An diesem Wochenende protestieren Schäfer aus ganz Deutschland in Berlin für bessere Arbeitsverhältnisse. Damit wollen sie unter anderem auf den Rückgang der Schafspopulation in den vergangenen Jahren aufmerksam machen. Diese ging innerhalb von vier Jahren um rund 400 000 Tiere zurück. Die Schäfer fordern von den Politikern, dass die Pacht für Weideland subventioniert wird.
Heute haben auf Berliner Straßen Radfahrer Vorfahrt. Auf freien Wegen können sie durch die Stadt rollen. Zudem ist gegen 14 Uhr eine große Abschlusskundgebung geplant. Erwartet werden bis zu 250 000 Radfahrer.
Ach ja. Dann gab es noch eine Demonstration von Lkw-Fahrern. Diese wurde von einer Fahrergemeinschaft, die sich „Actie in Transport“ nennt, initiiert. Der Name kommt aus dem niederländischen und bedeutet soviel wie „Aktion im Transportwesen“. Ursprünglich waren Holländer die Gründer dieser Gruppierung. Das eigentliche Ziel war, Verbesserungen in der Transportbranche zu erreichen. Wohlgemerkt als Fahrer und nicht als Unternehmer.
Der deutsche Ableger entstand Ende Februar diesen Jahres. Anfänglich wollte man auf diesen Weg versuchen, den Beruf des Kraftfahrers wieder attraktiver zu machen. Später kamen weitere Forderungen hinzu, wie z.B. der Wunsch nach einheitlich angepassten Mindestlöhnen innerhalb der EU oder die Aussetzung der weiteren Liberalisierung der EU-Kabotage.
Über den Sinn oder Unsinn dieser Wünsche will ich mich nicht auslassen. Diese wurden von deutschen Brummifahrern vorgeschlagen und in den Forderungskatalog der „Actie in Transport“ übernommen. Also muss man das akzeptieren, wenn man sich mit dieser Gruppe identifiziert.
Die Kommunikation zwischen den Mitgliedern läuft fast ausschließlich über Facebook. Der dortige Umgang ist nicht immer reibungslos – vorsichtig ausgedrückt. Ein gegenseitiges Hauen und Stechen ist an der Tagesordnung. Normale Diskussionen sind nur selten möglich. Mit einem Tunnelblick den viele im Lkw haben, wird halt auch im Internet dispuniert und konferiert.
Anfangs stiegen die Mitgliederzahlen relativ schnell an. Dreitausend wurden schnell erreicht. Derzeit liegt die Zahl der deutschen Gruppe bei knapp 4 700. Die meisten dürften aber sogenannte Karteileichen sein. Viele wurden einfach durch bereits angemeldete User hinzugefügt. Trotzdem hat sich ein fester Stamm von Diskutierenden gebildet. Auch ich gebe ab und an meinen Senf hinzu. Das ist nichts weltbewegendes, im Gegenteil. Solch eine kleine Gruppe kann eh nichts verändern.
Bereits kurze Zeit nach der Gründung begannen die Administratoren und Macher der „Actie“ kleinere Regionaltreffen abzuhalten. Diese fanden Samstags auf verschiedenen Autohöfen statt. Wie ich aus den Berichten der Besucher dieser Zusammenkünfte herausgelesen habe, war die Resonanz unterschiedlich. Einige waren wohl gut besucht. Andere dagegen, wie z.B. in Berg, eher schwach.
Trotzdem entschloss man sich, schnell größere Ziele anzupeilen. Eine richtige Demonstration sollte es sein. Am besten an zentraler Stelle, zwischen Siegessäule und Reichstagsgebäude, mitten in Berlin. Ein Datum war schnell gefunden: Der 1. Juni.
Viele Gruppenmitglieder waren Feuer und Flamme. Diese Demo sollte ein Anfang werden, für noch größere Aktionen. Von Streik wurde geschwärmt oder eher fantasiert. Endlich könnte man der Bevölkerung zeigen, dass in diesem Land ohne den geschundenen Lkw-Fahrer nichts läuft. Die Macher der „Actie in Transport“ distanzierten sich von solchen Aufrufen. In den Griff bekamen Sie diese Meinungen aber nicht immer.
Über die gestrige Veranstaltung kann man nur berichten, wenn man auch dabei war. Also machte ich mich auf den Weg nach Berlin. Zuerst meine positiven Eindrücke: Die Demo war gut organisiert. Drei Lkw begleiteten den Zug, Protestplakate wurden mit Phantasie und Liebe hergerichtet. Ordner waren in ausreichender Anzahl vorhanden und auch die mediale Aufmerksamkeit kam nicht zu kurz. Gerade die Reaktionen auf letztere fielen mir aber negativ auf. Die Anwesenheit von TV-Sendern waren für einige wichtiger, als die Anzahl der Teilnehmer. Und schon bin ich beim schlechtesten Punkt. Die mitlaufende Gruppe war mehr als überschaubar. Es war enttäuschend, wie wenige Fahrer sich beteiligten.
Im Internet und am Stammtisch geben sie sich Ihrer Frustration hin. Doch gestern hat man gesehen, dass es unter deutschen Fahrern kaum noch echte Solidarität gibt. Es ist nur noch gespielte Kumpanei und jeder kämpft für sich allein. Was für ein trauriges Bild.
Ich glaube nicht, dass es eine Fortsetzung dieser Aktionen gibt. Über kurz oder lang wird sich diese Gruppe auflösen. Ganz sicher liegt das aber nicht an den Machern im Hintergrund. Die haben ihr bestes gegeben. Zwar nicht immer frei von Fehlern, aber das konnte und durfte keiner erwarten. Meinen Respekt haben die dafür.
