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Kategorie: Gedanken

Offener Brief an unsere Branche

Von Udo Skoppeck

Was muss passieren, damit wir wieder stolz auf unseren Beruf sein können?

Ich schreibe diesen Brief nicht als Vereinsvorsitzender, nicht als Sprecher irgendeiner Organisation. Ich schreibe ihn als Mensch.
Als jemand, der seit 1980 auf den Straßen unterwegs war, als Berufskraftfahrer mit Leib und Seele, der seinen Job geliebt hat und heute kaum wiedererkennt, was aus diesem Beruf geworden ist. Ich schreibe ihn als jemand, der krank ist.

Nicht nur körperlich, sondern auch seelisch müde. Ich bin nicht der Einzige. Ich bin nur einer von vielen.

In den letzten Monaten habe ich mich viel damit auseinander gesetzt. Ich musste sortieren, was mit mir passiert, was mit unserer Branche passiert.

Dabei komme ich immer wieder an den gleichen Punkt: Wenn wir nicht endlich ehrlich werden, wird dieser Beruf, der einmal ein Lebensgefühl war, endgültig zu einem austauschbaren Job. Zu einem Abstellgleis für die, die keine Alternative haben.

Eine Nacht auf Pkw-Stellflächen. Die Not mit der Parkerei. Auch ein Problem in der Branche und unserem Beruf.
Eine Nacht auf Pkw-Stellflächen. Auch so eine Not mit der Parkerei.

Ich erinnere mich noch gut an die ersten Jahre. Da war Respekt. Da war Kollegialität. Da war Stolz.
Heute sprechen viele nur noch von Druck, von Überwachung, von Angst.

Ich höre es in unzähligen Gesprächen mit Fahrern: Dass sie ständig unter Beobachtung stehen. Das sie kaum noch Pausen haben, in denen sie wirklich zur Ruhe kommen.
Das sie ersetzt werden, sobald sie krank werden oder einen eigenen Gedanken äußern.

Ich höre Geschichten von Menschen, die ihr ganzes Leben für diesen Beruf gegeben haben – und dann auf einmal nicht mehr gebraucht werden.
Es geht nicht mehr um Vertrauen, sondern nur noch um Kontrolle. Nicht mehr um Loyalität, sondern nur noch um Effizienz.

Da draußen, auf unseren Straßen, ist ein Klima entstanden, das krank macht. Fahrerinnen und Fahrer fühlen sich wie eine Ware, nicht wie ein Teil des Ganzen.

Viele sagen mir, dass sie das Vertrauen in ihre Arbeitgeber verloren haben, weil Gespräche durch Ansagen ersetzt wurden, weil aus Rücksicht ein „Friss oder stirb“ geworden ist.

Andere berichten von Kunden, die sich benehmen, als wären wir Menschen zweiter Klasse. Wer sich wehrt, wer einfach mal fragt: „Geht’s noch?“, riskiert sofort Konsequenzen.
Manche verlieren ihren Job – nicht wegen Unfähigkeit, sondern weil sie aufgestanden sind.

Der Ton in unserer Branche ist rauer geworden – nicht nur auf der Straße, sondern auch hinter den Kulissen.
Es wird schnell gekündigt, selten erklärt. Vieles passiert per WhatsApp. Persönliche Worte? Fehlanzeige.

Stattdessen immer mehr Bürokratie, Schulungen, die uns eher lähmen als weiterbringen und Systeme, die alles speichern, aber niemandem zuhören.

Ich frage mich oft: Was ist das für ein Umgang? Was ist das für ein Menschenbild? Wann haben wir verlernt, uns gegenseitig mit Würde zu begegnen? Wo ist die Menschlichkeit geblieben?

Was wir brauchen, ist keine neue App, kein neues Modul, keine Imagekampagne von oben. Was wir brauchen, ist Ehrlichkeit – miteinander, übereinander, und vor allem mit uns selbst.

