Rolf Schumacher ist Chef der Agentur für Arbeit in Mannheim. In dieser Funktion macht er sich Sorgen um das Berufsbild des Kraftfahrers. Im „Mannheimer Morgen“ belegt er diese Probleme mit Zahlen:
Allein in den vergangenen zwölf Monaten ist die Bewerberzahl um mehr als ein Viertel zurückgegangen – das Alarmierende dabei: Mehr als ein Drittel der 372 bei uns im Mai registrierten arbeitssuchenden Berufskraftfahrer ist 50 und älter.
Natürlich weiss er auch warum – das schlechte Image ist daran Schuld und eine komplexe Ausbildung. Um dieses Ansehen zu bessern, gab es unlängst eine Fachtagung mit diversen Verbänden. Zusammen will man daher jetzt Gas geben und das Image des Kraftfahrers aufpolieren und neue Ausbildungsstrukturen einbauen.
Natürlich kommt in diesem Bericht auch ein betroffener Arbeitgeber zu Wort. Dieser zahlt 1750 Euro Lohn im Monat. Plus Spesen. Achso: Brutto natürlich.
Wie man mit eben diesen 1 750 Euro ein kaputtes Image reparieren will, weiss ich nicht. Um neue, motivierte Mitarbeiter zu finden, reicht das wohl kaum. Denn letztlich zählt das, was ein Arbeitnehmer am Monatsende als Erfolg verbuchen kann. Ein plus/minus null auf dem eigenen Konto spornt da nicht gerade an.
So braucht man sich nicht zu wundern, dass man keine passenden Kandidaten findet. Denn nur von einem vielleicht guten Betriebsklima kann keiner leben. Im Gegenteil.
diese „Agentur“ lebt doch nur noch, weil unsere verehrten Bundestagsabgeordnete sowie die ach so kompetente zuständige Ministerin sie protegieren.
Zitat aus der von Dir verlinkten alten Stellenanzeige von Mayer Marx Mannheim:
„Stellenangebotsart
Arbeitsplatz (nicht sozialversicherungspflichtig)“
Ich habe gerade ein großes Fragezeichen im Kopf – nicht sozialversicherungspflichtig – geringfügig beschäftigt 2 Tage in der Woche halbtags oder wie?
@Verkehrsteilnehmer:
3 Std / Tag = 15 Std / Woche = 60 Std / Monat = 6,66 € /Std (400€-Basis). Da wird wohl jemand im falschen Kästchen ein Häkchen zu viel gemacht haben.
@Maik:
Irgendwas verstehe ich jetzt nicht. Die Anzahl an Bewerbern ist zurück gegangen? Bedeutet doch das die Bewerber einen Job gefunden haben.
Und wo ist jetzt das Problem? Das von dem Rest mehr als ein Drittel ü50 ist? Das ist wohl weniger ein Image-Problem als vielmehr ein Problem der Arbeitgeber die nur „Jung, Erfahren und mit kleinen Ansprüchen“ suchen. Ach ja, Abitur, besser Studium sollten sie auch haben.
@@Verkehrsteilnehmer: Wie Ralf schon schrieb – wohl Häkchen im falschen Kästchen.
@Ralf: Ich sehe das eher so: Weniger Bewerber, weil niemand mehr fahren will. Zumindest nicht im Fernverkehr für unter 2 000 Euro brutto.
Es machen noch genügend Transportfirmen dicht. Ob die dann arbeitssuchenden Fahrer wirklich alle einen neuen Job gefunden haben, bezweifel ich mal.
Das mit den ü50 – Fahrern sehe ich schon als Imageproblem. Warum finden die keine jüngeren? Weil es keiner mehr machen will. Und warum? Viele Stunden arbeiten, kaum zuhause, soziale Kontakte gehen kaputt, von festen Beziehungen ganz zu schweigen.
Dann diverse Berichte im TV und anderen Medien, die auch nur selten positiv ausfallen. Über das Gehalt steht oben schon genug. Von daher: mieses Image.
@Maik:
Immer wenn es mehr als 3 offene Stellen gibt, heißt es diejenige Branche würde unter Nachwuchsproblemen leiden. Schau dir die IT-Industrie an. Vor knapp 2 Jahren wollten die noch unbedingt Experten aus Indien einfliegen lassen.
Ich hatte vergangenen Samstag Tachoschulung. Der Fahrlehrer der das gemacht hatte, erzählte das die vor 5 Jahren Bundesweit gerade einmal 600 Azubis zum BKF gehabt hätten. Heute seien es über 3.000, Tendenz steigend.
