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Zeit, Ärger und quiekende Schweine

Stellt Euch vor: Ihr geht zum Metzger, um drei Schnitzel zu kaufen. Die Fleischereifachverkäuferin bittet um etwas Geduld und bietet Euch einen Stuhl an.
Nach einiger Zeit seht Ihr, wie ein Schwein durch einen Nebeneingang in einen Hinterhof getrieben wird. Kurz darauf quiekt das Vieh erbärmlich, bis es durch einen Schuß verstummt. Und zwar für immer. Peng.

Nach zwei Stunden fragt Ihr höflich nach, was denn eigentlich aus den gewünschten Schnitzeln geworden ist. Die Fleischereifachverkäuferin geht nach hinten und kommt nicht wieder. Ihr ahnt mittlerweile, dass das gewünschte Fleisch noch irgendwo im oder am Schwein hängt. Also geht Ihr. Es gibt ja noch andere Metzgereien.

Einfach wegfahren geht bei mir natürlich nicht. Leider. Also heißt es weiter warten. So auch am Mittwoch in einem kleinen Kaff im Süden Kalabriens.

Von meiner Dispo erfuhr ich, dass ich Holz für Hamburg laden sollte. Nicht mehr und nicht weniger. Also nahm ich an, dass es sich um Bretter oder Platten handelt. Eigentlich eine dankbare Ladung: Die Seite des Aufliegers öffnen, dem Staplerfahrer seine Arbeit machen lassen, Ladung verzurren, Auflieger schließen, fertig.
Kurz vor Mittag trudelte ich in der Firma ein.

Bereits die Anfahrt war eine Geschichte für sich – vom morgendlichen Beginn bis zu eben diesem Betrieb hatte ich gerade einmal 80 Kilometer zurück gelegt. Der Fahrtenschreiber zeigte aber bereits eine Fahrzeit von knapp drei Stunden an. Selbst die Landschaft entschädigte nicht meinen leicht aufkommenden Ärger.

Auf der Dauerbaustellen – Autobahn von Reggio Calabria bis Gioia Tauro und weiter auf der halbwegs ausgebauten Nationalstrasse bis Cittanova lief es ja noch einigermassen. Wenn man den ärgsten Schlaglöchern ausweicht, kommt man sogar relativ fix vorwärts.
Doch sobald man Nebenstrassen benutzen muß, geht viel Zeit verloren. Immerhin sind Pkw – Fahrer auf dem Land relativ zuvorkommend. Da wird auch mal gewartet und nicht so hektisch gefahren wie in den Städten.

Strasse in Kalabrien

Natürlich war bereits Mittag. Italien halt. Von zwölf bis zwei ist das eine heilige Zeit. Im Norden weicht das teilweise auf. Da gibt es Betriebe, die sich auch mit einer Stunde Freizeit zufrieden geben. Im Süden dagegen beginnt dieses Ereignis eher zehn Minuten früher und endet dementsprechend auch zehn Minuten später.

Langsam trudelten die Arbeiter ein. Ich ging in’s Büro und teilte meine Wünsche mit. Aus der Antwort die ich bekam, filterte ich heraus, dass die Ware auf einem anderen Gelände lagert und erst noch heran geschafft werden muß. Jetzt ärgerte ich mich darüber, dass meine Eile am Vormittag nicht nur albern, sondern auch überflüßig war. Wie so oft.
Ich wartete im Lkw. Nicht zu wissen wann es weitergeht, mag ich nicht. Um mich abzulenken, begann ich die Hütte zu putzen. Auch ein neuer Laster setzt Staub an. Besonders dann, wenn er steht.

Nach einiger Zeit begannen zwei Leute in sichtbarer Entfernung Baumstämme in handliche Stücke zu sägen. Endlich eine willkommende Abwechslung. Auch wenn mir nicht klar war, weshalb diese Arbeit wichtiger sein sollte, als meine Bretter oder Platten heran zu schaffen.
Ich stieg aus, um mir das Schauspiel aus der Nähe zu betrachten. Einer der beiden sah mich an, zeigte erst auf die Stämme und dann auf mich. Ich schüttelte mit dem Kopf.

Das schien Ihm aber nicht zu beeindrucken. Er war weiterhin der Meinung, dass diese wildgewachsenen Stämme für mich bestimmt waren.
Eine gute Stunde später war auch ich davon überzeugt. Aber eher unfreiwillig. Denn wie ich bereits erwähnt habe: Ich kann mir meine Ladung nicht aussuchen.