Wir müssen den Mut haben, über das zu sprechen, was schiefläuft. Nicht, um Schuldige zu suchen.
Sondern um gemeinsam einen Weg zu finden, wie wir diesen Beruf wieder zu dem machen können, was er einmal war: Eine Aufgabe mit Verantwortung, mit Stolz, mit Rückgrat.

Wir brauchen keine Bewunderung, kein Schulterklopfen. Aber wir brauchen Respekt. Von den Menschen, denen wir täglich begegnen. Von denen, die mit uns arbeiten.
Von denen, die über uns entscheiden.

Wir brauchen Unternehmen, die wieder begreifen, dass Fahrer Menschen sind. Keine Nummern. Keine austauschbaren Objekte. Menschen mit Familien, mit Sorgen, mit Hoffnungen.

Wir brauchen auch Kolleginnen und Kollegen, die wieder füreinander einstehen, statt sich in den Ellenbogen-Wettbewerb hineintreiben zu lassen. Nur gemeinsam wird sich etwas bewegen.

Ich habe keine Patentlösung. Aber ich weiß, dass Schweigen keine Option mehr ist. Wenn wir diese Branche verändern wollen, müssen wir den Anfang machen.

Mit Worten, die ehrlich sind. Mit Geschichten, die gehört werden. Und mit dem festen Willen, nicht mehr hinzunehmen, was uns krank macht.

Ich glaube noch immer an diesen Beruf. Ich glaube daran, dass wir es besser machen können.
Aber dafür müssen wir bereit sein, alte Muster zu durchbrechen. Nicht morgen. Nicht irgendwann. Sondern jetzt.

Und ja – es gibt sie, die positiven Ausnahmen. Es gibt Unternehmer, die sich kümmern, die zuhören, die respektvoll mit ihren Fahrerinnen und Fahrern umgehen.

Es gibt Disponenten, die noch persönlich anrufen, die helfen, statt zu drohen. Es gibt Kunden, die sich bedanken, Raststätten, die willkommen heißen, Kolleginnen und Kollegen, die füreinander da sind. All diesen Menschen gilt mein besonderer Respekt.

Sie zeigen, dass es auch anders geht – und sie machen Hoffnung, dass Veränderung möglich ist. Auf sie sollten wir bauen.

Udo Skoppeck
Berufskraftfahrer seit 1980
Gründer von AidT e.V

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Brandbrief an die Bundesregierung…

…im Namen derer, die Europa Tag für Tag am Laufen halten.

Von Udo Skoppeck

Sehr geehrte Damen und Herren,

mein Name ist Udo Skoppeck. Ich fahre seit 1980 Lkw, habe die Branche durchlebt, getragen, gelitten – und seit vielen Jahren versuche ich aufzuklären, zu verbinden und zu kämpfen.
Für bessere Bedingungen, für Gerechtigkeit, für Würde. Nicht für mich – sondern für all jene, die täglich unterwegs sind und ohne die unser aller Alltag schlicht nicht funktionieren würde.

Am Donnerstag vor Ostern 2025 fand eine Aktion von Faire Mobilität Stuttgart statt, gemeinsam mit der katholischen Betriebsseelsorge und dem Dekanat – an den Rastplätzen Wunnenstein und Sindelfinger Wald.

Dort sprachen sie mit rund sechzig Fahrern aus Europa und Asien: Deutschland, der Slowakei, den Niederlanden, Belgien, Polen, Rumänien, Litauen, Ungarn, Usbekistan, Tadschikistan, Spanien, Serbien, Weißrussland, Bosnien-Herzegowina sowie Portugal.

Was die Fahrer zu erzählen haben ist erschütternd. Was sie sagen, ist nicht neu. Es ist das, was ich seit Jahrzehnten beobachte und gleichermaßen anprangere.
Was jeder weiß. Was trotzdem kaum jemand ändern will.

