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Schlagwort: Lohn

Die Mär vom fehlenden Fahrer

Was sich im Moment im Fahrerbereich abspielt, ist einmalig. Die Fluktuation explodiert, gute Leute sind nur noch mit gravierenden Gehaltszuschlägen zu halten. Wir sprechen hier nicht von fünf Prozent, sondern die Zuwächse sind teils zweistellig.

Das sagte Hubertus Kobernuss, Inhaber der Kobernuss Spedition und Logistik aus dem niedersächsischen Uelzen vor einigen Tagen auf der verkehrsRundschau-Fachkonferenz „Optimale Preisgestaltung bei Transportdienstleistungen“ in Hannover. Dort ging es um den Fahrermangel und die dadurch entstehenden Kosten von Transport- und Logistikdienstleistern.

Ich habe noch keinen Lkw-Fahrer kennen gelernt, der sich über einen Gehaltszuschlag im zweistelligen Prozentbereich gefreut hat. Wohl weil es nie einen gegeben hat. Im Gegenteil. Wer sich heute irgendwo vorstellt, bekommt vom zukünftigen potenziellen Arbeitgeber Zahlen vorgesetzt, die sich zwischen 1 500 und 2 200 Euro bewegen. Brutto wohlgemerkt. Allein deshalb sind viele Fahrer gezwungen, Ihre Spesen als Einkommen mit einzukalkulieren, obwohl diese Zahlung eigentlich zur Bewältigung der höheren Verpflegungskosten eingesetzt werden soll.

Fahrermangel in Deutschland? Das ist wohl eher ein Märchen. Osteuropäer werden nicht gesucht, weil es zu wenig Fahrer gibt, sondern weil diese für noch weniger Geld fahren. Werden selbst Balten, Polen oder Ungarn zu teuer, weicht man mit der Fahrersuche nach Rumänien oder Bulgarien aus. Mittlerweile ist man mit der Rekrutierung im fernen Osten angelangt. Phillipinos arbeiten für noch weniger Geld.
Wenn tatsächlich mehrere zehntausend deutsche Lkw-Fahrer fehlen, warum versucht man nicht, arbeitslose Fahrer zu integrieren? Die haben bereits eine einschlägige Berufspraxis. Laut Statistik der Bundesagentur für Arbeit waren im Februar 2011 119 900 Kraftfahrzeugführer arbeitslos gemeldet. Selbst heute, knapp zweieinhalb Jahre später, dürfte diese Zahl noch immer sechsstellig sein.

Stattdessen unterstützt selbst die SVG Stuttgart ein Projekt mit dem Namen „Vision Job“ (Video). In dessen Rahmen wurden spanische Berufskraftfahrer nach Deutschland geholt und nach einer Weiterbildungsmaßnahme an mehrere Speditionen vermittelt. Diese Unternehmen mussten sich mit 4 000 Euro pro Fahrer an den Kosten für die Ausbildung beteiligen. Hätte man dieses Geld nicht auch in Auffrischungskurse für arbeitslose deutsche Fahrer investieren können?

Anderes Beispiel:

Sie sind Berufskraftfahrer (Führerschein CE) und bereit, in Deutschland zu wohnen und von dort aus im internationalen Fernverkehr eingesetzt zu werden (innerhalb der Europäischen Union)? Dann dürfte Sie dieser Job in Deutschland sicher interessieren

So steht es auf der Website der Firma Balkaninvest Bulgarien. Auf diesem Weg sucht man u.a. Kraftfahrer für eine Spedition aus der Mitte Deutschlands. Der Markt ist halt allen Zuwanderern zu allen Konditionen offen. Das wird durch eine fehlende Lohnuntergrenze in Deutschland möglich.
Natürlich sind auch – nach Absprache – regelmäßige Urlaube in Bulgarien machbar. Eine Übersiedlung mit Familie ist also nicht vorgesehen. Auch über das Lohnsystem und die Bezahlung wird nichts genaues geschrieben. Wen wundert das noch?

Die Folgen sind für deutsche Fahrer ein Entlohnungssystem, dass von einem niedrigen Grundlohn/Monat bestimmt wird. Spätestens zum Renteneintritt wird das vielen sprichwörtlich das Genick brechen.

