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Schweiz – Elend

Es sieht aus wie ein Flugfeld, ist aber der neue „Truckstop Gotthard“. Was auf den ersten Blick toll klingt, ist aber eine Mogelpackung, denn dieser „Truckstop“ ist in das Areal des Schwerverkehrszentrums in Erstfeld integriert. Das heißt, dass von dort der gesamte Schwerverkehr in Richtung Italien dossiert wird.

Truckstop Gotthard

Auf dem gesamten Gelände haben ca. 400 Lkw Platz. Für die, die im Fall einer „Phase Rot“ ganz hinten stehen, ist der Tag vorrüber. Gegen diesen Frust hilft auch ein Truckstop nicht weiter.

Ich will kein schweizer Käsefondue, sondern freie Fahrt durch dieses Land. Es ist demütigend, mit einem Lkw durch die Schweiz fahren zu müssen.
Das beginnt schon am Zollamt in Weil am Rhein. Täglich stauen sich die Lkw auf zig Kilometer. Viele stellen sich bereits am Abend vorher in den Stau, nur um am nächsten Morgen nicht noch mehr Zeit zu verlieren.
Für die, die im Stau stehen, gibt es keine Einkaufsmöglichkeit, keinen Kiosk, von Toiletten und Waschmöglichkeiten ganz zu schweigen. Wo bleibt da die Menschenwürde? Pisse ich notgedrungen an den Strassenrand, gelte ich als Schwein. Doch werde ich vom Staat nicht dazu gezwungen?

In der Schweiz geht es weiter. Ich werde kontrolliert und schikaniert, oftmals brauche ich für die lumpigen 280 Kilometer einen ganzen Tag.
Dann der Zollhof in Chiasso – dreckig und schmierig, dazu tiefe Schlaglöcher. Dort fühle ich mich jedesmal wie in einem Land der dritten Welt.
Bin ich als Lkw – Fahrer nicht mehr wert? Warum darf mir irgendein Schweizer Provinzpolizist ins Gesicht rotzen, indem er wegen irgendwelchen fadenscheinigen Gründen eine „Phase Rot“ verfügt? Oder weshalb muß ich mich von arroganten Zöllnern anmachen lassen?

Sorry, aber was soll ich über ein Land denken, was mich behandelt wie einen Aussätzigen? Bin ich Abschaum, nur weil ich mit einem Lkw über die Alpen fahren muß?
Ich will keinen besonderen Status oder ähnliches, sondern nur ein wenig Wertschätzung für die Arbeit die ich mache! Ist das etwa zuviel verlangt?

18 Kommentare

  1. buntklicker.de
    buntklicker.de 05/03/2009

    Es geht nicht um Dich persönlich. Die Schweizer werden Dich anständig behandeln, wenn Du mal keinen LKW dabei ist.

    Die Schweiz wünscht keinen LKW-Transitverkehr, und da sie ihn aufgrund irgendwelcher Abkommen mit der EU oder warum auch immer nicht einfach verbieten kann (was die ehrlichste Lösung wäre), schikaniert sie ihn nach Kräften. Die Hoffnung ist natürlich, daß es durch die langen und unberechenbaren Wartezeiten unrentabel und unattraktiv wird, und daß der Warentransit sich andere Wege sucht als ausgerechnet mit dem LKW durch ein kleines Alpenland.

    Ist das so schwer zu verstehen?

  2. Maik
    Maik 05/03/2009

    Andere Wege? Welche denn? Etwa per Bahn? Das ich nicht lache!
    Die Bahn ist unflexibel und braucht viel zu lange. Ich nehme mal als Bsp. die RoLa von Novara nach Freiburg.
    Komme ich 5 Minuten zu spät, ist mein gebuchter Platz bereits wieder vergeben und ich kann stundenlang auf den nächsten Zug warten – vorrausgesetzt auf diesen ist noch ein Platz frei.
    Warum schaffen es die Schweizer nicht, jede Stunde solch einen Zug fahren zu lassen?

