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Schlagwort: Unterwegs

Die Last mit den menschlichen Bedürfnissen

A 3 Würzburg, Richtung Nürnberg. Trotz des Lkw – Überholverbotes läuft es so schön mit 88 km/h dahin. Eigentlich alles easy, zumindest bis sich die Blase meldet. Dann muß man sich entscheiden – fährt man auf den nächsten Rasthof oder testet man eben diese auf Ihren Belastungszustand.
Nimmt man die erste Möglichkeit, hat man anschließend einen vor sich, der mit Mühe seine achtzig schafft. Fährt man weiter, konzentriert man sich vorwiegend auf den sich im Körper aufbauenden Druck.

Was man auch macht – mit dem entspannten Fahren ist es vorbei. Schon Gülle irgendwie.

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Gedanken

Ich stehe neben einem anderen Lkw. „Vilniaus Dobilas“ lese ich auf dessen Plane. Klingt irgendwie heiter. Oder von mir aus auch froh.
Der Fahrer sieht nicht glücklich aus, im Gegenteil. Ich frage mich, wie lange er nicht zu Hause war. Und ob er Familie hat.

Aber ich muß weiter. In fünf Minuten weiss ich schon nicht mehr, dass es Ihn überhaupt gibt.

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Stellt Euch vor…

…Euer Handy klingelt:

Ja?
Wie läufts?
Normal!
Was heißt normal?
Ich bin auf den Weg nach Ferrara!

Wieso Ferrara? Ich denke, Du machst in Bologna weiter!
Ich habe mich anders entschieden. Da brauche ich nicht umzuladen!
Aha. Wann bist Du in Ferrara?
In vielleicht 30 Minuten!

Dann schaffst Du ja noch Bologna!
Ja klar. Aber erst morgen früh!
Warum erst morgen früh?
Weil es bald um vier ist und die Buden hier unten um fünf alle zumachen!

Die warten aber auf das Material!
Da warten die auch noch morgen früh drauf!
Sieh zu!

Klack

Eine Stunde später:

Also, vor halb sechs bin ich in Ferrara nicht fertig!
Warum dauert das denn so lange?
Das ist ne Raffinierie. Das Zeug will keiner haben. Mit dem CMR können die nichts anfangen und ohne Lieferscheine…
Ja, die liegen bei uns!
Da liegen die gut!

Ja ja, wenn Du da fertig bist, fährst Du bitte noch nach Bologna!
Ja klar fahre ich dahin, aber erst morgen früh!
Wie morgen früh?
Ich kenne die Bude nicht. Weiss ich, ob ich nachts dort stehen kann?

Aber die warten auf Dich!
Joa, da warten die auch noch morgen früh!
Du bist ein Vogel!

Klack…

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Mittwoch

Kurz vor acht stehe ich vor dem noch verschlossenen Werktor einer Firma auf halben Weg zwischen Pescara und Bari in Süditalien. Vor mir wartet bereits ein Rumäne. Nicolai heißt er und ist stinksauer. Er sollte pünktlich – absolut pünktlich – am Vortag um 14.00 Uhr laden. Jetzt hofft er, noch vor Mittag des heutigen Tages beladen zu werden. Typischer Fall von alltäglicher Fehldisposition.

Ich habe bereits meine Instruktionen bekommen. Wenn der Lkw leer ist, soll ich bei einer im gleichen Ort ansässigen Spedition Ladung für vier Kunden übernehmen – Neuwied, Herten, Dortmund und Siegen. Natürlich soll ich am Freitag noch leer werden.
Kein Problem, bis zum ersten Kunden sind es ja nur knapp 1 800 Kilometer.

Der Tag beginnt

Um acht Uhr öffnet sich das Tor, Nicolai fährt los, ich folge Ihm. Während sich Nicolai in eine abgelegene Ecke verzieht, beginne ich die Seite des Aufliegers zu öffnen.
Nach 30 Minuten kommt ein Staplerfahrer, schaut sich die Paletten an und fährt wieder. Ich nehme mein Waschzeug und gehe mich frisch machen. Der Waschraum ist schmutzig, die Toiletten ebenfalls.
Es ekelt mich nicht mal mehr an.

15 Minuten später bin ich wieder am Lkw. Mittlerweile wird ein Italiener entladen. Ich zeige auf meinen Lkw, der Staplerfahrer winkt nur ab. Kurz vor Elf ist der Laster leer, Nicolai steht noch immer in seiner Ecke.

Ich melde mich telefonisch bei meiner Disposition und erfahre, dass sich meine Ladestellen geändert haben. Statt einer sind es nun vier.
Die ersten beiden sind in einem Kaff am Rande der Abruzzen. Eine schaffe ich noch vor 12.00 Uhr, an der zweiten muß ich warten – Mittagspause bis 14.00 Uhr.
Ich schließe meine Augen…

Der Nachmittag

Kurz nach zwei werde ich munter. Es passiert noch nichts. Ich gehe nach hinten, die Lagerleute stehen vor der Halle und rauchen. „Cinque Minute“ sagt einer zu mir. Ich nicke mit dem Kopf.
Eine knappe dreiviertel Stunde später kann ich losfahren.

Bis zur dritten Ladestelle sind es knapp 60 Kilometer, also eine gute Stunde Fahrzeit. Gerade in Italien kann es aber passieren, dass man sich sprichwörtlich „einen Wolf sucht“. Mal stimmt die angegebene Strasse nicht, mal fehlen einfach nur Strassennamen und (oder) Hausnummern.
Diesmal aber läuft alles glatt. Zwei Paletten soll ich laden, nach fünf Minuten bin ich wieder weg.

Mittlerweile ist es kurz nach 16.00 Uhr. Die letzte Ladestelle ist nicht mehr zu schaffen. Ich rufe meine Disposition an und sage, dass ich dort am nächsten Tag um 8.00 Uhr lade – Zustimmung klingt irgendwie anders. Aber nun ja, wegen mir macht sicher keiner Überstunden, erst recht nicht in Italien.

Am Abend

So gegen halb sieben steuere ich die letzte Raststätte vor meiner angestrebten Autobahnabfahrt an. Ich finde tatsächlich noch einen annehmbaren Platz. Auch in Italien ist die abendliche Parkplatznot kein Fremdwort.
Ich krame mein Essgeschirr hervor und entscheide mich für Halberstädter Würstchen und gegen Erasco – bei Würstchen lässt sich der Topf einfacher und schneller reinigen.
Noch während die Wurst vor sich hin köchelt, werde ich müde, da ich sonst nichts zu tun habe.
Ich überlege, ob es sich lohnt den Laptop aufzubauen, um eine DVD zu schauen. Keine zwei Minuten später läuft das Teil.
Während der Film beginnt, esse ich die Wurst. Den Topf zu reinigen verschiebe ich auf später.

Irgendwann nach Mitternacht werde ich munter. Es ist dunkel, der Laptop läuft noch immer, neben dem Gaskocher steht der schmutzige Topf und mir ist kalt, erbärmlich kalt. Mit steifen Fingern suche ich nach dem Knopf für die Standheizung.
Ich schalte den Laptop aus und lege mich in die Koje, das Wärme versprechende Summen der Standheizung im Ohr. Den Topf zu reinigen verschiebe ich auf morgen…

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