Die Abkürzung „SVG“ wird vielen von Euch nix oder nur wenig sagen. Sie steht für Straßenverkehrsgenossenschaft und ist ein Beratungs- und Servicedienstleister für die Transport- und Logistikbranche.
So werden Versicherungen für Transport- und Logistikunternehmen vermittelt oder auch Weiterbildungsmaßnahmen für Berufskraftfahrer angeboten.
Hier in Deutschland haben sich 17 regionale Straßenverkehrsgenossenschaften (SVGen) unter dem Dach der SVG Bundes-Zentralgenossenschaft Straßenverkehr eG (SVG-Zentrale) mit Sitz in Frankfurt am Main zusammengeschlossen. Rund 8000 Transport- und Logistikunternehmen in Deutschland sind Mitglied bei einer SVG.
Ausserdem betreibt die SVG mehrere Autohöfe und Tankstellen. So z.B. in Köln, Dresden, Kassel oder Schwabhausen bei Gotha. Also auch durch mich als Fahrer machen die Umsatz und Gewinn. Und das bestimmt nicht wenig.
Auch in Düsseldorf gibt es einen SVG – Autohof. Dessen Standort ist direkt bei Henkel. Da habe ich vor Jahren oft geladen. Danach war meine Schichtzeit meist vorrüber. Die Standzeiten bei Henkel waren unterirdisch. Wie es da heute ist, weis ich nicht. War schon lange nicht mehr da. Traurig bin ich da nicht drüber.
So machte ich halt meine Pause auf diesem Autohof. Ich will es mal so ausdrücken: Dort war es immer irgendwie schmuddelig. Freiwillig wäre ich da nicht geblieben. Aber wie bereits erwähnt. Das ist schon Jahre her. Keine Ahnung, ob sich da mittlerweile etwas zum positiven verändert hat.
Jetzt hat eine der regionalen Straßenverkehrsgenossenschaften ein neues Geschäftsfeld entdeckt: Arbeitgebern werden Wege aufgezeigt, wie der Mindestlohn unterwandert werden kann.
Auf dem Autohof in Dresden fand oder finden Mindestlohn – Seminare für Arbeitgeber statt. Dort wird Spediteuren erklärt, wie man trotz Mindestlohn die Fahrer weiter mit Niedriglöhnen abspeisen kann.
Der Seminarleiter im Auftrag der SVG Sachsen-Thüringen hat da eine tolle Idee. Transportunternehmen verdienen nur Geld, wenn der Lkw rollt. Nur das wäre wirkliche Arbeitszeit. Wartet ein Fahrer – oder wie es der Seminarleiter ausdrückt: Steht ein Fahrer rum – , also z.B. beim Entladen des Lkw, dann wäre das Bereitschaftszeit. Dafür gilt natürlich nicht der Mindestlohn.
Stattdessen werden Musterarbeitsverträge verteilt. In denen steht geschrieben, dass bei „normale Arbeitszeiten“, also dann wenn der Lkw fährt, 8.50 Euro bezahlt wird. Steht der Lkw stattdessen, weil der Fahrer warten muss oder gerade be- oder entlädt, werden nur noch 2.55 Euro gezahlt.
Was also mehr bezahlt wird, zieht man den Fahrern später wieder ab.
Die SVG Sachsen-Thüringen sieht sich da im Recht. Der Fahrer ist während der Bereitschaftszeit nicht vollständig tätig. Oder anders ausgedrückt: Er hat gewartet, bis er arbeiten darf. Diese Zeiten müssen natürlich anders vergütet werden.
Ansonsten wäre man bei Bruttolöhnen um die zweitausend Euro. Und die kann im Osten Deutschlands kein Transportunternehmer zahlen. Findet zumindest die SVG Sachsen-Thüringen.
Anders sieht das Franz Josef Düwell. Er war lange Vorsitzender Richter am Bundesarbeitsgericht und hat sich intensiv mit dem Mindestlohngesetz beschäftigt. Er hält den Trick mit der unterbezahlten Bereitschaftszeit für illegal.
Seiner Meinung nach ist nicht nur die Vollzeit Mindestlohnpflichtig, sondern auch die Teilzeit. Das wäre die gesicherte Rechtslage.
Aber nicht nur im tiefsten Osten werden solche Seminare angeboten. Auch in Hamburg gibt es nächste Woche eine Veranstaltung. Für 129.00 Euro netto können sich Unternehmer in den neuen Regelungsbereich des Mindestlohngesetzes einführen lassen. Ein leckeres Essen inbegriffen. Und mich würde es wundern, wenn dieser dubiose Arbeitsvertrag dort keine Rolle spielen würde. Tja, die SVG macht es möglich.
Aber nicht mehr für mich. Deren Autohöfe lasse ich in Zukunft rechts oder links liegen. Leckeres Essen bekomme ich auch anderswo.
Bericht in der ARD Sendung Monitor >>>
Update: Bei der SVG hat man sich zum Bericht auf Monitor geäußert:
8 KommentareIn einem Bericht des Politmagazins „Monitor“ vom 11.12.2014 zum Thema Mindestlohn wurde der Eindruck erweckt, die SVG würde in ihren Seminaren Unternehmer schulen, wie man den Mindestlohn für Fahrer umgehen kann.
Dazu möchten wir heute Stellung nehmen: Im gezeigten Seminar der SVG Sachsen und Thüringen geht es darum, Berufskraftfahrer und Unternehmer über die neuen Anforderungen zu informieren und ihnen zu helfen, den ab Januar 2015 geltenden gesetzlichen Mindestlohn richtig umzusetzen, denn mit dem neuen Gesetz steigen die Anforderungen an Arbeitgeber und Arbeitnehmer.Die SVGen vermitteln Wissen praxisorientiert und aus seriösen und anerkennten Quellen, wie z.B. Verbänden und aus den geltenden Tarifverträgen. Es gehört nicht zur Philosophie unserer Genossenschaft, Tricks weiterzugeben, wie man Gesetze umgeht.
Wir sind der Überzeugung, dass Berufskraftfahrer eine zentrale Rolle in der Logistik einnehmen und arbeiten seit jeher aktiv daran, die Arbeitsbedingungen für Berufskraftfahrer zu verbessern. Wir werden uns heute und in Zukunft nicht daran beteiligen, Schlupflöcher zu suchen, um Fahrer schlechter zu stellen.