Ich bin gerade mit einer Komplettladung auf den Weg Richtung Toskana. So weit, so gut. Dumm nur, dass der dortige Kunde nur zwischen sechs und acht Uhr in der Früh entlädt.
Kommt man da später an, lassen die einen bis zum nächsten Tag stehen. So langsam werden die Italiener den Deutschen immer ähnlicher. Erschreckend!
Monat: Juli 2013
Sommer, Sonne, Sonnenschein habe auch ich an diesem Wochenende. Gut, dass kommt in meinem Fall nicht ganz so toll. Bei mir ist Rasthofambiente angesagt. Dank der tollen Ferienreiseverordnung habe ich es nur bis zu einem Rasthof bei München geschafft. Da war Endstation. Nun sitze ich bei mehr als dreißig Grad Außentemperatur in der noch wärmeren Hütte und warte darauf, dass es Montagfrüh weiter geht.
Im Rasthaus gibt es neben der normalen Fresstheke einen Nordseestand und die mittlerweile obligatorische BurgerKing-Ecke. Zumindest verhungern tue ich hier nicht. Also theoretisch. Praktisch sieht es ein wenig anders aus. Mein gewünschter Spießbraten war bereits alle. Wohl von Touristen weg gegessen. Der Fischstand war um kurz nach sieben Uhr heute Abend bereits komplett geschlossen und vor der Fast Food-Theke betrug die Wartezeit eine geschätzte Stunde. Grob geschätzt.
So musste ein Schnitzel herhalten. Trocken, da ohne Soße, aber immerhin mit einigen Zwergtomaten als Beilage. Den bei Tank&Rast versprochenen Mini-Fußball gab es natürlich auch nicht. Nicht umsonst liest man auf deren Werbeseite „Nur solange der Vorrat reicht!“
Aber vielleicht hat das eh alles bald ein Ende. Nämlich dann, wenn die SPD den nächsten Kanzler stellt. Denn ein Florian Pronold, der auch dem Wahlkampfteam von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück angehört, sagte am Freitag der „Mittelbayerischen Zeitung“:
Wenn in Ferienzeiten ein klares bundesweites Lkw-Verbot gilt, hat es auch die Polizei einfacher, die Einhaltung zu kontrollieren
Was habe ich mich gefreut. Staatlich verordneter Urlaub für mich und meine hunderttausenden Kollegen. Für ganze acht Wochen. Oder auch zehn. Endlich ein Politiker, dem meine geschundene Seele etwas bedeutet.
Aber dieses Hochgefühl hielt nicht lange an. Die primitive Freude verwandelte sich schnell in Frust. Oder eher Enttäuschung. Nämlich darüber, dass mal wieder jemand auch auf meine Kosten Wahlkampf betreibt.
Dieses bundesweites Lkw-Verbot bezieht sich natürlich nicht auf ein achtwöchiges Fahrverbot. Keine Ahnung, warum und ob der diesen oben zitierten Satz überhaupt gesagt hat. Er wird auf jeden Fall in verschiedenen Zeitungen so wieder gegeben. Nein, Pronold fordert in der Ferienreisezeit vom 01.07. bis zum 31.08. ein allgemeines Überholverbot für Lkw auf allen zweispurigen Bundesautobahnen. Das fördert den Verkehrsfluss, verbessert die Verkehrssicherheit und verhindert Staus im Ferienreiseverkehr.
Auf einem Großteil der zweispurig ausgebauten Autobahnen in Deutschland gilt zumindest tagsüber eh schon ein flächendeckendes Lkw-Überholverbot. Wie der Verkehrsfluss dort funktioniert, kann man bereits jetzt gut beobachten. Da gibt es Schleicher, Drängler, Fahrer die rechts überholen und andere, die wiederum andere schneiden oder ausbremsen. Um das zu erkennen, braucht es kein allgemeines Überholverbot für Lkw. Über eine angeblich verbesserte Verkehrssicherheit braucht man überhaupt nicht erst zu reden. Genauso wenig wie von angeblich verhinderten Staus.
