Für die Menschen in Deutschland spielt der Lkw eine wichtige Rolle im Verkehrssystem des Landes. Sie sorgen für den Transport von Gütern im ganzen Land und darüber hinaus, sind ein unverzichtbarer Bestandteil der Wirtschaft und bieten vielen Menschen Komfort und Bequemlichkeit. …
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Seit dem ich Lkw fahre, also seit einunddreißig Jahren, träume ich davon, es denen da oben in Brüssel oder Berlin, oder falls die mich nicht hören wollen oder können, zumindest den Leuten auf der Straße mal zu zeigen, welche Macht ich habe und ausüben kann. Nämlich die Stärke, mit einem Lkw wichtige Infrastruktur nicht nur zu blockieren, sondern lahmzulegen. Aber so richtig. Bis zum Stillstand. Komplett.
Ja, keine Sorge. Es sind nur Gedanken, wie sie gefühlt und geschätzt achtzig, fünfundachtzig Prozent aller Lkw-Fahrer irgendwann mal haben. Also ähnlich wie der Wunsch nach Selbstständigkeit. Auch diesen erfüllen sich nur die wenigsten. Glücklicherweise.
Widerstand ist ein Fremdwort
Denn wirklicher Widerstand ist in der Fahrerschaft fast ein Fremdwort. Logo. Denn einen Einfluß von Gewerkschaften gibt es bei uns Fahrern kaum. Man kann durchaus sagen, dass unsere scheinbare Unabhängigkeit uns nicht gerade zu fanatischen Gewerkschaftsanhängern macht.
Der Anteil der Organisierten liegt vielleicht bei sieben, acht Prozent, auf jeden Fall viel niedriger als zum Beispiel bei den Eisenbahnern. Allein das sagt schon viel über eine passive oder gar aktive Beteiligung bei Lohn- oder gar Arbeitskämpfen aus.
Neidvoll wird immer wieder auf Frankreich, Spanien oder auch Italien geschaut. Denn die Fahrer dort, die haben es drauf. Wenn denen etwas stört oder widerstrebt, geht es sofort rund. Dann werden Fahrbahnen blockiert, so das zumindest der Straßengüterverkehr sofort zum erliegen kommt.
Das aber oft Unternehmerverbände zu Ausständen aufrufen, um über Fahrer die Forderungen ihrer Mitgliedsfirmen durchzusetzen, geschenkt.
Wie diese Woche in Italien. Da kündigte „Trasportounito“ an, dass ist der Verband italienischer Transportunternehmen, sämtliche Transporte auf nationaler Ebene „aus Gründen höherer Gewalt“ einzustellen.
Auch ein Verband kleinerer Spediteure, „Ruote Libere“ schloss sich diesem Aufruf zumindest teilweise an. Deren Mitglieder würden zwar nicht jegliche Arbeit niederlegen. Dennoch sollten viele Transporter und Lkw stehen bleiben, da die Spediteure aufgrund der gestiegenen Preise schlicht nicht in der Lage seien, zu fahren.
Nur spielten da viele Fahrer nicht mit. Denn es fanden sich nur wenige, die den Streik ihrer Arbeitgeber unterstützen wollten, da ihre Belange, wie Arbeitsbedingungen, Rentenanspruch, Lohnniveau usw. in keine der Forderungen der Arbeitgeber mit eingeflossen sind. Der Ausstand wurde also abgesagt. So muss das sein. Gefällt mir.
Es geht an die Existenz
Was das mit Deutschland zu tun hat? Eigentlich ziemlich viel. Denn auch hier stöhnen Transporteure, vor allem kleine und mittlere, über gestiegene Preise. Nicht nur Diesel und Gas sind in den letzten Wochen extrem teuer geworden, auch diverse Ersatzteile. Es geht bei einigen echt um die Existenz. Verstehe ich durchaus.
Aber. Viele haben selbst in krisenfreien Zeiten sich einen harten Preiskampf mit Konkurrenten geliefert. Da pisste doch einer dem anderen ans Bein. So gilt eine Marge zwischen drei bis fünf Prozent doch schon als guter Gewinn. Tja, so ist das, wenn eine Branche über Jahre immer wieder selbst gegen die Wand fährt.
