Anmeldung beim Staplerfahrer: „Tach. Ich hab sechzehn Gitterboxen für Euch. Gussteile aus Italien. Von der Firma Ferro una due„. „Ah ja. Ich mach den Lkw schnell fertig. Wenn der raus fährt, kannst Du rein.“ „Also nicht warten, bis die Ampel grün wird?“ „Nee. Die ist kaputt.“ „Wie unsere Regierung?“
Das am Ende des letzten Beitrags erwähnte Dorf in der Gegend zwischen Mantova und Modena. Von der Autobahn runter, drei Kilometer über Landstraßen fahren, schon war ich da. Ein kleines Industriegebiet noch vor dem Ort, ideal.
Bis auf das Wetter. Es regnete nicht, es goss. Der kurze Weg zum Staplerfahrer, um mich anzumelden und zurück zum Lkw reichte, und meine Klamotten waren zum ersten Mal durch.
Abgeladen werden sollte dann von der Seite. Aber vorher war erstmal Mittag. Also Mangiare. Klingt besser. Zwei Stunden von zwölf bis zwei. Diese zwei Stunden waren früher eigentlich Usus. Also mein früher, so vor fünfzehn, sechzehn Jahren. Seitdem ich fast wöchentlich nach Italien fahre.
Heute hat sich das irgendwie ein bissel aufgeweicht. Viele Firmen machen nur noch eine oder anderthalb Stunden Pause. Kann natürlich auch sein, dass das nur so Unterschiede zwischen den Landesteilen sind. Bis vor vier, fünf Jahren bin ich ja oft in den Süden runter. Mittlerweile aber, wenn ich wie diese Woche an Verona vorbei fahre, ist das für mich schon weit.
Aber ich weiß es nicht. Keine Ahnung.
Während der Pause hörte es auf zu gießen. Bis kurz vor deren Ende. War irgendwie klar. Kack Genuatief.
Zwischendurch kam meine Order für die Rückladung. Zwei Ladestellen. In Brescia sollte ich einige Paletten bekommen und den Rest in einer kleinen Ortschaft ein Stück unterhalb von Bozen. Also wer es kennt, Abfahrt Ora von der Brennerautobahn runter und dann ein bissel quer durch Apfelplantagen.
Die meisten Reihen waren schon ab geerntet. Es ist ja bereits Ende Oktober. Aber es gab auch noch genügend Bäume, voll mit Äpfeln. Wäre dumm, wenn ich nicht ein oder zwei oder drei pflücken würde. Ich hab sogar, typisch deutsch, nen vorbeifahrenden Bauern gefragt, ob ich einige mitnehmen darf. Sagte der, mach ruhig. Sind eh nicht meine.
…so richtig ist das neue Jahr noch nicht gestartet. Zumindest was das berufliche betrifft. Heute zwar den Lkw vorgeladen, waren aber nur zwei Kunden und am Nachmittag war ich eh wieder zuhause. Trotzdem hielt sich meine Extase in Grenzen.
Montag beginnt dann also die erste reguläre Arbeitswoche. Es geht nach Italien. Wohin auch sonst. Also nicht wirklich eine Überraschung.
Damals als Aufträge noch per Telefon durchgegeben wurden: Ich leer in Kassel, Disponent sagt, fahr mal Richtung Herford, Firma und Straße geb ich dir nachher durch. Ich verstehe aber Erfurt.
Und ich sag noch „Junge, mach langsam. Wir haben Zeit.“ Aber so ist das, wenn der Feierabend vom Staplerfahrer naht. Dann kann es nicht schnell genug gehen.
Eine Firma im Sauerland bekommt Gestelle und Regalteile. Damit auch alles auf den Auflieger passt, wurde das vom Absender in Italien ein wenig verschachtelt und komplex verladen. Also kleinere Boxen in größere gestellt und kürzere Rahmen auf längere. Aber alles easy. Die Ladung zu sichern, war keine große Schwierigkeit.
Während der Staplerfahrer nun also Teil für Teil ablädt, steht sein Gehilfe direkt daneben und versucht die wackeligen Objekte festzuhalten. Auf meine Zwischenbemerkung, doch besser einige Meter Abstand zu halten, denn wenn solch ein Ding fällt, wäre er bestimmt mausetot, kam nur „Dann brauche ich morgennicht mehr zu kommen“ als Antwort.
