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Kategorie: Raststätten

Bürgerinitiative contra Parkplätze

Im Oktober diesen Jahres gründete Herr Crasemann eine Bürgerinitiative, um gegen den Ausbau des Rastplatzes Seevetal an der A7 südlich von Hamburg zu protestieren.
Unterstützung bekommt diese Gruppierung auch aus der Lokalpolitik. Der Bürgermeister der Gemeinde Seevetal, Günter Schwarz, hofft, „dass Seevetal vor einer Entscheidung in Berlin Gelegenheit bekommt, eine Stellungnahme abzugeben – aber nicht in Schriftform“.

In einem offenen Brief an Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) fordert die Bürgerinitiative „Rastplatzwahnsinn“, dass von der Erweiterung der Anlagen abgesehen wird. Es geht um insgesamt 160 LKW-Stellplätze.
Sie werden erkennen, dass Ihr Vorgänger im Amt einen Fehler gemacht hat, als er diesen Standort ausgesucht hat, ohne an die Menschen, die dort leben, zu denken“, heißt es unter anderem in dem Schreiben.
Minister Ramsauer werde außerdem „erkennen, dass es ein noch größerer Fehler wäre, das Unglück dieser Ortschaften sehenden Auges zuzulassen“.
Für die Bewohner der entlang der Autobahn liegenden Dörfer könne es „hier keine Erweiterung“ geben. Sie würden sich gegen das Vorhaben daher „massiv wehren“.

Nun hat sich auch der Geschäftsführer beim Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen, Gerhard Ibrügger, zu Wort gemeldet.
Laut seiner Meinung ist „die Haltung der Lokalpolitiker von Seevetal ein Schlag ins Gesicht für das Fahrpersonal, das tagtäglich verantwortungsvoll seinen Job macht und dafür sorgt, dass die Bevölkerung auch an der A 7 in Seevetal jeden Tag zuverlässig versorgt wird“.

Ich kenne die Begebenheiten dort nicht und ob es dem Herrn Ibrügger anders geht, bezweifel ich. Also habe ich dem Herrn Crasemann einfach mal ein paar Fragen zu seinem eigentlichen Anliegen gestellt:

1. Welche stichhaltigen Gründe sprechen gegen diesen Parkplatzausbau, gegen den Sie protestieren?

Reinhard Crasemann: Die geplante Erweiterung der Rastplätze auf 160 Stellplätze (damit wird der Rastplatz selbstverständlich auch von mehr PKW aufgesucht) bringt unweigerlich Veränderungen mit sich.

A. Lärm: Es ist eine nicht unerhebliche Steigerung der Lärmemmissionen zu erwarten (wieviel genau werden wir noch genau mit Gutachtern zu klären haben).
Zum einen ist das für die direkt angrenzende Wohnbebauung eine Katastrophe, zum anderen wird das (wie die Erfahrung mit der Autobahn schon heute zeigt) je nach Windrichtung die jeweilige Ortschaft deutlich spüren. Der Wirtschaftswegverkehr muß zwangsläufig zunehmen und führt in beiden Fällen mitten durch das ein Wohngebiet.

B. Natur: Nur unter höchsten Auflagen konnten beispielsweise die Häuser in Ramelsloh Horn errichtet werden. Unter Berücksichtigung des gewollten Aufbaus einer Waldsiedlung sind beispielsweise nur bestimmte Grundstücksgrößen zugelassen.
Hier wurde und wird seitens der Einwohner stark darauf geachtet, diesen auch für den Ort wertvollen, Charakter zu erhalten. Dies würde mit einem derart gigantischen Parkplatz in der Mitte völlig absurd konterkariert.
Ganz abgesehen davon, das ein beliebter Ausgangspunkt für Spaziergänger einfach verstellt würde.

Wer hier lebt weiß beispielsweise um den Wildwechsel und die zahlreichen Tiere. Es vergeht so gut wie kein Tag, an dem ich nicht beispielsweise Rehwild auf genau diesem Ackerland sehe.

