Mit einer Rede, die weniger an große Visionen erinnerte als an ein gut kalkuliertes Werkstattgespräch, stellte Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder am 15. Mai sein verkehrspolitisches Programm vor.
Wer sich eine ideologische Richtungsentscheidung erhofft hatte, wurde enttäuscht – doch vielleicht liegt gerade darin der stille Reiz dieses neuen Kurses: Er will nicht polarisieren, sondern reparieren.
Der Minister beschwor den schlichten, aber kraftvollen Grundsatz „Sanierung vor Neubau“. Deutschlands Brücken, Schienen, Straßen – sie ächzen unter dem Gewicht jahrzehntelanger Vernachlässigung. Schnieder verspricht keine neue Hochgeschwindigkeitszukunft, sondern eine Rückbesinnung auf das Fundament: intakte Infrastruktur als Grundlage jedes Fortschritts.
Doch das Programm bleibt nicht im Technischen stecken. Die Prozesse sollen schneller werden, das Planungsrecht moderner, die Beteiligung effizienter. Was bei anderen wie eine Drohung klänge – „Verfahrensbeschleunigung“ – wirkt bei Schnieder wie ein Befreiungsschlag für eine überregulierte Republik.
Wenig überraschend: Der CDU-Mann setzt auf Technologieoffenheit. Kein Bekenntnis zum batterieelektrischen Dogma, sondern eine Einladung an Innovation. Es ist die Rückkehr zur bürgerlichen Vernunft: Antriebe werden nicht ideologisch bewertet, sondern nach Leistung und Nutzen.
Bemerkenswert ist die ausgesprochene Gleichbehandlung aller Verkehrsträger. Schnieder spricht weder vom Ende des Autos noch von der glorreichen Zukunft der Bahn – sondern von einem Mobilitätsmix, der den Menschen dient. Auto, Bahn, Bus, Fahrrad und Flugzeug – alle dürfen mitreden, keiner soll dominiert werden. Es klingt fast sozialdemokratisch in seiner Ausgewogenheit.
In der Schiene sieht der Minister ein Schlüsselelement, insbesondere durch die Fortsetzung der Generalsanierung zentraler Korridore. Hier dringt gar etwas wie Weitblick durch: Mehrjährige Streckensperrungen sollen nicht als Rückschritt, sondern als notwendige Transformation begriffen werden.
Ein kleiner, fast beiläufiger Satz dürfte die größte Wirkung entfalten: Das Deutschlandticket soll erhalten bleiben – mit gesicherter Finanzierung. Das Signal: Auch in der bürgerlichen Mitte ist der ÖPNV kein Fremdkörper mehr.
Schließlich der Luftverkehr. Während grüne Träume vom Nachtflugverbot noch durch die Talkshows geistern, plant Schnieder Steuererleichterungen für Flughäfen. Es ist die stille Rückkehr zum Globalismus in Zeiten der Standortdebatte. Schnieders Programm ist kein flammender Appell. Es ist eine nüchterne Bestandsaufnahme mit Handlungsempfehlungen.
Wer eine große Mobilitätsutopie erwartete, könnte enttäuscht sein. Wer jedoch die Kraft der kleinen, klugen Schritte schätzt, findet in diesem Minister einen Technokraten mit Rückgrat – und vielleicht genau den richtigen Mann für eine Republik, die nicht träumen, sondern endlich handeln muss.
Der neue Bericht von Westpol und der Süddeutschen Zeitung macht erneut sichtbar, was viele in der Branche schon lange wissen – aber worüber zu viele in der Politik und Gesellschaft hinwegsehen: Der Straßengüterverkehr in Europa wird zunehmend von einem System unterwandert, das auf Ausbeutung, Scheinselbstständigkeit und gezieltem Sozialbetrug basiert.