Wann gibt es denn die längsten Staus in den Sommermonaten? Doch wohl Samstags. Ein Tag, an dem dank der bereits erwähnten Ferienreiseverordnung kaum Lkw unterwegs sind. Was soll also dieser dumme Vorschlag vom SPD-Pronold? In der dazugehörigen Pressemitteilung hofft er auf die Akzeptanz der Lkw-Fahrerinnen und -Fahrer. Wörtlich liest man da:
Der Verzicht auf Elefantenrennen hat auch für Transport- und Logistikunternehmen viele Vorteile: Geringerer Fahrzeugverschleiß und Kraftstoffverbrauch sowie weniger Stress für den Fahrer
Was glaubt der Pronold, was ich im Lkw mache, wenn zwanzig andere Laster vor mir fahren? Das interessiert den nicht, ich erwähne es aber trotzdem: Bremsen, Gas geben, Schalten. Und das an einer Tour. Eine gleichmäßige Geschwindigkeit kann ich da nicht mehr fahren. Wo da der geringere Fahrzeugverschleiß und Kraftstoffverbrauch herkommen sollen? Keine Ahnung! Klar, ich könnte den Tempomat auf 60 km/h einstellen. Dann wäre ich vielleicht der erste. Der zehnte hinter mir, würde dann stehen. Womit wir wieder beim Verkehrsfluss wären.
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Anmerkung: Im Artikel der verlinkten „Ruhrnachrichten“ hat man den Zusatz „Überhol“ unterschlagen. Der Satz von Pronold in der „Mittelbayrischen Zeitung“ lautet: „Wenn in Ferienzeiten ein klares bundesweites Lkw-Überholverbot gilt, hat es auch die Polizei einfacher, die Einhaltung zu kontrollieren.“
Somit war meine kurze Freude völlig umsonst!
Homepage von F. Pronold
Pressemitteilung: Lkw-Elefantenrennen in der Sommerreisezeit beenden
Mittelbayrische Zeitung: SPD will „Elefantenrennen“ verbieten
Autobahn Tank & Rast
Mein erster Kunde morgen ist eine Spedition im südlichen Südhessen. Dummerweise fangen die erst um acht Uhr an. Das passt mir überhaupt nicht. Bis ich da weg komme, ist der halbe Vormittag rum.
Anschließend geht es in ein Dorf im tiefsten Hunsrück. Die Firma kenne ich. Da habe ich vor einigen Jahren oft geladen. Mittlerweile kaum noch. Bin ich auch nicht traurig drüber. Wenn man Pech hat, steht man da länger – vorsichtig ausgedrückt.
Dann darf ich nochmal nach Italien fahren. Ich habe zwar einen gebuchten Platz auf der RoLa durch die Schweiz, aber die Befürchtung, den Zug zu verpassen.
Es wird sicher knapp mit der Zeit. Na ja, werde ich ja morgen sehen.
Heute Nachmittag in Hamburg für eine Firma im Siegerland geladen. Bis zum Kunden sind es ungefähr 430 Kilometer.
Der Chef hier oben meinte zum Abschied: „So gegen sechs morgen früh bist Du ja beim Empfänger!“ Ich habe natürlich mit „Ja, klar“ geantwortet.
Aber psst, mal unter uns: Meine Pause endet um zwei. Es wird also ein wenig später, bis ich da ankomme. Aber ich gebe wie immer mein bestes. Versprochen.
2 KommentareBei der „BILD“ hat man Angst um die Verkehrssicherheit auf deutschen Straßen. Schuld daran sind die philippinischen Billig-Trucker. Genau. Das sind die, um die es bereits in diesem Beitrag ging.
