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Kevin schreibt und fragt:

Hey Maik,

ich bin derzeit 25, ausgebildeter Kaufmann im Einzelhandel und schiele derzeit auf ein Wechsel zu einer Ausbildung zum Berufskraftfahrer. Was mich dazu bewegt: Ich stelle fest, dass ich unheimlich gerne unterwegs bin und auch meinen Spass daran habe, mal 1000 km spontan mit dem Auto durch die Gegend zu fahren (gestern zum Beispiel vom Ruhrgebiet bis kurz vor Kiel und wieder zurück). Was mich die ganze Zeit ins Grübeln bringt ist die schon immer mal wieder gehörte Aussage, dass LKW-Fahrer kaum Familienleben haben und selten zu Hause sind. Was ist wirklich an der Sache dran? Sind es letztendlich häufig Aussagen von frustrierten LKW-Fahrer die sich im Job nicht wohlfühlen oder allgemein ihren Frust auslassen? Ist es einfach nur häufig übertrieben dargestellt? Oder ist es doch eher so, dass man als LKW-Fahrer mehr auf ein intensiveres Familienleben verzichten muss?

Über eine Antwort von jemanden, der diesen Beruf zu mögen scheint, würde ich mich freuen 🙂 .

Grüße
Kevin

Hallo Kevin,

Du verzichtest als Lkw – Fahrer nicht nur auf ein intensives Familienleben, sondern musst auch Deine privaten Kontakte zu Freunden und Bekannten zurückschrauben.
Irgendwelche Planungen für Freitagabend vornehmen? Vergiss es, da bist Du i.d.R. noch unterwegs. Sonntagabend mit Freunden schick essen gehen? Geht auch nicht, da Du oft um 22.00 Uhr losfahren musst.
Diese Aussage hat nichts damit zu tun, dass Fahrer frustriert sind, sondern es ist die Realität. Du verzichtest – nicht nur im Fernverkehr – auf vieles. Das muss Dir klar sein, wenn Du Dich zum Bkf umschulen lassen willst.

Außerdem bedeutet Lkw fahren nicht nur unterwegs sein. Einen Großteil der Zeit verbringst Du mit Be- und Entladen, b.z.w. dem dazugehörigen Warten. Dazu kommen Stress, Hektik und Termindruck, gepaart mit Beschränkungen und Verordnungen aller Art – Geschwindigkeitsbegrenzer, Überholverbote, Lenk- und Ruhezeiten. Hast Du endlich Feierabend, beginnst Du damit, Deinen Papierkram zu erledigen.

Du arbeitest im Einzelhandel? Belasse es dabei! Wenn Du Bock hast, Kilometer zu schrubben, mache es wie bisher: Setze Dich in Deinen Pkw und genieße die freie und weitgehend ungestörte Fahrt.
Aber letztlich liegt die Entscheidung bei Dir. Ich würde nie jemanden von diesem meinen Beruf abraten – vorausgesetzt er will es wirklich.

8 Kommentare

  1. Sven
    Sven 22/03/2010

    Dem kann ich mich nur uneingeschränkt anschliessen!

  2. Paul
    Paul 23/03/2010

    Wie War Wie War!!!

    eine obtion Währe noch Linienverkehr

  3. Rai
    Rai 23/03/2010

    Zitat:
    „und auch meinen Spass daran habe, mal 1000 km spontan mit dem Auto durch die Gegend zu fahren (gestern zum Beispiel vom Ruhrgebiet bis kurz vor Kiel und wieder zurück).“

    Nicht zu fassen. Kopfschüttel.
    Benzin ist wirklich noch nicht teuer genug.

  4. Sven
    Sven 23/03/2010

    Mal davon abgesehen, dass 1000km mit dem Auto nicht vergleichbar sind mit 1000km mit dem LKW!

    Mit dem Auto reisse ich auch locker 1000km herunter, ohne danach ins Koma zu fallen, denn da wird man nicht auf eine monotone Geschwindigkeit herabgebremst, sondern man kann auch mal zwischendurch „Überschallfliegen“ – mit dem LKW reichen meist 500km schon aus, dass man fertig wie ein Brötchen ist.

  5. Ralf
    Ralf 23/03/2010

    Eine weitere Option wäre Nah- und Verteilerverkehr. Für 6,90 Euro/Std. Bierkisten schleppen zum Beispiel.

