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Mit Taktik ignorieren?

Im Wettbewerb sehen sich westeuropäische Transportunternehmen seit längerem in einer neuen Dimension Frachtführern und Spediteuren aus Osteuropa gegenüber, die bei einer ganzen Reihe von Geschäften eindeutige Kostenvorteile haben. Dadurch verlieren auch einheimische Transporteure Aufträge, wo unter Missachtung diverser Regelungen osteuropäische Unternehmen zum Einsatz kommen, die deutlich günstiger fahren können.

Das Bundesamt für Güterverkehr, kurz BAG, wurde schon des öfteren aufgefordert, seinen Kontrollpflichten nachzukommen. Denn schließlich sind deren Ordnungshüter auch verpflichtet, für ausreichende Wettbewerbsgleichheit zu sorgen.
Was aber passiert, wenn ein Fahrer einen mutmaßlichen Verstoß melden will um auf eben diese Pflicht hinzuweisen, beschreibt im folgenden Text ein Kollege:

Mein Erleben bezüglich der Zuständigkeitsbereiche von Polizei und BAG im Straßengüterverkehr. Ist dieser Vorfall nur ein Einzelbeispiel an verschwendete Mühe und Steuergeldern? Denn wenn ich so arbeiten würde, wäre ich morgen arbeitslos.

Am 09.07.2014 wurde bei der Bayer AG Außenstelle Kronos Leverkusen ein LKW der Firma „Waberer’s“ für eine gewerbliche Fracht beladen, auf dessen Auflieger und Zugmaschine Ausfuhrkennzeichen (Exportkennzeichen) angebracht waren.
Die Nachfrage beim Verlader ergab, dass die Ladung für einen Kunden bestimmt war, also das es sich um eine normale gewerbliche Fracht handelte. Ich rief also die Nummer 115 an, wo ich zwar sicher verkehrt war, welche aber nun mal auf der Seite der BAG angegeben ist.

(Zur Erklärung: Ziel der einheitlichen Behördennummer 115 ist es, Bürgerinnen und Bürgern den Zugang zu Verwaltungsdienstleistungen zu erleichtern. Das BAG beteiligt sich am Regelbetrieb).

Leider wusste die junge Frau, die ich unter der Nummer erreichte, nach eigenen Angaben nicht mal, was das BAG sein solle. Ich telefonierte dann also mit der Kölner Stadtpolizei, die mich dann mit der Autobahnpolizei verband, da sie selber dafür nicht zuständig sei.
Die Autobahnpolizei gab dann, nachdem ich verschiedene Kollegen gesprochen habe an, dass diese Art der gewerblichen Nutzung nicht rechtens sei, aber sie da auch nichts dagegen machen könnten, da das BAG zuständig sei.

Folglich habe ich mir dann die entsprechende Nummer geben lassen und bei der BAG Zentrale in Köln angerufen. Die erste Aussage des Beamten war, dass man mit diesen Kennzeichen keine gewerblichen Frachten befördern dürfe, wenn es sich beim Absender und Empfänger der Ladung nicht um die gleiche Firma handele und da er in Leverkusen bei der Bayer AG lädt, ist dieses nicht gegeben und damit verboten. Auf meine Frage, was nun mit dem Fall geschehe, sagte er, dass sowas öfter vorkomme und man dieses in Deutschland toleriere. Des weiteren könne er nichts dagegen machen, da auch er dafür nicht zuständig sei. Ich bekam also eine weitere Nummer vom BAG Münster.

Auch dort rief ich dann an und eine junge Dame versuchte mir klar zu machen, dass sie da auch nichts tun könne und es sowieso nicht möglich sei, Beamte vor Ort zu schicken, da diese bereits schon woanders verplant seien.