Es ist kein Geheimnis mehr, dass über Briefkastenfirmen in Litauen, Polen oder sogar auf den Bermudas Fahrer aus Nicht-EU-Staaten wie Indien, Belarus, Usbekistan oder Tadschikistan mit falschen Versprechen nach Deutschland gebracht werden – für 75 Dollar am Tag, ohne Zugang zu sauberen Unterkünften, ohne Arbeitsrechte, ohne Sozialabsicherung.
Leben und wohnen im Lkw. Wäsche waschen inklusive.
Sie schlafen monatelang im Lkw, oft unter menschenunwürdigen Bedingungen. Währenddessen werden ehrliche Unternehmen in Deutschland vom Markt gedrängt, weil sie bei diesen Dumpingpreisen nicht mithalten können.
Die Folgen?
Millionenschäden für die Sozialkassen
Entsolidarisierung der Branche
Unfaire Wettbewerbsverzerrung zulasten derer, die sauber arbeiten
Zunehmende soziale Spannungen unter den Fahrern auf Europas Straßen
Und das alles unter den Augen von Behörden, die mit ihren veralteten Strukturen und der fehlenden Zusammenarbeit untereinander schlicht überfordert scheinen. Wenn ein Ermittler wie „Matthias Wagner“ offen sagt, dass es keine funktionierende Koordination zwischen Zoll, Polizei und Arbeitsbehörden gibt, dann ist das ein Offenbarungseid.
Was wir brauchen?
Eine EU-weite Taskforce gegen Sozialdumping und organisierte Ausbeutung im Transportsektor
Eine zentrale Ermittlungsstelle mit Zugriffsrechten auf Unternehmensregister in der gesamten EU
Deutlich verschärfte Kontrollen an der Straße und in den Firmen – digital unterstützt und in Echtzeit
Eine klare Durchsetzung des Mobilitätspakets I – nicht nur auf dem Papier
Und nicht zuletzt: Solidarität mit den betroffenen Fahrern. Denn viele von ihnen sind keine Täter, sondern Opfer eines Systems, das ihre Notlagen gnadenlos ausnutzt.
Es darf nicht sein, dass sich die deutsche Logistikbranche durch unfaire Ausbeutung selbst demontiert. Wenn wir eine zukunftsfähige und sozial gerechte Transportwirtschaft wollen, müssen wir jetzt handeln – konsequent, gemeinsam, europäisch.
Ein Feuilleton über Lkw-Fahrer, Ausbeutung und die Illusion der grünen Wende
Wenn irgendwo in Deutschland ein Lkw-Fahrer um vier Uhr morgens den Motor startet, denkt kaum jemand darüber nach, welche Geschichte hinter diesem Moment steckt. Der Brummi rollt, die Waren kommen an, der Supermarkt ist voll – das System funktioniert. Doch was ist mit den Menschen hinter dem Steuer?
Die unsichtbaren Lastenträger der Wirtschaft
Lkw-Fahrer sind nicht die gefeierten Stars der Wirtschaft – und das s(w)ollen sie wohl auch nicht sein. Schließlich läuft das System auch dann reibungslos, wenn sie kaum jemand wahrnimmt. Die Regale füllen sich wie von Geisterhand, die Industrieproduktion bleibt stabil, und der Onlinehandel boomt. Wer braucht da schon Gesichter hinter dem Lenkrad?
Während in Talkshows über die Zukunft der Mobilität debattiert wird, verbringen Fahrer ihre Nächte auf staubigen Rastplätzen, schlafen in ihren Kabinen und ernähren sich von Tankstellen-Sandwiches. Fern der Heimat, mit Arbeitszeiten, die kein Büroangestellter jemals akzeptieren würde – aber wer würde sich darum kümmern?
Wichtig ist nur, dass der Transport billig bleibt und die Lieferkette funktioniert. Und wenn es um Löhne geht? Nun ja, man kann ja immer noch billigeres Personal aus fernen Ländern holen, das sich nicht so anstellt. Lkw-Fahrer, die in der Realität aber systematisch ausgebeutet wird.
