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Ein Kommentar zum aktuellen WDR/SZ-Bericht über illegale Lkw-Beschäftigung in Deutschland

Von Udo Skoppeck

Der neue Bericht von Westpol und der Süddeutschen Zeitung macht erneut sichtbar, was viele in der Branche schon lange wissen – aber worüber zu viele in der Politik und Gesellschaft hinwegsehen: Der Straßengüterverkehr in Europa wird zunehmend von einem System unterwandert, das auf Ausbeutung, Scheinselbstständigkeit und gezieltem Sozialbetrug basiert.

Es ist kein Geheimnis mehr, dass über Briefkastenfirmen in Litauen, Polen oder sogar auf den Bermudas Fahrer aus Nicht-EU-Staaten wie Indien, Belarus, Usbekistan oder Tadschikistan mit falschen Versprechen nach Deutschland gebracht werden – für 75 Dollar am Tag, ohne Zugang zu sauberen Unterkünften, ohne Arbeitsrechte, ohne Sozialabsicherung.

Ein Lkw steht mit offener kühlerklappe auf einem Parkplatz, an dieser Klappe hängt Wäsche zum trocknen.
Leben und wohnen im Lkw. Wäsche waschen inklusive.

Sie schlafen monatelang im Lkw, oft unter menschenunwürdigen Bedingungen. Währenddessen werden ehrliche Unternehmen in Deutschland vom Markt gedrängt, weil sie bei diesen Dumpingpreisen nicht mithalten können.

Die Folgen?

  • Millionenschäden für die Sozialkassen
  • Entsolidarisierung der Branche
  • Unfaire Wettbewerbsverzerrung zulasten derer, die sauber arbeiten
  • Zunehmende soziale Spannungen unter den Fahrern auf Europas Straßen

Und das alles unter den Augen von Behörden, die mit ihren veralteten Strukturen und der fehlenden Zusammenarbeit untereinander schlicht überfordert scheinen.
Wenn ein Ermittler wie „Matthias Wagner“ offen sagt, dass es keine funktionierende Koordination zwischen Zoll, Polizei und Arbeitsbehörden gibt, dann ist das ein Offenbarungseid.

Was wir brauchen?

  • Eine EU-weite Taskforce gegen Sozialdumping und organisierte Ausbeutung im Transportsektor
  • Eine zentrale Ermittlungsstelle mit Zugriffsrechten auf Unternehmensregister in der gesamten EU
  • Deutlich verschärfte Kontrollen an der Straße und in den Firmen – digital unterstützt und in Echtzeit
  • Eine klare Durchsetzung des Mobilitätspakets I – nicht nur auf dem Papier

Und nicht zuletzt: Solidarität mit den betroffenen Fahrern. Denn viele von ihnen sind keine Täter, sondern Opfer eines Systems, das ihre Notlagen gnadenlos ausnutzt.

Es darf nicht sein, dass sich die deutsche Logistikbranche durch unfaire Ausbeutung selbst demontiert.
Wenn wir eine zukunftsfähige und sozial gerechte Transportwirtschaft wollen, müssen wir jetzt handeln – konsequent, gemeinsam, europäisch.

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Offener Brief an unsere Branche

Von Udo Skoppeck

Was muss passieren, damit wir wieder stolz auf unseren Beruf sein können?

Ich schreibe diesen Brief nicht als Vereinsvorsitzender, nicht als Sprecher irgendeiner Organisation. Ich schreibe ihn als Mensch.
Als jemand, der seit 1980 auf den Straßen unterwegs war, als Berufskraftfahrer mit Leib und Seele, der seinen Job geliebt hat und heute kaum wiedererkennt, was aus diesem Beruf geworden ist. Ich schreibe ihn als jemand, der krank ist.

Nicht nur körperlich, sondern auch seelisch müde. Ich bin nicht der Einzige. Ich bin nur einer von vielen.

In den letzten Monaten habe ich mich viel damit auseinander gesetzt. Ich musste sortieren, was mit mir passiert, was mit unserer Branche passiert.

Dabei komme ich immer wieder an den gleichen Punkt: Wenn wir nicht endlich ehrlich werden, wird dieser Beruf, der einmal ein Lebensgefühl war, endgültig zu einem austauschbaren Job. Zu einem Abstellgleis für die, die keine Alternative haben.

Eine Nacht auf Pkw-Stellflächen. Die Not mit der Parkerei. Auch ein Problem in der Branche und unserem Beruf.
Eine Nacht auf Pkw-Stellflächen. Auch so eine Not mit der Parkerei.