Konvois und Blockaden
Ein Spediteur, ich glaube aus dem Sauerland, organisierte letzten Samstag den ersten Protestkorso. Da fuhren um die hundert Lkw laut hupend einige Runden in und um Köln herum. Kann man so machen. Nur muss man sich dann auch den Vorwurf gefallen lassen, dass herumfahren um gegen hohe Spritpreise zu demonstrieren, doch nicht so ganz durchdacht ist.
Aber mehr noch. Auf WhatsApp wurden Gruppen gegründet, in denen man sich organisieren konnte. Zwei dieser Gruppen, nach Bundesländern geordnet, trat ich bei. War ganz easy, Einladungslinks dazu wurden auch über Facebook geteilt.
In den Gruppen ging es vor allem um Blockade hier und Blockade da. Für diese Aktionen wurde der 16. März ausgewählt, also der letzte Mittwoch. Nur wurde es immer undurchschaubarer. Viele haben ihren Senf dazu gegeben, einiges hat sich immer weiter hochgekocht, auch Nonsens wurde geteilt. Und es wurden Pläne geschmiedet, wer wo welche Autobahn oder Bundesstraße blockieren will. Da hat so manch einer ne feuchte Unterhose bekommen.
Ob wirklich viel blockiert oder geschlichen wurde? Keine Ahnung, ich war ja in Italien. Mitbekommen habe ich deshalb nicht viel. Ausser das es auf der A2 bei Dortmund zu Unfällen kam, weil Lkw die Autobahn kurz dicht machten. Einem der Fahrer wurde wohl später der Führerschein entzogen. Tja nun, Dummheit rächt sich.
Aktion Schnecke
Ab Montag, also übermorgen, soll es aber weitergehen mit den Protesten. Dann sind Schleichfahrten angesagt. Heißt auf Landstraßen werden 50 km/h und auf Autobahnen um die sechzig Sachen befohlen. Das nennt sich dann „Schnecken-Tempo-Woche“, ich nenne es einfach mal „Aktion Schnecke„. Klingt besser.
Ausserdem soll sich jede Mitwirkende oder jeder Mitwirkender eine gelbe Warnweste an den linken Spiegel knoten. So als Zeichen des Zusammenhaltens.
So was mit Warnweste am Spiegel gab es übrigens schon mal. Wurde von Tschechen initiiert und sollte genau das gleiche bewirken. Nämlich ein zusammen darstellen. Einige Wochen fuhr ich mit Weste am Spiegel, was wurde ich belächelt. Übrigens auch von Leuten, die heute großfressig nach Blockaden brüllen.
Aber zurück zu nächster Woche. Bei der „Aktion Schnecke“ geht es natürlich nicht nur um die hohen Spritpreise. Nee, von den Organisatoren wurde gleich ein ganzer Forderungskatalog erstellt. Die Punkte sind:
- sofortige Treibstoffpreisbremse
- die Einführung eines Gewerbediesels
- temporäre Hilfen
- Appell an die Auftraggeber, die Frachtraten an die Situation anzupassen
- ein Ende der willkürlichen Verlängerung der Zahlungsziele. Zu Lasten der Unternehmen wird Liquidität geschaffen. Wir plädieren für ein gesetzlich festgelegtes Zahlungsziel von 14 Tagen
- Stringente Überwachung des Mobilitätspakets 2 in Bezug auf Kabotage, MiLoG, Verbringung der Wochenruhezeit außerhalb des LKW, vollständige Mautdatenfreigabe zur Überwachung
- Gespräche mit der Politik über strukturelle Änderungen um das jetzt vorhandene Sozialdumping zu beenden
Ach ja, ehe ich es vergesse zu erwähnen. Die Organisatoren sind übrigens ein (Achtung-) temporärer Krisen-Verbund, bestehend aus dem Bundesverband Logistik & Verkehr – BLV-pro e.V., sowie u. a. Udo Skoppeck vom „AidT e.V„., Jörg Schwerdtfeger von „Ich bin Berufskraftfahrer und habe Respekt verdient„, Kevin Hudson von „Truck Lovers Germany„, dazu noch „Schwarze Schafe für Spedition und Logistik“, Ralf Kalabis von „LKW- Fahrer stehen zusammen“ und weiteren (auch hier Achtung-) Influencern aus der Transportbranche.
