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Schlagwort: Zusammenhalt

Grummeln ist keine Alternative

Seit 24 Jahren fahre ich Lkw. Für mich ist dieser Job weder verwegen, noch primitiv oder gar kriminell. Also wie er oft dargestellt wird. Im Gegenteil. Ich verdiene damit meinen Lebensunterhalt. Nicht mehr und nicht weniger.
In all diesen Jahren höre ich aber ein grummeln. Nämlich darüber, dass keine fünf Leute unter einen Hut gebracht werden können, der Druck von Arbeit- und Auftraggebern immer größer wird, der Stress im Straßenverkehr immer weiter zunimmt und anderen negativen Dingen. Viele sind unzufrieden, haben schlichtweg die Nase voll. Trotzdem lassen sich viele vieles gefallen.

Dabei wäre es doch so einfach, seinen Unmut freien Lauf zu lassen. Es müssen nicht immer große, weltbewegende Dinge sein. Nein, mit kleinen Schritten fängt es an. Ich kenne Kollegen, die bleiben täglich fünf Minuten stehen. Und zwar um fünf vor zwölf.

Es ist fünf vor zwölf

Oder andere reduzieren jeden Donnerstag für eine Stunde ihre Geschwindigkeit. Auch das ist eine Möglichkeit, seine Unzufriedenheit nach außen zu tragen:

Zehn km/h langsamer

Aber selbst wer sich diese Zeit nicht nehmen will oder darf, kann etwas gegen seine Isolation tun und Solidarität zeigen. Die sonst so oft gescholtenen Tschechen haben es vorgemacht. Gemeint ist eine am linken Aussenspiegel befestigte Warnweste. Schon mit dieser eigentlich simplen Geste zeigt man nicht nur Solidarität mit seinen Berufskollegen, sondern auch den Willen zum Zusammenhalt.

Warnweste am Spiegel

Ja, es gibt tatsächlich Fahrer, die sich für Veränderungen im Transportwesen einsetzen. Nur leider sind das noch viel zu wenige. Damit meine ich nicht die, die laut nach Streik rufen. Aber noch viel öfter gibt es selbst unter Fahrern Macht- und Konkurrenzkämpfe. Eigentlich ein trauriges Bild.

Aber es geht auch anders. Vor drei Wochen habe ich den Erlebnisbericht eines Kollegen hier verbreitet. Der Mann heißt Michael Schmalz. Auf seinem privaten Account auf Facebook hat er kürzlich folgendes geschrieben:

Wenn doch diese Solidarität und der Zusammenhalt offensichtlich vermisst wird, warum packt sich da nicht jeder selbst an die Nase und lebt diesen Zusammenhalt vor!? Mal kurz vom Gas gehen, mal aussteigen und einweisen wenn ein Kollege am rangieren ist, einfach nur mal Grüßen wenn man auf dem Parkplatz und Ladestellen auf einen Kollegen trifft, usw.! Es gibt so viele Möglichkeiten, auch wenn man mal wieder zu viel Druck hat, diesen Zusammenhalt zu leben und vor zu machen.

Auch merkt, hört und sieht man, daß die fehlende Solidarität unter den Fahrern von der Politik, Wirtschaft und auch Medien, ausgenützt, ausgeschlachtet und auch gefördert wird. Durch diesen fehlenden Zusammenhalt, werden wir wie die Letzten behandelt und hingestellt. Als Deppen der Nation. Wenn wir es aber schaffen über kurz oder lang diesen Zusammenhalt zu zeigen, zu fördern und zu leben, würde sich das mit der Zeit ändern.

Auch einen politischen Druck könnte man damit aufbauen. Stellt euch vor, es würden 60% aller Fahrer mit einem Solidaritätszeichen durch die Gegend fahren!? Es wurde schon begonnen und man sieht ab und zu einen Lkw mit einer Warnweste am Spiegel. Stellt euch vor, die Polizei, BAG und Zoll würde das immer öfter auf den Straßen sehen. Das wird sich bis zu den obersten Politikern, Chefs und Wirtschaftsbossen rumsprechen. Natürlich können die Chefs es einem verbieten und unter Druck setzen, aber was für eine Begründung wollen sie vorlegen? Wir werden von der Politik und Wirtschaft klein gehalten und an die Kette gelegt, weil sie genau wissen, daß sich die Fahrer nicht Solidarisieren werden.