Die Abwärtsspirale begann nicht gestern. Schon vor über einem Jahrzehnt habe ich, gemeinsam mit Gleichgesinnten, Alarm geschlagen. Während Politiker über Verkehrsprojekte philosophierten, rollten osteuropäische Speditionen mit Dumpinglöhnen über die Autobahnen, angetrieben von einer Logistikbranche, die immer günstigere Preise forderte. Speditionen, die Fahrer aus Drittstaaten für Hungerlöhne durch Europa schickten – wochen-, manchmal monatelang in den Kabinen lebend. Und was tat die Politik? Sie schaute zu.
CO₂-Preis: Die moderne Ablasszahlung der Politik
Nun, in Zeiten der Klimadebatte, tritt ein neuer Akteur auf die Bühne: der CO₂-Preis. Offiziell soll er Anreize schaffen, klimafreundlicher zu wirtschaften. In der Praxis trifft er aber vor allem diejenigen, die ohnehin kaum noch Luft zum Atmen haben.
Höhere Dieselpreise verteuern die Transporte, doch statt die Mehrkosten fair auf alle zu verteilen, werden sie auf die Fahrer und Speditionen abgewälzt. Kleine Unternehmen gehen kaputt, während Großkonzerne mit politischem Rückenwind weiter expandieren.
Die Ironie dabei? Diesel-Lkw werden verteufelt, doch Alternativen fehlen. E-Lkw? Eine nette Idee, aber in der Praxis kaum einsetzbar für den Fernverkehr. Wasserstoff? Noch nicht marktreif. Während die Politik Luftschlösser baut, stehen Fahrer vor der harten Realität: höhere Kosten, gleichbleibende Löhne, schlechtere Bedingungen.
Die Grünen feiern sich für ihre Klimapolitik, während auf den Rastplätzen Europas Fahrer aus ärmeren Ländern in ihren Kabinen hausen, weil sich die Übernachtung im Hotel nicht lohnt. Nachhaltigkeit? Für wen?
Engagement gegen die Windmühlen
Seit Jahren kämpfe ich mit Kollegen, Aktivisten und Unterstützern gegen diese Entwicklungen. Wir haben demonstriert, Petitionen gestartet, Gespräche mit Politikern geführt. Manchmal wurden wir gehört, oft ignoriert. Die wahren Machtverhältnisse liegen nicht in den Parlamenten, sondern in den Chefetagen der Logistikkonzerne und bei den Lobbyisten in Brüssel.
Doch Aufgeben ist keine Option. Wenn sich eines gezeigt hat, dann, dass Veränderung nur durch Beharrlichkeit kommt. Wir haben es geschafft, das Thema Ausbeutung in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken. Aber es reicht nicht, nur darüber zu reden – es braucht politische Konsequenzen. Faire Löhne, klare Regeln, effektive Kontrollen. Und eine Verkehrswende, die nicht auf dem Rücken derjenigen ausgetragen wird, die ohnehin schon den härtesten Job haben.
Ein System am Abgrund
Transportiert wird immer, auf die eine oder andere Weise. Die Frage ist nicht ob, sondern wie und zu welchem Preis – und wer ihn zahlt.
Seit Jahren kämpfen wir gegen Dumpinglöhne, Sozialdumping und die Ausbeutung von Fahrern, aber die grundlegenden Probleme bleiben bestehen oder verschärfen sich sogar. Die CO₂-Bepreisung und die steigenden Dieselpreise treffen nicht die Konzerne, sondern die, die ohnehin schon am Limit arbeiten.
Kleine und mittelständische Speditionen sterben, während große Logistikkonzerne mit politischen Seilschaften im Rücken weiterwachsen. Und die Fahrer? Sie werden durch noch billigere Arbeitskräfte ersetzt, aus Drittstaaten angeworben und unter Bedingungen gehalten, die kaum jemand für menschenwürdig hält.
Was kann man noch tun?
