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Über die Gedanken von Jens habe ich lange nachgedacht.

Hallo Maik,

Ich lese zwar regelmäßig deinen Block, antworte jetzt erst relativ spät auf deinen Post vom 19.09.2016. Es ging in deinen Bericht um den PKW Fahrer der mit der Mautstation in Italien überfordert war. Meine erste Reaktion war; Mensch Maik, ein bisschen mehr Rücksicht stände dir auch gut zur Gesicht. Der Grund dafür ist allerdings, daß ich selber erst ein paar Tage vorher in Italien mit meinem Wohnmobil vor der gleichen Situation stand. Ich war an der Mautstelle völlig überfordert und froh, das keine hupende Zeitgenossen hinter mir Rabatz machten. Wenn ich jetzt allerdings die Situation mit Abstand betrachte denke ich, das ich mich selber auch in meiner täglichen Routine manchmal über Verkehrsteilnehmer ärgere die sich nicht so verhalten wie ich es von Ihnen erwarte. Vielleicht ist es sinnvoll das wir uns immer wider verdeutlichen wie wir uns verhalten wenn wir unsere Komfortzone verlassen und uns im Neuen orientieren müssen. In der Situation gehen wir anderen Verkehrsteilnehmer bestimmt auch auf die Nerven. Mir geht es aber auch so, dass ich mich oft schneller Aufrege als Nachsicht wollten lasse.

Gruß Jens

Hallo Jens,

dieser Blog dient mir als eine Art Tagebuch, dass ich mit anderen teilen kann. Dabei geht es mir nicht um Eitelkeit oder um im Mittelpunkt zu stehen. Nein. Mein Interesse ist es eher, eine kleine Öffentlichkeit zu schaffen, Einblicke in den Beruf zu gewähren, den ich ausübe.
Dass überhaupt Menschen meine Geschichten lesen werden, hatte ich nicht zu hoffen gewagt. Aber fast wöchentlich erreichen mich eMails von Leser_innen mit netten und freundlichen Zeilen. Aber auch mit Kritik und Tadel. Was auch völlig In Ordnung ist. Denn nur so kann ich mich zusammen mit Euch auf die Suche nach Antworten machen.

Deshalb verstelle ich mich hier nicht. Klar, als Supertrucker könnte ich mich gerne darstellen. Einem, dem alles gelingt, der keine Fehler macht, immer abgeklärt und cool ist. Der alles weiß, super intelligent ist. Nur ist das nicht so.
Also kommen auch Beiträge, die mich im nachhinein als Deppen oder unausgeglichenen Menschen erscheinen lassen. Das ist halt mal so. Wie in dem Artikel, den Du erwähnt hast. Oder meinem Unfall von Anfang August.

Aber Komfortzone ist ein gutes Stichwort. Da sind die, die meinen ihre persönliche Freiheit im Straßenverkehr ausleben zu können. Das beginnt beim Gutverdiener im 60 000 Euro SUV, geht über den Freizeit-Biker auf dem Motorrad, bis hin zu denen, die gleiche Geschwindigkeit für alle fordern oder alle anderen Verkehrsteilnehmer an ihrem persönlichen Kampf gegen den Klimawandel beteiligen wollen. Und natürlich noch die selbsternannten Justitiare, Oberlehrer und Hilfspolizisten. All die wähnen sich im Recht.
Das ging mir in dem von Dir erwähnten Fall nicht anders. Der vor mir kam nicht zurecht, störte meine freie Fahrt. Die ich dort hatte, denn die Maut wird per Telepass automatisch abgebucht. Das Ergebnis war meine beschriebene Reaktion. Die mich übrigens kurz danach schon selbst geärgert hat. Nur leider zu spät.

Vielleicht kommt es mir nur so vor. Aber ich habe den Eindruck, dass sich das reine Verkehrsaufkommen in den letzten zweieinhalb Jahrzehnten vervielfacht hat. Viele müssen immer mobiler sein, da in vielen Jobs unbedingt Reisebereitschaft gefragt ist. Dazu kommt der immer weiter steigende Güterverkehr und nicht zu vergessen, dass immer weiter wachsende Geschäft mit den Fernbussen. Zum anderen ist die Infrastruktur am Ende. Auch das der Bahn. Gibt es eigentlich noch ein gut ausgebautes Regio-Netz für Berufspendler? Also eines, welches auch annähernd pünktlich ist?

Aber vielleicht ist der Straßenverkehr auch ein nur Abbild der Gesellschaft. Die Aggressionen des Tages, der Druck, auch Ärger, entladen sich auf dem Asphalt, auf dem alle gleich und alle frei zu sein scheinen. Es zeigt letztlich den Charakter eines jeden einzelnen, nicht mehr und nicht weniger.

3 Comments

  1. hajo
    hajo 04/12/2016

    „Klar, als Supertrucker könnte ich mich gerne darstellen. Einem, dem alles gelingt, der keine Fehler macht, immer abgeklärt und cool ist. Der alles weiß, super intelligent ist. Nur ist das nicht so.“
    Lieber Maik, Du kannst aber auch jede Illusion zerstören 🙁
    Deine Vermutung, dass der Strassenverkehr ein Abbild der Gesellschaft ist, trifft wohl „des Pudels Kern“ (oder so).
    Ich habe aber Jens‘ Zuschrift nicht als negative Kritik empfunden, lediglich als Hinweis, sich selbst auch mal im „Spiegel“ zu betrachten.
    Ich denke, dass Du mit Deinem Blog viele ansprichst, zumal Du auch noch eine interessante „Schreibe“ hast. Mach‘ weiter so!
    Ich wünsche Dir ein schönes Rest-Wochenende und weiterhin eine gute, halbwegs entspannte Fahrt.
    Herzliche Grüsse
    Hajo

  2. maik
    maik 04/12/2016

    Moin Hajo, ich empfinde das auch nicht als Kritik. Im Gegenteil. Sondern so wie Du es schreibst: Einfach mal das eigene Verhalten reflektieren. Vielleicht hilft es ja, bestimmte Situationen nicht entstehen zu lassen.

  3. Nadine Koch
    Nadine Koch 04/12/2016

    Ich kann beide Seiten gut verstehen. Ich fahre selbst beruflich und musste auch schon mal rückwärts in Spanien aus eine Mautstation raus, weil meine Box einfach nicht piepen wollte, in einer anderen Spur hat’s dann geklappt. War zum Glück nachts, aber gehupt wurde trotzdem. Also auch die „Profis“ scheitern schon mal an einfachen Dingen. Generell habe ich mir in den letzten Jahren vor allem wenn ich beruflich fahre eine gewisse Ruhe antrainiert. Ich rege mich einfach nicht mehr auf und versuche Verständnis für den Anderen zu haben. Fällt oft schwer, aber es klappt doch erstaunlich oft. Ich fahre viel nachts, da ist es sowieso entspannter. Am Tag fahren empfinde ich nur noch als Nahkampf auf der Straße und bin immer froh wenn es mir erspart bleibt. Aber auch ich finde, dass der Verkehr sich stark vermehrt hat. Es sind einfach zu viele Fahrzeuge auf den Straßen unterwegs. Da bleibt es nicht aus, dass es zu Aggressionen und Missverständnis kommt. Leider.

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