C. Publikum: Auch hier am Beispiel Hasselhöhe: Seit es nach Jahren gelungen ist, die Pforte zu verschliessen und den Zaun um den Parkplatz herum „dicht“ zu machen, haben die Einbrüche in der Nachbarschaft nachgelassen.
Sobald nur die Pforte aufgeschlossen bleibt kommen Menschen die diese Fluchtwege auskundschaften. (Auskundschafter entdecken wir hier bis heute regelmässig und melden sie auch).
Ein Wirtschaftsweg zu einem solchen Parkplatz lässt sich gar nicht wirkungsvoll verschliessen.

D. Ich denke, wir müssen Familien, die sich hier angesiedelt haben und unter Inkaufnahme der erwähnten Restriktionen ihr Vermögen in diese Heimat investieren, respektieren. Der Wert der Immobilien wird dramatisch abnehmen.

Aktuell sind Immobilien allein vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen nahezu unverkäuflich. Die Folge: Wer es sich leisten kann ,wird wahrscheinlich zähneknirschend wegziehen. Das ist faktisch ein richtiger Schaden für die Gemeindekassen von Ramelsloh und Ohlendorf.
Schlieslich werden von diesen Einwohnern nicht unerheblich Steuern abgeführt.

Dies, Herr Erdmann, sind aus meiner Sicht nur ein paar von vielen weiteren stichhaltigen Gründen, die mich und andere zum Protest bewegen. Übrigens kein willkommenes Hobby, ich hab durchaus anderes zu tun und verbringe den geringen verbliebenen Teil meiner Zeit viel lieber mit meiner 5köpfigen Familie.

2. Auf einer Unterseite (Foto) Ihrer Webpräsenz zeigen Sie einen brennenden Lkw. Was hat dieser mit dem Parkplatzausbau zu tun?
Desweiteren präsentieren Sie einen Ausschnitt der Website „parkplatzsex-treffpunkte.com“. Wer glauben Sie, sind die Hauptkunden dieses Gewerbes?

Reinhard Crasemann: Die „Foto-Seite“ auf die Sie anspielen enthalten, wie Sie an den Überschriften erkennen können, ein auf tatsächlichen Gegebenheiten aufsetzende Übertreibungen.
Tatsächlich sind dies alles Lkws, die in den letzten (ich glaube 2) Jahren in unmittelbarer Nähe zu dem Rastplatzvorhaben abgebrannt sind. Soll in Zusammenhang mit den Rastplatzerweiterungen sagen: So ein Rastplatz ist eben nicht ohne Risiko (wird in der Regel übrigens auch genau so verstanden).

Zu dieser Sexseite: Ich kenne die Kunden dieses Gewerbes nicht. Aber wie aus dem Namen und den Berichten hierüber leicht ersichtlich, weiß ich wo es stattfindet.
Offensichtlich ist, dem der sich in das Thema einlesen möchte, auch: Je näher eine Großstadt mit verlockendem „Gewerbe“ und je abgeschiedener (waldiger) die angrenzenden Gebiete, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass ein Parkplatz zum „Treffpunkt“ wird.
So etwas in unmittelbarer Umgebung eines Familien-Wohngebietes kann nicht gut und Wille sein, oder? Um Ihrer Frage zu begegnen: ist es nicht egal, wer die Kunden sind? Eine Erweiterung des Rastplatzes fördert diese Entwicklung. (Ich erspare Ihnen die Fotosammlung über bereits heute abgelegte Kondome).

3. Ihr Aufkleber trägt das Motto: „Finger weg von unseren Parkplätzen“. Erklären Sie mir bitte, weshalb Autobahnparkplätze nur Ihnen gehören.

Reinhard Crasemann: Es ist unser Land, unser Kreis, unser Ort und in diesem semantischen Sinne sind es auch unsere Rastplätze. Daraus, Gott bewahre, leite ich keinerlei Besitzansprüche ab.
Aber ich leite daraus eine Verpflichtung ab. Wenn ich mich in dieser Gestalt mit meiner selbst gewählten Heimat identifiziere, versuche ich Schaden von ihr abzuwenden.