Ich denke, besser kann man es nicht ausdrücken. Der Zusammenhalt unter uns Fahrern muss nur gelebt werden. Weg vom bereits erwähnten Konkurrenzkampf, hin zu mehr Gemeinsamkeit. Denn schließlich sitzen alle Fahrer im gleichen Boot.

Wir selber haben es noch immer in der Hand, unsere berufliche Zukunft positiv zu gestalten. Machtkämpfe sollten wir nicht unter uns austragen. Genausowenig dürfen die Preiskämpfe der großen Konzerne auf unseren Rücken stattfinden. Das zu begreifen und etwas dagegen zu tun, ist nicht schwer. Also, nicht nur still vor sich hin grummeln. Denn dadurch ändert man nichts.

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Veränderungen

Im Juli habe ich mich kritisch über all die Vereine, Gewerkschaften, Clubs oder Foren geäußert, deren Mitglieder sich darüber Gedanken machen, wie man die Arbeitsbedingungen und das öffentliche Ansehen der Berufskraftfahrer in Deutschland verbessern kann.
Meine Bilanz war eher ernüchternd.

An dieser Einstellung hat sich bis heute nichts geändert. Noch immer kocht jede dieser Verbindungen ihr „eigenes Süppchen“. Auch Neid und Zoff ist nicht aus der Welt. Im Gegenteil. So löscht z.B. ein Admin des „Kraftfahrerclubs Deutschland“ (KCD e.V.) seine Gruppe auf Facebook. Einer der Gründe ist – wen überrascht es – Missgunst einiger Gruppenmitglieder. Das genau die ähnliche Ziele wie der „KCD“ verfolgen, macht das ganze nicht besser.
Was mich aber ein wenig stutzig macht: Dieser Kraftfahrerclub(s) scheitert bereits daran, eine kleine virtuelle Gemeinschaft sauber zu halten. Wie wollen die große reale Aufgaben bewältigen?

Einer der ebenfalls etwas verändern will, ist Chris Radüge. Seit Dezember 2011 verdient er als Lkw-Fahrer seinen Lebensunterhalt. In dieser relativ kurzen Zeit ist Ihm aufgefallen, dass es vor allem an einem fehlt: Gemeinschaft in allen Belangen. Also auf der Straße, an der Rampe und ebenso auf den Rastplätzen.
Zumindest liest man das auf einer seiner Facebookseiten. Wo auch sonst.

Also hat auch er eine weitere Gruppe gegründet unterstützt. Diese nennt sich passenderweise „5 vor 12„. Sein Anliegen habe ich ja bereits erwähnt: Gemeinschaft in allen Belangen. Dafür hat er einen Flyer entworfen, den man ausdrucken kann.
Aber auch das ist nichts neues. Seit längeren gibt es eine ähnliche Aktion, welche sich „Hand in Hand“ nennt. Darauf wird sogar auf Radüges Blog hingewiesen. Warum also nicht gleich mit unterstützen?

Stattdessen wird eine neue Aktion gestartet. Immerhin hat er es geschafft, einige andere Gruppenbesitzer zu animieren, Ihn zu unterstützen. Darunter einen, dessen Gruppe mehr als zehntausend Likes hat. Da dieser immer wieder auf seine Aktion verweist, ist Ihm immerhin Aufmerksamkeit gewiss.
Vielleicht werden so ja doch einige Fahrer erreicht, die mit gutem Beispiel voran gehen. Auch wenn ich meine Zweifel habe. Von der virtuellen (Daten-)Autobahn zur realen Strasse ist es schließlich ein weiter Weg. Da kann man sich schon mal verfahren.

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