Ein deutscher Fahrer sagte: „Ich fahre nur noch nachts. Tagsüber ist es Chaos. Kein Überholverbot wird mehr beachtet, kein Respekt – und viel zu viel Raserei.“

Ein anderer berichtete von Belgien, wo Arbeitgeber längst wissen: Wer betrügt, wird kontrolliert. Wer trickst, wird sanktioniert. Da finden echte Kontrollen statt. In Deutschland? Fehlanzeige.

Ein Weißrusse, unterwegs im polnischen Lkw, ist fünf Monate am Stück auf Tour. Rumänen schlafen seit Wochen in ihren Kabinen, verdienen zwischen 70 und 85 Euro am Tag – brutto, versteht sich.
Einer sagte: „Meine Firma hat in Frankreich eine Strafe kassiert – aber sie hat es geschafft, drumherum zu kommen.“
So läuft das. Jeden Tag.

lkw aus rumänien stehen auf einem parkplatz
Zwei Lkw einer rumänischen Spedition stehen auf einem Rasthof

Ein Fahrer aus Bosnien nennt das Beratungsangebot eine „Fata Morgana“ – weil er längst nicht mehr glaubt, dass sich noch irgendwer ernsthaft für ihn interessiert. Und er hat recht.
Er sagte auch: „Wenn ich nicht fahre, verdiene ich nichts.
Kein Urlaubsgeld, keine Lohnfortzahlung, keine Absicherung – und jetzt kommen Fahrer aus Nepal nach Slowenien, die noch weniger bekommen. Das ist der Wettbewerb in Europa. Auf dem Rücken der Menschen.

Ich frage Sie: Wie viele Beweise brauchen Sie noch?
Wie viele Anhörungen im Verkehrsausschuss, Gespräche, Reportagen, Studien, Petitionen?
Wie lange schauen Sie noch weg?

Sie wissen, dass diese Branche seit Jahren ausgehöhlt wird – von Dumping, von Subunternehmerketten, von gesetzlichem Stillstand.
Sie wissen, dass Sozialdumping auf Europas Autobahnen längst ein System ist.
Sie wissen, dass Menschenwürde nicht nur im Grundgesetz steht, sondern auch auf Rastplätzen gelten muss.

Und Sie wissen, dass all das nicht erst seit gestern passiert.
Die Bundesregierung kann nicht mehr sagen: „Das war uns nicht bekannt.“

Ich fordere Sie auf, Verantwortung zu übernehmen. Die Gesetze dazu sind längst geschaffen. Nicht irgendwann. Nicht auf EU-Ebene. Nicht, wenn es ihnen passt. Sondern jetzt.

Handeln Sie: Setzen Sie effektive und unangekündigte Kontrollen auf deutschen Straßen durch – bei Auftraggebern, bei Firmen, bei Subunternehmen.

Schaffen Sie gesetzliche Mindeststandards für Arbeitszeit, Unterkunft und Bezahlung – durchsetzbar und flächendeckend.

Sorgen Sie für faire Löhne und soziale Absicherung – unabhängig vom Herkunftsland.

Verhindern Sie, dass Menschen wie Verschleißteile behandelt werden.

Ich schreibe diesen Brief nicht, weil ich naiv bin. Ich schreibe ihn, weil ich wütend bin. Weil ich das Elend seit Jahrzehnten sehe. Und weil ich weiß, dass politischer Wille genau das ist, was fehlt.

Reden Sie nicht länger von Verkehrswende, wenn die, die sie täglich stemmen, ignoriert und ausgebeutet werden.
Reden Sie nicht von Gerechtigkeit, wenn der Transport von Billigstanbietern den Vorrang bekommt – auf Kosten von Mensch und Moral.

Sie haben die Macht, das zu ändern. Und wenn Sie das nicht tun – dann sind Sie mitverantwortlich.

In diesem Sinne:
Im Namen derer, die keine Stimme haben –
und im Auftrag meines Gewissens,

Udo Skoppeck
Berufskraftfahrer seit 1980
Initiator, Aktivist, Vorsitzender von AidT e. V.
und einer von vielen, die nicht mehr schweigen.

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Halbgötter braucht das Land? Oder einfach nur den Mut zur Einheit!

