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Kategorie: Internes

Zwischen Anspruch und Wirklichkeit: Das Mobilitätspaket ein europäisches Trugbild. Wenn Recht zur Maske wird und Menschen zur Fußnote im System.

Von Udo Skoppeck

Was als sozialer Fortschritt verkauft wurde, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als politische Kulisse, deren Fassade längst bröckelt.
Die Verhandlungen um das sogenannte „Mobilitätspaket I“ begannen mit hehren Zielen: Fairness, sozialer Ausgleich, Eindämmung von Lohn- und Sozialdumping.

Es war ein Hoffnungsschimmer für viele, die den ruinösen Wettbewerb im europäischen Straßengüterverkehr nicht mehr ertragen konnten.
Allen voran die selbstfahrenden Unternehmer, die KMU, die inländischen Berufskraftfahrer. Doch was folgte, war ein zermürbendes Schauspiel zwischen Lobbyismus, Ignoranz und politischem Kalkül.

Von Beginn an ein ungleiches Spiel

Schon während der Verhandlungen zum Mobilitätspaket wurde deutlich, wer am Tisch sitzt und wer draußen vor der Tür stehen muss. Vertreter großer Konzerne, Verbände mit wirtschaftsnaher Ausrichtung, Regierungen mit eigenen nationalen Interessen.
Sie alle bestimmten die Richtung. Die eigentlichen Betroffenen, die zigtausend Fahrer, die mittelständischen Transportunternehmer, wurden allenfalls am Rande gehört, wenn überhaupt.

Die Rückkehrpflicht von Fahrzeugen und Fahrern sollte der Durchbruch gegen Briefkastenfirmen und Ausbeutung sein.
Es wurde kaum ein Jahr nach ihrer Einführung durch politische Einflussnahme und neoliberale Interessengruppen systematisch aufgeweicht und abgeschafft.

Die Ausrede: Klimaschutz. Das eigentliche Ziel: weitere Marktöffnung unter dem Deckmantel ökologischer Vernunft. Eine Farce sondergleichen.

Auf Petition und Verfassungsbeschwerde folgt die Sprachlosigkeit der Demokratie

Eine Petition an die Bundesregierung und eine Verfassungsbeschwerde waren ein Akt demokratischen Aufbegehrens.
Ein Versuch, Gerechtigkeit auf juristischem Weg einzufordern. Wir haben uns auf geltendes EU-Recht gestützt, insbesondere auf Artikel 5 (3) EUV sowie Artikel 114 (2) AEUV. Wir haben dargelegt, dass der Wettbewerb im europäischen Güterkraftverkehr nicht nur unlauter, sondern regelrecht ruinös ist, für Arbeitnehmer wie für Unternehmer.

Doch die Bundesregierung blieb stumm. Kein Wort zur Begründung, keine inhaltliche Auseinandersetzung. Man verwies auf das Mobilitätspaket als sei damit alles geregelt.
Dabei wurden genau jene Missstände, die wir benannt haben, von diesem Paket nur neu verpackt, nicht beseitigt.

Lkw machen Pause auf einem Rasthof. Wochenlange Touren entsprechen nicht immer dem Mobilitätspaket
Lkw stehen auf einem Rasthof. Deren Fahrer sind teilweise wochenlang unterwegs.

Die Artikel 151 bis 155 AEUV, auf die sich gerne berufen wird, sind in Wirklichkeit bloße Beteiligungsrechte für Tarifpartner ohne jede Entscheidungskompetenz.
Die Wahrheit ist: Diese „Sozialpartner“ dürfen informieren, kritisieren, einreichen aber nicht mitentscheiden. Die soziale Säule der EU ist ein Papiertiger.

Und das Bundesverfassungsgericht? Es kann die Beschwerde jahrelang liegen lassen oder sie kommentarlos ablehnen. Eine Instanz, die über so grundlegende Fragen wie die Zerstörung eines ganzen Berufszweigs urteilen soll, aber von der Materie keine praktische Ahnung hat, ist auf die Aussagen einer Bundesregierung angewiesen, die längst zum Mitverwalter eines Systems der Ausbeutung geworden ist.

Wirklichkeit auf den Straßen. Die Realität in den Fahrerkabinen

Während die Politik von Fortschritt redet, schlafen Fahrer auf Parkplätzen ohne sanitäre Einrichtungen.
Während Minister vom „starken Mittelstand“ sprechen, brechen deutsche Unternehmen unter dem Druck osteuropäischer Dumpinganbieter zusammen.
Während EU-Gesetze Schutz versprechen, finden Kontrollen nur auf dem Papier statt.
Während man von „Wettbewerbsgleichheit“ faselt, werden Sozialstandards systematisch unterlaufen.