1. Politischer Druck und öffentlicher Diskurs
Die Wahrheit ist: Ohne politischen Druck ändert sich nichts. Wir müssen weiter laut sein – in den Medien, in der Öffentlichkeit, in den politischen Gremien. Es reicht nicht, dass das Thema mal in einem Bericht auftaucht. Es muss dauerhaft auf der Agenda bleiben. Ein EU-weiter Mindestlohn für Fahrer, verpflichtende Sozialstandards und eine bessere Kontrolle des Kabotageverkehrs sind längst überfällig.
2. Klare Verantwortlichkeiten und Sanktionen
Das Problem ist nicht der osteuropäische Fahrer, der für einen Hungerlohn fährt. Das Problem sind die Auftraggeber, die sich um soziale Verantwortung drücken. Großkonzerne lagern die Verantwortung aus und tun so, als hätten sie mit den Arbeitsbedingungen auf der Straße nichts zu tun. Das muss sich ändern. Wer von Dumping profitiert, muss zur Rechenschaft gezogen werden – finanziell und juristisch.
3. Technologie und faire Transformation statt blinder CO₂-Steuern
Eine echte Verkehrswende kann nicht bedeuten, dass die Preise steigen und die Schwächsten zahlen. Es braucht echte Alternativen: Infrastruktur für alternative Antriebe, praktikable Konzepte für den Güterverkehr, eine Stärkung der Bahn ohne die Vernachlässigung des Lkw-Verkehrs. Wer einfach nur verteuert, ohne Lösungen anzubieten, betreibt Politik auf Kosten derer, die keine Lobby haben.
4. Fahrer stärken – nicht ersetzen
Es gibt immer mehr Ideen, Fahrer durch autonomes Fahren zu ersetzen, statt ihre Arbeitsbedingungen zu verbessern. Doch bis selbstfahrende Lkw wirklich eine flächendeckende Alternative sind, wird es noch Jahrzehnte dauern. In der Zwischenzeit bräuchte es bessere Löhne, vernünftige Arbeitszeiten und menschenwürdige Bedingungen für Fahrer. Aber das kostet Geld – und daran scheitert es.
Fazit: Weiterkämpfen oder zuschauen?
Wir stehen vor der Entscheidung: Nehmen wir diese Ungerechtigkeit einfach hin, oder kämpfen wir weiter? Die Politik wird nicht von allein aktiv. Große Konzerne werden nicht plötzlich freiwillig fairer. Aber wenn die Betroffenen selbst nicht mehr aufstehen, dann passiert gar nichts.
Also bleibt nur eins: Laut bleiben, unbequem sein und weiter Druck machen. Denn wenn sich nichts ändert, dann zahlen am Ende alle – nur eben nicht die, die am meisten profitieren.
1. Historische Parallelen: Jahrzehnte des Missbrauchs
Bereits in den 1980er Jahren kam es in Deutschland zu wilden Streiks, beispielsweise von Fahrern der Firma Stadler in Hengersberg, die auf dem Autohof Feuerecker protestierten.
Die Missstände waren schon damals ähnlich: Unbezahlte Löhne, miserable Arbeitsbedingungen und ein völlig aus dem Ruder gelaufener Wettbewerb, der nur noch auf Lohndumping und Ausbeutung basierte.
2. Die Streiks von Gräfenhausen: Das erste Aufbäumen der Fahrer im April 2023
Rund 60 Fahrer einer polnischen Spedition legten ihre Arbeit nieder, da sie monatelang keinen Lohn erhalten hatten. Nach zähen Verhandlungen zahlte der Arbeitgeber die ausstehenden Gehälter.
September 2023: Ein weiterer Streik folgte, diesmal mit Hungerstreik von etwa 30 Fahrern. Nach massivem öffentlichen Druck kam es erneut zu einer Lohnzahlung. Ergebnis: Zwar erhielten die betroffenen Fahrer ihr Geld, aber an den grundsätzlichen Problemen änderte sich nichts. Politik und Kontrollbehörden schauten tatenlos zu.