Von Udo Skoppeck

Es ist traurig zu sehen, wie das Einzelkämpfertum unsere Branche auszehrt. Statt Zusammenhalt erleben wir Rückzug. Statt solidarischem Handeln – Schweigen.

Schlechte Arbeitsbedingungen, mieses Image in der Öffentlichkeit? Ja, dass kennen wir alle.
Und wir wissen auch, wer davon profitiert: Kriminelle Geschäftsmodelle, Lohndumping, Ausbeutung auf offener Straße.

Es wird gefordert, die anderen sollen etwas ändern – die Politik, die Gewerkschaften, die Presse, die Verbände. Doch wer fordert eigentlich sich selbst heraus, für den eigenen Beruf aufzustehen?
Gerade in Zeiten explodierender Spritpreise und wachsender Unsicherheit wäre es wichtiger denn je, geschlossen und klar aufzutreten.

Es gab viele, die sich in letzter Zeit stark gemacht haben – doch die große Masse blieb wieder aus. Viel zu oft hört man nur:„Ihr müsst mal was machen!“
Aber wer ist dieses „ihr“, wenn nicht wir alle?

Dass wir Macht hätten, ist unbestritten. Doch solange wir sie nicht bündeln, bleibt sie ungenutzt. Ein niederländischer Gewerkschafter sagte treffend: „Wir sehen, dass Businessmodelle, die auf Korruption und Kriminalität angelegt sind, in der Branche an der Tagesordnung sind.“ – Edwin Atema.

Und ja: Auch viele Speditionen sind Opfer dieses perfiden Systems, in dem Großkonzerne die Preise diktieren und Billiganbieter bevorzugen.
Die Verantwortung reicht bis in höchste Ebenen – und trotzdem zeigt sich kaum Besserung. Und wieder wird gesagt: „Die Gewerkschaft tut ja nichts!“

Aber selten fragt jemand: „Wie viele Fahrer sind überhaupt Mitglied?“ Ohne Mitglieder keine Bewegung. Ohne Bewegung keine Veränderung.
Schon 2012 stellte ich in einem Schreiben an Prof. Dr. Karl-Heinz Schmidt (damals beim BGL) die Frage, ob weitere Liberalisierung ohne soziale Harmonisierung überhaupt Sinn ergibt.
Seine Antwort war deutlich: „Nur wenn Streiks und Proteste mit legalen Mitteln zu mehr positiver öffentlicher Aufmerksamkeit führen, könnte ein derartiger ‚Aufstand der Arbeitnehmer‘ eventuell in Brüssel und im Europaparlament Eindruck machen. Dies mit gesamteuropäischem Anspruch zu schaffen, ist eine Herkulesaufgabe, die, wie aus der Antike berichtet, ‚Halbgöttern‘ vorbehalten ist.“

Meine Antwort damals war: Ich schreibe mal auf, wo ich die Probleme sehe und welche Lösungsvorschläge ich habe. Daraus entstand – mit Unterstützung von Gregor ter Heide – die Berufskraftfahrer-Petition.

Wir brauchen keine Halbgötter. Wir brauchen Menschen mit Rückgrat. Fahrer, die erkennen, dass nur gemeinsames Handeln uns stark machen kann.
Es liegt an uns. Nicht an den anderen.

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Warum wir den Niedergang der Arbeitswelt zulassen

Von Udo Skoppeck

Ostern steht vor der Tür. Während wir im Kreis unserer Familie sitzen, Geschenke austauschen und den Tisch mit Leckereien füllen, vergessen wir allzu leicht, wie diese Dinge zu uns gelangen.

Es ist ein Ritual, das sich Jahr für Jahr wiederholt – doch der unsichtbare Taktgeber hinter unserer Bequemlichkeit gerät seit Jahren immer mehr unter Druck.
Die Logistikbranche, einst das Rückgrat der modernen Wirtschaft, wird durch einen unaufhaltsamen Strudel aus Kostendruck, Regulierungswut und Sozialdumping ausgehöhlt.

