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„HH“ im Kennzeichen verboten

Bereits seit vielen Jahren lässt der oberbayerische Spediteur Heinrich Hasch seine Fahrzeuge mit dem Kürzel TÖL-HH … zu. Diese Initialen sollte auch ein neu erworbener Sprinter bekommen. Doch diesmal machte Ihm die Kfz-Zulassungsstelle Bad Tölz-Wolfratshausen einen Strich durch die Rechnung.
Dort argumentiert man, die Buchstabenkombination könne auf eine rechtsextreme Gesinnung schließen lassen: „HH“ könnte ja auch für „Heil Hitler“ oder „Heinrich Himmler“ stehen, statt eben für Heinrich Hasch, den Geschäftsführer der gleichnamigen Spedition in Wolfratshausen.

Gründe sind eigene Identität

Laut dem „Münchner Kurier“ führt die Firma seit 40 Jahren diese Initialen. Das geschehe aus Gründen der Identitätsstiftung und habe praktische Gründe. So erleichtert dieses System u.a. die Zuordnung in der Disposition. Eine Verwechslung mit Heinrich Himmler habe es noch nie gegeben.
Dem Bericht zufolge bezieht sich die Behörde auf eine Anweisung des Bundesverkehrsministeriums. Demzufolge dürfen Buchstabenkombinationen wie KZ (Konzentrationslager), NS (Nationalsozialismus) und SS (Schutzstaffel) nicht für Kennzeichen genutzt werden. Im Jahr 2010 sei die Liste erweitert worden – um AH (Adolf Hitler) und eben auch um HH.

Das der Spediteur Heinrich Hasch die Aufregung um seine Initialen nicht verstehen kann, ist irgendwie logisch: So fragt er im „Merkur“: „Was ist mit der Hansestadt Hamburg und ihrem Kennzeichen HH?“
Auch darauf hat die Zulassungsstelle Bad Tölz-Wolfratshausen eine Antwort. So gibt es eine Anweisung aus dem Bundesverkehrsministerium, die bereits vom 6. August 2010 datiert. Daraus geht hervor, dass alle Buchstabenkombinationen, die Nazi-Symbole aufweisen, nicht auf Kfz-Kennzeichen erscheinen dürfen. Ein Ermessensspielraum gebe es nicht.

Verbotene Kürzel

So stehen neben den seit Jahrzehnten verbotenen Kürzeln HJ, KZ, NS, SA und SS seit vier Jahren auch HH und AH auf dem Index. Allerdings haben bereits existierende Kennzeichen Bestandsschutz, d.h. die Weisung gilt nur für Neuzulassungen und Kennzeichen-Übernahmen. Mehr Freiheit gäbe es nur bei der Ziffernfolge 88 – eine Abkürzung für „Heil Hitler“.

Der neu erworbene Sprinter fährt nun mit einem auf den ersten Blick unverdächtigen Kennzeichen durch die Gegend: TÖL-XD. Das diese Kombination auch ein Smiley darstellt, welches Ironie zeigt oder laut lacht, ist sicher nur ein Zufall.

Heinrich Hasch GmbH & co Kg
Bericht im Münchner Kurier
Zulassungsstelle Bad Tölz-Wolfratshausen

20 Kommentare

  1. yourrs
    yourrs 11/01/2014

    endlich berichtest du auch mal über meinen Landkreis

    (ich wohne „nebenan“ in Geretsried, was die grösste Stadt im Landkreis ist)

  2. Hajo
    Hajo 11/01/2014

    wie psychopathisch darf Verwaltung eigentlich sein?
    (mal ohne „Sch**ss)

  3. andheu
    andheu 11/01/2014

    Also ich hatte meine Initialien AH auch jahrelang im Kennzeichen und es wurde nie falsch interpretiert. Dies ist wieder mal typisch Deutsch! Am besten wir entfernen die Buchstaben ganz aus dem Alphabet. Man sollte auch das Wort „und“ aus dem Sprachschatz streichen. Ich habe gehört, dass dieses Wort auch häufig von Nazis genutzt wurde 😉

  4. Chris
    Chris 11/01/2014

    So verrückt sind auch nur die Deutschen. Niederländisches Militär hat oft KZ auf den fahrzeugen…..Viele Norwegische Krankenwagen haben auch KZ, ebenso wie mein Boss auf seinem PKW. Und gerade in diesen Ländern denkt man sich Null dabei und schüttelt nur verwundert den Kopf wenn man denen erzählt das dies hier nicht möglich ist.
    Und wenn HH ja nicht mehr möglich sein soll, bekommt Hamburg dann bald FHH? Freie und Hansestadt Hamburg?