Ich denke die Probleme der Firmen sind, wie so oft, hausgemacht. Anstatt ältere Fahrer nachzuschulen und in Ausbildung zu investieren, wird händeringend nach dem jungen, dynamischen, voll ausgebildeten Kraftfahrer gesucht. Auf dem ADR-Lehrgang hatten wir zwei Fahrer (Deutsche) die für eine belgische Spedition gefahren sind. Dort sind die Probleme die gleichen. Die Belgier werben in Deutschland massiv Fahrer ab. Nicht weil es im eigenen Land zu wenige Arbeitslose gibt, sondern weil die Deutschen besser ausgebildet sind.
Das Problem ist also da gleiche wie in fast allen Branchen wie zu jeder Zeit. Gejammert wird das es keinen Nachwuchs gäben würde, aber ausbilden will auch keiner. Das hat für mich wenig mit Imageproblem zu tun.
Ich glaube auch nicht das man mit mehr Geld mehr Bewerber findet. Wenn man jung ist und ggf. auch eine Familie gründen will, dann ist ein Job bei dem man u.U. auch mal 2 oder 3 Wochen nicht zu hause ist einfach kontraproduktiv. Das Nachwuchsproblem betrifft also eher den Fernverkehr. Auch hier sehe ich die Probleme eher hausgemacht. Einstieg über den Nahverkehr, später dann Fernverkehr. Statt dessen will man die Bewerber gleich ins kalte Wasser werfen und sie quer durch Europa jagen.
@ Ralf“Wenn man jung ist und ggf. auch eine Familie gründen will, dann ist ein Job bei dem man u.U. auch mal 2 oder 3 Wochen nicht zu hause ist einfach kontraproduktiv.“ schöne Doppeldeutigkeit, passt genau zum Thema Nachwuchsprobleme 😀
m Übrigen stimme ich Dir voll zu, vor Allem der Aussage, dass dies für fast alle Branchen gilt
kurzsichtig bis blind halt 🙁
Der Wille und die Bereitschaft zum Ausbilden mag zwar da sein, nur was nützt es, wenn die Stifte nach dem zweiten Jahr der Lehre das Handtuch schmeißen, da sie merken, was es wirklich heißt, alleine mit dem Gespann durch Deutschland zu touren….
Hier ist dann doch sehr wohl ein finanzieller Anreiz zu schaffen, wer geht schon für unter 8 Euro die Stunde richtig knüppeln (zum Teil jedenfalls) das bei einer pi mal er mal Daumen 50+ Stunden Woche, wenn er für den doppelten Lohn bei einem großen Automobilhersteller einfach nur ein paar Knöpfe drücken muß und das auch nur schlappe 35 Stunden die Woche?
Es sind die Raltionen, die sich hier doch sehr beißen.
@Ralf: Ein Beispiel – ich kenne jemanden, der seit zwei Jahren Bkf lernt. Ein Jahr hat er noch vor sich. Am Anfang waren 23 Azubis in seiner Klasse, jetzt sind es noch 11.
In zwei Jahren haben also mehr als 50% das Handtuch geworfen.
An fehlenden Vorwissen kann es nicht liegen, denn die übergroße Mehrzahl wußte was auf Sie zu kommt. Allein schon deshalb, weil von fast allen die Väter ebenfalls als Lkw – Fahrer angestellt sind.
Die haben eine Woche Schule, dann zwei Wochen praktische Ausbildung. Diese praktische Ausbildung heißt nix anderes, als Fahren. D.h., die machen die gleiche Arbeit wie die normalen Arbeitnehmer. Nur halt zum Lehrlingstarif. Dieser liegt im Osten bei 300 – 500 Euro. Pro Monat versteht sich.
Für dieses Geld sind die teilweise 5 Tage unterwegs, bei täglichen Arbeitzeiten von 10 – 15 Stunden.
So werden schnell aus Träume Schäume und das Image sinkt in’s Bodenlose. Ist halt so. Und diese Azubis fühlen sich ausgenutzt.
Klar. In anderen Berufen machen Lehrlinge auch die gleiche Arbeit wie Ausgelernte. Nur halt zu relativ normalen Bedingungen – nach acht oder neun Stunden ist Feierabend.
@Maik:
Ich kann mich nicht erinnern das ich in der Lehre (Landschaftsbau) eine Extrawurst bekommen hätte. Mich hat da auch niemand nach 8 Stunden von der Baustelle abgeholt, wobei wir meistens ne Stunde zur Baustelle hin und ne Stunde zurück gefahren sind. 10-12 Stunden waren für mich also auch normal.
Im ersten Lehrjahr gab es 400 D-Mark, im zweiten rund 700 (wenn ich mich richtig erinnere).