3. Die neuen Opfer: Simbabwische Fahrer und der Fall Hegelmann im Januar 2025
Berichte über Einschüchterung, Bedrohung und sogar versuchte Entführungen häufen sich. Ihr Arbeitgeber? Eine slowakische Tochterfirma des deutschen Logistikriesen Hegelmann.
Die Fahrer fordern lediglich ihr verdientes Geld – doch ihr Kampf zeigt, dass sich in der Branche nichts verändert hat.
4. Der Fall Sherbodzek Khudayberdiev
Der usbekische Fahrer, angestellt bei Baltic Transline (Litauen), bleibt Ende Januar 2025 in Venlo stehen. Seine Forderung: Zahlung seines ausstehenden Lohns, den er seit über sechs Monaten nicht vollständig erhalten hat.
Sein „Verbrechen„: Er nutzt sein gesetzlich verbrieftes Zurückbehaltungsrecht, um seinen Lkw und die Ladung nicht herauszugeben, bis er bezahlt wird. Reaktion des Arbeitgebers: Versuche, den Anhänger gewaltsam zu entfernen. Einschüchterung durch eine litauische Schlägertruppe. Sperrung seiner Temporary Resident Card (TRC), um ihn in einen illegalen Status zu drängen und seine Abschiebung zu erzwingen.
Seine Angst: Er schläft kaum noch, aus Angst, überfallen oder getötet zu werden. Die erschreckende Realität: Eine Branche im moralischen Verfall. Die Branche ist so verrottet, dass selbst bestehende Gesetze – wie das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz oder die Generalunternehmerhaftung nicht greifen.
Eine typische Kombination: Zugmaschine neutral weiß. Auflieger meist graue oder wie hier rote Plane oder weißer Kühler. Oft ohne Werbung, um nicht aufzufallen.
Unternehmen haben ein perfektes System entwickelt, um Fahrer aus Drittstaaten auszubeuten: Sie rekrutieren gezielt Arbeitskräfte aus armen Ländern. Sie halten sie in völliger Abhängigkeit, indem sie Dokumente einbehalten oder sperren.Sie setzen auf Gewalt und Einschüchterung, um ihre Profite zu schützen.
Ein Versagen auf ganzer Linie
Nationale Behörden versagen auf ganzer Linie: Das BALM (Bundesamt für Logistik und Mobilität) kontrolliert kaum. Verstöße gegen EU-Vorschriften werden oft nicht an ERRU (Europäisches Register für Verkehrsverstöße) gemeldet.
Unternehmen wie Hegelmann oder Baltic Transline agieren nahezu rechtsfrei, da sich die Politik nicht bewegt. Schlussfolgerung: Wann wacht die Exekutive endlich auf? Es gibt genug Gesetze! Das Problem ist nicht die fehlende Regulierung, sondern die fehlende Durchsetzung.
Gräfenhausen war der Anfang
Wie viele Fahrer müssen noch leiden? Wie viele müssen noch von Schlägertrupps bedroht werden, bevor Politik und Behörden reagieren? Deutschland und Europa brauchen eine knallharte Exekutive, die gegen diese Machenschaften endlich durchgreift!
Gräfenhausen war nur der Anfang. Wenn sich nichts ändert, werden wir noch viele solcher Streiks erleben – mit Fahrern, die um ihr Leben fürchten müssen.
Es ist mal wieder der fünfte eines Monats. Und an diesem fragt „Gut gebrüllt“, wie denn von anderer Leute Blogger der Tag so war. Das nennt sich dann „Was machst Du eigentlich den ganzen Tag„.? Oder eben in Kurzform „WmDedgT„. Hier ist, zum siebten Mal – joa mei, wie die Zeit vergeht – meine Ausgabe:
3.24 Uhr, mir ist kalt, ich werde munter. Toll. Im dunklen such ich den Schalter für die Standheizung. Eine geile Erfindung. Der erste Lkw den ich fahren musste, damals vor dreiunddreißig Jahren, hatte sowas nicht. Keine Ahnung, wie ich da zurecht kam. Na ja, ich war jung und zäh. Und ein bissel naiv.
