Von Udo Skoppeck
Im Laden: Wir Kunden scannen und packen unsere Einkäufe selbst. Wir übernehmen den Job, den früher Kassiererinnen und Kassierer gemacht haben. Kostenlos, ohne Mitarbeiterrabatt, ohne Bezahlung.
Und am Ende wird sogar noch der Kassenbon kontrolliert, als müssten wir beweisen, dass wir unsere Arbeit „richtig“ erledigt haben.
Im Zentrallager: Wir Lkw-Fahrer entladen die Ware, wuchten Paletten auf das Förderband, entfernen Folien, kleben Etiketten. Und das alles, obwohl wir gar nicht für die Handelsketten arbeiten.
Eigentlich sind wir dafür da, Ware zu transportieren, nicht um Lagerarbeit zu übernehmen.
Der Unterschied zwischen beiden?
Es gibt keinen.
In beiden Fällen spart der Handel Personal und überträgt seine Arbeit an Leute, die eigentlich etwas anderes zu tun hätten.
Früher gab es Kassiererinnen im Laden und Lagerarbeiter im Zentrallager. Heute machen das Kunden und Fahrer „gratis“.

Die Gewinne der Ketten steigen, während bezahlte Arbeitsplätze verschwinden. Und die Ausrede vom „Personalmangel“ ist nur ein Vorwand.
Der wahre Grund ist Profitmaximierung. Wenn wir uns weigern, heißt es: „So läuft das halt jetzt.“
Nein, so läuft es nur, weil wir es mit uns machen lassen. Unsere Zeit, unsere Arbeit und unsere Leistung sind etwas wert.
Wer Arbeit haben will, muss sie auch bezahlen. Egal ob an der Kasse oder am Rolltor.
Mein Appell?
Kunden: Geht wieder an die normale Kasse und sprecht mit den Mitarbeitern. Sie sind wichtig.
Fahrer: Macht euch bewusst, dass jede übernommene Zusatzarbeit nicht selbstverständlich ist.
Alle: Lasst euch nicht erzählen, das sei „der Lauf der Zeit“. Nein. Es ist eine bewusste Entscheidung der Unternehmen.
Der Unterschied?
Naja, ich, Kunde, kann die Self-Service-Kasse oder gleich den ganzen Laden meiden.
Du, Fahrer, hast die Ware auf DEINEM LKW und die muss runter. Du hast also garkeine andere Wahl als Tätig zu werden.
Auf der anderen Seite… es gibt im Supermarkt bestimmt genug Kunden, die diesen sogenannten „Service“ tatsächlich als „Bereicherung“ ansehen.
Jep. Kunden machen das freiwillig. Auch weil es nen Vorteil bringen kann, z.B. kürzere Wartezeit. Wir Lkw-Fahrer dagegen nicht.
Ich kann dir nur zustimmen. Anfangs als die Self-Service-Kassen kamen, hieß es, dass es doch freiwillig sei und dass es schneller gehen würde. Inzwischen haben sich die Kunden daran gewöhnt. Jetzt werden weniger Kassierer eingesetzt und die Leute stehen an den Self-Service-Kassen an. Freiwillig ist das auch nicht mehr. Teilweise sind die Kassen verwaist und wenn man einen Mitarbeiter anspricht, ob eine Kasse besetzt wird, heißt es, dass man seine Einkäufe ja selbst scannen könne
Irgendwo habe ich gelesen, dass in den USA diese Kassen wieder zurück gebaut werden. Weil u.a. die Diebstähle zugenommen haben und die eingesparten Kosten an Personal kaum noch messbar sind.
Es ist doch ähnlich wie bei den Banken. Seitdem man Bargeld an der Supermarktkasse bekommen kann, werden Filialen und Geldautomaten immer weniger.
Sorry, aber ich verstehe den Vergleich nicht 🙁
Interessant zu wissen wäre, was mit dem Warenempfänger vereinbart ist. Es ist ja nicht ungewöhnlich, dass seitens des Empfängers die Dienstleistung des Abladens bestellt und bezahlt wird.
Falls aber eindeutig nicht vereinbart ist, dass der Fahrer auch ablädt, stellt sich die Frage, mit welchem Hebel er dennoch erfolgreich dazu gebracht wird.
Mir fallen da spontan einige Hebel ein, da ich mich in dem Bereich auch etwas auskenne.
Andererseits: Falls es einen echten Fahrermangel gibt (gibt es den denn?), dann beinhaltet der doch auch Chancen: Dann könnte man sich auf die „besseren“ Touren konzentrieren und die nicht so guten einfach nicht mehr bedienen.
So oder so: Wenn Lkw-Fahrer wirklich gut organisiert wären (gewerkschaftlich o. ä.), dann gäbe es diese Fälle wahrscheinlich nur selten. Die Frage wäre dann: Was könnte bewirken, dass Lkw-Fahrer sich stärker organisieren?
Lkw-Fahrer wollen sich nicht organisieren. Viele sehen sich eben als „Einzelkämpfer“. Das ist schon lange so. Zumindest kenne ich es in der Zeit in der ich fahre (34 Jahre), nicht anders. Woher dieses Virus kommt? Keine Ahnung.
Dieses selbst entladen haben wir wohl heute den Fahrern aus den siebziger, achtziger Jahren zu verdanken. Damals hat das begonnen. Wer sich selbst be- oder entladen hat, war wieder schneller auf Tour.