Das „Influencer“ kommt nicht von mir, steht so in der Ankündigung zur „Aktion Schnecke„. Was ich nicht verlinkt habe, sind übrigens alles Gruppen auf Facebook.
Auch interessant:
Lkw-Fahrerstreik in Frankreich
Ich wurde bestreikt
Wir streiken dann mal
Italien: Streik teilweise abgesagt
Fortsetzung mit einen Donnerwetter … zu Pfingsten
Aber nochmal zu den Forderungen. Fällt Euch was auf? Jep, bestimmt. Das sind alles Punkte, die Arbeitgeber betreffen. Ich als Arbeitnehmer gehe da, gut, abgesehen vom letzten Teil des letzten Punktes, also dem Sozialdumping, völlig leer aus. Tolle Wurst.
Ist doch schon komisch, dass Lkw-Fahrer gegen hohe Spritpreise protestieren sollen, aber nicht gegen schlechte Bezahlung und miese Arbeitsbedingungen.
Obwohl. Genau das haben ich und andere Kollegen auch schon gemacht. Nämlich 2013/2014. Da bin ich alle paar Wochen durch halb Deutschland gefahren, um für meine Ziele zu demonstrieren.
Und so etwas wie die „Aktion Schnecke“ soll jetzt echt der letzte Rest sein, was davon übrig geblieben ist? Ich bin erstaunt.
Ne ne, ich mache da nicht mit. Schleicht von mir aus ab Montag mit 60 über deutsche Autobahnen. Umso schneller bin ich mit 85 vorbei.
Leseprobe::
Der große Streik in Frankreich
Wie es der Zufall so will, bin ich genau am richtigen Ort und kann sozusagen live vom großen Streik in Frankreich berichten, und genau das tue ich jetzt auch.
Sonntag, 3.9.2000
Die Fischer beenden ihren Streik wegen zu hoher Benzinpreise. Zur allgemeinen Belustigung hatten sie die Regierung aufgefordert, die Benzinpreise zu senken. Fischer zahlen keine Mineralölsteuer, bekommen also den Liter Sprit für um die FF2-3, knapp unter einer Mark. Aus irgendeinem Grund fordern sie jetzt FF1.5 als Preis, und um diese Forderung zu untermalen, blockieren sie ein paar Tage lang den einen oder anderen Hafen. Irgendwie kautzig, diese Fischer.
Gerüchte über einen bevorstehenden Streik der LKW-Fahrer machen die Runde, Bernhard entdeckt am Abend erste Schlangen an den Tankstellen.
Ich beschließe, das ganze als Gerücht zu behandeln und erstmal ganz locker zu bleiben, obwohl mein Tank fast leer ist. Ich habe halt keine Lust, eine halbe Stunde an irgendeiner Tanke anzustehen.
Montag, 4.9.2000, erster Tag des Streiks
LKWs blockieren die Zufahrt zum Flughafen. Man kommt noch ans Terminal heran, aber nur im Schritttempo. An einigen Tankstellen fallen mir Schlangen auf. Ich gebe ein paar Dias bei Carrefour ab und habe Schwierigkeiten, wieder rauszukommen, weil die Schlange vor den Zapfsäulen fast über den halben Parkplatz geht.
Ts… die streiken also tatsächlich.
Ich ärgere mich, nicht am Vorabend getankt zu haben, über den Daumen gepeilt habe ich noch genug Sprit für zwei Fahrten nach Nice und zurück. Ich mache mir aber keine Sorgen, schließlich geht so ein Streik genau so schnell vorbei, wie er angefangen hat, und letztesmal waren es nur zwei Tage.
Abends erfahre ich, daß jetzt auch Paris bestreikt wird, was den Vorteil hat, daß sich dann die Regierung tatsächlich um den Streik kümmern wird. Ich bin erleichtert.
