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Schlagwort: Job

Warum wir den Niedergang der Arbeitswelt zulassen

Von Udo Skoppeck

Ostern steht vor der Tür. Während wir im Kreis unserer Familie sitzen, Geschenke austauschen und den Tisch mit Leckereien füllen, vergessen wir allzu leicht, wie diese Dinge zu uns gelangen.

Es ist ein Ritual, das sich Jahr für Jahr wiederholt – doch der unsichtbare Taktgeber hinter unserer Bequemlichkeit gerät seit Jahren immer mehr unter Druck.
Die Logistikbranche, einst das Rückgrat der modernen Wirtschaft, wird durch einen unaufhaltsamen Strudel aus Kostendruck, Regulierungswut und Sozialdumping ausgehöhlt.

Die Nachricht, dass der Stahlriese ArcelorMittal von seinen Transportdienstleistern eine Preissenkung von zehn Prozent fordert, mag für den Laien wie eine betriebswirtschaftliche Notwendigkeit klingen.

Ein perfides System

Doch hinter dieser nüchternen Zahl verbirgt sich ein perfides System. Unternehmen, die bereits mit engsten Margen wirtschaften, sollen noch weiter gedrückt werden – mit Konsequenzen, die bis zu uns allen reichen.

Denn was passiert, wenn Transportunternehmen gezwungen sind, an der letzten Stellschraube zu drehen? Dann leidet zuerst der Fahrer.

Wir haben es längst normalisiert, dass Waren immer billiger werden müssen. Der Onlinehandel boomt, Rabatte und Versandkostenfreiheit sind Standard. Doch der wahre Preis wird von jenen bezahlt, die die Waren auf die Straße bringen.

Es ist eine Branche, die sich in einer tödlichen Abwärtsspirale befindet: Wer nicht billig genug ist, verschwindet vom Markt. Wer bleibt, hält durch – zu jedem Preis.

Das klingt nach Darwinismus, ist aber nichts anderes als organisierter Raubbau an der Arbeitskraft.

Noch vor wenigen Jahrzehnten war der Beruf des Lkw-Fahrers einer mit Perspektive. Heute gleicht er einem Überlebenskampf. Die Fahrer sind zum Spielball eines europäischen Marktes geworden, in dem das West-Ost-Lohngefälle skrupellos ausgenutzt wird.

Osteuropäische Fahrer, die für unsere Verhältnisse kaum existenzsichernde Löhne erhalten, werden als Billigalternative eingesetzt.
Doch nicht aus Gier, sondern weil es für sie oft die einzige Möglichkeit ist, ihre Familien zu ernähren. Und genau hier liegt das perfide Prinzip: Die Wirtschaft nutzt die Not der einen, um die anderen auszubooten.

Währenddessen schaut die Politik weg. Oder besser gesagt: Sie schaut dorthin, wo es für sie am wenigsten unbequem ist.

Die Politik schaut weg

Wer sich für bessere Bedingungen einsetzt, wird nach einer Wahl schnell aus dem Amt gejagt, während alte Hasen in den Ruhestand gehen.

lkw actros fährt für einen lebensmittelgroßhandel
Ohne Lkw keine Versorgung

Die Jungen, die nachkommen, kennen es nicht anders. Es fehlt nicht an Lösungen – es fehlt an Willen.

Es wäre leicht, die Schuld nur bei den Konzernen oder der Politik zu suchen. Doch wir alle sind Teil dieses Systems. Jedes Mal, wenn wir auf den billigsten Preis klicken, tragen wir dazu bei, dass irgendwo ein Fahrer noch ein paar Cent weniger bekommt.
Jedes Mal, wenn wir uns über einen Lkw ärgern, der auf der Autobahn überholt, vergessen wir, dass dieser Fahrer genau in unserem Auftrag unterwegs ist.

Kollabiert das System?

Die Frage ist nicht, ob dieses System kollabiert – es wird sich immer jemand finden, der für noch weniger Geld fährt, bis auch er nicht mehr kann.

Die Frage ist, wann wir als Gesellschaft endlich den Mut aufbringen, diesen Kreislauf zu durchbrechen.
Vielleicht sollten wir damit anfangen, die Menschen, die unseren Alltag überhaupt erst ermöglichen, nicht nur zu Ostern ins Bewusstsein zu rufen. Sondern jeden einzelnen Tag.

Denn wenn die letzten Fahrer gegangen sind, werden wir feststellen, dass Wohlstand auf Rädern fußt – und wir ihn leichtfertig aufs Spiel gesetzt haben.

Jobs werden wegrationalisiert

Erst wenn auch der letzte Handwerker, Fabrikarbeiter, Lkw-Fahrer, Landwirt, Medizin/Pflegeberuf und Bauarbeiter wegrationalisiert und kaputt reglementiert wurde, werden Politiker, YouTuber, Influencer, Börsenspekulanten feststellen,  dass sie nichts lebensnotwendiges oder lebenserhaltenes  erschaffen können.

Deshalb, macht diese Berufe endlich wieder attraktiv und bildet ordentlich aus, von der Schule beginnend bis hin zum Facharbeiter und bezahlt die Menschen für ihre Leistung für die Gesellschaft und am Bruttosozialprodukt.

