Drücke "Enter", um den Text zu überspringen.

Schlagwort: Revolution

Es riecht nach Revolution

Apropo riechen: Versperrt der Bauer mir die Straße, kriegt er eins auf seine Nase.

Ok., so weit wird es nicht kommen. Nicht nur weil ich ein friedlicher Mensch bin, nee, ich fahre, wie so manches Mal, Sonntagabend kurz nach zehn Uhr los. Da sind die Straßen so schön leer und bis der erste Bauer erwacht ist, bin ich schon jenseits von Kiefersfelden.
Allein deshalb gehe ich jeder Konfrontation und noch besser, wohl auch jeder Blockade aus dem Weg. Clever, oder?

Ja die Bauern. Oder Landwirte, wie man landläufig sagt. Denn echte Bauern gibt es ja kaum noch. Also wenige.

ein protestplakat von bauern auf dem reitenberg bei mihla zwischen eisenach und mühlhausen
Die Bauern sind wütend

Gestern hab ich mir ein Video angesehen, aus Schlüttsiel, einem kleinen Dorf an der Nordsee, in dem Wirtschaftsminister Habeck nach einem Urlaub auf Hallig Hooge von einer Fähre an Land gehen wollte. Das konnte der aber nicht, denn mehrere wütende protestierende Landwirte versuchten, das Schiff mit dem Minister an Bord zu erklimmen.
Da hab ich mich schon ein bissel geschüttelt. Und gedacht, in was für einem Land lebe ich mittlerweile eigentlich?

Viele haben gerade Bock auf Blockade

Und dann scrolle ich durch diverse Fahrergruppen auf Facebook und sehe, dass Netzwerk ist voll mit Brummifahrer-Helden, die nächste Woche auch alles dicht machen wollen. Da wird von Generalstreik und ähnlichen Phantastereien geplaudert.
Ja bin ich denn in einem Western, wo sich der durchsetzt, der den größeren Ballermann hat?

Aber demnach scheint es doch eine eher irrationale Sympathie für diesen Quatsch zu geben. Glauben die wirklich, Bauernverbände interessieren sich für Forderungen von Transportunternehmern oder gar von deren Fahrern?
Die Bauern, sorry Landwirte, machen ihr eigenes Ding. Zumal das Thema Maut eh seit Monaten durch ist.

Das sich jetzt auch noch ein Verband, nämlich der Bundesverband für Güterverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) viktimisieren lässt, ohne Worte. Aber auch so kann man eine „Opfer und Underdog-Mentalität“ kultivieren.

Ich denke aber, den meisten Befürwortern geht es gar nicht unbedingt um irgendwelche Forderungen von Bauersmännern oder Bauersfrauen. Die sind unzufrieden und für die geht alles durch die Ampel und da vorwiegend durch die Grünen zugrunde.

Aber was denn genau? Was fehlt uns und was will uns jemand wegnehmen?
Wir haben den größten Wohlstand jemals. Wir haben eine niedrige Jugendarbeitslosigkeit, im globalen System eine niedrige Staatsverschuldung, eine geringe Kriminalitätsrate.

Vielleicht sind wir nur ein verwöhntes Volk. Selbst die Armen leben vergleichsweise gut.
Ein Blick in andere Teile der Welt oder ein reflektieren des eigenen Wohlstandes wird aber lieber vermieden, sonst kann man ja nicht so schön jammern.

Klar, fairerweise muss man auch sagen, dass heutzutage auch unsere Ansprüche gestiegen sind: Immer das neueste elektronische Gerät, zig Abos, Urlaube, Autos.
Wir leben im Überfluss und konsumieren auch dementsprechend.

Und ja, mir gefällt auch nicht immer, was unsere Regierenden so fabrizieren. Aber wir leben in einer Demokratie, welche funktioniert.
Bin ich mit irgendwas nicht einverstanden, habe ich die Möglichkeit, dass zu hinterfragen. Ohne Repressalien befürchten zu müssen. Oder bei der nächsten Wahl mein Kreuz woanders zu machen. Mehr noch, keiner muss überhaupt wählen gehen. So vieles ist möglich.