  5. Deneriel
    Deneriel 11/01/2014

    ROFL!

    Seit letztem Jahr sind hier in NRW ja die „alten Kreiskennzeichen“ wieder in Umlauf die es vor der Gebietsreform 1974 gab. Davon abgesehen dass ich das für eine ziemliche blödsinnige Idee und Aktionismus zwecks Stimmenfang halte, hat das auch zur Wiedereinführung des Zulassungsbezirks Ahaus (da wo der Nuklearmüll lagert) geführt.

    Kürzel: AH

  6. Linksseher
    Linksseher 12/01/2014

    Wo ist das Problem? Dann nimmt man halt eine andere Kombination. Es ist wichtig, den Rechten keine Plattform zur Schaustellung ihrer kruden Gedanken zu geben. Deshalb meine vollste Unterstützung für diese Maßnahme!

  7. Hajo
    Hajo 12/01/2014

    hach, Linksseher,
    selbstverständlich hast Du Recht, dass man, so man es pragmatisch anfasst, auch eine andere Kombination wählen kann, aber ist es nicht schizophren, deshalb so ein bürokratisches Fass aufzumachen?
    St. Bürokratius zupft seine Harve und der Amtsschimmel wiehert dazu.

  8. Micha
    Micha 12/01/2014

    Vor ein paar hatte sogar der Dresdner Unirektor eine „88“ am neuen Dienstfahrzeug. Noch bevor es ihm oder einem aus der Verwaltung aufgefallen war, stand schon der erzürnte studentische Gutmenschenmob bei ihm in der Tür, warf ihm eine rechte Gesinnung vor, forderte eine öffentliche Stellungnahme sowie Rücktritt.

  9. Hajo
    Hajo 12/01/2014

    Micha: und so was will unsere geistige Elite sein?
    Da ist „geistig“ wohl eher im Sinne von Destillaten gemeint 🙁

  10. Stefan
    Stefan 12/01/2014

    IMHO sind die nicht mehr ganz bei Trost!

    HH in Hamburg ganz normal, in Bad Tölz bist du ein Nazi wenn diese Buchstaben auf dem Kennzeichen stehen.

    Ich hatte zu DDR-Zeiten mal „NS 0-92“ als Kennzeichen, die SED-Bonzen auf der Zulassungsstelle damals hatten damit kein Problem…

  11. Marten
    Marten 12/01/2014

    N? Bezirk Gera?

  12. Ralf
    Ralf 13/01/2014

    Irgendwann muss mal unter der Geschichte ein Schlussstrich gezogen werden. Wir sollten uns so langsam mal dem Hier&Jetzt stellen, anstatt immer nur auf der Vergangenheit rumzureiten.
    Klar das man Geschichte nicht vergessen darf, aber sie darf einen auch nicht einengen.

    Der Krieg ist jetzt 70 Jahre vorbei, von denen die es erlebt haben, sind nur noch wenige am Leben. Wann kommt der Tag an dem ich mich nicht mehr dafür rechtfertigen muss ein Deutscher zu sein der eine Geschichte hat für die er nichts kann? Wenn der letzte Überlebende gestorben ist?

    Es gibt derzeit genug Dinge die aufgearbeitet werden müssen. Sei es der Irak-Krieg oder wie die Staaten mit ihren Bürgern umgehen. Da bleibt weder Zeit noch Platz für so einen Quatsch.

    @Deneriel: Die neuen Kennzeichen sind kein Stimmenfang, die sind eher aus pragmatischen Gründen wieder eingeführt worden. Grade in den größeren Landkreisen gehen aufgrund steigender Zulassungszahlen so langsam die Kennzeichen aus. Diese Situation wird dadurch verschärft, weil verschiedene Buchstabenkombinationen gesperrt sind. Das sind je Buchstabenkombination mal eben 9999 Fahrzeuge die nicht zugelassen werden können. Alleine mit den Kombinationen HH, HJ, AH, SS, KZ und NS sperrt man fast 60.000 mögliche Kennzeichen. Hinzu kommen einige Kombinationen die wegen Verwechselungsgefahr gesperrt sind oder waren (z.B. OO). Wenn dann noch große Firmen wie z.B. Hertz in Düren -die sehr sehr viele Kennzeichen beantragen- hinzu kommen, wird es schon langsam eng.