Und da in kaum einer anderen Branche das Verhältnis zum Chef so stark ausgeprägt ist, wie in der Transportbranche, konnte sich das schnell einbürgern. Der Lkw rollte schnell wieder, Chef war zufrieden, da mehr Umsatz und der Fahrer auch. Obwohl der keinen Pfennig dafür bekam. Oftmals nicht mal ein „danke“. Es wurde halt als Selbstverständlichkeit hingenommen.
Ich kann mir vorstellen, dass es im Zeifel sogar angenehmer ist, selbst zu entladen, als für unbestimmte Zeit auf Abruf irgendwo rumzustehen und auf Entladung zu warten, wobei zwischen etwa 1 Stunde und 1 Tag alles möglich ist.
Nach meiner Erfahrung kommt das den Empfängern (und manche Handelsketten haben sich da einen gewissen Ruf erarbeitet) durchaus entgegen, so dass gerade bei jenen Fahrern, die nicht „kooperativ“ sind, durch „Dienst nach Vorschrift“ (kein Abladepersonal verfügbar) der Aufenthalt überdurchschnittlich lange dauern kann, und damit ein „Anreiz“ zur tatkräftigen Erbringung zusätzlicher, kostenloser Services geschaffen wird.
Irgendwer zahlt aber immer die Zeche, und ich habe auch schon mitbekommen, dass Spediteure und Frachtführer, die zwischen verschiedenen Touren wählen können, bestimmte Lager oder gar ganze Handelsketten nicht mehr bedienen, weil erstens die Standzeiten dennoch ausufern und ihnen zweitens die Fahrer von der Fahne gehen. Von einer großen Spedition habe ich gehört, dass sie einen umfangreichen Distributionsauftrag nur unter der Voraussetzung annahm, dass ihre Fahrzeuge grundsätzlich zügig abgefertigt wurden.
Ich war jahrelang beruflich auch eine Art „Einzelkämpfer“. Das hat mich allerdings nicht davon abgehalten, in eine Gewerkschaft einzutreten (wie auch die meisten meiner ebenso einzelkämpfenden Kollegen). Wer sich also gerne als „einsamer Wolf“ sieht, sollte vielleicht daran denken, dass auch Wölfe im Rudel stärker sind 😉
Aahhh, guck, da hast Du dasselbe Phänomen, wie oben von Erik beschrieben:
In den 1970er machten es einige Fahrer freiwillg, weil sie dann schneller wieder auf der Piste waren.
Ein paar Jahre später gehörte es dann zum „Service“.
So ist es doch jetzt im Prinzip auch mit den Self-Service-Kassen.
Das mit den Ausladen war mir nicht bewusst, wobei ich denke, dass die Speditionen auch von diesen Ketten abhängig sind. Und Fahrer der einen Spedition nicht ausladen, dann wird halt die Nächste beauftragt, deren Fahrer das machen.
Was ist Supermarktkassen betrifft. Ja ich benutze sie manchmal auch, weil es schneller geht. Aber du hast vollkommen recht, die Arbeitsplätze sind verloren. Ich kann mich z.B. auch an Zeiten erinnern als im McDonalds einen Tischabräumer gab. Der wurde auch wegrationalisiert und man wird heutzutage mit Verachtung von anderen Kunde (nicht mal vom Personal) angemacht, wenn man das Tablett nicht selbst abräumt. Da hat man uns gut hin erzogen.
Ich wäre ja immer noch dafür, dass auch so einen Selbstbedienungskasse die vollen Sozialabgaben zahlen sollte. So war es doch auch gedacht wie man das bedingungslose Grundeinkommen finanzieren will. Oder?
Oh, McDonalds… Gute Beispiel :D… Da bezahlst Du ja nicht nur am Automat, nein Du nimmst auch Deine Bestellung selbst auf… Immerhin kannst Du Dir den Kram dann an Deinen Tisch bringen lassen 😉
[…] hat vor einigen Wochen bereits über das Thema Selbstscannen geschrieben. Ich bin kein Kommunist, aber trotzdem fällt mir auf, dass hier etwas nicht stimmt. […]
Ich muss zumindest für die SB-Kassen und -Terminals eine gewisse Existenzberechtigung einräumen: Ich mag es wenn Prozesen effizent sind. Beispielsweise kaufe ich Kleinigkeiten in Supermarkt A, auch wenn B nebenan von A ist, weil der eine SB-Kassen hat und ich meine drei Brötchen schneller als an der klassischen Kasse bezahlt habe. Ich muss nicht warten bis der Großeinkauf vor mir durchgescannt ist, Oma Gertrud ihre 11,37€ passend aus dem Münzfach gekramt hat. Ähnlich bei McDonalds: Ich finde es angenehmer, selbst und in Ruhe zu bestellen, alle Optionen abzuwägen (alles zu sehen und nicht nur die paar Werbetafeln über der Theke) – und andererseits das kaffeeähnliche Heißgetränk schnell zu bestellen und zu erhalten, statt drei Minuten zu warten, bis sich (an der klassischen Kasse) das Kind vor mir überlegt, was es im HappyMeal haben will. Ich kann die Geschwindigkeit beeinflussen, die soziale Interaktion.