Was bleibt, ist eine Realität voller Absurditäten: Fahrer, die sechs Wochen und mehr quer durch Europa irren, ohne zu wissen, ob sie nächsten Monat noch Arbeit haben oder wann sie nach Hause kommen.

Unternehmer, die sich an Vorschriften halten und dafür bestraft werden, weil sie nicht billig genug sind. Und eine Politik, die Gesetze schafft, deren Einhaltung sie weder kontrolliert noch einfordert.

Wenn Recht zur Kulisse wird, verliert die Demokratie

Das Mobilitätspaket hätte ein großer Wurf zur Gesundung einer Branche sein können. Stattdessen wurde es zum Vorwand, Reformen zu unterlassen, Proteste zu ignorieren und Kritik abzutun.
Die Rückkehrpflicht wird geopfert, die Marktzugangsregeln ausgehöhlt, der soziale Dialog zur Fassade degradiert. Was bleibt?

Ein ruinöser, systemisch geduldeter Wettbewerb, gespeist durch Briefkastenfirmen, unregulierte Subunternehmerketten und fehlende Kontrollen.

Eine Politik, die sich hinter dem Mobilitätspaket I versteckt, obwohl sie weiß, dass dessen Wirkung durch Ausweichstrategien längst unterwandert ist.

Ein Justizapparat, der auf Einschätzungen der Bundesregierung zurückgreift, die wiederum von realitätsfernen oder lobbygetriebenen Einschätzungen geprägt ist.

Wir haben nicht nur die Stimme erhoben, wir haben sauber gearbeitet, fundiert argumentiert und auf geltendes Recht berufen.
Das dies bis heute folgenlos bleibt, zeigt die wahre Fratze europäischer Verkehrspolitik: neoliberal, marktkonform, systemblind, und tief undemokratisch.

Doch auch wenn man uns ignoriert, verspottet oder bekämpft, wir haben den Finger in die Wunde gelegt. Und wir haben dokumentiert, was andere verschweigen.

Schreibe den ersten Kommentar

Das gehört hier eigentlich nicht hin. Aber ist mir trotzdem wichtig.

Eines der Plugins welches ich auf diesem Blog installiert habe, ist „Independent Analytics„. Ein simples DSGVO-konformes Statistik-Tool, welches zählt, wie viele Aufrufe dieser Weblog und einzelne Beiträge hier erhalten und wie viel Traffic über z.B. Suchmaschinen oder soziale Medien kommen.

Ja, auch soziale Medien. Und da besonders Facebook. Denn gegenüber Twitter oder gar Threads oder LinkedIn sind dort viele Fahrer vernetzt.
Und wenn ein Beitrag von hier auf einer reichweitenstarken Seite oder Gruppe mit vielen Mitgliedern geteilt wird, gibt das schon einen Schub nach oben.

Weil eben viele Leute auf den dort geteilten Link klicken.

besucher auf diesem blog von gestern
Die Besucherzahlen von gestern

Anders ist es bei Suchmaschinen und da besonders Google. Ja Google, denn alle anderen Dienste kann ich vernachlässigen, denn die sind eigentlich irrelevant.

traffic von suchmaschinen auf diesem blog. google ist bei weitem der platzhirsch.
Der gestrige „Verkehr“ durch Suchmaschinen

Über achthundert Besucher nur über Google. Ist doch gut. Besonders für meinen kleinen Blog. Ich bin zufrieden. Noch.

Ja noch. Denn jetzt kommt ein aber: Dank Gemini bei der Google Suche geht Website-Traffic auch hier immer mehr den Bach runter.

Heißt, Besucherzahlen, Medieninhalte und Informationsgehalt nicht nur hier, sondern auch von anderen vielen kleinen und großen Weblogs, Webseiten oder anderen Internetplattformen wird einfach parasitär und kostenlos von Artificial Intelligence (AI) verwertet und prominent, also ganz oben auf deren Seite, präsentiert.

Ein Beispiel? Bei der Suche nach „beste Truckerfilme“ sieht das so aus:

suchergebniss auf google. erst die antwort von ki generierten ergebnis, dann von organischen links.
Erst KI, dann der Rest

Nutzer erhalten direkt oben in den Suchergebnissen KI-generierte Antworten auf ihre Anfrage. User brauchen also keine Website, kein Forum oder wie hier keinen Blog mehr zu besuchen, um gewünschte Informationen zu erhalten.
Das führt, logischerweise, zu einem signifikanten Rückgang von Klicks. Und ja, auch Einnahmen.

Denn dieser Einbruch, irgendwo habe ich mal gelesen, um bis zu 70 Prozent an Klicks, torpediert z.B. Werbefinanzierung fast komplett. Und das ohne Ausgleich.

