 11/09/2010

    @maik: Zeigt mal wieder das es wesentlich effektiver ist die Ware/Ladung zu beschlagnahmen und den Fahrer ziehen zu lassen. Geldstrafen haben ohnehin kaum noch Wirkung. Selbst Gewinnabschöpfung ist im Grunde genommen lächerlich. Zehn-, zwanzigmal fährt man überladen und einmal wird man erwischt und der Mehrgewinn abgeschöpft. Da lachen doch die meisten Unternehmer drüber.

    Aber bei Konventionalstrafen die teilweise das Doppelte des Auftragswertes darstellen, verbiegen sich die Unternehmer bis zum geht nicht mehr. Aber bevor man effektiv gegen Unternehmen vorgeht, werden noch so einige Arbeitnehmer den Kopf hinhalten müssen.

  5. Bernd
    Bernd 11/09/2010

    >der Fahrer muss sich in dieser Zeit ebenfalls beim Fahrzeug aufhalten und darf dieses nur zwei mal täglich für jeweils 15 Minuten verlassen

    Freiheitsberaubung ohne Gerichtsverfahren, anyone?

  6. Sven
    Sven 12/09/2010

    Da ist Knast/Guantanamo die reinste Erholung gegen!
    Selbst ein Häftling hat Anspruch auf 6qm, eine Toilette und ausreichende Hygiene – aber LKW-Fahrer sind doch eh nur Menschen zweiter Klasse! *geradeleichtzornig*

  7. actro
    actro 12/09/2010

    Ich hatte das schon vor einigen Tagen in der Verkehrsrundschau gelesen und war erschüttert.

    Ich hab auch noch einen Lappen in Bozen liegen und fahre deshalb nicht mehr dahin.. 😉

    Es zeigt mal wieder, daß die Italiener sich über Enstscheidungen aus Brüssel gerne hinwegsetzen.
    (Europäischer Gerichtshof, Rechtssache C-235/94)

    Die Leitlinien sollte man übrigens ausgedruckt im Fahrzeug mitführen, sind eine nette Argumentationshilfe bei Kontrollen..

  8. mamas Sohn
    mamas Sohn 12/09/2010

    Unglaublich, dass es sowas gibt. Seit Ihr Lkw – Fahrer Menschen 2. Klasse?

    >Derzeit wird geklärt, ob diese Änderung der Straßenverkehrsordnung überhaupt rechtens ist, da sie auch einen Unterschied zwischen der Behandlung von Pkw und Lkw macht.

    Auch das ist beschämend. Macht man denn auch Unterschiede bei einer Straftat?

  9. actro
    actro 12/09/2010

    Den Unterschied bekommen wir täglich zu spüren. Wir werden inzwischen automatisch als „böse“ klassifiziert.
    Da kannste noch so unschuldig sein, die Vorverurteilung findet automatisch statt.
    Dabei sind wir, wenn man es genau überlegt, „Profis“ im Gegensatz zum gemeinen PKW-Lenker..
    Wenn man dann die Zahl der täglich verhinderten Unfälle durch unser Mitdenken den tatsächlich passierten gegenüberstellt..die sind aber leider statistisch nicht erfassbar.
    Ich bin für die Pflichtaustattung aller LKW mit „Blackboxen“, die das Geschehen vorn und seitlich per Video dokumentieren.
    Mit dem LKW kommt man nunmal schneller an die physikalischen Grenzen und es ist eindeutig unseren Fähigkeiten zu verdanken, daß es da nicht mehr Tote gibt.

    Ach..ich könnt jetzt stundenlang schreiben..ändern wird sich trotzdem wohl nichts..

  10. Ralf
    Ralf 12/09/2010

    @actro: „Dabei sind wir, wenn man es genau überlegt, “Profis” im Gegensatz zum gemeinen PKW-Lenker..