Ich erinnere mich noch gut an die ersten Jahre. Da war Respekt. Da war Kollegialität. Da war Stolz.
Heute sprechen viele nur noch von Druck, von Überwachung, von Angst.

Ich höre es in unzähligen Gesprächen mit Fahrern: Dass sie ständig unter Beobachtung stehen. Das sie kaum noch Pausen haben, in denen sie wirklich zur Ruhe kommen.
Das sie ersetzt werden, sobald sie krank werden oder einen eigenen Gedanken äußern.

Ich höre Geschichten von Menschen, die ihr ganzes Leben für diesen Beruf gegeben haben – und dann auf einmal nicht mehr gebraucht werden.
Es geht nicht mehr um Vertrauen, sondern nur noch um Kontrolle. Nicht mehr um Loyalität, sondern nur noch um Effizienz.

Da draußen, auf unseren Straßen, ist ein Klima entstanden, das krank macht. Fahrerinnen und Fahrer fühlen sich wie eine Ware, nicht wie ein Teil des Ganzen.

Viele sagen mir, dass sie das Vertrauen in ihre Arbeitgeber verloren haben, weil Gespräche durch Ansagen ersetzt wurden, weil aus Rücksicht ein „Friss oder stirb“ geworden ist.

Andere berichten von Kunden, die sich benehmen, als wären wir Menschen zweiter Klasse. Wer sich wehrt, wer einfach mal fragt: „Geht’s noch?“, riskiert sofort Konsequenzen.
Manche verlieren ihren Job – nicht wegen Unfähigkeit, sondern weil sie aufgestanden sind.

Der Ton in unserer Branche ist rauer geworden – nicht nur auf der Straße, sondern auch hinter den Kulissen.
Es wird schnell gekündigt, selten erklärt. Vieles passiert per WhatsApp. Persönliche Worte? Fehlanzeige.

Stattdessen immer mehr Bürokratie, Schulungen, die uns eher lähmen als weiterbringen und Systeme, die alles speichern, aber niemandem zuhören.

Ich frage mich oft: Was ist das für ein Umgang? Was ist das für ein Menschenbild? Wann haben wir verlernt, uns gegenseitig mit Würde zu begegnen? Wo ist die Menschlichkeit geblieben?

Was wir brauchen, ist keine neue App, kein neues Modul, keine Imagekampagne von oben. Was wir brauchen, ist Ehrlichkeit – miteinander, übereinander, und vor allem mit uns selbst.

Wir müssen den Mut haben, über das zu sprechen, was schiefläuft. Nicht, um Schuldige zu suchen.
Sondern um gemeinsam einen Weg zu finden, wie wir diesen Beruf wieder zu dem machen können, was er einmal war: Eine Aufgabe mit Verantwortung, mit Stolz, mit Rückgrat.

Wir brauchen keine Bewunderung, kein Schulterklopfen. Aber wir brauchen Respekt. Von den Menschen, denen wir täglich begegnen. Von denen, die mit uns arbeiten.
Von denen, die über uns entscheiden.

Wir brauchen Unternehmen, die wieder begreifen, dass Fahrer Menschen sind. Keine Nummern. Keine austauschbaren Objekte. Menschen mit Familien, mit Sorgen, mit Hoffnungen.

Wir brauchen auch Kolleginnen und Kollegen, die wieder füreinander einstehen, statt sich in den Ellenbogen-Wettbewerb hineintreiben zu lassen. Nur gemeinsam wird sich etwas bewegen.

Ich habe keine Patentlösung. Aber ich weiß, dass Schweigen keine Option mehr ist. Wenn wir diese Branche verändern wollen, müssen wir den Anfang machen.

Mit Worten, die ehrlich sind. Mit Geschichten, die gehört werden. Und mit dem festen Willen, nicht mehr hinzunehmen, was uns krank macht.

Ich glaube noch immer an diesen Beruf. Ich glaube daran, dass wir es besser machen können.
Aber dafür müssen wir bereit sein, alte Muster zu durchbrechen. Nicht morgen. Nicht irgendwann. Sondern jetzt.

Und ja – es gibt sie, die positiven Ausnahmen. Es gibt Unternehmer, die sich kümmern, die zuhören, die respektvoll mit ihren Fahrerinnen und Fahrern umgehen.

Es gibt Disponenten, die noch persönlich anrufen, die helfen, statt zu drohen. Es gibt Kunden, die sich bedanken, Raststätten, die willkommen heißen, Kolleginnen und Kollegen, die füreinander da sind. All diesen Menschen gilt mein besonderer Respekt.

