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Im Land der drei Meere

Waldmeer, Sandmeer, nix mehr. So nannte man bereits in der DDR die Gegend ganz oben im äußersten Nordosten dieses Landes. Und irgendwie hat dieser Begriff eine zeitüberdauernde Bedeutung. Selbst eine neue Autobahn schafft es nicht, diese Gegend näher an Deutschland zu bringen.
Dafür dind die Menschen liebenswert, störrisch, nett. Ein Tankstellenbetreiber antwortete auf die Frage nach Wasser für meinen Kanister: „Den Hahn draussen habe ich abgeschraubt. Die mit den Wohnmobilen treiben mich sonst in den Ruin!“

Dann nahm er wortlos den Behälter und befüllte ihn im für Kunden abgesperrten Bereich seiner Tankstelle.

Meine letzte der drei Abladestellen war in einem Dorf, in der Nähe von Demmin. „Es wird immer schlimmer“, sagte der Staplerfahrer am Ende der Entladung. „Die Dörfer sind noch immer am zerfallen. Und die Menschen? Na ja. Grauer Alltag, nur Aussichtslosigkeit.“
„Von den jüngeren ziehen sicher viele weg“, fragte ich ein wenig naiv. „Ja, die können das. Aber wir Alten? Weggehen, umziehen, dass ist leicht gesagt. Wohin und womit denn? Das Haus verkaufen? Hier zahlt doch keiner was dafür.“

Weit bin ich nicht mehr gekommen. Ich stehe noch immer irgendwo bei Demmin. Vorhin habe ich im Internet gelesen, dass die Politik hier versagt hat und die Menschen deshalb für die Einfachheit der rechten Parolen besonders empfänglich sind.
Keine Ahnung, ob das so ist. Vielleicht erhoffen sich die Leute auch nur ein wenig Aufmerksamkeit. Wenn alle paar Jahre Journalisten in’s Land einfallen um nach den Ursachen zu suchen, ist das auch ein wenig Abwechslung in der Leere und Einsamkeit hier oben.

Im Land der drei Meere

9 Comments

  1. Donner Littchen
    Donner Littchen 24/04/2012

    „Waldmeer, Sandmeer, nix mehr“

    Super, den Spruch hab ich schon lange nicht mehr gehört 🙂

    Dazu passt:
    An welchem Schild auf der Autobahn kannst du wenden?
    „Willkommen in Brandenburg“

    Traurig aber wahr …

    msG
    Donner-Littchen

  2. Stephan
    Stephan 24/04/2012

    Ja, dann bleiben die Berliner daheim.
    Villeicht besser so

  3. SpaceFalcon
    SpaceFalcon 24/04/2012

    Landschaftlich eine schöne Gegend, will ich nicht abstreiten, jedenfalls gibt es keine Berge 😉

    Die Landflucht (im wahrsten Sinne des Wortes) der Jugend ist aber auch in der einen oder anderen Region im alten Westen zu beobachten, und hieben wie drüben interessiert das die Politiker / Verantwortlichen herzlich wenig.

    Wenn ich mich bei mir in der Stadt umschaue, grausig! In dem einen oder anderen Nachbarkreis sieht es tlw.sogar noch düsterer aus.

    Aber wie schon Altkanzler Kohl einst sagte, Ost und West werden sich angleichen, er sagte ja nie, wer sich wem angleicht. 😉

  4. Hajo
    Hajo 24/04/2012

    den Spruch mit den Meeren gab es auch schon „in grauer Vorzeit“ hier in Frankfurt am Main in Verbindung mit dem Henninger-Turm 😉
    tagsüber ein Häusermeer
    nachts ein Lichtermeer
    na ja und bei Nebel ..

  5. Andreas
    Andreas 24/04/2012

    der Henningertum ist bald garnichmeer 🙁

  6. Ralf
    Ralf 25/04/2012

    Mittlerweile gibt es schon Stadtflucht. Fahr mal nach Gelsenkirchen, das lässt sich am besten mit „GarNichtsMeer“ beschreiben.

  7. maik
    maik 25/04/2012

    @Ralf: Stimmt. Die ziehen alle nach Dortmund 🙂

  8. Ralf
    Ralf 26/04/2012

    Naja, in Dortmund sieht es auch nicht viel besser aus. Außerdem sind die da nicht willkommen 😉

    Also ich würde die ganzen Mini-Mini-Dörfer in MeckPomm schön einebnen und die paar Leute in ein paar etwas größere Dörfer umsiedeln. Dann aus dem ganzen Bundesland ein schönes Naturschutzreservat machen. Mit dem Geld was die durch den Tourismus verdienen könnten, würde es denen deutlich besser gehen als jetzt.

  9. maik
    maik 28/04/2012

    @Ralf: Na na na. Da gibt es keine Braunkohle. Vielleicht irgendwann Braunbären. Aber bis es soweit ist, streifen noch einige Wölfe mehr durch die Gegend.

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