Ich habe seit einigen Wochen eine, viele Fahrer aber noch nicht: Die Standklima. Deshalb wurde im Internet eine Petition gestartet, die dafür wirbt, alle Nutzfahrzeuge , die im Fernverkehr eingesetzt werden, serienmäßig mit einer Standklimaanlage auszurüsten.
Das „Thüringen Journal“ im MDR berichtete am Freitag darüber. Unterschiedliche Meinungen, aber zum größten Teil positiv. Selbst die Grünen können sich vorstellen, aus dieser Onlinepetition eine richtige Petition zu machen. Nur geht es denen weniger um die Fahrer, sondern nur um den Umweltschutz. Im Stand laufende Lkw verbrauchen halt etwas Diesel. Und das ist nicht so gut für eine grüne Umwelt.
Am Donnerstag prallte auf der A2 in Brandenburg ein polnischer Lkw auf ein Stauende. Der Fahrer kam dabei ums Leben. Was die Gemüter der fahrenden Zunft seitdem erhitzt, ist nicht der Unfall ansich, sondern die wieder einmal fehlende Rettungsgasse.
Auslöser war ein Bericht in der „BZ“:
Als am Donnerstag auf der A 2 zwischen Wollin und Brandenburg an der Havel ein Sattelzug in einen zweiten Lkw donnerte, konnte anschließend die anrückende Feuerwehr nicht rechtzeitig helfen. Grund: Auf der Autobahn wurde keine Rettungsgasse gebildet. Teilweise standen drei Lkw nebeneinander. Fahrzeuge standen Stoßstange an Stoßstange, manchmal waren die Insassen der wartenden Fahrzeuge ausgestiegen.
Was ich von im Stau nebeneinander stehenden Lkw halte, habe ich letzten November schon mal beschrieben >>> Bei Staubildung? Rettungsgasse!
Geändert hat sich seitdem nichts. Noch immer ziehen Lkw-Fahrer im Stau auf die mittlere b.z.w. linke Spur. Wohl weil sie denken, einige Meter gut zu machen. Mein Verständnis dafür hält sich noch immer in Grenzen. Nicht nur, weil eben die Rettungsgasse dadurch meist unmöglich wird. Nein, auch der Stau wird unnötig länger. Die müssen sich ja irgendwann wieder rechts einordnen.
Aber nochmal zum Artikel in der „BZ“. Dieser Beitrag wurde in was weis ich wie vielen Profilen und Fahrer-Gruppen auf Facebook geteilt. Und alle schimpfen darüber, dass keine Rettungsgasse gebildet wurde. Nur, egal in welchem Stau ich hierzulande stehe, es wird so gut wie nie eine Gasse gebildet. Also entweder sehe ich nie einen von diesen vorbildlichen Kollegen oder auf Facebook geben sich wieder mal alle super vorbildlich. Ich glaube eher letzteres.
Nicht nur ein Teil der Brummifahrer möchte es nicht begreifen. Auch Pkw-Lenker und Fernbusfahrer bleiben oft stur auf ihrer Spur. Vielleicht sollten Plakate an Autobahnen auf die Pflicht hinweisen, eine Rettungsgasse zu bilden. In Österreich hat es, glaube ich, auch was genutzt.
Noch eine kleine Begebenheit von gestern früh: Ich fahre bei Lützellinden auf die A 45 und stehe noch auf dem Beschleunigungsstreifen im Stau. Auslöser war ein defektes Fahrzeug in einer Baustelle, zwei Kilometer weiter. Auf die rechte reguläre Fahrspur kam ich nicht, da keine Lücke frei war. Zwei Fernlinienbusse wollten sich partout nicht trennen. Eine Rettungsgasse gab es auch nicht. Ein Polizeiauto mit Blaulicht nutzte den Standstreifen und stand schließlich hinter mir. Endstation für eine gute Minute.
Vorbildwirkung der Polizei gleich null. Hier hätten die eine Rettungsgasse erzwingen können. Der Stau hinter dem kaputten Auto war eh schon da. Stattdessen fahren die statt mitten durch, rechts vorbei. Also so weit, bis ich im Weg stand. Wie sollen es dann Verkehrsteilnehmer begreifen?
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Die Ehefrau eines Lkw-Fahrers im Nahverkehr schilderte mir folgendes Problem:
Hallo Herr Erdmann, ich habe folgendes Problem und denken da Sie im Bereich LKW und -Rechte Erfahrung haben, können Sie uns hoffentlich dabei helfen.