Jedes Wort, jeder Satz, jeder Beitrag den ich und viele andere ins Netz schreiben, wird von deren KI verwurstet.
Echt ein gefährlicher Trend, der Bot-Netzwerken und fragwürdig finanzierten Quellen viele Türen öffnet. 

Wieso das von Kartellbehörden oder Regulierungsstellen verpennt wurde? Keine Ahnung. Bis man dort aufwacht, ist der Drops längst gelutscht.
Denn bis dahin wird jedes von Menschen geschriebenes Wort von irgendeiner KI gefressen und für lau verbreitet. Keine schönen Aussichten.

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WmDedgT 5.9.25

Es ist mal wieder der fünfte eines Monats. Und an diesem fragt „Gut gebrüllt“, wie denn von anderer Leute Blogger der Tag so war. Das nennt sich dann „Was machst Du eigentlich den ganzen Tag„.?
Oder eben in Kurzform „WmDedgT„. Hier ist, zum zwölften Mal – joa mei, wie die Zeit vergeht – meine Ausgabe:

Gegen zwei, ich werde munter. Es regnet, dass Getrommel der Tropfen aufs Blechdach hat meine Blase inspiriert, sich zu melden.
Hab eigentlich keine Lust aus der Koje zu krabbeln und wie ein Blindfisch im Regen herum zu staken, nur um zu pieseln. Aber hilft ja nix.

Immerhin kann ich dann noch über drei Stunden pennen.

05.30 Uhr, die WeckerApp vom Handy lärmt. Aber es ist Freitag, der einzige Tag, an dem mir das zeitige Aufstehen leichter fällt. Auch weil es heute nicht spät werden dürfte.
Ich hab noch eine Ladestelle, dann ab nach Hause.

05.38 Uhr, es regnet noch immer. Oder schon wieder. Morgenwäsche am Kanister und Zähne putzen. Dabei eine Runde um den Lkw. Plane ganz, kein Reifen platt, Tankdeckel zu und Sattelkupplung ist auch verriegelt.
Abfahrtskontrolle im Schnelldurchgang.

05.46 Uhr, wieder im Lkw, ein wenig durchnässt. Ich lass den Motor an. Der Auflieger verliert über Nacht ein bissel Luft, muss also noch ein bissel warten.

05.54 Uhr, los geht’s. Bis zum bereits erwähnten einzigen Kunden für Heute brauche ich ne gute knappe Stunde. Alles über Landstraße und durch ein paar Dörfer. Sehr gemütlich.

06.46 Uhr, angekommen. Etwas abseits der Firma steht schon ein Osteuropäer, der hat die Vorhänge aber noch zu. Hab also keinen anderen vor mir. Die Schranke geht hoch, ich fahre auf den Ladeplatz.

Drei Gestelle mit Kunststoffrohre soll ich hier bekommen. Sind fünf Lademeter, sollte grad so passen.

07.02 Uhr, ich bin am Versandbüro, bekomme die Ladepapiere, soll mich damit beim Staplerfahrer melden. Mach ich.
Während der die Rohre zusammen sucht, öffne ich den Auflieger und krame drei Gurte hervor.

Eine halbe Stunde später ist alles erledigt. Geladen, gesichert, Auflieger wieder zu. Jetzt noch Lieferscheine und Frachtbrief unterschreiben, fertsch. es geht nach Hause.

8.40 Uhr, bei Stadtallendorf fahre ich auf die A49. Habe ich eigentlich schon mal erwähnt, dass der Lückenschluss dieser Autobahn das beste ist, was Hessen in den vergangenen vierzig Jahren zustande gebracht hat?

Für mich ist dieses kleine Stück Autobahn ein Segen.

Gegen elf, Wochenende. Mit einem feuchten Tuch wische ich noch mal über die Armaturen, wühle die Tasche mit den benutzten Klamotten raus und dann sind es noch zweihundert Meter bis in meine Wohnung.
Wieder eine Arbeitswoche geschafft.

Der Rest des Tages werden private Unternehmungen sein. Wie einkaufen oder den Abend mit Freunden und Bekannten verbringen. Und diesen Beitrag hier schreiben.
Schönes Wochenende zusammen.

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Die Privatisierung der Autobahnraststätten war ein großer Fehler

Von Udo Skoppeck

Die systemische Entwürdigung alltäglicher Bedürfnisse, wie der Toilettengang, spiegelt in Wahrheit ein viel tiefer sitzendes Problem wider – nämlich das systematische Zurückweichen des Staates aus seiner Verantwortung für grundlegende Daseinsvorsorge.