Der Artikel selber ist in typischer Bild-Manier geschrieben. Kurz und ohne Hintergrund. Also wie immer. Vielleicht will man aber auch nur dem SPD-Verkehrsexperten Sören Bartol zur Seite stehen. Denn auch er ist (laut BILD) der gleichen Meinung:
SPD-Verkehrsexperte Sören Bartol (38) zu BILD: „Die Billig-Trucker gefährden die Verkehrssicherheit.“
Was mir nicht klar ist: Wie kommt der darauf, dass diese Leute die Verkehrssicherheit gefährden? Hat er schon einen bei deren Arbeit beobachtet? Oder wurde er gar durch einen Philippino während einer Autofahrt ausgebremst und durfte anschließend zehn Minuten auf einer deutschen Autobahn hinter dem herzuckeln?
Wie auch immer. Bei diesen Fahrern geht es wohl kaum um Verkehrssicherheit. Sondern eher, dass die Spedition die diese Fahrer einsetzt, westeuropäische Arbeitsplätze gefährdet. Der Herr Bartol weiss sicher, was diese Menschen verdienen. Falls nicht, erwähne ich es mal nebenbei: Keine 700 Euro im Monat. Die Wettbewerbsvorteile dadurch sind enorm. Vielleicht sollte er sein Augenmerk darauf richten. Auch wenn es weniger Aufmerksamkeit in der breiten Öffentlichkeit bringt.
Klar. Es ist Wahlkampf. Da zählt jede Stimme und mit Themen wie „Verkehrssicherheit“ kann man bei potenziellen Wählern punkten. Vielleicht klappt das ja auch. Nur allzu populistische Sprüche sind da wohl reichlich kurz gedacht.
Zum BILD-Artikel: Philippinische Trucker machen deutsche Straßen unsicher
Homepage von Sören Bartol
Homepage Dinotrans
In einer Fahrergruppe bei Facebook berichtet eine Kollegin über eine Begebenheit, welche Sie heute erlebte:
Ich habe heute morgen in der Schweiz ausgeladen und bin dann am Bodensee lang Richtung Bludenz gefahren, da ich am Montag in Nenzing laden soll. Da ich es bevorzuge, am Wochenende eine Dusche und eine Toilette benutzen zu können, hielt ich also am Rastplatz bei Götzis an, um dort zu parken. Die LKW-Parkplätze, 24 Stück an der Zahl waren voll. Unsere osteuropäischen Freunde sind also rechtzeitig am Freitagnachmittag angehalten und genießen ihre wohlverdiente Freizeit am Wochenende. Lecker sieht das aus, was die da auf den mitgebrachten Grills liegen haben. Besser kann der Koch im Rasthof es vermutlich auch nicht zubereiten.
Ich denke aber, was der wohl macht, wenn die Bestellungen der paar Touristen irgendwann für sein Gehalt nicht mehr reichen.
Gut, aber ich brauch einen Parkplatz. Nachdem ich mich durch die LKW der Kollegen hindurchgequetscht hatte, (es standen noch etwa 10 links am Fahrbahnrand), entdeckte ich rechts noch ein freies Plätzchen. Ich war gerade am einparken, als mir plötzlich ein Polizist mit einem Fotoapparat vors Auto sprang und mir zubrüllte, ich solle sofort weiterfahren. Auf diesem Parkplatz sei kein Platz für mich, die LKW-Parkplätze sein, wie ich sehe, besetzt. Ich erklärte ihm daraufhin, dass ich bis Montag hier stehenbleiben müsse und ich gerne eine Toilette hätte, duschen und auch etwas essen wolle.
Nein, ich sollte weiterfahren. Auch das Argument, dass ich nicht weiterfahren dürfe und ein Recht auf sanitäre Anlagen hätte, lies er nicht gelten. Er argumentierte, wenn ein Tunnel gesperrt wäre, könne man auch nicht durchfahren. Wenn ich nicht sofort weiterfahren würde, könnte ich mich schwarz bezahlen und er würde sich an Flensburg wenden etc. Wenn ich unbedingt auf Toilette müsste, dann solle ich das jetzt tun, aber in einer halben Stunde müsste ich weg sein, hätte ich eben in Bregenz anhalten müssen (dort bin ich gar nicht hergekommen).