Sie zeigen, dass es auch anders geht – und sie machen Hoffnung, dass Veränderung möglich ist. Auf sie sollten wir bauen.

Udo Skoppeck
Berufskraftfahrer seit 1980
Gründer von AidT e.V

1 Kommentar

WmDedgT 5.5.25

Es ist mal wieder der fünfte eines Monats. Und an diesem fragt „Gut gebrüllt“, wie denn von anderer Leute Blogger der Tag so war. Das nennt sich dann „Was machst Du eigentlich den ganzen Tag„.?
Oder eben in Kurzform „WmDedgT„. Hier ist, zum neunten Mal – joa mei, wie die Zeit vergeht – meine Ausgabe:

00.01 Uhr, seit zwei Stunden bin ich unterwegs. Das in der Nacht fahren ist angenehm, besonders jetzt nach den Feiertagen. Auch weil um diese Zeit kaum Kurzurlauber oder Wochendausflügler unterwegs sind.
Und für mich viel angenehmer, wie in aller früh gegen drei oder vier losfahren zu müssen. Müde werde ich erst, wenn ich irgendwann um kurz vor zwei Feierabend mache.

01.34 Uhr, Feierabend an der A9 zwischen Nürnberg und Ingolstadt. Es lief top. Jetzt noch ne schnelle Wäsche am Kanister, fix Zähne putzen und ab in die Koje. Den Wecker im Handy stelle ich auf halb zehn.

Kurz vor neun, ein menschliches Bedürfnis quält. Ich krabbel aus der Koje, zieh mich an und eile zum Parkplatzklo. Da drin stinkt es wie Ulle, fürs pieseln reicht es aber.
Danach wieder Kanisterwäsche am Lkw und noch ein wenig mit einem Kollegen quatschen.

10.35 Uhr, neun Stunden Pause sind rum. Ich stelle den Tacho auf Arbeitszeit, lass den Motor an, und mach ne kurze Abfahrtskontrolle.

10.42 Uhr, Abfahrt. Die Autobahn ist ziemlich leer. Zwanzig Minuten später höre ich im Verkehrsfunk wieso. Irgendwo hinter mir ist eine Vollsperrung.
Tja nun, fährt mir wenigstens keiner vor den Füßen rum. Zumal, ab Ingolstadt ist Dauerregen.

12.58 Uhr, mein Pflichtstop am Irschenberg. Denn ohne ein Brötchen mit Leberkäs geht gar nix. Und für später noch ne Butterbrezel. Außerdem reicht es immer für fünfzehn Minuten Pause.

13.14 Uhr, weiter geht’s.

13.48 Uhr, Tankstopp in Kufstein. Beide Behälter für knapp tausend Euro gefüllt. Hilft ja nüscht.

15.09 Uhr, Brenner. Es wird Zeit für die halbe Stunde Pause. Die nutze ich zum duschen.

15.41 Uhr, weiter geht’s. Drei Minuten später bin ich in Südtirol.

19.34 Uhr, Feierabend im Industriegebiet eines Ortes östlich von Mantova. Bis zu meinem ersten Entladekunden sind es keine dreihundert Meter. Passt, kann ich bis kurz vor acht morgen früh Pause machen.
Jetzt noch eine Kleinigkeit essen, anschließend Kanisterwäsche, diesen Beitrag schreiben und ab in die Koje…

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Fraunhofer braucht Hilfe

Fraunhofer forscht an innovativen Unterstützungsmaßnahmen, die Lkw-Fahrern helfen sollen, stressige und unangenehme Situationen, wie zum Beispiel Stau, rücksichtlose Pkw-Fahrer, Stress mit dem Chef oder Rückenschmerzen besser bewältigen zu können.
Dazu haben die eine Umfrage gestartet.

Und ich hab mal ganz unvoreingenommen auf diese Befragung geklickt. Aber was soll das sein? Ein verspäteter Aprilscherz? 
Sorry, aber haben die einen an der Waffel? Und werden die Entwickler dieser Umfrage dafür bezahlt? 

Also ich kenne niemanden, der sich mit nen Roboter unterhalten möchte, an einem Stauende Entspannungsübungen braucht oder sich mit Lavendelduft besprühen lassen will. 

Da gibt es ganz andere Rahmenbedingungen, die es zu verändern und verbessern gilt. Was ein Kindergarten.