    Das Versagen der Politik auf den Rücken derer auszutragen, die dafür am wenigsten können, ist einfach nur armselig!

    PS. Im übrigen verdient die Schweiz sehr gut am Transitverkehr!

  3. Tom
    Tom 05/03/2009

    Ohje, Dein Reizthema 🙂

    Wo stehst Du eigentlich. Da Du on bist, wohl schon in DeutscheLande.

  4. buntklicker.de
    buntklicker.de 05/03/2009

    Nun ja, viele Transporte sind vielleicht einfach unnötig? Zeug wird von irgendwo durch halb Europa hergekarrt, weil es ein paar Cent billiger ist als vom Anbieter um die Ecke, und Transporte so schweinebillig sind. Kannst Du in jedem Supermarkt in Europa sehen — und noch öfter siehst Du es nicht, weil den Produkten nicht anzusehen ist, aus welchen Ecken der Welt die Teile und Zutaten herkommen.

    > Warum schaffen es die Schweizer nicht, jede Stunde solch einen Zug fahren zu lassen?

    Gute Frage. Das weiß ich auch nicht.

    > Das Versagen der Politik auf den Rücken derer auszutragen, die dafür am wenigsten können, ist einfach nur armselig!

    Was den Mangel an gastronomischen und sanitären Einrichtungen etc. angeht, stimme ich Dir zu. Das ist wirklich armselig.

    > PS. Im übrigen verdient die Schweiz sehr gut am Transitverkehr!

    Aha. Das sehen die Schweizer glaube ich anders. Jedenfalls wollen sie weniger Transit-LKW — per Volksabstimmung haben sie vor gut zehn Jahren beschlossen, die Anzahl der Transit-LKW relativ zum heutigen Stand in etwa zu halbieren. Und daran arbeiten sie halt jetzt — mit der hohen Maut, mit den Schikanen und der Zone Rot, und mit neuen Eisenbahntunneln, die durch die Maut finanziert werden. (Diese Tunnel bräuchte man ohne die Transitwarenströme nicht; die Schweiz selbst hat davon wenig Nutzen.)

  5. Maik
    Maik 05/03/2009

    Oh je, die „Alpeninitiative“ 🙂

    Laut der sollen in diesem Jahr nur noch 650 000 Lkw über den Gotthard rollen. So viele waren es letztes Jahr bereits im September.
    Warum?

    1. Weil es die Bahn nicht schafft!
    2. Weil jeder weis, dass es ohne Lkw nicht geht!

    Wer sonst als ein Lkw, liefert die Ware pünktlich?

    In einer Raststätte bei München erlebte ich folgendes: Zwei Männer (Mitte zwanzig) kamen hinein und schimpften laut über die vielen Lkw.
    Der eine ging zum Kühlregal und nahm zwei Flaschen Evian…

    Was ich damit ausdrücken will: Ich kann das Gequatsche über den angeblichen Lkw – Wahnsinn nicht mehr hören.
    Der Endverbraucher trägt daran eine erhebliche Mitschuld.

    Aber lassen wir das. Ich gehe jetzt in meine Koje und träume von saftigen Bergwiesen, auf denen prächtige Kühe weiden und warte darauf, dass ein Almödi mich zum Essen ruft…

  6. buntklicker.de
    buntklicker.de 05/03/2009

    > Der Endverbraucher trägt daran eine erhebliche Mitschuld.

    Natürlich. Keine Frage.

    Die Verbraucher müssen daran gewöhnt werden, daß Ware, die von weit her kommt, auch teurer ist als solche, die in der Region aus regionalen Produkten erzeugt wurde. (Das wird sie erst, wenn die Transportpreise ganz erheblich steigen.)

    Dann wird das Frachtvolumen auch wieder runtergehen oder wenigstens nicht mehr so wachsen wie bisher — von der momentanen Krisenschockstarre vielleicht abgesehen.