    Reden wir doch mal über seine Chancen eine Stelle zu bekommen. Die dürfte z.B. hier im Ruhrgebiet gegen Null tendieren. Zum einen gehen hier reihenweise Speditionen pleite und dementsprechend viele Kraftfahrer sind am Markt. Vor allem auch erfahrene Kraftfahrer die aus reiner Existenznot gerne auch mal für „weniger“ arbeiten gehen. Sprich: Stellen für 1.600 Euro Brutto im Fernverkehr sind mittlerweile weder Gruselstorys noch Seltenheit, sondern die Realität.
    Dazu kommen noch die vielen schwer Vermittelbaren Arbeitskräfte. Die werden vom Arbeitsamt im Crashkurs zum „Berufskraftfahrer“ umgeschult. In 3 Monaten macht man den Führerschein und bekommt noch ein paar Weisheiten mit auf den Weg. Wenn man Glück hat. Wenn man Pech hat, bekommt man nur den Führerschein. Diese Arbeitskräfte drängen zusätzlich auf den Markt. Da sie eh schlecht ausgebildet sind, oft keine abgeschlossene Ausbildung oder ähnliches haben, sind sie es gewohnt nicht viel zu verdienen. Da kann ein Arbeitgeber ohne weiteres den Lohn gerne mal in den 5-Euro-Bereich drücken.

    Sofern man denn überhaupt einen festen Arbeitgeber findet. Denn die meisten Fahrer werden mittlerweile nur noch über Leiharbeitsfirmen eingestellt. Da kann man sich an 5 Fingern abzählen wie die Arbeitsbedingungen sind.

    Vom spärlichen Lohn darf man dann oft auch noch seine Fortbildungen bezahlen. ADR-Schein (Gefahrgutschein), gültig 5 Jahre, Verlängerung so um die 300-400 Euro. Alle 5 Jahre die Berufskraftfahrerweiterbildung nach BKrFQG, 35 Stunden für ca. 500-600 Euro. Dazu noch Gebühren und Kosten für Führerscheinverlängerung, Fahrerkarte, Urlaub für die Rennerei, Urlaub für die Fortbildungsgänge, usw. Es wird wohl nur sehr wenige Arbeitgeber geben die bereit sind diese Kosten zu übernehmen, wenn sie denn überhaupt wirtschaftlich dazu in der Lage sind die Kosten zu übernehmen.

    Ich hatte bisher relativ viel Glück, habe mit meiner derzeitigen Stelle sehr viel Glück. Ich kenne aber auch die Negativbeispiele mit 1.400 Euro Brutto, 13.000km im Monat mit mindestens 300 Stunden Arbeitszeit. Schichtdienst, Arbeitsbeginn irgendwann zwischen 2 und 7 Uhr morgens bzw. irgendwann ab 19 Uhr abends.

    Würde ich es noch einmal machen? Wenn ich die Wahl hätte, dann nein. Vielleicht ja, wenn die Bedingungen ein wenig anders wären.

  6. Kevin
    Kevin 26/03/2010

    Hey super, danke für eure ehrlichen Antworten. Es ist nicht schön zu sehen, dass für viele die Arbeitsbedingungen für die Berufskraftfahrer immer unangenehmer werden. Eure Aussagen unterstützen auch mein Gefühl, dann das Erkunden und „Auf Achse sein“ in meiner gegebenen Freizeit weiterhin mit dem PKW durchzuführen. Eventuell irgendwann auch mal zu zweit :).

    Zu Rai hab ich auch noch was (;p):
    Nicht zu fassen, jedem das seine. Ich bekomme ja schon fast das Gefühl, du bist überzeugt, ich fahr nen dicken 3er BMW und zieh im 2ten Gang auf der Landstraße durch und verbrauche, ähm verqualme durch Quitsch-Reif-Super-Kick-Starts mindestens ein Reifensatz pro Monat. 😉 (sry an alle „vernünftigen“ BMW’ler)

  7. actro
    actro 27/03/2010

    Die einfachste Art, das Berufsleben eines Fahrers kennenzulernen, ist mitfahren 😉 Freunde Dich mit einem an und begleite ihn eine oder zwei Wochen in Deinem Urlaub. Ich nehme auch schon mal ab und an jemanden mit, der sich dafür interessiert und beobachte dann fasziniert, wie sich seine Illusion von Fernfahrerromantik innerhalb weniger Stunden auflöst wie eine Seifenblase 😉
    Ich würde mich heute definitiv gegen meinen Beruf entscheiden und etwas bodenständiges lernen..

  8. Spacefalcon
    Spacefalcon 27/03/2010

    So im stillen betrachtet…

    Im Grunde der Beruf der perfekt auf mich und zu mir passen würde….

    Familie habe ich so groß nicht, bzw. Familie die das Leben kennt und verstehen würde…

    Ausgehen am WE mache ich auch nie…

    Meine Freunde sind in D in alle Himmelsrichtungen verstreut…

    Hmmm…

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