Die Nacht war unruhig und so fand ich es nicht mal so unpassend, dass mich mein Wecker um kurz vor halb sieben Uhr morgens aus einem Halbschlaf in die Realität holte. Zumal der Tag angenehm werden sollte – zwei Abladestellen und anschließend zwei Ladestellen sollten es werden. Dazu noch relativ nah zusammen und was noch wichtiger war: Beide Firmen, in denen ich laden musste, machten laut meinem Disponenten erst um 15 Uhr Feierabend.
Gerade Freitags ist das eine Seltenheit. Viele Betriebe schließen an diesem Wochentag bereits gegen Mittag Ihre Pforten. Das ist eine tolle Errungenschaft der Gewerkschaften. Gut, nicht für mich. Während andere früh ins Wochenende starten, muss ich zusehen, in vier Stunden ein eigentliches Tagespensum zu schaffen.
Der Rasthof auf dem ich nächtigte, liegt etwas oberhalb der Autobahn. Keine Ahnung, wer sich so etwas hat einfallen lassen. Der Geräuschpegel der vorbeifahrenden Fahrzeuge klingt noch lauter, als auf gleicher Höhe mit der Straße liegenden Parkplätzen. Nach einer kurzen Morgentoilette fuhr ich los. Auf einen Kaffee verzichte ich, selbst ein kleiner Becher war mir zu teuer.
Eine halbe Stunde später bin ich an der ersten Firma, mitten in Mönchengladbach. Während ich noch die richtige Einfahrt suche, hupt bereits der erste Pkw-Fahrer. Meine Schleichfahrt ist dem zu langsam. Gegenüber einer Werkseinfahrt halte ich, um zu Fuß den Weg zur Warenannahme zu erkunden. Während ich aussteige, prescht das Auto an mir vorbei.
Ein netter Mitarbeiter zeigt mir den Weg. Ich bin nicht mal so verkehrt. Im Büro händige ich die Lieferscheine und den Frachtbrief aus. Der zuständige Meister blättert in den Papieren und fragt nach dem Aussehen der drei geladenen Stahlträger. Noch ehe ich antworten kann, fängt er an zu telefonieren. Froh darüber, solch einen Träger nicht beschreiben zu müssen, warte ich gespannt auf den weiteren Ablauf. Der Lkw steht weiterhin auf der Straße.
Nach zwei Minuten ist das Gespräch beendet. Hundert Meter weiter soll ich fahren und dann den Auflieger rückwärts in eine Halle schieben. Gesagt, getan. Nur finde ich an der angegebenen Stelle kein passendes Tor, sondern nur eine weitere Einfahrt. Um die Straße nicht weiter zu blockieren, fahre ich rückwärts in den Betrieb. Kaum stehe ich wieder, kommt ein anderer Arbeiter um mich einzuweisen. Über rechts soll es in eine Werkhalle gehen.
Links herum ist im Normalfall kein Problem. Als Fahrer weiß ich immer, wo der Sattel ist. Rechts dagegen ist blöd. Ab einem bestimmten Winkel sehe ich das Ende des Aufliegers nicht mehr im rechten Außenspiegel. Außerdem wirkt alles verzehrt. So kommt es halt vor das ich aussteige, um zu schauen, wo und wie der Zug eigentlich steht.
Meinem Einweiser passte das aber nicht. Er blöfft mich an, ob ich seine Hilfe nicht bräuchte. Noch ehe ich antworten konnte, war er verschwunden. Na ja, es ging auch ohne Ihn.
Die Seite und das Dach des Sattels waren schnell geöffnet, die acht Spangurte ebenso fix entfernt. Nun konnte es also endlich losgehen. Das Beladen der Teile in Italien war innerhalb einer halben Stunde erledigt. Viel länger rechnete ich mit dem Entladen auch nicht.
Nach sechzig Minuten hing der erste Träger am Kran. Nachdem das Ding durch die halbe Halle schwebte, kam die nächste Zwangspause. Frühstück. Ich ergab mich mit freundlicher Mine meinem Schicksal.
Irgendwann gegen Elf konnte ich fahren. Die zweite und letzte Entladestelle war gut dreißig Kilometer entfernt. Ein Stahlblech sollten die bekommen, fünf Meter lang und zweieinhalb Meter breit. Also kein Problem. Gut, dass dachte ich auch bei der ersten Stelle.
Die Firma war schnell gefunden. Noch bevor ich hinein fahren konnte, winkte der Pförtner hektisch. Er rief schon von weiten, ob ich denn die anderen Lkw nicht sehen würde. Da ich seine Frage verneinte, zeigte er auf mehrere in einer Seitenstraße stehenden Laster. Da sollte ich mich anstellen und zwar ganz hinten. Irgendwann würde er mich dann zur Entladung holen.
Dieses irgendwann war gegen zwei. Das Blech selber zu entladen dauerte keine vier Minuten. Inklusive Plane und Gurte öffnen und wieder schließen.
Nun ging es wieder dreißig Kilometer zurück zur ersten Ladestelle. Mittlerweile wurde natürlich die Zeit knapp. Ich telefonierte mit der Dispo. Sich darum zu kümmern, ist deren Aufgabe.
Kurz vor drei traf ich dort ein. Eine Glasscheibe trennte das Versandbüro vom Vorraum. Dahinter wuselte eine junge Frau hektisch in irgendwelchen Papieren. Als Sie mich sieht, werde ich zum dritten Mal an diesem Tag angeblafft. Diesmal mit der Frage, was ich denn noch will und wieso ich so spät bin. Auf meine Antwort „Weil ich überall warten muss„, erwidert Sie: „Hier müssen Sie jetzt auch warten.“
Auch das teilte ich meiner Disposition mit. Zehn Minuten später kommt der Rückruf. In der anderen Firma würde man bis 17 Uhr auf mich warten. Na immerhin.
Da war ich dann auch gegen fünf. Dort lief es zum ersten Mal an diesem Tag normal. Kein mürrischer Verlader, keine Wartezeit. Und das trotz einer Ladung, bei der ich viele Gurte brauchte. Aber der Tag war eh gelaufen.
Für vier Kunden im Umkreis von dreißig Kilometern habe ich zehn Stunden gebraucht. Das ist deutsche Gründlichkeit.