Auf ein nochmaliges Nachfragen von mir, was denn jetzt aus der Sache würde und ob man den LKW jetzt einfach fahren lasse, sagte sie dann mit sehr viel Nachdruck in ihrer Stimme, sie könne und werde jetzt nichts machen und außerdem sei dafür die Polizei oder das Ordnungsamt zuständig und legte anschließend auf.
Ich finde, freundlich oder auch nur nett am Telefon sein, das ist was anderes, aber gut. Ich habe dann halt das Bürgertelefon von Köln angerufen, wo man mich auch sofort mit einer weiteren Person verbunden hat. Diese Person bestätigte ebenfalls, was ich bis dahin ja nun schon wusste und klar war, nämlich dass auch er nicht zuständig ist.
Freundlicherweise hat er mich dann mit dem Gewerbeaufsichtsamt NRW in Arnsberg verbunden. Nach einer weiteren Verbindung hatte ich dann einen Beamten am Telefon, der mir dasselbe wieder bestätigte.

Die Äußerung des BAG Köln fand er völlig daneben und sagte mir, dass dafür als erstes und stellenwertig gleich, die Autobahnpolizei sowie das BAG zuständig sei, aber er sei sich sicher, dass diese Firma das nicht lange in Deutschland so machen könne, da ja viele Beamte auf den Autobahnen unterwegs seien und denen so etwas auffallen würde.

Da ich nun schließlich schon drei Stunden am telefonieren war und ich auch mal wieder an meine Arbeit musste und dachte, dass der „Waberer`s-LKW“ nun sicher auch schon weg sei, gab ich es schließlich auf zu telefonieren, um mich von den „zuständigen Behörden“ auf gut deutsch verarschen zu lassen.

Man könnte den Eindruck bekommen, die seien alle geschmiert, um die Augen zu schließen und nichts zu sehen. Sie scheinen der Ansicht zu sein, dass, wenn mal einer anruft, man den ja ruhig abwimmeln oder hinhalten könne, bis die Luft wieder sauber ist.

Ich sage, armes Deutschland!

Mit freundlichen Grüßen,

M. Örtel,

Akitivist der AidT Germany

Gündungsmitglied des Allianz im deutschen Transportwesen e.V.

10 Comments

  1. ich bins
    ich bins 13/07/2014

    Dieses abwimmeln und sich zu dumm stellen, ist gewollt. Man will von staatlicher Seite aus null Veränderung.

  2. moin8smann
    moin8smann 14/07/2014

    Moin,
    kann mir jemand kurz erklären, welches Problem hier eigentlich vorliegt?

    Ich verstehe das nicht wirklich mit der gewerblichen Ladung und den Exportkennzeichen…

    Gruss

  3. Olti
    Olti 14/07/2014

    Naja, ich denke mal nicht, dass ein staatlicher Wille dazu führte, dass die Beamten den Herrn Örtel abgewimmelt und sich dumm gestellt (hoffentlich nur gestellt) haben. Ich fürchte das können einige Leute im steuerverbrauchenden Sektor von ganz alleine. Ich vermute eher einen fehlenden Willen als Ursache.

  4. Alex
    Alex 14/07/2014

    Oder auch eine überbordende Bürokratie @Olti. Das Problem @moins8smann wird im Text bereits erklärt. Ein gewerblicher Transport ist mit Überführungskennzeichen nicht erlaubt. Auch dadurch ergeben sich Wettbewerbsvorteile. Diesen Misssbrauch zu unterbinden, ist auch die Aufgabe des BAG.

  5. moin8smann
    moin8smann 14/07/2014

    @alex – danke für die Erklärung. Ich hatte mir das anders zusammengereimt.
    Wenn das lt. (einer) Aussage der BAG „toleriert“ wird, könnte man sich mit hinsetzen (und evtl. nach juristischer Beratung) Blanko-Dienstaufsichtsbeschwerden schreiben.
    Da reagieren Behörden normalerweise ziemlich schreckhaft drauf.

  6. ednong
    ednong 14/07/2014

    „Ich kaufe hier nur die Stifte ein.“
    „Ich kaufe hier nur das Papier ein.“
    „Ja, ich beschreibe das Papier, die Beschwerde bearbeitet jemand anderes.“
    „Ich mache hier nur die Löcher ins Papier.“

    Könnte man stundenlang so weiterführen. Jeder macht nur einen klitzekleinen Teil. Und ist auch nur dafür verantwortlich.

    Im Regelfall kommst du solcherlei Auswüchsen mit einer Beschwerde an oberster Stelle bei. Ganz, ganz oben anfangen. Und immer schön um schriftliche Stellungnahme mit Terminsetzung bitten.