Die Nachricht, dass der Stahlriese ArcelorMittal von seinen Transportdienstleistern eine Preissenkung von zehn Prozent fordert, mag für den Laien wie eine betriebswirtschaftliche Notwendigkeit klingen.

Ein perfides System

Doch hinter dieser nüchternen Zahl verbirgt sich ein perfides System. Unternehmen, die bereits mit engsten Margen wirtschaften, sollen noch weiter gedrückt werden – mit Konsequenzen, die bis zu uns allen reichen.

Denn was passiert, wenn Transportunternehmen gezwungen sind, an der letzten Stellschraube zu drehen? Dann leidet zuerst der Fahrer.

Wir haben es längst normalisiert, dass Waren immer billiger werden müssen. Der Onlinehandel boomt, Rabatte und Versandkostenfreiheit sind Standard. Doch der wahre Preis wird von jenen bezahlt, die die Waren auf die Straße bringen.

Es ist eine Branche, die sich in einer tödlichen Abwärtsspirale befindet: Wer nicht billig genug ist, verschwindet vom Markt. Wer bleibt, hält durch – zu jedem Preis.

Das klingt nach Darwinismus, ist aber nichts anderes als organisierter Raubbau an der Arbeitskraft.

Noch vor wenigen Jahrzehnten war der Beruf des Lkw-Fahrers einer mit Perspektive. Heute gleicht er einem Überlebenskampf. Die Fahrer sind zum Spielball eines europäischen Marktes geworden, in dem das West-Ost-Lohngefälle skrupellos ausgenutzt wird.

Osteuropäische Fahrer, die für unsere Verhältnisse kaum existenzsichernde Löhne erhalten, werden als Billigalternative eingesetzt.
Doch nicht aus Gier, sondern weil es für sie oft die einzige Möglichkeit ist, ihre Familien zu ernähren. Und genau hier liegt das perfide Prinzip: Die Wirtschaft nutzt die Not der einen, um die anderen auszubooten.

Währenddessen schaut die Politik weg. Oder besser gesagt: Sie schaut dorthin, wo es für sie am wenigsten unbequem ist.

Die Politik schaut weg

Wer sich für bessere Bedingungen einsetzt, wird nach einer Wahl schnell aus dem Amt gejagt, während alte Hasen in den Ruhestand gehen.

lkw actros fährt für einen lebensmittelgroßhandel
Ohne Lkw keine Versorgung

Die Jungen, die nachkommen, kennen es nicht anders. Es fehlt nicht an Lösungen – es fehlt an Willen.

Es wäre leicht, die Schuld nur bei den Konzernen oder der Politik zu suchen. Doch wir alle sind Teil dieses Systems. Jedes Mal, wenn wir auf den billigsten Preis klicken, tragen wir dazu bei, dass irgendwo ein Fahrer noch ein paar Cent weniger bekommt.
Jedes Mal, wenn wir uns über einen Lkw ärgern, der auf der Autobahn überholt, vergessen wir, dass dieser Fahrer genau in unserem Auftrag unterwegs ist.

Kollabiert das System?

Die Frage ist nicht, ob dieses System kollabiert – es wird sich immer jemand finden, der für noch weniger Geld fährt, bis auch er nicht mehr kann.

Die Frage ist, wann wir als Gesellschaft endlich den Mut aufbringen, diesen Kreislauf zu durchbrechen.
Vielleicht sollten wir damit anfangen, die Menschen, die unseren Alltag überhaupt erst ermöglichen, nicht nur zu Ostern ins Bewusstsein zu rufen. Sondern jeden einzelnen Tag.

Denn wenn die letzten Fahrer gegangen sind, werden wir feststellen, dass Wohlstand auf Rädern fußt – und wir ihn leichtfertig aufs Spiel gesetzt haben.