Sanitäre Anlagen sind kein Luxus, kein Konsumgut und kein Bonus. Sie sind eine Grundbedingung für Würde, Gesundheit und Menschlichkeit.
Die Tatsache, dass diese Einrichtungen an Autobahnen fast ausschließlich in privatwirtschaftlicher Hand sind – etwa durch Sanifair – und mit einem Geschäftsmodell operieren, das auf Notdurft Profite schlägt, zeigt, wie sehr wir uns als Gesellschaft von dieser Selbstverständlichkeit entfernt haben.

Die Ironie, dass man sich durch einen Konsumtempel zwängen muss, um überhaupt auf Toilette gehen zu dürfen und dann durch Gutschein-Mechanismen suggeriert wird, man bekäme ja „etwas zurück“, ist nichts anderes als ein Feigenblatt.

Denn in Wahrheit zahlen wir mit jedem Besuch doppelt, mit Geld und mit Menschenwürde. Und wenn man diese „Gutscheine“ nicht direkt einlösen kann, sondern sie verfallen, dann ist das kein Service, sondern ein psychologischer Trick im Konsumkorsett.

Deshalb fordert meine Petition ein radikales Umdenken

Zurück mit dieser Verantwortung in öffentliche Hand. Toiletten an Autobahnen, in Bahnhöfen, in Städten, diese müssen in staatlicher Trägerschaft sein, kostenfrei und sauber.
Das ist kein überzogener Wunsch, sondern eine staatliche Grundpflicht im Sinne des Allgemeinwohls.

Die Finanzierung? Möglich und gerecht, z.B. über eine Umlage aus der Lkw-Maut (die ohnehin zweckgebunden für Infrastruktur verwendet werden soll), ergänzt durch eine Beteiligung der Bundesländer oder sogar durch gezielte Fördermittel aus dem Gesundheits- oder Arbeitsministerium.

Es geht dabei nicht nur um Lkw-Fahrer, sondern um alle Reisenden, Familien, Pendler. Also um die Menschen, die im öffentlichen Raum unterwegs sind.

Der Vorteil eines staatlichen Modells:

  • Kein Zwang zur Konsumverknüpfung.
  • Keine Schließzeiten mitten in der Nacht.
  • Keine heruntergekommenen Klohäuschen, weil man „kein Geld damit verdienen kann“.
  • Keine Diskriminierung von Berufsgruppen, die ohnehin ständig unterwegs sind.

Was wir zurückfordern, ist kein Luxus – sondern ein Mindestmaß an zivilisatorischer Normalität

Ein Staat, der seine Toiletten privatisiert, hat irgendwo ganz grundsätzlich vergessen, was seine Aufgabe ist. 

Der Link zur Petition im deutschen Bundestag:

https://epetitionen.bundestag.de/content/petitionen/_2025/_07/_01/Petition_183324.html

Warum ich diese Petition gestartet habe? Hier eine notwendige Erklärung aufgrund der vielen Einwände dagegen. 

Immer wieder werde ich gefragt, warum ich mich so energisch für eine staatlich garantierte Grundversorgung an Autobahnen einsetze, insbesondere mit Blick auf kostenfreie sanitäre Einrichtungen, bessere Versorgung für Berufskraftfahrer und einen Rückbau privater Monopolstrukturen.

ein drehkreuz vor einer sanifair toilette. der preis steigt immer weiter
50 Cent, 70 Cent, ein Euro. Der Eintritt zu den Sanitair-Einrichtungen von SaniFair erhöht sich immer weiter

Einige sagen, es gäbe Wichtigeres, andere halten es für unrealistisch oder pauschal. Deshalb möchte ich hier klar und verständlich darlegen, worum es mir eigentlich geht – und warum es weit über das Thema „Toilettengebühr“ hinausgeht.

1. Was war – und was nicht mehr ist: Von der Daseinsvorsorge zum Renditeobjekt

Früher gehörten Autobahnraststätten und ihre Infrastruktur zur öffentlichen Daseinsvorsorge. Der Staat war verantwortlich für eine grundlegende Versorgung der Menschen auf Reisen und im Transportgewerbe, sauber, sicher und möglichst kostenlos. Das galt als selbstverständlich.

Mit der Privatisierung von Tank & Rast 1998 wurde dieser Grundsatz aufgegeben. Die Verantwortung wurde an ein privatwirtschaftliches Unternehmen übertragen – inklusive fast aller Tankstellen, Restaurants und Sanitäreinrichtungen an den deutschen Autobahnen. Seitdem zählen nicht mehr das Gemeinwohl oder Versorgungssicherheit, sondern Umsatz und Rendite.