Mein Mann arbeitet als Lagerist seit 9 Jahren in einer Badausstattungsfirma mit 3 Filialen in der Nähe von (…Ort entfernt). Da er einen Lkw Führerschein besitzt, macht auch Warenversorgung für die Filalen mit 7,5 tonnen LKW.
Meine Frage an Sie ist obwohl er nur auch mit Transport über 3,5 t lkw beschäftigt ist verweigert der Chef, dass die Schlüsselzahl 95 in seinem Führerschein eingetragen wird. Er meint, dass die Tätigkeit nur den Hauptberufler als Kraftfahrer betrifft. Wir haben uns informiert, dass es jeden betrifft, der rein etwas transportieren tut, dieser Kurse für Berufskraftfahrergrundqualikationsgesetzes machen muss – auch wenn man den LKW nur 1 meter von der Stelle bewegt. Der Chef verweigert sich ihn das schriftlich zu bescheinigen, dass er es nicht braucht.
Mein Mann wird 50 und wir denken, dass der Chef ihn damit belastet somit er selber seine Kündigung einreicht.. Weil der Chef neue günstigere und junge Leute einstellen möchte. Mein Mann war schon bei der zuständigen IHK und die Sache geschildert. Sie sagten ebenfalls, dass er diese Kursen machen und die Schlüsselzahl eintragen lassen muss.
Da der Chef diese verweigert hat und mein Mann nicht nach 9 jährigen Firmenzugehörigkeit schwer fällt selber zu kündigen, ist er verzweifelt. Wie sollten wir voran gehen? Was macht man in so einer Sitiuation? Der Chef versprach falls es soweit kommen sollte, dass er die Bußgelder für ihn zahlen würde aber nur mündlich. Etwas schriftliches verweigert er zu geben.
Für Ihre Bemühung an einem Antwortschreiben recht herzlichen Dank und viele Grüße.
Hallo,
der Arbeitgeber Ihres Mannes ist nicht verpflichtet, die Weiterbildung gemäß § 5 BKrFQG zu bezahlen. Das heißt, Ihr Mann muß sich selber darum kümmern. Danach kann er die Schlüsselzahl 95 in seinem Führerschein eintragen lassen. Damit wäre dieses Problem eigentlich erledigt.
Denn bedenken Sie: Alle Führer von Fahrzeugen über 3,5 t und nicht wie angenommen über 7,5 t zGG unterliegen auch beim Einsatz im Werkverkehr der Weiterbildungspflicht. Die Aussage „Fahren kann jeder“ war und ist leider immer noch weit verbreitet. Und angeblich kann man „ohne die 95“ jetzt und auch nach der Deadline 10.09.2014 Lkw fahren. Das aber ist Quark.
Denn. Es gibt die Aussage: Fährt ein Fahrer im Güterkraft- oder Personenverkehr zu gewerblichen Zwecke ohne die Schlüsselzahl 95 bzw. ohne Grundqualifikation und/oder Weiterbildung, muss er mit einem Bußgeld in Höhe von bis zu 5.000 Euro rechnen.
Sind Sie sicher, dass der Arbeitgeber Ihres Mannes dieses Bußgeld wirklich zahlt? Ich wäre da mehr als skeptisch.
Die Lage in und um Calais beschäftigt mittlerweile auch die deutschen Medien. Was allerdings bei der Berichterstattung komplett untergeht, ist das Chaos auf der anderen Seite des Ärmelkanals. Stefan Musik, Lkw-Fahrer aus Schweinfurt, stand letzte Woche in England:
Ich möchte auf diesem Weg einmal darauf aufmerksam machen, mit welchen Umständen wir Fahrer zu kämpfen haben. Ich stehe auf der M20, 44 Kilometer vor Dover und warte darauf, irgendwann mal auf eine Fähre zu kommen um nach hause fahren zu können.
Man hört in den Medien immer was von den Imigranten, die versuchen über den Eurotunnel von Frankreich nach England zu gelangen. Wer erzählt mal was von uns? Das wir Stunden oder Tage aufgereiht auf der Autobahn stehen, ohne eine Möglichkeit aufs Klo zu gehen oder zu duschen oder etwas warmes zu Essen zu bekommen, dass interessiert scheinbar niemanden.
Zu allem Überdruss werden die Touristen von den Fährgesellschaften bevorzugt behandelt und dürfen an uns vorbei in den Hafen fahren. Aber das ist ja auch verständlich, die wollen ja in den Urlaub fahren. Wir wollen ja nur nach hause zu unseren Familien, die wir eine ganze Woche nicht gesehen haben oder manche Kollegen vieleicht mehrere Wochen nicht. Wir, die dieses Europa am laufen halten und mit allem versorgen was es benötigt zum leben werden behandelt wie der letzte Dreck.