Passende Holzstaemme

Mit dem Verladekran eines Lkw, der – nebenbei erwähnt – seine beste Zeit seit 30 Jahren hinter sich hatte, wurden die Stämme nach Beendigung der Sägearbeiten schließlich verladen. Am Ende hatte ich neben viel Schweiß und Nerven, zwölf Gurte verbraucht. Und natürlich Zeit. Viel Zeit.

9 Comments

  1. opatios
    opatios 03/04/2011

    „Just in time“ nennt man das glaub ich. 🙂

  2. Hajo
    Hajo 03/04/2011

    richtig, opatios 🙂
    Dabei kann der gute Maik doch froh sein, dass es ihm nicht so gegangen ist wie dem Gast in einem Nobelrestaurant, der ein Elefantensteak bestellt hat. Auf die Frage des Obers, wie viele Steaks er haben wolle, antwortete er „eines“, worauf der Ober antwortete: „Tut mir leid, aber wegen einem Steak schneiden wir den Elefanten nicht an!“

    Aber lieber Maik, Du schreibst: „Wenn man den ärgsten Schlaglöchern ausweicht, kommt man sogar relativ fix vorwärts.“
    Wie machst Du das? Schlaglöcher haben doch die unangenehme Eigenschaft, sich plötzlich und unerwartet zu öffnen 😀

    „Auch ein neuer Laster setzt Staub an.“ Wie wär’s, wenn Du mal Deine hausmännlichen Fähigkeiten einsetzen würdest, es gibt da so sinnvolle Geräte wie Staubwedel .. #duck und weg#

    Aber immerhin liess sich Deine Ladung doch auf „Fahrzeugmaß“ zrechschneiden 😉

    Herzliche Grüße und gute Fahrt!
    Hajo

  3. actro
    actro 03/04/2011

    Nicht aufregen, denk an Dein Herz 😉

  4. Ralf
    Ralf 03/04/2011

    War es denn wenigstens irgend ein besonderes Holz? Oder nur der übliche EU-Wahnsinn der dafür sorgt das Kiefernstämme von Süditalien nach Hamburg verfrachtet werden um irgendwelche Subventionen zu kassieren?

    @Hajao: Die Minimumausrüstung bei mir ist ja Ausblaspistole, Swiffer Staubwedel und Cockpitspray (große Dose). Meistens kommt noch ein Microfasertuch für die Scheiben und eins für andere Flächen zum Einsatz.
    Es gibt nämlich nichts schlimmeres als die kleinen Staubwolken die wie in einem billigen Western durch das Fahrerhaus ziehen wenn ein laues Lüftchen durchs offenen Fenster weht, just in den Moment, in dem man herzhaft in seine Stulle beißen will.

  5. Chris
    Chris 03/04/2011

    @ Ralf,
    Du hast schon recht. Es wird soviel Zeug völlig unnütz durch Europa gekarrt. In meiner letzten Firma haben wir u.a. Strohballen aus Dänemark nach Holland gefahren. Von einem Bauern zum nächsten, völlig verrückt!
    Maik, die veralterte Technik funktioniert doch also warum was neues kaufen? Ich muß Dir doch nicht sagen wie die Südeuropäer in der Richtung denken.

  6. Hajo
    Hajo 04/04/2011

    @ Cris: auch hölländische Kühe haben Anspruch auf Abwechslung
    oder isst Du nicht auch manchmal Käse oder Eis aus Dänemark? 😉

  7. Hajo
    Hajo 04/04/2011

    sorry, da waren zwei Punkte zu viel (ich will diese Tiere nicht wirklich in den Hades verfrachten) 🙁

  8. Hajo
    Hajo 04/04/2011

    sorry 2: es heisst selbstverständlich Chris
    zur Strafe für mich Chris, Chris, Chris, Chris, Chris, Chris, Chris, Chris, Chris, Chris
    .. das muss reichen 🙂

  9. maik
    maik 04/04/2011

    @actro: Mach ich. Versprochen. Komm Du erstmal wieder auf die Beine!!!

    @hajo: In Italien tun sich Schlaglöcher nicht einfach so auf. Die gehören zum Land wie Pizza oder Nudeln.
    Die privat finanzierten Autobahnen sind ok. Doch sobald man auf Nationalstrassen ausweichen muß, kommt man sich vor, wie in der ehem. DDR.

    @Ralf: Joa. Olivenbaumholz. Oder sowas in der Art halt. Also auf jeden Fall Holz, was in unseren Breiten nicht wächst.

    @Chris: Veraltete Technik funktioniert auch. Stimmt schon. Nur ich mußte es ja erwähnen 🙂

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