2. Tank & Rast – ein Monopol mit weltweiten Investoren

Heute gehört Tank & Rast zu 90 % ausländischen Investoren: kanadische Pensionsfonds, chinesische Staatsfonds, Kapitalgesellschaften aus Abu Dhabi oder die Allianz.
Dieses Konsortium verwaltet über 400 Rastanlagen in Deutschland und besitzt damit de facto ein privates Monopol über ein öffentliches Gut.

Was das heißt? Preise, Öffnungszeiten und Qualität richten sich nach privatwirtschaftlichen Interessen. Wer pinkeln muss, zahlt. Wer günstig essen will, hat Pech.
Und wer als Berufskraftfahrer stundenlang keinen Stellplatz mit Dusche findet, erlebt täglich, wie menschenverachtend das System geworden ist.

3. Die Berufskraftfahrer als Spiegel der Missstände

Gerade Lkw-Fahrerinnen und -Fahrer trifft diese Entwicklung mit voller Härte. Sie sind täglich unterwegs, halten unsere Wirtschaft am Laufen, arbeiten unter hohem Druck – und werden dabei von einem System behandelt, das ihnen die einfachsten Bedürfnisse wie Hygiene, Pausen oder Würde abspricht.

Ein kostenpflichtiges WC ist keine Nebensache, wenn man es täglich mehrfach braucht. Eine Dusche für 7 Euro ist kein Luxus, sondern eine hygienische Notwendigkeit.
Und fehlende, überfüllte Parkplätze bedeuten: Fahrer schlafen auf dem Standstreifen, sind erschöpft, gefährden sich und andere – und bekommen noch Bußgelder dafür.

4. Der Staat darf sich nicht aus der Verantwortung stehlen

Es geht also nicht darum, ob Toiletten 70 Cent kosten oder ob man sich bei Sanifair einen Kaffee holen kann. Es geht um die grundsätzliche Frage: Ist Infrastruktur, die für das Funktionieren unserer Gesellschaft essenziell ist, wirklich ein Spielball internationaler Kapitalinteressen?

Ich sage: Nein. Der Staat muss die Verantwortung wieder übernehmen – sei es durch eigene Betreiber, durch klare gesetzliche Vorgaben oder durch staatlich subventionierte Grundversorgung.
Andere Länder zeigen, dass es geht: In Slowenien, Italien oder Frankreich sind kostenfreie oder staatlich geregelte Rastanlagen Teil der Infrastrukturpolitik.

5. Es geht um mehr als nur Verkehrspolitik – es geht um Gerechtigkeit

Meine Petition richtet sich nicht nur an Verkehrspolitiker, sondern an eine Gesellschaft, die nicht länger zuschauen darf, wie essentielle Dienste privatisiert, verteuert und verschlechtert werden – und wie diejenigen, die am härtesten arbeiten, am meisten darunter leiden.

Ich fordere kein Luxuspaket. Nein, ich fordere einen Mindeststandard an Versorgung, den man einem entwickelten, wohlhabenden Land wie Deutschland eigentlich selbstverständlich zuschreiben sollte.
Und ich fordere, dass Berufskraftfahrer, wie auch Familien, Pendler oder Reisende, nicht länger wie lästige Bittsteller behandelt werden.

Fazit: Diese Petition ist ein Appell an den gesunden Menschenverstand

Es geht um Würde. Es geht um Fairness. Es geht um Verantwortung.

Ich lade alle ein, sich mit den Hintergründen auseinanderzusetzen und nicht vorschnell über „WC-Gebühren“ zu diskutieren.
Diese Petition steht exemplarisch für eine Entwicklung, die sich durch viele Bereiche zieht: Staatliche Infrastruktur wird privatisiert, die Versorgung verschlechtert sich, die Kosten steigen – und am Ende zahlt die Allgemeinheit doppelt: an der Kasse und mit dem Vertrauen in die Politik.

Ich bin nicht naiv. Ich weiß, dass es dafür Mut braucht, politisch und gesellschaftlich. Aber genau deswegen schreibe ich diese Zeilen.
Nicht um zu klagen, sondern um anzupacken.

Es ist Zeit, dass wir wieder über Gemeinwohl reden – und nicht nur über Gewinnmaximierung.

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Was wir heute als Arbeitnehmerrechte kennen, ist das Ergebnis von Mut, Solidarität und Schmerz.

Von Udo Skoppeck

Die Historie der Arbeitswelt ist keine Geschichte von Geschenken, sondern eine Chronik von Entbehrung, Ausdauer und nicht selten bitterem Leid.
Kein freier Samstag, kein Urlaub, kein Tarifvertrag, keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall – nichts davon wurde uns geschenkt. Alles wurde erstritten.

Historische Schlaglichter des Arbeitskampfes

1873
Buchdrucker erzwingen mit ihrem Arbeitskampf den ersten Flächentarifvertrag der deutschen Geschichte. Zum ersten Mal wird nicht nur ein einzelner Betrieb, sondern eine ganze Branche tariflich geregelt – ein Meilenstein für die deutsche Gewerkschaftsbewegung.