Von Bekannten weiß ich das es auch heute noch in vielen Handwerksberufen so ist. Viel Arbeit, wenig Geld. Und ich höre auch regelmäßig das es sehr schwer ist für diese Berufe Lehrlinge zu finden. Die meisten fangen die Lehre an und werfen sie nach einigen Monaten oder spätestens nach einem Jahr.
Klar, die sehen ihre Kumpels mit ihrem Eight-To-Five Jobs (8-17 Uhr) und wie die den ganzen Tag bequem im Büro sitzen und sich nicht die Hände schmutzg machen. Da kommt dann ganz schnell Neid auf.
Dieses „Image-Problem“ trifft also nicht nur auf die Branche der BKF zu. Wenn ich mir dann anschaue das z.B. Bürokaufleute ebenfalls irgendwo zw. 1.200 und 1.700 Euro landen, kann ich es mir einfach nicht vorstellen das es alleine am Geld liegt.
Gas-Wasser-Installateure verdienen in NRW im Durchschnitt mal eben 1.000 Euro mehr [1,2] als Bürokaufleute, dennoch können sich Röhrich&Co nach Azubis dumm&dusselig suchen.
Viele Betriebe haben mit der Zeit deswegen den Lehrbetrieb schlichtweg eingestellt. Nun wird wieder händeringend nach Facharbeitern gesucht. Da hat man in den letzten Jahren an allen Fronten mächtig gepennt.
@spacefalcon:
Du weisst schon das vor allem in der Automobilbranche überwiegend Leiharbeiter beschäftigt sind? Vor allem im Metallbereich wäre man als Wanderarbeiter wahrscheinlich recht erfolgreich. Wir haben bei unseren Kunden Firmen dabei, da kann man von Glück sprechen wenn man einen Mitarbeiter zweimal sieht. So golden ist der Boden in der Branche schon lange nicht mehr.
[1] https://www.gehaltsvergleich.com/gehalt/Buerokaufmann-Buerokauffrau.html
[2] https://www.gehaltsvergleich.com/gehalt/Gas-Wasserinstallateur-Gas-Wasserinstallateurin.html
Der Lohn eines Leiharbeiters bspw. bei VW (geht bei Grundlohn um die 14 Euro los) ist mir bekannt, auch die Arbeitssituation, daher ja auch mein Vergleich.
Grundsätzlich, da Du den Vergleich mit Deiner Lehre gebracht hast, gilt überall, Lehrjahre sind keine Herrenjahre. Da stimme ich zu, nur und das ist dann das nächste Problem, wer will denn heute noch richtig arbeiten für sein Geld? 😉
@SpaceFalcon, ich will arbeiten…. Ich bin noch keine ü50, durfte aber nach einer Insolvenz erfahren wie es ist schon ü40 zu sein. Absagen oder gar keine Antworten. Habe gesucht wie ein blöder bis ich fast so weit war mich zu preiswert zu verkaufen. Erfahrung habe ich einige, Sprachen kann ich auch andere als Deutsch usw. Wenn mal einer Interesse zeigte, hatte ich schnell keines mehr. Motto „Sie sind doch Arbeitslos, dann müssen Sie ja den Job nehmen!“ Nein, für 1000€ und doppelte Spesen fahre ich nicht! Jetzt habe ich einen vernünftig bezahlten Job ohne Hetze aber fragt mich nicht ob es Spaß macht!
@Ralf, ich habe hier noch nicht bemerkt dass Belgier verstärkt suchen. Auch dort hatte ich mich bei einigen Firmen beworben und bis auf eine Ausnahme nie etwas gehört.
@Chris:
Bei uns kommen öfters Holländer und Belgier zum Laden bzw. Abladen rein. Von denen hört man vor allem in letzter Zeit fast immer das sie Fahrer suchen. Kann sein das es saisonal bedingt ist, derzeit sind die Preise gut und es gibt viel zu tun.
Die beiden Fahrer mit denen ich auf dem ADR-Lehrgang gesprochen habe sagten aber auch das dort Fahrer gesucht werden.
Die Spedition für die ich vor 3 Jahren gefahren bin hatte zumindest bis vor kurzem noch 7-8 Fahrer in Holland stationiert (die suchen wohl momentan wieder Fahrer). Die haben händeringend holländische Fahrer gesucht und keine gefunden. Man schickt ja nicht sauteure deutsche Fahrer quer durch Holland wenn man vor Ort vergleichbares Personal finden würde. Aber auch in Holland gilt: Für 1.400 Brutto ziehen die sich nicht die Holzschuhe an.
@Chris:
Ich meinte mit meiner Aussage die heutigen Schulabgänger.
Was diese tlw. für Vorstellungen haben, wie lange man so arbeittet und wieviel man dann so verdient, schon erstaunlich.