Jobs werden wegrationalisiert

Erst wenn auch der letzte Handwerker, Fabrikarbeiter, Lkw-Fahrer, Landwirt, Medizin/Pflegeberuf und Bauarbeiter wegrationalisiert und kaputt reglementiert wurde, werden Politiker, YouTuber, Influencer, Börsenspekulanten feststellen,  dass sie nichts lebensnotwendiges oder lebenserhaltenes  erschaffen können.

Deshalb, macht diese Berufe endlich wieder attraktiv und bildet ordentlich aus, von der Schule beginnend bis hin zum Facharbeiter und bezahlt die Menschen für ihre Leistung für die Gesellschaft und am Bruttosozialprodukt.

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Gesellschaftliche Fehlentscheidungen: Eine Chronologie des Versagens – und die Verantwortung jedes Einzelnen

Wer meine letzten Beiträge und die der vergangenen Jahre verfolgt hat, erkennt ein klares Muster: Eine Chronologie gesamtgesellschaftlicher Fehlentscheidungen, die sich über Jahrzehnte und durch alle politischen Parteien ziehen.

Gastbeitrag von Udo Skoppeck

Diese Fehler sind nicht das Ergebnis einzelner Missgeschicke, sondern Ausdruck eines Systems, das konsequent an den Bedürfnissen der breiten Bevölkerung vorbeiarbeitet.
Von wirtschaftspolitischen Weichenstellungen über Sozialpolitik bis hin zu Themen wie Bildung, Gesundheit, Arbeitsrecht, Steuergerechtigkeit oder Klimaschutz – immer wieder wurden Entscheidungen getroffen, die kurzfristigen Interessen und Klientelpolitik den Vorrang vor langfristigem gesellschaftlichem Wohl gaben.

die aidt, ein verein von und für lkw-fahrer mit einem infostand auf der rüssel truck show in kassel
Die AidT, ein Verein von Fahrern für Fahrer, mit einem Infostand auf der Rüssel-Truckshow 2016 in Kassel

Die Konsequenzen sind offensichtlich: soziale Ungleichheit, ein überforderter Sozialstaat und eine immer weiter wachsende gesellschaftliche Spaltung, die Kluft zwischen Arm und Reich wächst, und die Gesellschaft ist zunehmend polarisiert.

Als Lkw-Fahrer erlebe ich diese Entwicklungen tagtäglich auf der Straße und in meinem beruflichen Umfeld. Ich sehe, wie hart arbeitende Menschen immer wieder unter den Folgen politischer Entscheidungen leiden, die an der Realität vorbeigehen.

Sei es der Konkurrenzkampf mit Dumpinglöhnen im Straßentransport, die Vernachlässigung der Infrastruktur oder die wachsende Bürokratie, die kleinen Unternehmen das Überleben schwer macht – all das sind keine abstrakten Probleme, sondern Dinge, die meinen Kolleginnen und Kollegen sowie mir direkt begegnen.

Mein Ziel war es immer, dagegen anzuwirken, aufzurütteln und zu zeigen, dass es anders geht. Doch während ich versuche, Bewusstsein für eine gerechtere Politik zu schaffen, stehen auf der anderen Seite Berufsnörgler und Pessimisten, die ihre Energie lieber darauf verwenden, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu untergraben.
Sie kritisieren alles, was nicht perfekt ist, ohne einen konstruktiven Beitrag zu leisten.

Dabei vergessen viele, dass persönliche Freiheiten immer mit Verantwortung verbunden sind. Wir dürfen vieles – und das ist gut so.
Aber jede Entscheidung hat Konsequenzen: Ich darf rauchen, muss aber Rücksicht auf Nichtraucher nehmen. Ich darf Alkohol trinken, darf dann aber nicht mehr fahren. Ich darf ungeimpft sein, aber Einschränkungen in Kauf nehmen, wenn dies andere schützt. Ich darf einen Ölwechsel machen, aber nicht unbedingt auf dem Parkplatz vom Supermarkt.