Dem Staplerfahrer scheint das Schicksal seines Arbeitskameraden aber auch egal gewesen zu sein. Denn statt seinen Kollegen mal selbst aufzufordern, einige Meter weg zu gehen, antwortete der lapidar: „Mir ist noch nie etwas runter gefallen.“
Tja, Urlaub vorbei. Der Ernst des Lebens beginnt wieder. Hätte noch eine Woche mehr sein können, aber in achtzig Tagen ist ja schon Weihnachten. Heißt wieder zwei Wochen frei. Wow.
Immerhin begann die Woche relativ ruhig. Auflieger war vorgeladen, mit drei Kunden in Oberitalien. Zwei davon kenne ich gut, der dritte bereitet mir ein wenig grummeln im Bauch. Die Firma ist mitten in Mailand. Da war ich letztes Jahr schon mal. Trotz Lkw-Navi und Maps kam ich nicht hin. Dauernd sollte ich rechts abbiegen, durch Straßen, da passte gerade ein Panda durch.
Irgendwann war ich nur noch einen knappen Kilometer vom Ziel entfernt, dann war ich wieder auf einer Ausfallstraße. Schon waren es erneut zwanzig Kilometer. An mein Fluchen kann ich mich noch gut erinnern. Aber irgendwie kam ich doch hin. Klar, muss ja auf die ein oder andere Weise klappen. Nur die Strecke weiß ich natürlich nicht mehr.
Zum Schluss habe ich den Entlader noch gefragt, wie ich wieder am besten und schnellsten aus der Stadt komme. Der sagte, mit einem Hubschrauber, und fand das auch noch lustig. Ich nicht. Den Weg zurück wollte ich mir eigentlich merken. Aber sinnlos, ging im zickzack durch die Stadt. Dann war da noch eine Bogenbrücke, die musste ich mittig durchfahren. Seitdem habe ich immer gehofft, da nicht mehr hin zu müssen.
Na ja, habe die Bude einmal gefunden. Da wird es morgen nachmittag auch funktionieren. Jetzt ist erstmal Feierabend. Alles andere dann später.
Ach ja, eines noch. Viel Verkehr heute auf den Autobahnen. Das mehr Lkw unterwegs waren, klar. Samstag war Feiertag, da hatten die Osteuropäer Zwangspause. Aber auch Pkw. Sind schon wieder irgendwo Ferien?
Prompt meine erste 10er Schicht angebrochen. Wegen acht Minuten. Ging aber nicht anders, denn ich wollte bis zum Brenner kommen. Da kann ich morgen früh um vier weiterfahren, ohne in Österreich doppelte Maut zahlen zu müssen.
Bissel ärgerlich, aber einmal darf ich ja diese Woche noch zehn Stunden fahren. Wird schon passen.
Einer meiner heutigen Aufträge? In einer Spedition bei Mailand Stückgut laden. Auf dem Firmengelände ist es eng, also muss ich außerhalb einen Platz zum parken suchen. Aber kein Problem, laufe ich halt mal zwei-, dreihundert Meter zur Anmeldung.
Dann stehe ich am Exportschalter, vor mir vier andere Fahrer. Im Raum, vom Büro durch eine Glasscheibe getrennt, ist es stickig. Aber normal im Hochsommer. Nach zehn Minuten bin ich dran, nenne dem Mitarbeiter auf der anderen Seite der Scheibe meine Spedition und wohin ich laden möchte. Die Kommunikation läuft durch eine Durchreiche zwischen Tresen und Scheibe.
Der Mann sucht meinen Ladeauftrag, möchte dann die Fahrzeugpapiere. Kein Problem, muss ich aber erst holen. Also knapp dreihundert Meter zum Lkw, Dokumente raus kramen, zurück in den stickigen Vorraum. Nach zwei Minuten kommt er wieder, kopiert die Papiere. Dann schaut er mich an, ich schaue zurück, frage was denn noch ist. Nun will er die „EU-Lizenz“. Das ist ein blauer Zettel, nötig für den „grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr„.
Keine Ahnung, wieso der mir das nicht vorher gesagt hat. Ich wieder zum Lkw, Zettel geschnappt, zurück zur Anmeldung. Der Sachbearbeiter kommt zum Tresen, macht wieder eine Kopie, verlangt jetzt den Führerschein. Meine Antwort darauf war auf deutsch und gar nicht nett. Den Sinn scheint er aber verstanden zu haben, denn plötzlich ging es auch ohne Fahrerlaubnis. Stattdessen nannte er mir die Nummer der Rampe an die ich fahren sollte, fertig. Geht doch.