    Stattdessen ist es offenbar gerade im gastronomischen Bereich so, daß gezielt von weit her kommende Produkte zu extrem hohen Preisen angeboten werden (gerade bei Mineralwasser), die man sich bei regionalen Produkten nicht abzurufen traut — obwohl das Mineralwasser als Italien, Frankreich oder England im Einkauf nur ein paar Cent teurer ist als das gleichwertige von nebenan. Wasser durch halb Europa nach Deutschland zu karren ist ja wohl der größte Schwachsinn überhaupt. Aber die blöden Verbraucher lassen sich diese Verarsche bieten und zahlen die fünf bis sieben Euro für die Flasche San Pellegrino, Evian oder was weiß ich.

  7. Beifahrer
    Beifahrer 06/03/2009

    Interessant zu sehen, dass die Stellen aus „Vom Herzchirurgen zum Fernfahrer“ also doch so nah an der Realität sind.

  8. spottdrossel
    spottdrossel 06/03/2009

    Sollen wir Dir das kleine Scheißding untertunneln?

  9. Maik
    Maik 06/03/2009

    Nein, dass will ich ja garnicht 😉 .

    Ich kenne viele Schweizer und viele denken genauso. Mit den Menschen habe ich auch keine Probleme. Nur das „drumherum“ halt… 🙂

  10. Paddy
    Paddy 06/03/2009

    Ein Problem ist, dass wir Schweizer (bzw. die bei uns verantwortlichen Stellen) unfähig sind, Strassen von Anfang an so zu bauen, dass sie nicht nur das heutige, sondern auch das mutmassliche Volumen von morgen und übermorgen schlucken können. Wenn’s heute drei Röhren durch den Gotthard braucht, sollten sie gleich fünf bauen. Die Mehrkosten wären ein Bruchteil von dem, was der Ausbau auf fünf Röhren in 10 Jahren kosten wird. Und die LKWs könnten auf zwei, die PKWs auf drei Spuren rollen.

  11. Mathias
    Mathias 06/03/2009

    Das Problem mit dem Strassenausbau habt nicht nur Ihr in der Schweiz. Nimm in Deutschland die A5 zwischen den Reiskirchener und dem Hattenbacher Dreieck. Jahrelang Baustelle, aber ein sechsspuriger Ausbau erfolgte nicht.
    Solche Bsp. gibt es viele.

  12. Thomas
    Thomas 06/03/2009

    Ich bin ja sowieso der Meinung, daß der Transitverkehr, ob nun in der Schweiz in Österreich oder Deutschland oder wo auch immer, auf die Schien gehört.

  13. Der aus Melle
    Der aus Melle 06/03/2009

    Thomas, ich liebe Menschen, die eine eigene Meinung haben. Auch wenn diese irrsinnig ist.

  14. Thomas
    Thomas 06/03/2009

    @Der aus Melle: Schon viele Visionäre sind von ihren Zeitgenossen für Irrsinnig gehalten worden 😉

  15. Steffi
    Steffi 07/03/2009

    Naja, ich finde, die Schweiz schlägt auch jede Menge Profit aus der Transitlage. Transporte aus oder nach Italien gehen eben nur über die Schweiz oder den Nachbarn Österreich. Allerdings waren die Schweizer immer schon etwas Besonderes (wobei ich sie hier nicht beleidigen möchte oder so, finde es gut, dass sie bis heute daran festhalten, nicht der EU beizutreten und das, obwohl sie mitten drin liegen). Ich finde es den Truckern gegenüber nur nicht fair, jetzt Hindernisse einzubauen. Das hätte man sich früher überlegen müssen. Gegenden wie zB das Ruhrgebiet als „Mittelpunkt“ Europas bauen auf die Logistik und passen sich ihr an, die Schweizer arbeiten dagegen mit ihren ganzen Vorschriften… Ein bisschen spät finde ich.