Kurzer Blick aufs Handy. Oh, ich kann noch zwei Stunden pennen.
5.15 Uhr, die Weckfunktion vom Handy reißt mich aus dem Schlaf. Waren das echt zwei Stunden? Ich überlege kurz, wo ich eigentlich stehe. Ah, irgendwo bei Sirmione. Dann die übliche Routine. Aus der Koje krabbeln, anziehen, Vorhänge auf, Motor starten, Tacho auf Arbeitszeit stellen.
Die kleine Tankstelle auf dessen Gelände ich stehe, hat noch geschlossen. Also pieseln ins Gras und Kanisterwäsche. Die finde ich nie angenehm, bei zwei Grad. Während ich Zähne putze, mach ich nen Rundgang um den Lkw. Beleuchtung funktioniert, kein Reifen platt, Tanks geschlossen, Plane nicht zerschnitten, an der Sattelkupplung hat sich auch niemand zu schaffen gemacht.
5.34 Uhr, los geht’s. Ist ein purer Fahrtag heute. Brauch also keinen Kunden anfahren. Die einzigen die mir und denen ich auf die Nerven gehe, sind Auto- und Lkw-Fahrer um mich herum.
5.56 Uhr, erster kurzer Stopp an einer Tankstelle kurz vor Affi. Ich hole mir nen Kaffee Americano und ein Brioche. Mit Pistaziencreme. Und weil die grad aus dem Ofen kommen, gleich noch eines. Gefüllt mit Marmelade. Und wieder stelle ich mir die Frage, wieso bekommt man sowas nicht in Deutschland hin? Preiswerter Kaffee, der auch noch toll schmeckt und was leckeres süßes dazu.
Aber ich darf nicht zu lange überlegen, muss weiter. Immerhin hat es für ne Viertelstunde Pause gereicht.
7.50 Uhr, die Leuchtschilder über der Brennerautobahn zeigen Stau zwischen Bozen-Süd und Bozen-Nord an. Da hab ich wenig Lust drauf. Also fahr ich ab und quer durch die Stadt. Trotz Berufsverkehr läuft das gut. Denke mal, ich hab zumindest keine Zeit verloren.
Kurz vor neun, irgendwo hinter Innsbruck. Halbe Stunde Pause. Eigentlich nehme ich mir vor, in dieser Zeit mal ein bissel draußen rumlaufen. Aber meist bleibt es beim Vorsatz. Viel öfter stell ich den Wecker und döse die dreißig Minuten.
Später bei Kufstein noch tanken. Seitdem sich die Spritpreise in Tirol und Bayern kaum noch unterscheiden, gibt es da nur noch selten Wartezeiten. Vor einiger Zeit war das mal ganz anders.
12.03 Uhr, nochmal ne Pause. Dieses Mal am Irschenberg. Da fix duschen und ein Brötchen mit Leberkäs. Beides ist Pflicht.
16.34 Uhr, Feierabend. Oder fertsch wie der Sachse sagt. Stehe auf nen Rasthof zwischen Nürnberg und Würzburg. Könnte zwar noch ne knappe Stunde fahren, aber das passt so. Morgen früh noch dreieinhalb Stunden bis zur ersten Abladestelle, von daher alles gut.
Jetzt noch fix diesen Beitrag tippen, nebenbei was Essen und ein Bierchen schlabbern. Dann Zähne putzen und ab in die Koje.
Hier ist eine kurze Beschreibung der Positionen der Parteien zu den Themen Transport- und Logistikbranche basierend auf den vorliegenden Informationen aus den Wahlprogrammen.
SPD (Sozialdemokratische Partei Deutschlands)
1. Infrastruktur: Massiver Ausbau und Sanierung von Straßen, Brücken und Schienen, um den Güterverkehr effizienter zu machen. Förderung von Logistik-Hubs, die multimodale Transporte (Schiene, Straße, Wasser) ermöglichen.