Aber zurück zu den Bauern

Auch das da oben im Norden waren Landwirte, die sich im großen Stil über Jahrzehnte hinweg so gedreht haben, wie ein Fähnchen im Wind. Nämlich dahin, wo es die meisten und größten Subventionen zu kassieren gibt.

schuhe als protest an einem ortsschild
Hängende Stiefel als Protest.

Ich will jetzt nicht über Bauern herziehen, die madig machen oder generell in ein schlechtes Bild rücken. Aber ich gehe jetzt mal von der Mehrzahl aus. Da wurden doch über Jahrzehnte Subventionen kassiert.

Lasst mich mal zurück denken: Ich wurde 1970 geboren. Dreizehn, vierzehn Jahre später, also Mitte der Achtziger, habe ich im WestTV vom Butterberg und vom Milchsee gehört. Die ein oder anderen können sich daran bestimmt auch noch erinnern.
Das heißt, ich hab vor vierzig Jahren schon von einer gigantischen Überproduktion erfahren und da hat sich bis zum heutigen Tage nichts geändert. Gar nix!

Was sind Subventionen?

Warum subventioniert man etwas? Weil es notwendig ist, aber nicht produktiv funktioniert. Man subventioniert etwas, weil man eine Überproduktion hat und diese Überproduktion nach marktwirtschaftlichen Regeln für einen anständigen Preis nicht verkaufbar wäre.

Wieso also werden Bauern subventioniert?

Wenn ich mir die Bilder der letzten Bauerndemos anschaue und die Traktoren sehe. Die sind gewaltig. Und deren Kauf ist auch möglich, wegen Subventionen.
Bauern haben sich also abhängig gemacht von diesen Finanzspritzen. Die übrigens jeder Steuerzahler finanziert. Aber das blos mal am Rande.

Denn schaut Euch doch mal das normale Gewerbe an. Kleine Betriebe, mittelständische Firmen, die irgendwelche Produkte herstellen, die auf dem normalen Markt nicht mehr verkäuflich sind. Weil die niemand mehr haben will oder es eben eine Überproduktion gibt.

Was passiert mit denen? Die gehen konkurs, gehen pleite. Oder die ändern etwas an ihrem Weg oder Zielsetzung, versuchen sich an neuen Produkten, einer neuen Marktausrichtung.
Werden die subventioniert? In der Regel nicht.

Es geht um ganz schnöden Profit

Bauernhöfe sind gleichzustellen mit jeden anderen Betrieb auch. Denn die arbeiten nach den gleichen Methoden, der selben Prämisse. Nämlich mit dem geringstmöglichen Aufwand den größtmöglichen Gewinn zu erzielen. Und da ist jede Subvention recht.

Ich kenne keine andere Branche in Deutschland, ausser vielleicht noch der Kohle, die so wirtschaften kann.
Ja, schon klar. Viele kleine Bauernhöfe gibt es nicht mehr, mussten zusperren. Auch gibt es immer weniger Nebenerwerbslandwirte. Auch bei denen reicht die Kohle oftmals grad so.

Nur diese Sorgen haben viele andere Leute auch. Millionen Menschen in Deutschland haben einen Zweit-, oder gar Drittjob, um über die Runden zu kommen.
Oder müssen aufstocken. Und die gehen nicht auf die Straße, um Städte zu blockieren und den Verkehr lahmzulegen.

Kein Bauer ist Opfer der derzeitigen Umstände. Denn wer hunderte Kilometer mit seinem Schlepper zu einer Demo fährt, hat noch zu viel Geld für Diesel übrig.
Die für morgen angekündigten Demonstrationen sind für mich nichts anderes als Nötigung und Schikane. Mit demokratischen Protest hat das null zu tun.

Ich hoffe, der Staat lässt sich diese Muskelspiele der Bauern nicht bieten und wird bei Bedarf durchgreifen. Denn weder Regierung, noch Polizei oder Justiz dürfen sich von einem Berufsstand so auf der Nase herumtanzen lassen. Und auch ich möchte von niemanden an der Ausübung meines Berufes gehindert werden. Ende!


34 Kommentare