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…ohne Worte, Irgendwie

Aus einer Pressemiteilung der Polizei Bielefeld:

Am 11. 11. gegen 3.40 Uhr wurden Anwohner in der Altenhagener Straße durch einen lauten Knall und regelmäßiges Hupen geweckt. Ursache der nächtlichen Lärmbelästigung war ein Sattelzug, der in den Zaun eines Firmengeländes gefahren war. Der betrunkene Fahrer schrie wirres Zeug. Der grüne Metallzaun war stark beschädigt. Als der Zeuge sich dem Fahrzeug näherte, sprang der Fahrer heraus.

Der Zeuge eilte zurück ins Haus und alarmierte die Polizei. Als der Streifenwagen eintraf, waren Sattelzug und Fahrer verschwunden.
Nach kurzer Suche fanden die Beamten den Mann auf der anderen Seite der Firma vor einer Einfahrt.

Der 41-Jährige, der in der in der Ukraine wohnt, saß ohne Schuhe auf der Anhängerachse eines geparkten Lkw. Der beschädigte Sattelzug, der keine amtlichen Kennzeichen hatte, stand nur wenige Meter von seinem Sitzplatz.
Mit Hilfe des Zeugen, der versuchte ins Russische zu übersetzen, konfrontierten die Polizeibeamten den Ukrainer mit dem Unfall. Der stark betrunkene Mann erzählte wirres Zeug.

Im Innenraum des Unfallfahrzeugs fanden die Polizisten zwei leere Flaschen Wodka. Als die Beamten dem betrunkenen Sattelzug-Lenker eröffneten, dass er sie zur Blutprobe zur Wache begleiten müsse, wurde er aggressiv und musste gefesselt werden.
Nach der Ausnüchterung im Polizeigewahrsam, wurde der Mann mit einem Dolmetscher vernommen. Dabei kam langsam Licht ins Dunkel.

Der 41-jährige Ukrainer war bereits seit etwa zwei Monaten mit dem Lkw in ganz Europa unterwegs gewesen. Die Ladung: Nüsse im Wert von 100.000 Euro.
In der letzten Woche wollte er einen Süßigkeitenhersteller in Gütersloh beliefern. Dort wurde die Annahme verweigert, da die Nüsse aufgrund von Feuchtigkeit nicht mehr brauchbar waren. Der Fahrer machte sich auf die Heimreise.

Dabei wurde ein Überwachungsfahrzeug des Verkehrsdienstes auf den Sattelzug aufmerksam. Da große Zweifel an der Verkehrstüchtigkeit des Fahrzeugs bestanden, veranlassten die Polizeibeamten eine technische Überprüfung bei einer Spezialfirma für Nutzfahrzeuge an der Altenhagener Straße.
Dabei stellte sich heraus, dass der Zustand von Zugmaschine und Auflieger völlig desolat war. Die Kosten für eine Minimalreparatur zur Herstellung der Verkehrssicherheit wurden auf über 20.000 Euro geschätzt. Das Fahrzeug wurde stillgelegt.

Der Fahrer telefonierte mit seinem Chef, der mit dem Geld kommen sollte, seinen Mitarbeiter aber einige Tage vertröstete. Nach mehreren Übernachtungen im Führerhaus seines Lkw hatte er gestern Nacht einen erneuten telefonischen Streit mit seinem Chef.
Er fühlte sich mit einem schrottreifen Sattelzug voll mit vergammelten Nüssen im Stich gelassen und betäubte daraufhin seinen Frust mit Wodka. Volltrunken entschied er dann, einfach die Heimreise anzutreten. Weit kam er allerdings nicht. Er fuhr einmal um das Firmengelände. Dann endete seine Fahrt – wie beschrieben – vor dem Metallzaun.

5 Comments

  1. zeyringer
    zeyringer 13/11/2009

    Eine Frechheit, dass es im Transportgewerbe, obwohl sozusagen das Rückgrat für die Wirtschaft, so schlimm zugeht 😕

    Die Politiker schwingen immer nur euphemistische Sonntagsreden und träumen von irgendwelchen europäischen Visionen – die Auswirkungen der beschlossenen Gesetze in der Praxis sind ihnen oft nicht einmal bekannt 🙁

    Die Apotheken sind ein geschütztes Gewerbe, mit der Begründung, dass sie für die Gesundheit der Menschen unablässig sind.