2. Klimaschutz: Verpflichtung zur CO₂-Reduktion im Güterverkehr durch Förderung von Elektro-Lkw und wasserstoffbetriebenen Fahrzeugen. Subventionierung von klimafreundlicher Transporttechnologie und Ladeinfrastruktur.
3. Arbeitsbedingungen: Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Lkw-Fahrer durch fairen Lohn, bessere Raststätten und Aufnahme der Lkw-Fahrkabine in den Schutz der Arbeitsstättenverordnung.
4. Digitalisierung: Digitalisierung des Güterverkehrs durch intelligente Verkehrslenkung und Investitionen in digitale Plattformen zur besseren Koordination von Transportströmen.
1. Infrastruktur: Planungszeiten für Infrastrukturprojekte wie Autobahnen und Brücken halbieren. Förderung von Elektromobilität im Logistiksektor durch Ausbau der Ladeinfrastruktur.
2. Arbeitsbedingungen: Keine spezifischen Vorschläge zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Lkw-Fahrer. Fokus auf die Digitalisierung von Transportprozessen, um Arbeitsabläufe effizienter zu gestalten.
3. Klimaschutz: Unterstützung alternativer Antriebe, wie E-Fuels und Wasserstoff, um den Straßengüterverkehr nachhaltiger zu gestalten
FDP (Freie Demokratische Partei)
1. Bürokratieabbau: Einführung eines „bürokratiefreien Jahres“ für Unternehmen, um den administrativen Aufwand in der Logistik zu reduzieren. Erleichterung bei Führerscheinerwerb und Qualifikationen für Lkw-Fahrer.
2. Digitalisierung: Förderung von autonomen Fahrzeugsystemen und KI-gestützten Technologien für die Logistikbranche. Ausbau der digitalen Infrastruktur für bessere Vernetzung von Logistikunternehmen.
3. Infrastruktur: Vereinfachung von Genehmigungsverfahren für neue Verkehrsprojekte, um den Ausbau der Logistikinfrastruktur zu beschleunigen.
Bündnis 90/Die Grünen
1. Klimaschutz: Förderung des Schienengüterverkehrs als Alternative zur Straße. Subventionierung von emissionsarmen Lkw und Aufbau einer klimafreundlichen Lade- und Wasserstoffinfrastruktur.
2. Arbeitsbedingungen: Keine spezifischen Vorschläge zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Lkw-Fahrern, allerdings generelle Förderung von Arbeitsrechten.
3. Digitalisierung: Einsatz von digitaler Technologie zur Effizienzsteigerung im Transportwesen.
Die Linke
1. Arbeitsbedingungen: Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Lkw-Fahrer durch „gemeinwohlorientierte Raststätten“. Abschaffung von Gebühren wie Sanifair, um die Rastmöglichkeiten fairer zu gestalten. Förderung fairer Löhne und verbesserter Sozialstandards.
2. Klimaschutz: Förderung des Schienengüterverkehrs und schrittweiser Abbau des Straßengüterverkehrs. Ablehnung von Gigalinern und Oberleitungs-Lkw.
3. Infrastruktur: Investitionen in nachhaltige Logistik-Infrastruktur, wie emissionsarme Güterbahnhöfe und Umschlagsplätze.
AfD (Alternative für Deutschland)
1. Infrastruktur: Ausbau von Straßen und Brücken für den Straßengüterverkehr. Ablehnung von Umweltauflagen und klimapolitischen Maßnahmen.
2. Klimaschutz: Keine Einschränkungen für fossile Energien im Transportsektor. Kritik an Subventionen für alternative Antriebe.
3. Arbeitsbedingungen: Keine konkreten Pläne zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Lkw-Fahrer
BSW (Bündnis Sahra Wagenknecht)
1. Klimaschutz: Förderung von emissionsarmen Technologien, ohne den Fokus ausschließlich auf Elektroantriebe zu legen. Ausbau des Schienengüterverkehrs als nachhaltige Alternative zur Straße.