    Genau das wird dir als LKW-Fahrer ja immer vorgehalten. Du MUSST es ja besser wissen, so als Profi. Dem „unerfahrenen“ PKW-Fahrer gesteht man den einen oder anderen Fehler zu. Außerdem bist du nicht nur LKW-Fahrer, sondern auch PKW-Fahrer, kennst also beide Seiten. Ein PKW-Fahrer kennt nur seine Sicht und weiß gar nicht was du als LKW-Fahrer alles nicht sehen kannst. Mitdenken ist für dich als BKF-Profi also Pflicht.

    Ich frage mich allerdings ob man die Merkel 4 Wochen da hätte rumhängen lassen wenn die gegen die Verkehrsregeln verstoßen hätte. Oder einen Top-Manager von Siemens, RWE oder Eon. In solch einen Fall wäre wohl gleich mal die komplette deutsche Botschaft aufgelaufen und hätte alle Hebel in Bewegung gesetzt um die Person frei zu bekommen.
    Bei einen popeligen Arbeitnehmer aus der untersten Kaste tut sich da mal gar nix. Ich glaube nicht einmal das einer von der Botschaft das Bußgeld vorstrecken würde damit man wenigstens weiter fahren kann. So dolle kümmert sich dieser Staat um seine Bürger zweiter und dritter Klasse.

  11. Sven
    Sven 12/09/2010

    @ actro + Ralf:
    Die deutschen LKW-Fahrer, egal ob nah oder fern unterwegs, egal ob Schüttgut, Stückgut, Tank- oder Silofahrzeug, sollten echt mal die Hemmungen verlieren und für zwei oder drei Tage neuralgische Knotenpunkte in Deutschland dicht machen, und parallel dazu auf die zahlreichen Missstände in dieser Branche öffentlich aufmerksam machen, denn diese gibt es ohne Frage zuhauf.

    Achja, Wunschträume…

  12. […] Maik hat nun mal einen Beitrag veröffentlicht, in welchem recht deutlich zu erkennen ist, dass nationales und auch internationales Recht (teilweise selbst Menschenrecht) auf alles und jeden angewand wird, selbst bei dem größten Abschaum unserer Zivilisation, aber nicht bei denen, welche einfach nur ihren Job ausüben und bereits als “kriminell” abgestempelt werden, wenn sie nur ihr Arbeitsgerät besteigen. […]

  13. Marco B.
    Marco B. 12/09/2010

    Verstehe ich nicht. Warum verschwindet der nicht einfach? Um den Truck können sich die Anwälte kümmern, die sind dafür da. Aber der Fahrer muss das Spiel nicht mitmachen. Ab zum Bahnhof oder zum Bahnhof einen Ort weiter und nach nach Hause.

  14. Wex Stallion
    Wex Stallion 13/09/2010

    @Marco B.:

    a.) Wenn ein Gericht entscheidet, daß der Fahrer das Fahrzeug nur 2 x 15 Minuten täglich verlassen darf, dann könnte man vielleicht auf die Idee kommen, dass das auch durch die Polizei oder sonstige Kontrollorgane kontrolliert wird. Eine solche Kontrolle kann erleichtert werden, z.B.

    b.) wenn „der Lkw in einem abgezäunten Bereich des Hafens abgestellt“ wird.

    Da stellt man sich spontan die Frage, ob es möglich ist aus dem Führerhaus heraus die Schaluppe abzufackeln …

  15. Gilly
    Gilly 13/09/2010

    Nicht aufregen. Einfach immer 2000€ in Bar mitführen. Achso und natürlich die Schlösser an den Türen verriegeln um gegen Diebe gewappnet zu sein….

    Junge Junge, da gehen Sachen ab o_O

  16. RattenRobert
    RattenRobert 13/09/2010

    @Ralf (10): Ich kann mich an den April oder Mai diesen Jahres erinnern – da gab es ein Flugverbot in weiten Teilen Europas. Da wurde die Merkel samt Ihrer Gefolgschaft von Rom aus nach Bolzano mit einem Bus chauffiert.

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