Diese Regeln sind keine Angriffe auf unsere Würde oder Freiheit, sondern Ausdruck des demokratischen Prinzips: Die Rechte des Einzelnen enden dort, wo sie die Rechte anderer verletzen.
Die Mehrheit hat über Parlamente Rahmenbedingungen geschaffen, die das gesellschaftliche Miteinander regeln – und das ist gut so.

Denn Demokratie bedeutet nicht, dass jeder uneingeschränkt tun und lassen kann, was er will. Sie erfordert Kompromisse und die Fähigkeit, Verantwortung für die Folgen des eigenen Handelns zu übernehmen.
Wer diese Prinzipien ignoriert, schwächt nicht nur die Gemeinschaft, sondern auch die Grundlage für die eigenen Freiheiten.

Das ist der Kern des Problems: Während viele von mehr (Meinungs)Freiheit reden oder im Umkehrschluss über Diktatur faseln, übersehen sie, dass Freiheit ohne Rücksichtnahme und Verantwortung nichts weiter ist als Egoismus.
Und dieser Egoismus treibt die gesellschaftliche Spaltung nur weiter voran – eine Entwicklung, die wir uns nicht länger leisten können.

Als Berufskraftfahrer weiß ich, wie wichtig Solidarität und Zusammenhalt sind – nicht nur auf der Straße, sondern auch in der Gesellschaft. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass Fehlentscheidungen korrigiert werden können, wenn der Wille da ist, die Ursachen zu erkennen und den Mut aufzubringen, anders zu handeln.

Doch dieser Wille muss nicht nur in der Politik, sondern auch in der Gesellschaft selbst entstehen. Jede und jeder Einzelne hat die Freiheit – und die Verantwortung –, diesen Wandel mitzugestalten.

Es liegt an uns, die Energie nicht in Nörgelei zu verschwenden, sondern in die Gestaltung einer gerechteren Zukunft.
Vielleicht braucht es noch mehr Stimmen, mehr Beharrlichkeit und vor allem mehr Menschen, die den Mut haben, den Status quo in Frage zu stellen.

Die Herausforderung bleibt: Wie schaffen wir es, eine Politik zu gestalten, die für alle da ist – nicht nur für einige wenige?
Das bleibt mein Antrieb, und ich hoffe, es wird auch der vieler anderer.

Udo Skoppeck – ein Lkw-Fahrer, der für Veränderung kämpft.

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Achtung: Es fehlen ca. 300.000 BKF

Gastbeitrag von Gregor ter Heide

Verdi, KFK, FaireMobilität, BGL?

Wer von den zuständigen Verantwortlichen für die BKF, hat das beweisbare richtige Wissen, um für die Zukunft einen gerechten Wettbewerb im gewerblichen Güterkraftverkehr zu bewirken?

Die BKF haben im beruflichen Alltag immer noch Bedingungen wie im Jahr 1887.

Das wissen auch alle zuständigen Verantwortlichen der ver.di, KFK, Faire Mobiliät, BGL und wenn die nichts wichtiges bewirken, so ist es zum Teil der eigene Untergang im Gewerbe.

Fast alle BKF haben immer noch:
1.) einen 13 bis 15 Std.-Tag,
2.) auch die 6 Tage-Woche,
3.) oft schlechte rechtswidrige Arbeitsverträge,
4.) sehr wenige gültige Tarifverträge,
5.) Arbeitsstress und Zeitdruck, bei einer sehr hohen Verantwortung,
6.) kein Schlaf in einer geeigneten Schlafmöglichkeit,
7.) kein Fahrerhaus als Ruheraum mit 5,25 m² Fläche,
8.) Fahrerhaus ohne Standklimaanlage,
9.) laufend wechselnde Arbeits- und Ruhezeiten,
10.) jeden Monat viel zu lange Arbeitszeiten bis zu 260 Std.,
11.) unregelmäßige Mahlzeiten und damit ungesunde Ernährung,
12.) sehr kurze oder wenige Wochenenden bei Frau und Kindern,
13.) kaum Zeit für Haus, Garten, Freunde und Hobbys,
14.) fast immer unfreiwilliges LKW be- und/oder entladen ohne Bezahlung,
15.) viele unbezahlte bzw. nicht registrierte Arbeitsstunden,
16.) jeden Monat ca. 1 Woche Mehrarbeit ohne Freizeit-Ausgleich,
17.) fast kein gesellschaftliches oder privates Leben,
18.) nach 45 Jahren BKF-Tätigkeit zu wenig Rente
19.) bei 40 Std. Woche ein Gehalt unter dem Existenzminimum
20.) wird 45 Jahre beruflicher BKF Tätigkeit meist nicht erreichen