    Der wichtigste Grund ist aber, die Bürger wollten es so. Merkwürdig das eine Entscheidung die aufgrund des Willens der Bürger gefällt wurde, oft als Quatsch und unnötig bezeichnet wird.

  13. Andreas
    Andreas 13/01/2014

    War ja klar, dass in den Kommentaren unweigerlich jemand auftauchen muss, der den obligatorischen Schlussstrich verlangt. Das geht hierzulande schließlich schon seit Kriegsende so.

    Merke, Ralf: unter die nationalsozialistischen Greueltaten wird niemals ein Schlussstrich gezogen werden können. Als Deutscher musst Du schon zur Kenntnis nehmen, dass Du in einer besonderen Verantwortung stehst, ob Du das willst oder nicht, nämlich dazu beizutragen, dass sich derlei nicht wiederholt, und dass die Opfer nicht vergessen werden. Und wenn Dir das schon unangenehm ist und Dich einengt, als Deutscher daran erinnert zu werden, was die Deutschen seinerzeit auf diesem Planeten angerichtet haben, dann überlege Dir doch, was den Opfern und ihren Hinterbliebenen unangenehm sein könnte. Was glaubst Du, was die „einengt“? Und bitte nicht immer gebetsmühlenartig Schuld mit Verantwortung verwechseln.

  14. Hajo
    Hajo 13/01/2014

    Andreas: irgendwo in der Bibel (ich denke, es ist im AT) steht etwas von Schuld, die einige Generationen danach noch verfolgt werden sollen (oder so). Wenn Du das in diesem Sinne meinst, ist Dir m.E. nicht zu helfen.
    Zwischen Vergessen und Übernahme von Verantwortung, „es“ zukünftig anders (besser?) zu machen, ist etwas Anderes. Und komm‘ mir jetzt nicht mit Piätet oder so, das ist vollkommen daneben.
    meint Hajo (der kurz nach dem Krieg auf die Welt kam)

  15. Andreas
    Andreas 13/01/2014

    Wenn Du meinen Kommentar richtig gelesen hättest, lieber Hajo, hättest Du dort den Passus finden können, indem ich zwischen Schuld und Verantwortung differenziere. Von „Schuld“ kann man nur sprechen, wenn jemand persönlich involviert war bzw. ist, also etwas getan, geduldet, veranlasst, gesagt hat. Schuld sind die Täter und Mitläufer. Auf uns Nachgeborene trifft das nicht zu, wir stehen jedoch in der rechtlichen und moralischen Verantwortung, das ist etwas völlig Anderes und keinesfalls Ehrabschneidendes.

    Die Verantwortung resultiert spätestens (wenn man vieles andere außer acht lässt) daraus, dass unsere Gesellschaft heute immer noch vom Unrecht der Nazis profitiert: jüdischer Besitz, der in andere Hände gefallen ist, die Leistungen von Zwangsarbeitern, die Schäden, die in den bekriegten Ländern angerichtet wurden und vieles mehr.

    Und wer möchte denn den Überlebenden des Holocausts (die vielleicht ebenso alt sind wie wir beide, Hajo), die ermordert, gequält, beleidigt, diskrimiert wurden – oder deren Nachkommen, die genauso unter den Folgen zu leiden haben -, ins Gesicht sagen, es sei jetzt genug damit, über Leid und Unrecht, deren Ursachen und Folgen zu reden?

    Ich denke, das sollte an dieser Stelle zu diesem Thema ausreichen. Zur Frage der Nummernschilder habe ich übrigens auch meine Zweifel, das Verbot von AH, HH, 88 halte ich für übertrieben, das der Kürzel SA, SS dagegen nicht.

  16. Andreas
    Andreas 13/01/2014

    Hoppla, ein Fehler: den Klammersatz im vorletzten Absatz bitte nach „Nachkommen“ einfügen.

