Ich fahre gemütlich über die italienische A4 bei Padova, laufe auf einen Rumänen auf, schalte den Blinker ein. Der erste Pkw wechselt von der mittlere auf die linke Spur, der zweite ebenfalls. Ein dritter fährt stur weiter.
Ich muss bremsen, das Auto neben mir wird auch langsamer. Als ich hinunter schaue, sehe ich auf dem Beifahrersitz eine Frau, die mit einem Handy herum fuchtelt. Damit will sie mir wohl klar machen, dass ich gerade gefilmt wurde.
Nun könnte ich Euch fragen, aus welchen Ländern die drei Fahrzeuge kamen. Aber das dürfte wohl schon klar sein. Die ersten beiden waren Italiener. Die linke Spur war frei, die zogen ohne Probleme rüber. Der dritte war ein Deutscher. Da wird selbst im Urlaub Stress gemacht und fremde Autobahnen werden okkupiert. Will ich nicht verstehen.
Der erste Tag in diesem Jahr, an dem ich die Fahrertür bis spät Abends offen lassen kann. Selbst auf der Autobahn ist wenig Verkehr. Die paar Autos und Lkw stören mich nicht.
Trotzdem komisch, dass ich mich an Verkehrslärm gewöhnt habe. Es ist schon eigenartig, was all die Jahre auf und neben der Autobahn so mit einem anstellen.
Seit mehr als drei Stunden steh ich jetzt auf der A 8 am Irschenberg im Stau und der Radioschwätzer auf Bayern1 erzählt was von fünfzehn Minuten Stauzeit.
Letzten Dienstag gegen vier Uhr früh überholte ich einen Lkw einer sächsischen Transportfirma. Auf der Mittelablage stand ein Laptop, auf dem lief ein Spielfilm. War klar zu sehen. Freitagfrüh das gleiche Spiel. Selbe Firma, anderer Lkw. Und wieder schaute der Fahrer während der Fahrt einen Film.
Vielleicht sollte deren Chef mal in Hörspiele investieren. Die sollen prima gegen lange einsame Nächte am Steuer helfen. Das habe ich selbst schon ausprobiert. Es hat geklappt.
Noch fix einen Lkw überholen und dann einfach rechts rüber ziehen, um die gewünschte Ausfahrt noch zu erwischen. So etwas erlebe ich jeden Tag. Mehrmals. Und ich habe das Gefühl, diese Unsitte nimmt immer weiter zu.
Warum eigentlich? Was bringen einem diese fünf oder zehn Sekunden. Die man an der nächsten Ampel eh wieder verliert. Die Frau mit dem Ford in dem Video wird sich das vielleicht Ihr restliches Leben lang fragen. Fahren unter Zeitdruck, den man sich oftmals selbst macht. Das schlimme dabei? Kracht es, leiden der oder die Schuldigen nicht nur allein darunter.
Ein Abend im November 1996. Es schneite seit dem Nachmittag. Ich war auf der A 7 Richtung Dänemark unterwegs. Hinter Mellendorf wurde die Autobahn dreispurig. Die beiden rechten Spuren waren nass, aber schneefrei. Die linke Fahrbahn dagegen mit Schnee bedeckt. Ich zog auf die mittlere Spur, überholte einen anderen Lkw. Links zog ein Golf an mir vorbei, kam vielleicht fünfzig, sechzig Meter vor mir ins schleudern. Das Auto knallte gegen die Mittelleitplanke und von dort zurück auf meine Fahrspur.
Bremsen brachte nicht viel. Mit knapp siebzig Sachen fuhr ich in die rechte Seite des Pkw. Durch den Aufprall schleuderte der weiter in die rechte Leitplanke. Als ich stand, stieg ich aus und trat erst einmal ins leere. Vom Lkw – einem Iveco Turbostar – war unterhalb des Kühlergrills nichts mehr da. Ich selber war unverletzt. Zumindest äußerlich.
Den Golf musste ich erst einmal suchen. Es war dunkel und ich hatte die Orientierung verloren. Ein Arzt sagte mir später, das wäre eine Auswirkung vom Schock. Der andere Lkw-Fahrer und ein weiterer kümmerten sich um mich. Einer reichte mir sogar einen Becher mit Tee. Keine Ahnung, wo der den her hatte. Notarzt, Polizei und Feuerwehr waren eigentlich schnell da. Das Auto wurde auseinander genommen, die Frau befreit. Sie war gerade mal neunzehn. Mehr weiß ich nicht von ihr.
Mir machte der Unfall einige Zeit zu schaffen. Fragen kamen auf, ob man nicht doch was falsch gemacht hat. Oder anders hätte reagieren können. Selbst das Schreiben der Staatsanwaltschaft, in dem mir die Einstellung des Verfahrens wegen fahrlässiger Körperverletzung im Straßenverkehr mitgeteilt wurde, half da nicht unbedingt.
Das Schicksal schlägt jeden Tag so unbarmherzig zu und tut es immer und immer wieder. Auch die Frau aus dem Video hat es überlebt. Und vielen anderen, die meinen sie seien unsterblich, passiert nicht mal etwas. Das hat aber nur etwas mit Glück zu tun. Nicht mit Verstand.
Ein halbes Jahr lang ging mir die Baustelle auf der A9 bei Pfaffenhofen auf den Keks. Auch wenn es dort eigentlich fast immer flüssig lief. Aber zwanzig Kilometer Engstelle können schon nerven.
Nun ist aber alles fertig und zumindest Richtung Norden hat man wieder freie Fahrt. Zwar gilt noch Tempo 80, aber das ist zu verschmerzen.
Durch den nordwestlichen Teil Hessens fahre ich nur selten. Deshalb gibt es dort Dinge, die völlig an mir vorüber gehen. So auch, dass die A 49 zwischen Kassel und Gießen weiter gebaut werden darf:
Grünes Licht für den Ausbau der A 49 in Hessen: Das Bundesverwaltungsgericht hält das Verkehrsnetz für wichtiger als den Artenschutz in dem betroffenen Gebiet. Alternativen gebe es nicht.
Schön ist es, dass die Baustellen auf der A5 ein Ende haben und man jetzt bis hinter Offenburg auf drei Spuren dahin fahren kann. Bei Appenweier bastelt man zwar noch auf einigen Kilometern an der Fahrbahn herum, aber auch das ist wohl bald beendet.