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Ich darf wieder

Anderthalb Wochen Schonzeit sind schon wieder vorbei. Und da ich Dienstagabend den Lottojackpot nicht geknackt habe, muss ich halt wieder. Hilft ja nix…

Ein blauer daf
3 Kommentare

Viele Trucks, kaum Fahrer! Warum will fast niemand diesen Job machen?

Warum immer weniger Leute den Job machen wollen, liegt ja nicht nur an den miesen Löhnen und am teils völlig respektlosen Umgang mit uns Fahrern.
Nee, mindestens genauso negativ wirkt sich auch die Überegulierung der Arbeits-, Lenk- und Ruhezeiten aus. Sich in dem ganzen Wust an Regelungen und den jeweils dazu passenden Ausnahmen noch auszukennen, wird immer schwerer.

Und dann gibt es ja noch viele andere Ursachen, wie Mangel an Parkplätzen oder ne miserable lausige Infrastruktur.
Da hab ich mir aber vor vielen Monaten schon mal Gedanken drüber gemacht. Wer möchte, kann das gerne noch mal lesen >>>

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Oh je

Hab erst „Trucker-Walze“ gelesen und gedacht, ich bin doch gar nicht in Bonn. Voll Job geschädigt. Und das an Tag zwei nach meinem Urlaub 🙂 .

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Jasmin spricht

Jasmin ist 19, kommt aus Leipzig, ist tolpatschig, vergesslich, schwatzt viel und hat einen an der Latte. Sagt Sie selbst über sich.

Das schwerste an der Ausbildung ist den Leuten klar zu machen, dass Lkw-Fahrer nicht nur dreckig und schmutzig sind, dass es ein sehr gute Beruf ist, eigentlich, und das es nicht die letzten Menschen sind…

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Mal nach Eurer Meinung gefragt

Seit den 60er-Jahren fragt das Institut für Demoskopie Allensbach jährlich die Deutschen, wie hoch ihre Achtung gegenüber den verschiedenen Berufen ist. Der Platz des am meisten angesehenen Berufes ist dabei in fester Hand: Die Ärzte genießen mit 82 Prozent das meiste Ansehen, seit Anbeginn der Studie. Niemand ist in Sicht, der sie von der Spitze vertreiben könnte.
Ihnen folgen Krankenpfleger, Lehrer, Handwerker. Schlusslichter der Studie bilden Fernsehmoderatoren, Banker und – Politiker.

Der Beruf des Kraftfahrers steht in dieser Umfrage nicht zur Auswahl. Was wohl auch besser ist. Dieser fände sich mit Sicherheit auf einen der letzten Plätze wieder. Schlieslich prägt das Bild von Kolonnen von Lastkraftwagen, die sich über die Autobahnen schlängeln, dessen Image wie kein anderes. Zwar umfasst dieser Beruf wesentlich mehr, doch dieser Eindruck ist halt vordergründig.

Jetzt möchte ich wissen, wie gut oder schlecht Eure Meinung von dem Beruf ist, den ich ausübe. Schreibt, was Ihr wirklich denkt – ohne irgendwelche Hemmungen. Ich bin halt neugierig.

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Post an Oma

Ja ja, ich weiss, der folgende Text ist schon mega – alt. Lasst mir trotzdem die Freude, ihn hier zu veröffentlichen:

Liebe Oma,

nun habe ich endlich wieder eine Arbeit. Es ist eine besonders schöne Arbeit. Ich darf 16 – 18 Stunden am Tag tätig sein, so das ich auch keine Freizeitprobleme mehr habe.
Mein neuer Job ist der eines Fernfahrers und das Image eines Kapitäns der Landstrasse tut mir sehr gut. Das brauche ich aber auch, denn mein Chef ist der Meinung, dass ich unter keinen Umständen zuviel verdienen darf. Aber ich bin ja selten zuhause, da kann ich nicht soviel ausgeben und viel sparen.

Besonders freut mich, dass bei den einzelnen Ladestellen für meine Körperertüchtigung gesorgt wird. Ich darf nämlich ganz allein meinen Lkw auf- und abladen. Das ist aber auch dringend nötig, da ich sonst nach 12 Stunden Fahrzeit einschlafen würde.
Ich glaube, dass meine Kollegen, die ich unterwegs im Strassengraben sehe, nicht abladen durften. Ich aber kann dann noch zurück fahren. So braucht mein Chef keinen zweiten Fahrer einzustellen und – so sagt mein Chef – helfe ich dadurch, meinen Arbeitsplatz zu sichern.

Wie nobel mein lieber Chef tatsächlich ist, siehst Du daran, dass ich im Führerhaus ein Bett habe, obwohl ich nie dazu komme, es zu benutzen.

Liebe Oma, entschuldige bitte meine zittrige Schrift. Aber neuerdings zittere ich immer so, obwohl ich mir das garnicht erklären kann.
An meinem Lebenswandel kann das nicht liegen, denn ich gehe nie aus und bin auch kaum zu Hause.

Dein lieber Jörn!

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