1889
90.000 Bergarbeiter fordern bessere Löhne und menschenwürdigere Bedingungen unter Tage. Der Staat reagiert brutal: Der Streik wird blutig niedergeschlagen. Doch der Funke ist entzündet – die Bewegung wächst weiter.

1896/97
Der Hamburger Hafenarbeiterstreik endet nach elf Wochen mit einer Niederlage. Doch aus der Enttäuschung entsteht etwas Neues: Der gewerkschaftliche Zusammenhalt wächst. Viele Arbeiter treten danach organisiert in die Gewerkschaft ein.

1956/57
In Schleswig-Holstein kämpfen Metaller ganze 16 Wochen lang für ein heute selbstverständliches Recht: Die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Am Ende haben sie Erfolg – und schreiben damit Sozialgeschichte.

1978/79
Beschäftigte der Stahlindustrie legen über 30 Tage lang die Arbeit nieder. Ihr Ziel: ein einheitlicher Urlaubsanspruch von 30 Tagen. Sie gewinnen – und setzen damit einen neuen Maßstab für die Arbeitszeitgestaltung.

1984
Fast sieben Wochen lang streiken die Beschäftigten der westdeutschen Metall- und Elektroindustrie. Sie fordern die 35-Stunden-Woche – und bekommen sie. Ein historischer Sieg, der zeigt: Fortschritt entsteht nur, wenn Menschen bereit sind, etwas zu riskieren.

Und heute? Wofür stehen wir noch gemeinsam auf?

Heute erscheinen viele dieser Rechte als selbstverständlich. Doch das sind sie nicht. Sie wurden mit Mut, Solidarität und Ausdauer erkämpft – und sind heute erneut bedroht: Durch Tarifflucht, prekäre Beschäftigung, Leiharbeit und Auslagerung in Werkverträge. Weil wir jahrzehntelang auf Leistung, Individualismus und Konkurrenz getrimmt wurden.

Solidarität gilt als altmodisch, Streiks als unzeitgemäß, Gewerkschaften als überholt. Doch gerade heute gilt mehr denn je: Rechte, die wir nicht verteidigen, verlieren wir.

Protest von Lkw Fahrern im November 2013 in Aschaffenburg

Ein Appell an unsere Zeit. Wir stehen an einem Wendepunkt: Wollen wir tatenlos zusehen, wie Errungenschaften verloren gehen – oder gemeinsam für unsere Zukunft einstehen?

Warum ist die Bereitschaft, gemeinsam aufzustehen, geschwunden?

Die Arbeitswelt, wie wir sie kennen, wurde nicht von oben gestaltet, sondern von unten erkämpft. Nicht von Managern, sondern von mutigen Arbeitern, die sich zusammenschlossen.
Es ist Zeit, uns daran zu erinnern. Nicht aus Nostalgie, sondern weil heute wieder viel auf dem Spiel steht.

Jede Generation muss neu entscheiden, ob sie für ihre Rechte kämpft oder das Erreichte preisgibt. Fortschritt entsteht dort, wo Menschen sich zusammentun und gemeinsam den Mut aufbringen, „Nein“ zu sagen.
Wer Freiheit, Würde und Sicherheit im Job will, muss bereit sein, sie gemeinsam zu verteidigen. Denn nichts bleibt, wenn niemand dafür einsteht.

Wusstest du schon?

  • Nur noch etwa die Hälfte der Beschäftigten in Deutschland ist tariflich abgesichert – 41 % durch Branchentarifverträge, 8 % durch Haustarifverträge, insgesamt ca. 49 %.
  • Jede oder jeder Zweite arbeitet ohne betriebliche Mitbestimmung.
  • In Branchen wie Logistik, Pflege oder Plattformarbeit gelten viele einst erkämpfte Rechte längst wieder als Luxus.

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Der 5. Euregio-Lkw-Benefiz-Konvoi rund um Eschweiler

Von Udo Skoppeck

Es war Samstag, der 21. Juni 2025 – und einer dieser Tage, an denen man einfach weiß: Heute passiert etwas Gutes.