Link zur Umfrage >>>

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Sie haben Post

Blogleser Christopher hat ein Lob und eine Frage:

Hallo Maik,

seit längerer Zeit lese ich hier mit und finde viele (nicht alle) Beiträge interessant. Auch als einer, der nicht als Lkw-Fahrer arbeitet. Nur was mir auch als Autofahrer auffällt, ist, dass der Verkehr immer mehr wird, es viele Baustellen gibt, der Verkehr oft mehr steht, als er rollt. Wie gehst Du damit um, denn besonders für Leute wie Dich ist ja Zeit wirklich Geld.

VG und weiterhin viel Erfolg mit diesem Blog, Christopher

Hallo Christopher, danke für Deine Frage.

Tja, was soll ich machen? Klar ist es ärgerlich, wenn ich irgendwo nicht so vorwärts komme, wie ich es mir wünsche und es eigentlich auch will.
Nur wenn ich etwas habe, was ich nicht ändern kann, wie eben Stau, es alles etwas länger dauert, aber es wird irgendwann weiter gehen.

Solche Dinge sind eben wie sie sind. Und wenn ich die nicht ändern kann, muss ich die eben einfach so hinnehmen.
Denn es bringt nichts, sich großartig darüber aufzuregen oder mit Bitterkeit durch den weiteren Tag zu fahren. Denn, wie schon geschrieben, es ist wie es ist. Ich muss damit einfach leben.

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Tesla will mehr als 1.000 Mitarbeiter einstellen, um die Produktion von elektrischen Trucks endlich voran zu bringen

Tesla möchte mehr als 1.000 neue Mitarbeiter einstellen, um die Produktion seiner elektrischen Sattelschlepper in Gang zu bringen.

Am Montag, den 28. April, veröffentlichte Tesla ein Video, in dem es ankündigte, dass die Produktion elektrischer Trucks bis Ende 2025 beginnen werde, mit einer jährlichen Produktionskapazität von 50.000 elektrischen Sattelschleppern.

Einen Tag später, am Dienstag, dem 29. April, berichtete Business Insider, dass Tesla im Rahmen der Ankurbelung der Produktion elektrischer Sattelschlepper mehr als 1.000 Mitarbeiter einstellen möchte.

Das Unternehmen hatte zunächst die Serienproduktion des Tesla-Sattelschleppers für 2019 geplant, erwartete dann die Serienproduktion für das Jahr 2020 und veranstaltete 2022 eine Release-Party für den Elektro-Sattelschlepper, bei der es die Produktion von 50.000 Elektro-Sattelschleppern bis Ende 2024 prognostizierte.

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Schlaue Zitate

Das Kostenniveau der osteuropäischen Speditionen ist so niedrig, da kann kein bayerisches b.z.w. deutsches Transportunternehmen mithalten. Zwar sind die Arbeitsbedingungen wie auch die Fahrerlöhne bei deutschen Transportunternehmen in der Regel signifikant besser.
Dennoch greifen zahlreiche deutsche Unternehmen aus Industrie und Handel bei den billigeren osteuropäischen Angeboten zu, obwohl ihnen mittlerweile bekannt sein müsste, welche Arbeitsbedingungen dort herrschen.

Diese Art der Wettbewerbsverzerrung kann nicht unser Verständnis von einem freien Europa sein.

Stefan Doppelhammer, Hauptgeschäftsführer des Landesverbandes Bayerischer Transport- und Logistikunternehmen (LBT) e.V.

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Behörden in Kalifornien wollen Verbot für Tests autonomer Lkw aufheben

In Kalifornien wollen die Behörden ein Verbot für Tests autonomer Sattelschlepper im Bundesstaat aufheben. Das California Department of Motor Vehicles gab die geplante Änderung der Vorschriften am Freitag, den 25. April, bekannt.

Laut Big Rapids News würden die neu vorgeschlagenen Vorschriften es Unternehmen ermöglichen, selbstfahrende Fahrzeuge mit einem Gewicht von über 4,5 Tonnen auf kalifornischen Straßen zu testen, was bisher verboten war.
Kalifornien ist der einzige US-Bundesstaat, der Tests dieser autonomen Sattelschlepper ausdrücklich verbietet.

Die Regulierungsbehörden erklären, der Vorschlag würde Unternehmen die Möglichkeit eröffnen, ihre autonomen Fahrzeuge im Bundesstaat zu testen, genau wie in Texas, Arizona und Arkansas.
Die Vorschriften werden derzeit einer öffentlichen Kommentierungsphase unterzogen, die bis Juni dauern wird. 

Die Verantwortlichen rechnen mit Widerstand seitens der Gewerkschaften gegen den Vorschlag, da sie Bedenken hinsichtlich der Sicherheit und des Arbeitsplatzverlusts für Lkw-Fahrer äußern.

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