  17. topas
    topas 14/01/2014

    @Andreas: Reden – gern, kein Thema. Nationalsozialismus auch mein Abi-Thema gewesen (und mit 13 Punkten gut abgeschnitten). Es gibt geschichtliche Themen, die sollten nicht vergessen werden. Aufgrund der zeitlichen Nähe und der Grausamkeit betrifft dies vor allem die NS-Zeit. Auch stehen wir aufgrund dessen auch in der Verantwortung, dass dies nie wieder geschieht („Nie wieder darf von deutschem Boden ein Krieg ausgehen“, unter anderem von Willy Brandt).
    Allerdings hat dieses automatische Gutmenschentum nichts damit zu tun. Mein Freund darf als Max Muster die Initialen im Kennzeichen haben, ich als Siegfried Siegel darf es nicht? Als 1988 geborener kriege ich das Jahr nicht in das Kennzeichen. In Brandenburg wurde letztens ein Kalender (von der Landesforst) mit Forsthäusern zurückgezogen und eingestampft, weil auf dem Deckblatt ein Forsthaus abgebildet war, das Göring zeitweise nutzte (und nicht eine 50seitige Abhandlung im Kalender dahinter hing, dass NS böse ist). Die Aussage „Jedem das seine“ bringt einem fast schon strafrechtliche Konsequenzen ein, die (vom historischen Hintergrund abgesehen) inhaltlich vergleichbare Aussage „Jeder soll nach seiner Facon glücklich werden“ (vom Alten Fritz) hingegen ist genehm.
    Es ist für mich unverständlich, dass sklavisch alles pauschal verboten wird. Sobald es der Verherrlichung des NS dient sollten selbstverständlich geahndet werden – z. B. wenn eine Scherge das beim NPD-Parteitag sagt. Wenn hingegen die Aussage in einer normalen Diskussion fällt (und man sagen soll dass man nachgibt und dem anderen Recht gibt) sehe ich keinen Grund, da gleich die Nazi-Keule zu ziehen. Es sind drei ganz normale Worte (Treffer Google: „Jedem“=42 Millionen, „seine“=120 Millionen).

  18. Ralf
    Ralf 20/01/2014

    @Andreas: Du wirfst anderen vor nicht richtig zu lesen, tust es aber selber auch nicht. Wein und Wasser…
    Ich habe mit keinem Wort den ultimativen Schlußstrich gefordert. Auch habe ich nichts von Schuld oder Verantwortung geschrieben.

    Ich schrieb etwas von einengen. Du übertreibst es, wie so viele andere auch wenn die Sprache auf die NS-Zeit kommt.
    Du sprichst von Opfern und Hinterbliebenen, erwähnt aber mit keiner Silbe die Opfer und Hinterbliebenen der aktuellen Konflikte. Ob Afghanistan, Irak, Syrien oder der Flüchtlingstrek aus Afrika der vor unserer Haustür stirbt. Du sprichst immer nur von Opfern die zum großen Teil schon tot sind, weil 70 Jahre nach dem Krieg die meisten die diese Zeit erlebt haben gestorben sind. Und dabei verdrängst du all die Opfer die aktuell leiden. Das ist einengen durch Rumreiten auf der Geschichte.

    Ich habe keine Verantwortung für die NS-Zeit weil ich nicht dabei war. Ich bin fast 30 Jahre nach den Krieg geboren worden. Ich habe auch keine Verantwortung dafür was damals geschehen ist, wieso ich dann eine Verantwortung für die Opfer oder deren Hinterbliebenen haben soll, erschliesst sich mir einfach nicht. Es waren nicht meine testen, es ist nicht meine Geschichte, es ist nicht meine Verantwortung.

    Ich habe eine Verantwortung als freiheitlicher Demokrat. Diese Verantwortung hat aber jeder Mensch auf der Welt der sich als freier Demokrat fühlt oder bezeichnet. Die beschränkt sich nicht auf Deutsche. Und auch da werden wir als Deutsche wieder eingeengt. Wir haben die alleinige Verantwortung dafür das sich so etwas nicht wiederholt? Schwachsinn!
    Aber es ist ja so einfach den Nazi-Deutschen die Verantwortung in die Schuhe zu schieben, dann kann man selber seine Rechte Gesinnung nach Lust und Laune ausleben. Schau in die Niederlande, Dänemark, Frankreich oder USA.
    Wenn du schon von Verantwortung sprichst, dann sprich mit denen die sie nicht übernehmen wollen, es aber eigentlich tun müssten.

