Mit freundlicher Erlaubnis von portatio.com
Da ruft man als Bürger bei einem Bundesamt an und weist auf eine fehlerhafte Praxis hin. Die Behörde erkennt den Fehler, bedankt sich für den Hinweis und ändert diese Praxis. Das ist kein Märchen aus dem fernen Land Utopia sondern eine Erfahrung, die wir von portatio heute ganz real machen durften, wir sind selbst überrascht. Doch der Reihe nach. Es hatte sich der User Jan Ehrt bei uns gemeldet mit folgender kniffeliger Frage:
„Ich beginne eine neue Schicht, fahre 3 h, mache 45 min Pause, fahre nochmal 1,5 h und mache weitere 30 min Pause.
Frage: „Darf ich nach der 2. Pause von 30 min wieder volle 4,5 h fahren, indem ich sie zu den vorangegangenen 45 min zähle und als volle Lenkzeitpause rechne???
Oder begann der neue 4,5 h-Lenkzeitabschnitt bereits nach der 1. Pause, so dass ich nach der 2. Pause nur noch max. 3 h weiterfahren darf und somit eine weitere Pause von 45 min einlegen muss, bevor ich die restliche Lenkzeit verbrauchen darf???“
Jeder LKW-Fahrer erkennt sofort die Brisanz dieser Frage. Für die anderen sei der Zusammenhang kurz erklärt: Die EU-Verordnung 561/2006 über Lenk- und Ruhezeiten regelt diese so detailliert, dass das Gesetz sehr kompliziert geworden ist, mit Ausnahmen, Ausnahmen von den Ausnahmen usw. Dennoch wird von jedem Fahrer verlangt, das Gesetz genau zu kennen und zu befolgen. Laut dieser Verordnung kann man die 45-minütige Pause, die man nach 4,5 Stunden einlegen muss, auch splitten. Und zwar dürfte man innerhalb der 4,5 Stunden zuerst 15 und dann 30 Minuten Pause machen (umgekehrt ist nicht erlaubt). Man könnte also beispielsweise 3 Stunden, 15 Minuten Pause machen, danach 1,5 Stunden fahren und 30 Minuten Pause machen. Genau das hat der Kollege im vorliegenden Fall getan. Nur hat er statt der ersten 15 Minuten gleich 45 Minuten Pause gemacht. Und plötzlich hat er ein Problem.
Denn um die komplizierte Verordnung einheitlich anzuwenden, haben das Bundesamt für Güterverkehr (BAG), das Bundesverkehrsministerium und die Kontrollbehörden der Länder gemeinsam Richtlinien („Hinweise zu den Sozialvorschriften im Straßenverkehr“) festgelegt, die unter anderem auch auf der Internetseite des BAG veröffentlicht sind. Darin heißt es unter Punkt 3.5: „Nach jeder Unterbrechung von insgesamt mindestens 45 Minuten (zusammenhängend oder in zwei Teilen) beginnt ein neuer, für die Unterbrechung relevanter Lenkzeitabschnitt von 4 ½ Stunden. Dies bedeutet, dass auch nach einer nur 2-stündigen Lenkzeit mit anschließender 45-minütiger Unterbrechung ein neuer Lenkzeitabschnitt von 4 ½ Stunden beginnt.“
Für den Fall von Jan Ehrt bedeutet das: Hätte er seine erste Pause nicht 45 Minuten sondern nur 44 oder nur 15 Minuten gemacht, wäre alles Prima und er bekäme keine Probleme. Die Auslesesoftware für die digitalen Fahrtenschreiber verhält sich jedoch leider genau so, wie es in dieser Richtlinie geschrieben ist. Sie wertet die erste Pause nicht als die gesplittete „halbe“ Pause, sondern einfach als ganze Pause (weil sie 45 Minuten lang war) und verlangt vom Fahrer, viereinhalb Stunden später wieder eine 45-Minuten-Pause einzulegen. Vom gesunden Menschenverstand her ist das ungerecht. Ich habe diese Frage daraufhin im Forum www.truckerfreunde.de und bei Facebook zur Diskussion gestellt. Nicht nur unter den Fahrern dort, sondern auch unter den Polizisten gab es dabei zwei verschiedene Meinungen. Die einen sagten, gemäß der Richtlinie liegt hier ein Verstoß vor, die anderen sagten, es kann nicht
verboten sein, eine längere Pause als vorgeschrieben zu machen.
Daraufhin habe ich beim BAG angerufen. Deren Reaktion war verblüffend. Sie haben sofort erkannt, dass es bei der gesplitteten Pause eine Gerechtigkeitslücke gibt zwischen der EU-Verordnung 561/2006 und ihren eigenen Richtlinien, weil man schlechter gestellt wird, wenn man länger Pause macht. Sie bedankten sich ausdrücklich für diesen Hinweis und versprachen, das so schnell wie möglich zu ändern. Zitat: „Morgen werden Sie das auf unserer Internetseite noch nicht bemerken, aber in 1-2 Monaten sollte das vom Tisch sein“. Außerdem haben sie bereits eine interne Dienstanweisung an ihre Kontrollbeamten herausgegeben, in der sie auf diesen Punkt hinweisen.
portatio meint: Klasse, wenn Behörden so schnell und vernünftig reagieren, wenn Bürger sie auf eine widersinnige Praxis aufmerksam machen. Respekt!
Schön, wenn das gefruchtet hat.
In der Praxis hätte man aber auch so mit einem Widerspruch erzielt in dem man darauf hinweist, dass man eben eine längere Pause als vorgeschrieben gemacht hat.
So wirds natürlich einfacher, wenn dies von vornherein berücksichtigt wird. Glückwunsch zum Erfolg!
Das ist doch die Seite von Timocom und diesem Jochen Dieckmann.Finde ich schon genial das solche Leute sich ans Bag halten wobei er doch nur gegen Gesetze verstoßen hatte,wie er in seinem Buch mal schrieb.
Jep pappa benedetto, das ist es.
Pappa Benedetto ist wieder da;-) Wurde auch Zeit!
Zu Herrn Dieckmann werde ich mich nicht mehr äussern, der weint sonst wieder das ich was gegen ihn hätte…