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Schlagwort: Herbolzheim

Grauer Alltag

Darf man das Wort „Scheisse“ an Weihnachten benutzen? Hmm, keine Ahnung. Deshalb lasse ich es sein und umschreibe es mal anders.
Also. Es wäre spät geworden am Heiligen Abend. Nicht vor 22.00 Uhr hätte ich meinen Heimatort erreicht. Vielleicht auch erst 23.00 Uhr. Oder überhaupt nicht. Denn es schneite ja unaufhörlich. Und da sind die Strassen bekanntlich glatt. Dem Winterdienst traue ich nicht und den freundlichen Männern vom Bergungsdienst wollte ich den Abend im Kreise Ihrer Familien nicht versauen. So habe ich mich entschlossen, die Feiertage auf einem Autohof zu verbringen.
Tja. Meine Nettigkeit ist halt nicht zu überbieten.

Der Standplatz ist toll. Weitab vom Rasthaus, aber in Sichtweite von McDonalds. Das erspart mir die Qual der Wahl. Gut, der Weg zu den Duschen ist weit. Aber immerhin haben Autos Spuren in den Schnee gefahren. Dadurch kommt man trockenen Fußes dort an.
Die Sanitairräume werden von einem Drehkreuz versperrt. Um dieses passieren zu dürfen, muß man einen silbernen Knopf drücken und anschließend 50 Cent hinein werfen. Das einem dieser halbe Euro nur zum urinieren berechtigt, habe ich erst später bemerkt.
Duschen kostet drei Euro. Der dafür vorgesehene Druckpunkt befindet sich tiefer. Clever gemacht. Ich will nicht wissen, wie oft zuerst der obere Knopf gedrückt wird. Schon zahlt man 3.50 Euro. So wie auch ich.
Gut. Die 50 Cent für’s Pinkeln kann man im Tankstellenshop einlösen. Nur – was bekommt man für diesen Betrag? Richtig. Nichts. Also zahlt man wieder drauf. Zumal dieser Wertbon nicht mal für Kippen angerechnet wird.

Ok., zurück zu den Duschen. Eine Klofrau war am heiligen Abend nicht zu entdecken. Aber dafür standen zwei Türen zu Duschräumen offen. Kurz hinein geschaut, für oberflächlich sauber befunden und somit waren die für mich nutzbar. Also eine der beiden. Zwischen zwei Duschzimmern hin und her zu rennen, ist ja irgendwie blöd.
Den Schimmel in diversen Ecken ignorierte ich, ebenso den verkommenen Plasikstuhl. Was mich aber immer wieder stört, ist die Geizigkeit, nur einen Kleiderhaken vorzufinden. Ich mag es nicht, meine Klamotten oder Handtücher auf Gegenstände abzulegen, wo fremde Ärsche oder Füße bereits Abdrücke hinterlassen haben. Das ist eklig. Also in meinen Augen.
Genauso abstoßend finde ich, wenn irgendwelche Haare an den Wandfließen kleben. Es wird wohl möglich sein, mehr als nur einen Lappen zum säubern dieser Räumlichkeiten zu verwenden.

Nach zehn oder fünfzehn Minuten war ich fertig mit duschen. Während ich in Unterhose vor dem Waschbecken stand und mich rasierte, klopfte es an die Tür. Eigentlich sollte man das ignorieren. Aber meine Neugier siegte.
Die Tür geöffnet, erblickte ich die wiedergeborene Toilettenfachkraft. Ihr Blick war eher erschreckend. Ob mein Bauch oder meine Beine Sie abtörnte, weiss ich nicht. Stammelnd suchte die Frau das weite.

Was macht man am ersten Weihnachtsfeiertag? Natürlich ausschlafen! So war es bereits später Mittag, als ich mich auf den Weg zur sogenannten Morgentoilette begab.
Die Frau war wieder anwesend und hatte auch keinen Grund, erneut zu flüchten. Immerhin war ich diesmal zünftig gekleidet.
Was nun kam, verstand ich aber nicht. Meine Frage, zum waschen einen der Duschräume nutzen zu dürfen, verneinte Sie. Das Angebot, die Tür nicht zu schließen, lehnte Sie auch ab. So könnte man immerhin sehen, dass ich mich nur frisch mache und meine Zähne putze.
Aber dafür sollte ich drei Euro zahlen. Diese fünfzig Cent, die ich investiert habe, würden nur für die Waschbecken in der öffentlichen Toilette reichen.

Klar. Mehr Wert ist es wirklich nicht, Männer beim Pissen zu beobachten, während ich mir meine Zähne putze.
Aber jetzt gehe ich schlafen. Und nachher wenn ich aufwache, wälze ich mich nackt im Schnee. Das gesparte Geld investiere ich bei McDonalds. Versprochen.

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