    Ist aufwändig. Kostet Kraft. Aber nach ein paar Mal solcher Beschwerden wird sich etwas ändern. Zumindest, wenn du dich wieder beschwerst.

    Aber ich gebe zu: Traurig. Und sicher eine Verschwendung von Steuergeldern deluxe.

  7. ein Matthias
    ein Matthias 14/07/2014

    Es gibt Regionen/Orte in Deutschland, die werben mit dem Standortvorteil „geringe Kontrolldichte des Finanzamtes“ um Unternehmensansiedlungen (natürlich nur inoffiziell in entsprechenden Kreisen).

    Und der Fall der vier unbequemen (hessischen?) Finanzbeamten, die ob ihrer Unbequemlichkeit und ihres Fahndungswillens behördlicherseits gemobt und ruhig gestellt wurden, dürfte doch wohl bekannt sein.

    Da mag ein ganz kleines Quentchen Faulheit der abtelefonierten Beamten dabei sein, für mich ist das aber in erster Linie staatlich gewolltes Organisationsversagen und irreguläre Wirtschaftsförderung.

  8. Paul
    Paul 14/07/2014

    Die Waberers macht das regelmäßig, aber nur einmalig je LKW. Die neue LKWs werden so mit Überführungskennzeichen beladen vom Werk aus Deutschland nach Ungarn überführt.
    Man kann die Tatsache aus unterschiedlichen Aspekten betrachten: ich würde es effektiv und umweltbewusst beschreiben. 🙂

  9. moin8smann
    moin8smann 14/07/2014

    @Paul – was ist das für ein Vergehen? Eine Ordnungswidrigkeit oder schon mehr?
    Ich verstehe nicht so ganz „eure“ Teilnahmslosigkeit. Wenn ihr das doch wisst, und das regelmässig geschieht, dann macht doch was!
    Der Ansatz in dem Beispiel ist doch in Ordnung – nur zukünftig dazu Namen notieren (und denjenigen auch mitteilen, das man sich das notiert) und sich über das Nichteinschreiten beschweren.
    10 – 20 Beschwerden in ein zwei Monate samt Weiterleitungen an die höhergelegene Behörde und es tut sich was.
    Zu verlieren habt „ihr“ doch eh nix – besser als zugucken.

  10. Cliff
    Cliff 15/07/2014

    Ich überlege jetzt schon ’ne Weile, ob ich hierzu was schreiben soll, dachte mir aber erst, was soll’s, halt die Klappe. Aber ich kann nicht, daher:

    Was mich an der ganzen länglichen Geschichte von dem „Aktivisten und Mitbegünder[sic]“ stört, ist, dass seine vier Stunden lange Telefoniererei absolut sinn- und aussichtslos war, und dass er das gewusst haben muss. Der Wahnwitz fängt ja schon damit an, erst einmal die 115 zu wählen, bei der man bekanntlich im Bürgerbüro der nächstgelegenen Stadt/Gemeinde rauskommt, und bei denen klar ist, dass sie weder zuständig sind noch Ahnung haben. Spätestens da hätte ich zu lesen aufhören sollen, dann hätte ich mich weniger geärgert.

    Die Absicht des „Aktivisten“ ist schon klar: Möglichst alle beteiligten Behörden vorzuführen und sie des Versagens zu bezichtigen. Nur: So eine Aktion ist kein Aktivismus, sondern ineffizienter Schwachsinn.

    Wenn er schon einen Verstoß vor sich hat und den dokumentieren kann, dann raus mit dem Handy und nicht telefonieren, sondern fotografieren. Dann Protokoll schreiben und ab mit einer Anzeige zur Polizei UND das BAG. Letzteres schriftlich, auf Papier, nicht mit diesem neumodischen Email-Kram, das kennen die nicht. Und dann gelegentlich mal nach dem Stand der Dinge erkundigen und DAS dann öffentlich dokumentieren. So geht Aktivismus. Die hier geschilderte Aktion ist nichts weiter als Selbstbeweihräucherung: Wir, der Verein, sind die Guten, und alle anderen sind böse. Mit sowas läuft man ganz schnell Gefahr, sich lächerlich zu machen.

    So, jetzt isses gesagt.

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