Wer hat nun die Lösung ?
Wieso unternehmen ver.di, KFK, Faire Mobilität und BGL nichts, um diese zwanzig Punkte politisch, rechtlich und juristisch zu beseitigen?

Die Medien und Fachjournalisten haben von den BKF-Tätigkeiten, auch was Sorgen und Nöte, sowie deren Rechte und Pflichten betrifft, sowie die Lösungen dazu aufzuzeigen, beweisbar einfach zu wenig Wissen.

Wer hat die Lösungen und/oder was muss nun geschehen ?

Siehe PDF, die geteilt werden kann: https://drive.google.com/file/d/1zOI9-2GuPo8HKFPC6Mpnr77AE7heoCyT/view?usp=sharing

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Schlaue Zitate

Hanns Eisler hat eine wunderschöne Nationalhymne für die DDR geschrieben. Und Becher einen schönen Text. Vielleicht das schönste, was die Deutsche Demokratische Republik hinterlassen hat.
Eisler war Österreicher und soff sich, nachdem er aus Amerika zurück war, manchmal in Westberlin einen an. Nicht mal zum saufen konnte er es in der DDR aushalten.

Manfred Krug in „Ich sammle mein Leben zusammen. Tagebücher 1996 – 1997“

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Auf die nächsten fünf Jahre

In der Kirmeswoche zum Arzt gehen, um eine Untersuchung über sich ergehen zu lassen, damit ich auch die nächsten fünf Jahre mit einem Lkw durch die Gegend fahren darf, ist auch ein bissel gewagt.
Aber ok, soweit war alles gut. Denn da sind sie, meine Bescheinigungen.

Anfang Oktober hab ich einen Termin bei meiner Fahrerlaubnisbehörde und dann gibt es nen neuen Führerschein.

Attest über ärztliche Untersuchung zur Führerscheinverlängerung

Diese Untersuchungen alle fünf Jahre ab fuffzig sind für Lkw-Fahrer, Busfahrer ect. übrigens vorgeschrieben. Anders für normale Autofahrer. Deren Führerschein hat eine unbefristete Gültigkeitsdauer.
Nur gibt es diese Begutachtungen, obwohl diese unnötig ist? Glaub eher nicht.

Denn irgendwann merkt man schon, dass der Körper nachlässt. Früher mal ne gute Sehfähigkeit, heute Brille für nah und fern.
Das Gehör wird schlechter, die kognitiven Fähigkeiten lausiger. Sagt auch die Wissenschaft.

Apropo verpflichtende Fahrtauglichkeitstests für älter werdende Autofahrende. Die gibt es übrigens in Portugal ab 50 Jahre und Litauen ab 55 Jahren.

Wer in Lettland, Luxemburg, Ungarn oder Tschechien sechzig wird, in Estland, Kroatien, Griechenland, Portugal, Slowakei und Spanien fünfundsechzig, wird auch zum Arzt gebeten.

Das Vereinigte Königreich, Irland, Dänemark, Finnland, Italien, Malta, Slowenien und Zypern folgen ab 70, die Niederlande und die Schweiz mit 75. In Norwegen müssen alle Pkw-Fahrer und Fahrerinnen ab 80 Jahren regelmäßig zum Arzt.

Aber klar, die haben alle keine Ahnung und spinnen komplett. Denn logo. Nur bei uns in Deutschland weiß man, wie es korrekt zu laufen hat: Nämlich freie Fahrt bis in den Tod.

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