Was bitte hat die Einhaltung der Menschenrechte mit der Sperrung eines Tunnels zu tun? Wieso gibt es an einem Autobahnrasthof nur 24 LKW-Parkplätze? Wieso dürfen die osteuropäischen Kollegen in zweiter Reihe parken, ich aber nicht und wie kann es sein, dass ein Polizist einen LKW-Fahrer dazu nötigt, über seine Fahrzeiten zu fahren, obwohl genügend Parkplätze vorhanden sind, wo man niemanden stört, die jedoch nur nicht als LKW-Parkplätze ausgewiesen sind?
Ein weiteres Problem, dass der Polizist mit mir hatte, war das Kühlaggregat. Das Parken für Kühler wäre hier sowieso verboten. Dass der Kühler aus war, spiele keine Rolle. Wie kann es sein, dass einem LKW-Fahrer das parken untersagt wird, allein auf der Tatsche, dass er einen LKW mit Kühlaggregat hat, der dazu auch noch ausgeschaltet ist?
Gut, dass war jetzt Österreich, aber es ist ja in Deutschland nicht anders.
Wir kämpfen für die Menschenrechte in Südostasien und Afrika, gleichzeitig wird aber verlangt, dass ein LKW-Fahrer bei 30 Grad übers Wochenende im Industriegebiet ohne Dusche und ohne Toilette steht. Wird er dabei erwischt, wie er sich draußen erleichtert, wird ihm eine Geldstrafe aufgebrummt. Was bitte schön bleibt einem denn anderes übrig.
Kann es sein, dass man den Spruch von einem Polizisten, also von einem Freund und Helfer, zu hören bekommt, wenn man am Wochenende nicht im Industriegebiet stehen könnte, dann sollte man sich eben einen Job im Nahverkehr suchen?
So sieht die Welt für uns aus. Deswegen mache ich bei der Actie mit, denn wie lang wollen wir uns das noch gefallen lassen? Und da ziehen auch so dämliche Argumente nicht wie „Mir geht es in meiner Firma doch gut!“ In diesen Situationen ist es völlig egal, welches Firmenlogo auf dem LKW steht. Sind wir denn gar nichts wert?
Ich bin dann übrigens zum nächstem Rasthof gefahren. Trotz Fahrverbot. Was anderes blieb mir ja nicht übrig. Nach zwanzig Minuten wurde sogar ein Parkplatz frei. Ich musste nur eben warten, bis der Ottonormalverbraucher mit seinem PKW mit dem Essen fertig war. Die letzten drei Parkplätze waren nämlich von den Pkw blockiert. Aber dafür haben wir ja Verständnis!
Wer zehn Meter neben einer Tankstelle pennt, braucht einen tiefen Schlaf. Prescht ein Lkw durch die Vertiefungen vor den Zapfsäulen, kracht und rappelt der gesamte Aufbau. Kühlerfahrer halten dort gerne, weil der Weg zur Kaffeebar nicht so weit ist. Zum Abschied wird gehupt, vom Tankwart will man sich ja standesgemäß verabschieden.
Das ist aber alles nicht so schlimm. In Italien stehe ich da gerne. Vor allem weil es hell und übersichtlich ist.
Was ich bisher noch nicht erlebte, dass einer die halbe Tankstelle niederreißt – so wie gestern früh kurz nach vier auf einem Rasthof bei Ancona. Keine Ahnung, wie hoch dem seine Ladung war. Als ich ausstieg um mir das Dilemma kurz anzuschauen, war er am telefonieren und sprang dabei durch die Gegend wie Rumpelstilzchen.
Interessant war das Verhalten der Tankstellenleute. Ein kurzer Blick nach draußen, dann waren die wieder verschwunden. Sowas passierte da wohl nicht zum ersten mal.