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Imageprobleme

Rolf Schumacher ist Chef der Agentur für Arbeit in Mannheim. In dieser Funktion macht er sich Sorgen um das Berufsbild des Kraftfahrers. Im „Mannheimer Morgen“ belegt er diese Probleme mit Zahlen:

Allein in den vergangenen zwölf Monaten ist die Bewerberzahl um mehr als ein Viertel zurückgegangen – das Alarmierende dabei: Mehr als ein Drittel der 372 bei uns im Mai registrierten arbeitssuchenden Berufskraftfahrer ist 50 und älter.

Natürlich weiss er auch warum – das schlechte Image ist daran Schuld und eine komplexe Ausbildung. Um dieses Ansehen zu bessern, gab es unlängst eine Fachtagung mit diversen Verbänden. Zusammen will man daher jetzt Gas geben und das Image des Kraftfahrers aufpolieren und neue Ausbildungsstrukturen einbauen.

Natürlich kommt in diesem Bericht auch ein betroffener Arbeitgeber zu Wort. Dieser zahlt 1750 Euro Lohn im Monat. Plus Spesen. Achso: Brutto natürlich.

Wie man mit eben diesen 1 750 Euro ein kaputtes Image reparieren will, weiss ich nicht. Um neue, motivierte Mitarbeiter zu finden, reicht das wohl kaum. Denn letztlich zählt das, was ein Arbeitnehmer am Monatsende als Erfolg verbuchen kann. Ein plus/minus null auf dem eigenen Konto spornt da nicht gerade an.
So braucht man sich nicht zu wundern, dass man keine passenden Kandidaten findet. Denn nur von einem vielleicht guten Betriebsklima kann keiner leben. Im Gegenteil.

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Gute Arbeit verdient einen fairen Lohn

Truckertag in Mühlhausen

So so. Da veranstaltete man im thüringischen Mühlhausen einen Truckertag, um Interessierte, die auf der Suche nach Arbeit sind, aber wenig Berufserfahrung besitzen oder eine Ausbildung zum Berufskraftfahrer anstreben, den Beruf des Lkw – Fahrers schmackhaft zu machen.
Schließlich bringt der wirtschaftliche Aufschwung dem Transportgewerbe wieder mehr Aufträge und nicht alle können angenommen werden, da vielen Firmen die Mitarbeiter fehlen. Deshalb hatten mehr als zehn Transportfirmen aus dem Unstrut – Hainich – Kreis, sowie dem Eichsfeldkreis, Infostände gebucht.

Ein Großteil der Speditionen in dieser Gegend zahlt zwischen 1 600 und 1 800 Euro. Brutto versteht sich. Leider werden sich wieder Dumme finden lassen, die für diesen Lohn fahren. Eigentlich traurig – denn solange es dieses Lohndumping gibt, haben andere Fahrer nie eine reelle Chance, einen fairen Lohn zu bekommen.

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Lohn kommt nicht immer von lohnen

Im Gespräch mit einem Bekannten kamen wir auch auf die Firma zu sprechen, in der er beschäftigt ist. Seit Monaten wird dort zweimal Gehalt bezahlt – einmal um den 15. des Monats herum und den Rest zehn bis zwölf Tage später.
Diese Maßnahme war dazu gedacht, einen finanziellen Engpass in dieser Firma zu überbrücken. Nur selbst jetzt, wo es dem Betrieb wieder besser zu gehen scheint, wird an dieser Regel festgehalten.

Nun gibt es dort Mitarbeiter, die deshalb Probleme mit Ihrer Bank bekommen. Dauerabbuchungen wie Miete oder für fällige Kredite haben die auf den 15. des Monats gelegt. Da zu diesem Zeitpunkt aber nur noch ein Teil des Lohnes überwiesen wird, ist deren Konto nicht gedeckt, so das die Bank die Abbuchung verweigert.

Es ist schon traurig, dass es einige nicht schaffen, trotz Arbeit keinerlei finanzielle Rücklagen zu bilden. Was machen die, wenn das Auto kaputt geht? Oder die Waschmaschine? Noch einen Kredit aufnehmen?
Arbeit muß sich lohnen, heißt es so schön. Nur welchen Sinn hat Arbeit, wenn am Monatsende nichts übrigbleibt?

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