    Ich brauche mich für die Geschichte dieses Landes nicht schämen und muss dafür keine Verantwortung übernehmen. Schämen und verantworten muss ich mich nur für meine Taten. Daran soll man mich messen, nicht an dem was ich nicht getan habe weil ich zu der Zeit noch gar nicht existierte.
    Oder soll ich demnächst auch noch die Verantwortung für die Kreuzzüge übernehmen? Soll ich regelmäßig den Opfern und deren Hinterbliebenen gedenken?

    Ich lebe im hier und jetzt. Die Probleme die ich heute zu bewältigen habe, sind mit denen von vor 70 Jahren nicht zu vergleichen. Das ständige Mahnen daran zu denken was damals geschah, hilft mir nicht einmal ansatzweise die Probleme zu lösen. Wer in einer besseren Welt leben will, muss nach vorne schauen und die Zukunft gestalten. Nicht immer nur zurück schauen und beklagen was man nicht mehr ändern kann.

  19. Andreas
    Andreas 21/01/2014

    Ralf schreibt in Kommentar #12: „Irgendwann muss mal unter der Geschichte ein Schlussstrich gezogen werden.“

    Ralf schreibt in Kommentar #18: „Ich habe mit keinem Wort den ultimativen Schlußstrich gefordert.“

    Und mir werfen hier ständig Leute vor, ich würde nicht richtig lesen?

  20. Andreas
    Andreas 22/01/2014

    „Nur wer die Vergangenheit kennt, hat eine Zukunft“, schrieb Wilhelm von Humboldt. Oder in anderen Worten hat es Rainer Kunze ausgedrückt: „Wer die Vergangenheit nicht kennt, den kann es die Zukunft kosten.“

    So kann ich den letzten Kommentar von Ralf nicht stehen lassen. Für Dein Stammbuch, Ralf:

    Ich entnehme Deinen Kommentaren, dass Du deutscher Staatsbürger bist. Als mündiger Bürger einer Demokratie trägst Du sehr wohl Verantwortung für Dein Gemeinwesen. Dieses unser Land ist der Rechtsnachfolger (das bestreiten bestenfalls Ewiggestrige) des Deutschen Reiches. Aus diesem Grund bestand und besteht die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland zu einem nicht unerheblichen Teil aus dem Versuch, die Schandtaten des Nationalsozialismus politisch, moralisch und finanziell wiedergutzumachen und eine Wiederholung in dieser oder ähnlicher Form in diesem oder anderen Ländern zu verhindern. Allen Verantwortlichen war und ist klar, dass es angesichts der Taten über den Versuch nicht hinausgehen kann. Auch wenn das häufig hoffnungslos aussieht und an die Aufgabe des Sysyphos erinnert.

    Den Unterschied zwischen Schuld und Verantwortung habe ich bereits zu erklären versucht, das scheinst Du nicht gelesen zu haben. Daher nochmals in aller Kürze: als Nachgeborenen trifft Dich keine Schuld. Aber aus der Verantwortung kommst Du nicht heraus.

    Du schreibst: „Schämen und verantworten muss ich mich nur für meine Taten.“ – Zu Deinen Taten gehört auch das, was Du billigst, zulässt, unterstützt oder bekämpfst. Das, was in Deinem Namen geschieht.

    Abseits des persönlichen Aspekts: Schuld richtet sich in die Vergangenheit, sie bezieht sich auf geschehenes Verhalten, geschehene Taten. Verantwortung ist in die Zukunft gerichtet. Sie ist genau das Gegenteil von dem, was Du schreibst: „Nicht immer nur zurück schauen und beklagen was man nicht mehr ändern kann.“

    Geschichte ist nicht die bewusstlose Abfolge von Ereignissen, Geschichte ist ein Prozess. Wenn Du Ereignisse von heute beurteilen willst, und seien es Konflikte, die räumlich so fern sind wie die im Nahen Osten, dann kommst Du an der Kenntnis der Vergangenheit nicht vorbei. Niemand ist eine Insel, weder Du noch ich, weder dieses Land noch Syrien.

    Du schreibst: „Wenn du schon von Verantwortung sprichst, dann sprich mit denen die sie nicht übernehmen wollen, es aber eigentlich tun müssten.“ – Das habe ich gerade zu tun versucht, mit Dir als Adressaten. Ich hoffe, es ist was angekommen.

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