Auch wenn es keiner bezahlt, wenn es keiner dankt, und wenn es erheblichen Aufwand bedeutet. Der Aufkleber nimmt auch keinen Bezug auf Autobahnparkplätze generell, sondern speziell auf die hier in Ramelsloh und Ohlendorf – also unsere.

4. Sie schreiben weiterhin: „Wer Lärm sät, wird Krach ernten. Gemessener Lärm am Sonntag, den 22. 11. um 18.22 Uhr: 68 db im Durchschnitt!“
Ist Ihnen bekannt, dass am Sonntag ein Fahrverbot für Lkw gilt und dieser Lärm somit von Pkw stammt – also auch von Ihnen?

Reinhard Crasemann: Genau. Wer immer diesen Lärm macht. Und ich behaupte nicht das es nur LKWs sind. Er ist da.

Vor dem 6spurigen Ausbau der A7 war er es nicht. Ich habe genau diesen Zeitpunkt gewählt, weil ich es gerade für sehr Eindrucksvoll halte, das der Lärmpegel sogar ohne den LKW-Verkehr schon so hoch ist. Mit dem Ausbau wurden Vereinbarungen getroffen, die in Ihren Grenzen weit überschritten, also nicht eingehalten werden. Grund für Krach, finden Sie nicht?
Statt die Einhaltung durch angepasste Maßnahmen zu erreichen, will man weiterbauen. Das scheint mir nur schwer vermittelbar.

Herr Erdmann, ich fürchte, dass bei Ihnen der Eindruck entstanden ist, Rastplatzwahnsinn.de stellt sich gegen die LKWs auf. Das stimmt nicht. Es heißt nicht LKW-Wahnsinn.
Rastplatzwahnsinn stellt sich noch nicht einmal gegen die bestehenden Anlagen auf. Es geht um die Erweiterung. Und die ist nunmal leider – nicht von uns – an den Begriff LKW-Stellpätze gekoppelt.

Wir wissen beide, dass deshalb die PKW’s genauso dort halten. Je größer desto mehr. Die Gemeinde Seevetal, und hier insbesondere die Ortschaften Ramelsloh und Ohlendorf, sind unverhältnismäßig stark von Emissionen aller Art betroffen (am deutlichsten im Punkto Lärm): A1, A7, A250, Maschener Kreuz, Horster Dreieck, ICE Trasse, Gütergleisverkehr, größter Güterbahnhof Europas etc. – die Lärmkarten zeigen ein beeindruckendes Bild, dass Sie in dieser Konzentration in kaum einer anderen Gemeinde finden.

In kürzester Zeit haben mich eMails von 170 Einwohnern erreicht, die entsetzt bis verunsichert sind. Keiner toleriert diese Entwicklung. Ich denke, Ortschaften wie Ramelsloh und Ohlendorf haben es verdient, dass man sich für sie einsetzt, wenn Bund, Land oder sonstwer versucht die Lebensqualität der Einwohner nachhaltig zu verschlechtern. Das ist der Grund, der Antrieb, die Motivation unseres Vorgehens.

Vielen Dank für ihre Antworten.

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Frauenpower

„Was Männer können, können wir Frauen schon längst“. Getreu diesem Motto findet am 25.10.2009 auf dem Aral-Autohof Neuenkirchen-Vörden an der A 1 der erste Stammtisch für Lkw-Fahrerinnen statt.
Diesen hat Pächterin Uta Scheid ins Leben gerufen.

Frauenparkplätze, Sicherheit in der Nacht und Kollegialität sind bestimmt nur wenige der Themen, die bei einem gemütlichen Frühstück für ordentlich Gesprächsstoff sorgen. Uta Scheid würde sich freuen, wenn der Fahrerinnen-Stammtisch in Zukunft regelmäßig stattfindet und freut sich schon jetzt auf jede Menge Frauenpower.

