Wir Lkw-Fahrer sollen mehr und länger arbeiten dürfen. Also länger wie zehn Stunden pro Tag. Fordert das Thüringer Verkehrsgewerbe. Weil die Branche habe strukturelle Nachteile insbesondere gegenüber der Konkurrenz aus Osteuropa.
Sagte Martin Kammer, Hauptgeschäftsführer des Landesverbandes Thüringen des Verkehrsgewerbes (LTV), der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt.
Deshalb brauche es eine Angleichung der gesetzlichen Regelungen mit dem EU-Ausland. Denn durch Be- und Entladezeiten, Wartezeiten an Grenzen oder langwierige Parkplatzsuchen für Ruhepausen sei die Höchstgrenze für Unternehmen in der Praxis schwer einzuhalten.
Und außerdem. Diese derzeitigen bis zu zehn Stunden Arbeitszeit pro Tag wären eh nur Makulatur. Denn eigentlich werden schon heute die Arbeitsabschnitte im Transportgewerbe regelmäßig überschritten.
Denn, laut Aussage von Kammer, werden mittlerweile rund 80 Prozent der durch Behörden geahndeten Verstöße wegen Überschreitens der Höchstarbeitszeit geahndet.

Bei größeren Unternehmen kämen so je Quartal mehrere Hundert Bußgeldverfahren und entsprechend hohe Geldsummen zusammen.
Deshalb brauche es eine Ausnahme für die Branche, um die maximal erlaubte Tagesarbeitszeit im Bedarfsfall überschreiten zu dürfen.
Klingt, als arbeiten meine Kollegen und ich bald länger für den gleichen oder gar weniger Lohn.
Und das, wo Arbeitszeitmodelle in meiner Branche bereits heute als überflexibel bezeichnen werden können.
Dieser Vorschlag wird kein Gewinn für uns Fahrer sein. Auch wenn es durchaus mal Umstände gibt, wo flexible Arbeitszeiten von Vorteil sein könnten. Problem ist nur, ich kann mir keine Regelung vorstellen, bei der Beschäftigte von ihren Arbeitgebern dazu nicht gezwungen werden könnten.
Zumal, Transportverbände und Unternehmer wissen heute nicht mehr, wie unbesetzte Stellen zu kompensieren sind. Denn viele Fahrer kündigen und schmeißen den Job hin, fangen in anderen Branchen an.
Neue Fachkräfte sind nicht in Sicht, oder wenn, dann oft niedrigstes Niveau.
Statt also über neue, flexible Arbeitsmodelle nachzudenken, werden höhere Arbeitszeiten gefordert.
Nee, damit kann keine Sparte auf Dauer existieren. Ich kann jeden verstehen, der von diesem Job weg will. Es wird ja nicht besser.
Wenn sich diese geforderte Mehrarbeit wenigstens lohnen würde. Aber die weitaus meisten Fahrer bekommen ein Festgehalt.
Und ich behaupte jetzt mal frech verwegen, diese dann geleisteten Überstunden werden nicht vergütet.
Denn dem Sektor Transport geht es ja so schlecht.
Das Arbeitszeitgesetz gibt eine Obergrenze an. Die liegt doch wirklich hoch genug.
Wenn nun ausgerechnet ein Transportverband daran rütteln will, zeigt das auch, wie viel Sympathie und Interesse gewisse Unternehmer an uns Fahrern haben.
Ich habe keine Ahnung, wie es anderen Kollegen geht. Aber ich habe nach einem 10-Stunden-Tag nicht das Gefühl, „zu wenig“ gearbeitet zu haben.
Ich kann, soll und will arbeiten. Nur ab einem bestimmten Punkt ist eine reine Verlängerung der Arbeitszeit einfach nur kontraproduktiv.
Von der Frage, ab wann es gesundheitsschädlich wird, für mich und auch für andere, mal ganz abgesehen. Den neun- oder zehn-Stunden-Tag halte ich für einen ausgewogenen Kompromiss zwischen Interessen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber.
Wer das wirklich ändern will, muss es gut begründen. Das Fahrer die für osteuropäische Speditionen fahren, eventuell länger arbeiten dürfen, ist aber keine gute Rechtfertigung.
Also will man Gesetze und Verordnungen nun so um basteln, dass diese zur angeblichen Realität passen? Denn diese geforderte Mehrarbeit wird nicht verhindern, strukturelle Probleme zu übertünchen.
Fakt ist, werden sich Kammer und sein Verband damit durchsetzen, uns Fahrern wird es niemand danken. Kein Kunde, kein Vorgesetzter.
Wenn diese Stunden dann noch unbezahlt sind, ist man auf einem weiteren Weg, der Depp vom Dienst zu sein.
Also weiter Dienst nach Vorschrift. Heißt nur die Stunden arbeiten, die auch bezahlt werden. Um den Rest der erledigt werden muss, dürfen sich gerne die Leute kümmern, die eben dafür entlohnt und honoriert werden.
Denn das zu planen ist nicht des Fahrers Aufgabe und Verantwortung.
Ich frage mich ernsthaft, wann diese Erkenntnis auch die letzten Drecksklitschen erreicht oder ob man wirklich erst warten muss, bis die letzten Boomer – ja, auch ich – unter der Erde liegen.
Denn das bissel Nachwuchs was nachkommt, lässt sich nicht so schröpfen.