Der 5. Euregio-Lkw-Benefiz-Konvoi stand an. Wie schon in den Jahren zuvor, fuhren wir unter dem Motto:

„Für Kinder, die vom Leben gezeichnet sind.“

Zum dritten Mal in Folge starteten wir vom Drieschplatz in Eschweiler. Und wer denkt, dass so etwas Routine wird, der war noch nie dabei.
Jeder einzelne dieser Konvois ist einzigartig – in seiner Vorbereitung, in den Gesichtern der Kinder, im Zusammenhalt unter den Fahrern, in der Freude entlang der Strecke.

festplatz mit lkw vom 5. Euregio-Lkw-Benefiz-Konvoi  in eschweile

Das Organisationsteam rund um Wolfgang Schiffers, unterstützt durch und unsere Allianz im deutschen Transportwesen (AidT e.V.), hatte ganze Arbeit geleistet. Über 100 Lkw kamen zusammen – geschmückt, herausgeputzt, bereit für eine Fahrt der ganz besonderen Art.

Trotz aller Hektik, die unser Beruf mit sich bringt, war es für uns Fahrerinnen und Fahrer keine Frage, hier dabei zu sein. Wir wussten, wofür wir das tun – und für wen.

Denn in jedem Lkw saß an diesem Tag ein Kind auf dem Beifahrersitz.

Kinder, denen das Leben bislang oft nicht wohlgesonnen war. Und heute? Heute gehörte die Straße ihnen.

Der Drieschplatz verwandelte sich ab 10 Uhr in ein kleines Festivalgelände. Tänze, Musik, leckeres Essen, fröhliche Gesichter. Eine herzliche Atmosphäre für Familien, für Gäste, für alle, die helfen wollten.
Es war nicht einfach nur ein Lkw-Treffen. Es war ein Fest des Miteinanders.

Um Punkt 13 Uhr setzte sich der Konvoi in Bewegung. Die Route führte durch Eschweiler, Alsdorf, Übach-Palenberg, Baesweiler, Siersdorf, Aldenhoven – und wieder zurück.
In Siersdorf fuhren wir sogar zwei Runden über das ATC-Testcenter. 65 Kilometer, rund zwei Stunden Fahrt, und überall: Menschen. Menschen, die winkten, klatschten, Kindergrüße erwiderten. Menschen, die verstanden, worum es ging.

Feuerwehren standen Spalier – in Baesweiler, Siersdorf und Aldenhoven. Das THW nahm uns in Siersdorf in Empfang. Ein ganzer Tag voller Dankbarkeit, voller Mitgefühl, voller Leben.

Am Ende stand eines fest: Dieser Tag wird vielen Kindern – und auch uns Fahrern – lange in Erinnerung bleiben. Denn solche Momente sind nicht selbstverständlich. Sie schenken Hoffnung.

Und Hoffnung ist, was diese Kinder brauchen.

Der Erlös ging an drei Vereine, die sich um schwerkranke Kinder und ihre Familien kümmern – direkt hier aus der Region. Und wer möchte, kann noch immer helfen:

Spendenkonto:

IBAN: DE71342500000001513308
AidT e.V. – Stadtsparkasse
Stichwort: „Konvoi 2025“

Jeder Euro zählt.

Und jeder Meter, den wir an diesem Tag gefahren sind, war mehr als nur Strecke – er war ein Zeichen. Für Menschlichkeit. Für Kinder. Für eine bessere Welt.

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Wieder ein schwerer Unfall. Wieder das gleiche Muster.

Von Udo Skoppeck

Wieder hat ein Lkw einen Radfahrer beim Abbiegen schwer verletzt – diesmal wartete der Radler sogar. Ein Lkw biegt ab, ein Radfahrer, der wartet, wird überrollt.

135 Radfahrer sind 2024 allein durch Lkw ums Leben gekommen. Das sind 32 % aller tödlich verunglückten Radler.
Seit 2014 haben die Radunfälle um 64 % zugenommen, viele davon mit älteren Menschen auf Pedelecs, die keine Chance mehr haben, rechtzeitig zu reagieren.

Und ja, wir dürfen es aussprechen: In 81 % der Fälle liegt die Schuld bei uns, den Lkw-Fahrern. Es reicht. Diese Tragödien müssen aufhören.

Wir brauchen:

  • Pflicht für Abbiegeassistenten – sofort und für alle Lkw, nicht erst bei Neuzulassungen
  • Getrennte Ampelphasen für Lkw und Radfahrer – in jeder Großstadt
  • Schulungen und klare Regeln für Pedelec-Nutzer, besonders im höheren Alter
  • Sichere Radwege – raus aus der Gefahrenzone! Kein Vorbeifahren mehr an Lkw
  • Mehr Menschlichkeit in der Stadtplanung – Leben vor Logistik

Das Grundproblem, Abbiegeunfälle zwischen Lkw und Radfahrern sind kein neues Phänomen – sie sind seit Jahrzehnten bekannt.
Aber die Verkehrsinfrastruktur, der technische Standard der Fahrzeuge und teilweise auch das Verhalten der Beteiligten hinken der Realität hinterher. Niemand will Schuldige an den Pranger stellen.

