Freitagabend. Seit Affi fahre ich jeden Rasthof auf der Brennerautobahn an. Alle sind völlig überfüllt. Es ist kaum möglich, durch die bereits stehenden Lkw wieder auf die Autobahn zu kommen. In Bozen versuche ich auf einem neben der Bahn liegenden Platz zu parken. Dieser wurde extra für Lkw hergerichtet. Aber auch hier Fehlanzeige. Verkehrskollaps pur. Also wieder auf die Autobahn.
Dort stehe ich im Stau. Acht Kilometer wegen einer Baustelle. Vor Klausen und bei Brixen versuche ich wieder, einen Standplatz für die Nacht zu ergattern. Natürlich umsonst. Kurz vor Sterzing klappt es schließlich. Auf einer eigentlich für Pkw gekennzeichneten Fläche finde ich einen Platz. Weiterfahren konnte ich eh nicht. Aber dazu später.
Mittlerweile ist es halb Elf. Ich bin genervt und müde. Nach einer kurzen, schnellen Gesichtswäsche lege ich mich hin.
Eine Stunde später klopft es an die Tür. Völlig benommen krabbel ich aus der Koje und ziehe den Vorhang ein wenig zur Seite. Draußen steht ein Polizist und fuchtelt mit seiner Kelle umher. Ich öffne das Fenster und frage, was er will. Die Antwort war klar: Ich stehe auf einem Pkw-Parkplatz und das wäre verboten. Also wegfahren. Sollte ich in fünf Minuten noch dastehen, kommt der Abschleppdienst. Wäre es nicht so traurig, könnte man über solche Sprüche lachen.
Ich ziehe mich an und steige aus. Jetzt gesellt sich auch der zweite Kamerad dazu. Der erzählt mir irgendwas auf italienisch. Ich blöffe Ihn an, er soll gefälligst deutsch reden. Meine Laune ist am Boden. Dem anderen versuche ich zu erklären, dass ich überhaupt nicht wegfahren kann, da mir drei andere Lkw den Weg zur Autobahn versperren. Er will oder kann es nicht verstehen. Ich soll fahren.
Nach nicht einmal zehn Meter ist Endstation. Ich komme nicht weiter. Logisch, wegen den drei anderen Lkw. Die zwei Polizisten entdecke ich kurz darauf in der Raststätte, beide mit einem Glas Orangensaft in der Hand. Den anschließenden Wortwechsel überspringe ich mal.
Einige Minuten später klopfen die beiden die anderen drei Fahrer wach. Zwei Slowaken und ein Ungar. Auch die sind wenig begeistert. Wen wundert’s. Die sollen einige Meter zurück fahren. Das hinter denen andere Lkw stehen, übersehen die Blindzöpfe. Während ich mir das Schauspiel ansehe, überlege ich, aus welchen Loch man die ausgegraben hat. Es muss auf jeden Fall tief gewesen sein.
Dann kommt etwas, mit dem ich nicht gerechnet hatte. Die beiden Polizisten gehen zum Auto, steigen ein und verschwinden. Weg waren die. Auf Nimmerwiedersehen – und wir vier Fahrer standen da wie Deppen. Ich ging eine Runde über den Rasthof, aber nix. Die waren weg.
Im Rasthaus lies ich mich mit der zuständigen Polizeidienstelle verbinden. Dem Mann am Telefon erklärte ich das bisher vorgefallene. In arroganter Art erzählte mir der Kerl, ich sollte selber zusehen, wie ich weg käme und dann legte der auf. Punkt, aus, vorbei.
Auf dem Pkw-Parkplatz stand mittlerweile ein Pole mit einem Transporter. Ich hatte keine Lust, den wegzujagen. Also blieb ich stehen. Pause und Schlaf unterbrochen, Lenkzeit im Arsch. Mit Wut im Bauch schlief ich irgendwann wieder ein.
Dreiviertel vier. Wieder hämmerte jemand gegen die Tür. Diesmal laut und dauernd. Selbst als ich die Vorhänge schon offen hatte, hörte es nicht auf. Natürlich war es wieder die Polizei, diesmal zwei andere Kameraden. Die machten gleich auf harte Männer. Mit Gebrüll wollten die mir begreiflich machen, dass ich verschwinden sollte – und zwar sofort. Das dies nicht möglich war, begriffen auch die zunächst nicht.
Mit einer Handbewegung versuchte ich denen zu erklären, dass die bereits erwähnten drei anderen Lkw stören. Was dann kam, war Zirkus. Unterstützt von der Polizeisirene des Autos schlugen die beiden auf die Bleche der drei Lkw ein. Unglaublich.
Auch die drei mussten fahren. Natürlich mit Androhung einer Strafe. Einer der Fahrer wollte auf seinem Schaublatt einen Nachweis haben. Den gab es natürlich nicht. Stattdessen laute Worte.
Ich selber fuhr bis auf die andere Seite vom Brenner, nach Österreich. Selbst da fand ich erst hinter der Mautstelle in Schönberg einen freien Platz. Der ist zwar auch nicht regulär, aber für die verbliebenen paar Stunden war mir das egal.
Was bleibt ist ein ungutes Gefühl. Lerne ich privat neue Menschen kennen, versuche ich schon nicht mehr zu erwähnen, welchen Beruf ich ausübe. Eigentlich traurig.