Anmeldung bis zum 19.10.2009 unter:
Aral-Autohof
Hörster Heide 2
49434 Neuenkirchen-Vörden
Tel.: 0 54 95 / 95 21 50

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Geiz ist geil

Dieser Zettel hing heute Mittag eingeklemmt hinter dem Scheibenwischer meines Lkw:

Lieber Lkw – Kunde,

Sie parken auf privatem Gelände. Wir als Tankstellenbetreiber sind berechtigt von Uhnen eine Parkplatzgebühr von 5 Euro pro Nacht zu erheben, da unsere Parkplätze begrenzt sind.

Dieser Beitrag wird fällig, wenn Sie länger als 3 Stunden diesen Parkpltz benutzen. Gerne können Sie diese 5 Euro in unserem ARAL – Shop wieder einlösen, wenn Sie hierfür einkaufen oder speisen.

Ihr Kfz – Kennzeichen wurde von uns notiert um ein nochmaliges Parken ohne Parkgebühr zu vermeiden. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr ARAL – Team

Ich finde es wirklich nett, dass man erst beim nächsten Halt an diesem Autohof Gebühren von mir verlangt. Zumindest verstehe ich das so.
Was jedoch mit den angeblich notierten Kennzeichen passiert, weiss ich nicht. Jeder der hier parkenden Lkw hat solch eine Aufforderung hinter dem Scheibenwischer klemmen. Wenn das jeden Tag passiert, dürfte man ziemlich schnell den Überblick verlieren.

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Theorie und Praxis im Politikeralltag

Mit einem Lkw-Parkleitsystem will das hessische Verkehrsministerium in einem Pilotversuch voraussichtlich ab November die Sicherheit auf den Straßen erhöhen. „Die Fahrer sollen früh erkennen, wie viele Stellplätze auf einer Rastanlage noch frei sind„, sagte Verkehrsminister Dieter Posch (FDP) in einem Interview mit der Nachrichtenagentur ddp.
Damit solle vermieden werden, dass Lasterfahrer vergeblich auf der Rastanlage nach einem Parkplatz suchen, obwohl schon alle Plätze belegt seien.

Tolle Idee, nur leider an der Praxis (wieder einmal) weit vorbei. Besser wäre es, dass Geld welches für dieses System ausgegeben wird, gleich in neue Parkflächen zu investieren. Was bringt mir das Wissen um überfüllte Rastanlagen, wenn ich diese eh anfahren muß, da ich meine Ruhezeit einhalten muß.

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Gute Nacht

Vor mir die grelle Beleuchtung einer Tankstelle, links eine lärmende feuchtfröhliche Rentnertruppe, die gerade aus einem Bus in die Freiheit entlassen wurde, irgendwo rechts hinter mir ein Kollege, der rückwärts in eine Parklücke rangiert – der Warnpieper seines Lkw nervt mehr als ein Wecker frühs um halb vier und von der Autobahn klingt das laute Rauschen der vorbeifahrenden Autos an und in mein Ohr.

Manchmal fragt man sich schon…

Aber egal, morgen sieht die meine Welt sicher anders aus.

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Wahlk(r)ampf

Das ist doch mal eine tolle Meldung…

Bundesverkehrsminister Tiefensee hat bis 2012 den Bau von mindestens 11 000 neuen Lkw – Parkplätzen zugesichert. Das Parkplatzchaos an deutschen Autobahnen soll bald der Vergangenheit angehören.

…zumindest dann, wenn am nächsten Wochenende keine Bundestagswahlen wären.

Also – ab in die Tonne damit…

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Was falsches aufgeschnappt

Im Gasthaus der Raststätte „Aachener Land“ wurde ich unfreiwilig Zeuge eines Gespräches zwischen zwei Angestellten: „Dort kann man nur noch mit EC – Karte bezahlen„, sagte der eine und sein Kollege antwortete: „Kein Wunder bei den Preisen„.

Erst dachte ich, die beiden unterhalten sich über die Preise in eben diesen Rasthaus. Aber es ging wohl nur um irgendein Geschäft in Aachen.
So loyal waren Sie dann doch.

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