Dienstag, 5.9.2000, zweiter Tag des Streiks
Der Streik wird Gesprächsthema Nummer 1.
Ich fahre morgens an einer Tankstelle vorbei, an der die Schlange nur etwa 50m lang ist, bin aber zu faul, tatsächlich zu tanken.
Gerüchte besagen, daß es in der ganzen Region kein Benzin mehr gibt. Mein Kollege Eric findet im Web eine Karte, auf der eingezeichnet ist, in welchen Regionen das Benzin knapp ist. 06 und 83, die beiden Regionen hier…
…für unter einen Euro. Das ich das noch mal erleben darf.
Kommentare geschlossen.Oh, der Liter Diesel kostet 1.22 Euro. Für Pkw sogar nur 1.18 Euro. Ihr merkt, ich bin in Österreich.
Am Sonntag meinen Pkw vollgetankt, da 1.32 Euro bezahlt. Für Lkw ein Cent darunter. Das sind halt deutsche Preise.
Klar das ich dann den Lkw in Tirol mit Treibstoff fülle. Fahre nach Italien eh hier durch. Also nix mit Tanktourismus oder ähnlichen Schmarrn. Denn gespart wird halt immer da, wo es geht. Logisch.
2 CommentsSo lang die Nadel in der Anzeige rechts unten nicht ganz am Boden liegt, ist alles im grünen Bereich. Auch wenn alles gelb leuchtet. Also kein Grund zur Panik. Habe ich heute wieder gemerkt.
Mal ne kurze Erklärung. An der Zugmaschine hängen zwei Tanks. In beide zusammen passen 1 200 Liter. Also siebenhundert im linken und fünfhundert im rechten Behälter.
Diese Warnung „Niedriger Kraftstoffstand“ kam ungefähr sechzig Kilometer vor meiner Stammtankstelle in Österreich. Also verbraucht der Lkw bis dahin noch mal ungefähr drei-, vierundzwanzig Liter. Nicht viel bei der Gesamtmenge. Trotzdem suggeriert einem die Warnung, jetzt aber ganz fix für Nachschub zu sorgen.
Wie viel ich letztlich in welchen Tank gefüllt habe, weiß ich leider nicht mehr. Aber es waren zusammen ungefähr 800 Liter. Und zwar ziemlich voll. Also hätten in den Tanks noch gute fünfhundert Liter sein müssen. Das reicht für eine Strecke von über 1 500 Kilometer.
Die Stellung der Anzeige und auch die Warnung sagen aber was völlig anderes aus. Schon komisch.
Ein Euro Zwanzig für den Liter Diesel. Habe ich was verpasst? Ist irgendwo eine Ölpipeline verstopft? Ach nee, die Herbstferien beginnen morgen. Da herrscht natürlich Spritknappheit. Rätsel gelöst. War ja nicht so schwer.
7 CommentsAber es fällt halt auf: Unsere Firmenstammtankstelle hat neue Zapfsäulen bekommen. Nur laut sind die Dinger, klingen wie eine alte Baumaschiene. Aber direkte Anwohner gibt es dort eh nicht.
Bevor jetzt einer nach dem Nachlass fragt, den mein Chef dort bekommt: Ich habe keine Ahnung. Meine Aufgabe ist es dort zu tanken. Und dann fix weiter zu fahren.
Wenn ich nach Nord- oder Mittelitalien fahre, reicht der Diesel für eine Woche. Eng wird es, wenn ich noch weiter runter darf. Dann muß ich unterwegs ein wenig zutanken. Dafür habe ich eine UTA – Karte. Aber das kommt mittlerweile recht selten vor.
5 Comments…ist das nicht gerade. Besonders das Betanken mit AdBlue dauert immer eine Ewigkeit.
Bevor vierzig oder fünfzig Liter der Brühe im Behälter verschwunden sind, ist der weitaus größere Dieseltank fast gefüllt.
Freitag’s zu tanken, habe ich mir übrigens abgewöhnt. Den Lkw vollgetankt über’s Wochenende abzustellen, macht sich bei den heutigen Spritpreisen nicht so gut.
Das verschiebe ich besser auf Montag.