2. Arbeitsbedingungen: Bessere Bezahlung und Arbeitsbedingungen für Lkw-Fahrer, ähnlich wie bei der SPD. Keine genauen Aussagen zur Umsetzung.
3. Infrastruktur: Investitionen in öffentliche und nachhaltige Verkehrsinfrastruktur.
Fazit
Die SPD, Die Linke und teilweise die Grünen legen großen Wert auf faire Arbeitsbedingungen und nachhaltigen Transport. Die FDP und CDU/CSU fokussieren sich stärker auf Bürokratieabbau, Digitalisierung und technologischen Fortschritt, während die AfD den Straßengüterverkehr ohne Einschränkungen weiter fördern will. Das BSW versucht, eine ausgewogene Position zwischen Klimaschutz und sozialer Gerechtigkeit zu finden.
Es ist mal wieder der fünfte eines Monats. Und an diesem fragt „Gut gebrüllt“, wie denn von anderer Leute Blogger der Tag so war. Das nennt sich dann „Was machst Du eigentlich den ganzen Tag„.? Oder eben in Kurzform „WmDedgT„. Hier ist, zum sechsten Mal, meine Ausgabe:
0.01 Uhr, den Tag bei und mit Freunden begonnen. Geburtstagsfeier. Grad jetzt im Januar ist jeder Samstag verplant, irgendwie häufen sich die Partys und Zusammenkünfte am Anfang eines jeden Jahres.
1.24 Uhr, ich mach mich auf den Heimweg. Weit bis zu meiner Wohnung ist es nicht, per Fuß kaum zehn Minuten. Die kalte Luft tut gut.
2.14 Uhr, noch ein paar Stunden im eigenen Bett. Gute Nacht.
9.43 Uhr, ein vorerst letztes Mal ohne Weckhilfe aufgewacht. Zwei Wochen Urlaub sind fast vorbei. Echt toll.
9.50 Uhr, Pieseln, waschen, Zähne putzen – im eigenen Badezimmer. Den Raum werde ich die ersten Tage unterwegs echt vermissen. Ist immer so.
10.04 Uhr, Frühstück. Noch mal schön in Ruhe. Draußen schneit es. Cool 🙂 .
16.00 Uhr, so langsam wird es Zeit, Klamotten zu packen. In drei Stunden will muss ich los. Der Lkw steht übern Jahreswechsel in der Firma, die ist über zweihundert Kilometer entfernt. Wenn ich am späteren Abend dort bin, noch Verpflegung und Wäsche in die Karre einräumen und einige Stunden pennen. Klar, könnte ich auch morgen früh machen. Aber ich hab wenig Lust, in der Nacht gegen drei losfahren zu müssen.
18.35 Uhr, fix duschen. Danach noch einige Dinge die ich unterwegs so brauche, zusammen suchen.
19.08 Uhr, hilft ja nüscht. Ab ins Auto. Google Maps sagt Stau an – auf der A4 irgendwo bei Bad Hersfeld und der A5 hinter Alsfeld. Aber die Straßen scheinen frei zu sein. Kein Schnee, kein Eis.
21.39 Uhr, ich bin am Lkw. Jetzt fix alles einräumen, Bett beziehen, Koje herrichten. Und Standheizung an. Die Batterien werden schon halten, auch nach zwei Wochen Standzeit. Danach mein Auto parken und diesen Text fix tippen. Der Alltag hat mich wieder.
…wünsche ich Euch. Und viel Gelassenheit. Macht es euch schön.
Ich selbst hab zwei Wochen Urlaub. Am 6. Januar darf ich wieder los. Aufrechnen, was in diesem Jahr gut oder schlecht war? Nee, dass erspare ich Euch und mir hier. Ich versuche, dass positive zu sehen, damit ist schon viel gewonnen.