    Ohne LKW ist die arbeitsteilige Wirtschaft heutzutage undenkbar, es würde vieles sofort zusammenbrechen, weil ja auch die Lagerhaltung minimal ist:
    Also, warum schützt man das Transportgewerbe nicht genauso wie die Apotheken, denn es ist für die Gesundheit der Wirtschaft unablässig! 😀

  2. hajo
    hajo 13/11/2009

    Ich kann verstehen, dass der arme Kerl gefrustet ist und somit anfällig für gewisse Versuchungen, aber das soll er in seiner Koje abhandeln. Es ist schon ein Kreuz mit den skrupellosen Spediteuren, die die Not Einzelner ausnutzen und diese mit Schrottfahrzeugen losschicken. Was aber ein besonderer Skandal ist, ist die Tatsache, dass noch nicht einmal an den Grenzen unserer gelobten Wirtschaftsmacht solche Kisten ausgemustert werden.
    Da wird in Brüssel Furz und Feuerstein reglementiert, aber entsprechende Massnahmen zu treffen …
    Ob da wohl auch eine „Maffia“ ihre Finger (oder entsprechend bedrucktes Papier) drin hat?
    Ich denke mal, dass ein Schutz des Transportgewerbes nach Art der Apotheken an der Vielfalt der Aufgaben scheitern würde
    .. und warum noch mehr Formalismus und Reibung schaffen? Maik und Kollegen ist m.E. damit nicht gedient.

  3. Ralf
    Ralf 13/11/2009

    Arme Socke? Ich habe wenig Bedauern für jemanden übrig der meint er würde mit einer absoluten Schrottmühle straffrei mehrere tausend Kilometer quer durch Europa kommen. Da muss man entweder sehr naiv, sehr abgezockt oder wirklich dringend auf das Geld angewiesen sein.
    Auf der anderen Seite wird es vielleicht für den Verlader eine Lehre sein und in Zukunft wird er es sich zweimal überlegen ob er 100.000 Euro auf einen rollenden Schrotthaufen verlädt.

  4. Stephie
    Stephie 14/11/2009

    Na ja Ralf, nicht jeder lebt im goldenen Westen. Mir tun diese Leute leid, daß sind auf gut deutsch gesagt, ganz arme Schweine. Die haben keine Möglichkeit sich zu wehren und da bleibt halt nur der Griff zur Flasche.
    Bei vielen Mitteleuropäern reicht da schon ein kleinerer Anlaß um sich volllaufen zu lassen.

    Mich würde interessieren, was aus dem Mann jetzt geworden ist. Geld um seine Strafe zu bezahlen, hat er sicher nicht.

  5. Ralf
    Ralf 14/11/2009

    Arme Schweine sind das nicht unbedingt. Aber dumme Schweine meistens schon. Der Trick zieht nämlich auch in Westeuropa. Gib einem „Trucker“ einen polierten und mit viel Chrom ausgestatteten LKW, dazu noch reichlich PS unter der Haube und er wird keine weiteren Fragen stellen. Außen hui, innen pfui.
    Das funktioniert sogar in Holland. Die Holländer fahren die schönsten LKWs. Die sind aber auch nicht gerade billig. Also fahren die Holländer grundsätzlich zu schnell und pfeifen auf jede Lenk- und Ruhezeit. Das alles für ein bisschen Chrom und und billigen Tinnef am LKW.

    Ich kann da irgendwie kein Mitleid entwickeln. Wenn ich nach Holland oder Belgien muss, dann sehe ich zu das ich maximal 82km/h fahre und am LKW alles
    tipptop in Ordnung ist.
    In Deutschland sehe ich ebenfalls zu das der LKW zumindest technisch in Ordnung ist. Ich könnte auch einen besser bezahlten Job haben. Dafür müsste ich dann aber entweder mit so einem Seelenverkäufer rumfahren oder das mit den Lenk- und Ruhezeiten nicht so genau nehmen. Das ist es mir aber (nicht mehr) wert. Man muss halt Prioritäten setzen und sich überlegen was man wofür riskiert. Wenn ich eine Strafe erhalte weil ich mit abgefahrenen Reifen rumfahre, dann ist es letzten Endes meine eigene Schuld.

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