Aber es geht hier um Leben. Um Familien. Um Menschen.

Ich fahre seit über 40 Jahren Lkw. Ich weiß, wie unübersichtlich Kreuzungen sein können. Aber ich weiß auch, jede Sekunde Unachtsamkeit kann ein ganzes Leben zerstören – oder mehrere.

Lasst uns gemeinsam dafür sorgen, dass solche Unfälle nicht mehr passieren. Nicht durch Schuld – sondern durch Veränderung. Nicht irgendwann – sondern jetzt.

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Der tote Winkel ist kein statisches Problem – sondern ein situatives Risiko

Von Udo Skoppeck

„Es gibt ihn doch gar nicht mehr, den toten Winkel – oder?“

Das ist der Satz, an dem man schon merkt, wie verkürzt und falsch heute über Verkehrssicherheit gesprochen wird. Denn der tote Winkel ist nicht verschwunden – er ist nur nicht mehr sichtbar.
Weil er nicht nur im Spiegel entsteht, sondern in Köpfen, in Bewegungen, in Wettersituationen und in Sekundenbruchteilen.

Der tote Winkel – eine Begriffskritik

Allein der Begriff „toter Winkel“ ist schon irreführend. Er klingt technisch, abgegrenzt, fast harmlos – als wäre es ein fester, begrenzter Bereich irgendwo rechts unten neben dem Fahrzeug. Ein dunkler Fleck, den man einfach „wegdigitalisieren“ kann.

ansicht aus dem inneren eines lkw, mit sicht über die beifahrerseite nach außen - stichpunkt toter winkel

Aber die Realität ist anders. Der tote Winkel wandert – je nach Blickrichtung, Lichteinfall, Beladung, Fahrzeugmodell, Witterung.
Er vergrößert sich durch Stress, Ablenkung, schlechte Sicht oder fehlerhafte Einschätzung. Er betrifft beide Seiten: Fahrer wie Radfahrer und Fußgänger, Technik wie Mensch.

Und vor allem: Er ist nicht nur ein optisches Problem, sondern ein kognitives.

Warum Technik allein nicht reicht

Es gibt Kameras, 360°-Sensorik, Warnsysteme, Spiegel in jeder Ecke. Aber all das kann nur unterstützen – nicht erkennen, nicht handeln, nicht entscheiden. Technik sieht, aber sie versteht nicht.

Nur der Mensch kann abwägen, verlangsamen, reagieren, notfalls abbrechen.

Ein Fahrer kann mit 6 Spiegeln und 3 Kameras trotzdem jemanden übersehen – weil er abgelenkt war, weil eine Spiegelheizung ausgefallen ist, weil der Radfahrer sich in einem Schatten bewegt hat oder weil ein Schild den Blick versperrte.

Dynamik des Straßenraums

Was unterschätzt wird: Der Straßenraum lebt. Ein statischer Testaufbau zeigt nicht, wie es im Alltag aussieht. Dort gibt es: 

  • Wetterverhältnisse, die Spiegel und Kameras blenden oder verschmutzen
  • Städtebau mit Hecken, Pollern, Werbetafeln und schrägen Einfahrten
  • Unübersichtliche Kreuzungen, bei denen sich mehrere Risikozonen überlagern
  • Verhaltensunsicherheit von Fußgängern und Radfahrern, etwa bei grünem Licht, aber nicht freier Sicht
  • Gegenseitige Erwartungsfehler, die gefährlich werden, wenn der eine den anderen nicht „sieht“

Der tote Winkel ist also kein „technisches Problem“ – sondern ein komplexer, situationsabhängiger Zustand, der immer dann gefährlich wird, wenn mehrere Faktoren zusammenkommen.

Was bedeutet das für die Argumentation?

Wer behauptet, „den toten Winkel gibt es nicht mehr“, ignoriert genau diese Vielschichtigkeit. Er macht aus einem lebendigen Risiko ein lineares Technikthema – und verlagert die Verantwortung. Das kann und darf nicht sein.

Wir brauchen eine neue Sprache für diese Problematik. Mehr Bewusstsein, dass Risiko aus vielen kleinen, oft harmlos wirkenden Faktoren entsteht und eine Sichtweise, die Verkehr als Zusammenspiel versteht, nicht als Aneinanderreihung von Vorschriften. 

Fazit – oder: Der tote Winkel ist da, wo der Mensch fehlt

Der tote Winkel ist dort, wo Technik versagt. Wo Aufmerksamkeit fehlt.

  • Wo keine Zeit bleibt zum Nachdenken
  • Wo ein Kind im Schatten steht
  • Wo ein Erwachsener glaubt, er wird gesehen
  • Und vor allem dort, wo wir einander nicht mehr wahrnehmen

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