Ich würde nicht sagen das die Actie sinkt.
Klar, dank der Sesselpupser und Sofabreitlieger war die erste größere Aktion nicht gerade der Hit.
Ich denke die Zukunft wirds zeigen ob sich noch mehr Fahrer dazu aufraffen werden und sich an den größeren Aktionen beteiligen werden.
Moin ich denke auch nicht das die Actie sinkt, es wird sich vielleicht auf einem etwas niedrigerem Niveau konsolidieren. Denn wenn alle der jüngeren Fahrer verstanden habe worum es geht, nämlich um Arbeitsplätze im eigenen Land.Desweiteren um Löhne von denen man(frau) leben kann. Ich kenne „Speditionen“ gerade in Thüringen die Hungerlöhne zahlen. Okay die „Trucker“romantik hat in der Actie keinen Platz.Ich war 37 Jahre unterwegs und habe so einiges mitgemacht aber was jetzt in der Branche abläuft geht auf keine Kuhhaut. Gruß Horst aus Göttingen
Guten Morgen alle zusammen!
Ich habe mich gestern früh um 4 Uhr auf den 500 km langen Weg gemacht, um in Berlin dabei zu sein. Nach 50 km gab das Auto den Geist auf. Gegen 11 Uhr, unter Einsatz meiner EC-Karte, lief das Ding wieder. Für Berlin war es aber zu spät. Warum ich das schreibe? Weil diejenigen, die nicht in Berlin waren, sich ständig rechtfertigen müssen. Sie werden ausgegrenzt und teilweise auch beschimpft. Jetzt beginnt man zu selektieren in gute und in böse Fahrer. Es ist der Beginn einer weiteren Spaltung der Fahrerschaft.
Natürlich wäre es besser gewesen, einige Tausend Fahrer hätten sich an den Protesten beteiligt. Aber darauf kommt es letztendlich doch nicht an. Wichtig ist, dass sich überhaupt erstmal eine Gruppe gebildet hat, die zu Protesten bereit ist. Sowas kann ansteckend sein, wenn man da weiter macht, wo man aufgehört hat. Diese ständigen Resümees, die nichts weiter als Resignation verbreiten, ersticken die Bewegung in einer Phase, wo sie bereits auf einem guten Weg ist.
Und vielleicht denkt mal jemand darüber nach, dass die Forderungen im 5-Punkte-Plan einige Fahrer überfordert haben. Für viele Kollegen waren sie zu abstrakt. Es war nichts dabei, was sie konkret als Verbesserung empfinden konnten.
Gruß
McFly
Der erste Kommentar und dort der erste Satz sagt alles aus: „Klar, dank der Sesselpupser und Sofabreitlieger war die erste größere Aktion nicht gerade der Hit.“ Auf deutsch, wer sich nicht einreiht und im Glied maschiert wird beleidigt. Und wieso soll ich mich mit Leuten unterhalten oder zusammen demonstrieren wenn es mir a)sehr gut geht und die b)alle beleidigen die warum auch immer nicht an solchen Veranstaltungen teilnehmen?
Ach ja, ich bin nicht bei FB und werde dies auch nie sein wie viele andere Kollegen. Also werden wir auch von der Kommunikation ausgeschlossen!
@McFly:
„Jetzt beginnt man zu selektieren in gute und in böse Fahrer. Es ist der Beginn einer weiteren Spaltung der Fahrerschaft.“
Das wundert Dich doch aber jetzt nicht wirklich, oder?
@SpaceFalcon
Nein, es wundert mich nicht. Vielleicht sollten die Ansprüche, etwas bewegen zu wollen, runtergeschraubt werden. Man kann nicht von heute auf morgen ein Heer von Eigenbrötlern zu einer homogenen Gruppe verschweißen. Deshalb hoffe ich inständig, Udo und Ingo machen da weiter, wo sie aufgehört haben.
@Chris
Facebook stellt wirklich ein großes Problem dar.Überwiegend wird es dazu genutzt, Bildchen von seinen Lkw zu posten und dann auf eine große Anzahl von „Gefällt mir“ zu warten. Ich mag Facebook überhaupt nicht, weil alles innerhalb kurzer Zeit im Nirwana verschwindet. Man muss alles doppelt und dreifach schreiben und oftmals reicht auch das nicht. Der Sprung „raus aus den sozialen Netzwerken“ ist nicht einfach, aber die einzige Möglichkeit, alle Fahrer zu erreichen.
Gruß
McFly
Habt ihr ernsthaft erwartet das nun plötzlich alle 4.700 Mitglieder der FB-Gruppe in Berlin aufschlagen? Wenn die Gruppe vielleicht 40.000 oder mehr Mitglieder hat, dann würde ich mal auf eine Beteiligung im mittleren bis hohen dreistelligen Bereich tippen. Das ist einfach so, nicht nur bei den Kraftfahrern. 5-10% der Mitglieder erscheinen wenn man zu einer Aktion aufruft.
Auf der anderen Seite sehe ich es als deutlich wichtiger an viele kleine Veranstaltungen zu machen als auf die eine große Megademo zu hoffen. Nicht jeder ist bereit oder in der Lage an seinen eh schon kurzen Wochenende eine u.U. recht weite An- und Abreise zu tätigen. Zumal es die Menschen z.B. in Düsseldorf, Hamburg, München oder Stuttgart recht wenig interessiert wer gerade in Berlin demonstriert.
[…] bei FaceBook, einen Bericht und auch persönliche Meinung eines der Teilnehmer kann man hier bei Maik […]