    @ Thomas: die Bahn als Transportmittel ist ja gar nicht sooo schlecht. Aber es lohnt sich einfach nicht für kleine Sendungen oder kurze Strecken. Bis Du die Sachen beim Kunden abgeholt, zum nächsten Bahnhof gebracht, verladen, verfrachtet, endladen und zum Kunden gebracht hast, vergeht i.d.R. mehr Zeit als auf dem LKW weg. Der LKW ist einfach flexibel, was die Bahnschiene nun bekanntlich nicht ist. Es gibt sicher Strecken, wo es nützlich ist. Aber es lohnt nur, wenn genug zusammen kommt. Oder Container über weite Strecken transportiert werden. Ich nutze unsere Bahnabteilung z.B. für Transporte nach Kasachstan oder Vorkuta oder Magadan in Russland, an entlegenden Stellen wo kein Auto mehr fahren kann. Da lohnt sich das.
    Aber denk doch zB mal an das Extrem Lebensmitteltransport. Bei dem Aufwand der für die Verladung betrieben werden muss, sowohl zeitlich als auch finanziell, würde es sich negativ auf die Preise auswirken, wenn denn die Lebensmittel noch essbar am Ziel ankommen.
    Leider ist das Angebot an Bahnfrachtstrecken nicht so gut wie das für den Personennahverkehr. Da kann man nicht innerhalb einer Stunde 2x nach Berlin fahren ab jedem größeren Bahnhof…

    Momentan sind doch eh weniger LKW on tour … schaut Euch nur die Parkplätze an … Wir haben einige Fahrer, die ein paar Tage bei uns auf dem Parkplatz stehen und warten …

  16. Kommentator
    Kommentator 07/03/2009

    Jeder Beitrag zur Vernunft zählt…
    Ich will Truckern den Job nicht nehmen, aber insgesamt müssen wir wirklich cleverer werden und wirklich nicht mehr jeden Sch… durch die Gegend karren, den es in der Nähe auch gibt, dann wäre auch genug Platz (Parkplatz) für die notwendigen Transporte.
    Beispiel: Wir wohnen in Hamburg, meine Frau liebt das „Mineralwasser“ (ick schau auf die Analysen, ick lach mirn Ast) aus Frankreich in den schicken Pullen, ich trinke schon immer aus den praktischen Buddeln aus der 30 Kilometer entfernten, aber leckeren Quelle, die zudem auch genau dort Arbeitsplätze schafft (nicht viele, aber das ist bei allen Wässern so, hier wie in Frankreich.)
    Seit zwei Monaten akzeptiert sie auch das Wasser von hier, und siehste: Geht prima.

  17. Expressfahrer
    Expressfahrer 17/08/2009

    … und dann jammert plötzlich jeder, daß er kein fracht oder noch schlimmer Arbeit mehr hat. Und wenn es eintritt, dann hat’s sich die Ärger mit dem Alpenquerung durch die Schweiz sich auch erledigt.
    Ich gebe euch recht was die Zustände und unsinnige Warenströmme angeht aber die Katze beißt hier sich in den eigenen Schwanz!
    Beispiel: ich fahre nach Italien mit einem super-mega-eiligen Ersatzteil an einer von einem Renomirten deutsche Firma betriebene Baustelle unter Zeitdruck. Unten angekommen stellt sich heraus, der Zuständige Monteur ist in Urlaub!!! :-O
    Ein Schwachsinn, was da der Versender veranstaltet hat, hat mir aber ein gutes Geld bescherrt. Jetzt weißt ihr was ich meine!!!

  18. Unterwegs… |
    Unterwegs… | 22/01/2011

    […] habe mich ja bereits im März 2009 über diese Dossierstelle ausgelassen. Das was ich damals geschrieben habe, trifft logischerweise noch immer zu. These icons link to […]

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