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Nachts ist nicht alles grau

Trotz Einhaltens der Höchstgeschwindigkeit haftet ein Unfallgeschädigter mit, wenn er bei Dunkelheit nicht so angepasst fährt, dass er innerhalb einer überschaubaren Strecke rechtzeitig vor einem Hindernis, das sich auf seiner Fahrbahn befindet, anhalten kann.
Denn der Kraftfahrer muss seine Geschwindigkeit auch auf unbeleuchtet auf der Fahrbahn befindliche Fahrzeuge einrichten.

Kommt es zu einem Unfall, weil der Unfallverursacher auf der Straße wendet und der Anhänger quer zur Fahrbahn des Unfallgeschädigten steht, als dieser die Straße entlangfährt, trägt der Verursacher zwar den überwiegenden Haftungsanteil.

Der Unfallgeschädigte haftet aber zu ¼, wenn er die gebotene Sichtgeschwindigkeit nicht eingehalten hat. Das geht aus einem jetzt bekannt gewordenen Urteil des Landgerichts Köln vom 25. März 2010 hervor (Az.: 29 O 112/09).

Im vorliegenden Fall fuhr ein Autofahrer bei Dunkelheit in einen quer auf der Fahrbahn stehenden Anhänger eines Lkw.

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8 Kommentare

  1. Ralf
    Ralf 24/10/2010

    Na dann fragen wir doch gleich mal in die Runde wie weit die Scheinwerfer ohne Fernlicht leuchten, wie lang der Bremsweg bei 70km/h ist und wie lang der Anhalteweg ist (trockene Fahrbahn vorausgesetzt).
    Ich bin mir fast sicher das so gut wie kein einziger Autofahrer darauf eine halbwegs qualifizierte Antwort geben kann.

    Bei einer Geschwindigkeit von 70km/h ergibt sich auf trockener Strecke ein Bremsweg von 49m, ein Reaktionsweg von 21m und somit ein Anhalteweg von 70m.
    Nimmt man jetzt mal hochmoderne Xenon-Scheinwerfer, dann hat man bei diesen eine Reichweite von rund 70m (im Idealfall).
    Demnach dürfte man bei Dunkelheit mit Xenon-Scheinwerfer auf unbeleuchteten Straßen maximal 70km/h fahren. Mit H7/H4 oder gar Bilux noch deutlich weniger!

  2. Stefan
    Stefan 24/10/2010

    Da sieht man mal wie Weltfremd unsere Richter sind, kein Mensch fährt nachts langsam nur weil man nicht viel weiter als 70m sehen kann.

    Wenn alle so fahren würden wie es Gerichte vorschreiben, würde sich kein Rad mehr drehen…

    Grüße

  3. Björn
    Björn 24/10/2010

    Im Prinzip ist das Gesetz einfach viel zu schwammig was das angeht. Das trifft einem nicht nur in diesem Beispiel. Sondern auch in vielen anderen Unfallbildern. Es heißt immer wieder: „Die Geschwindigkeit ist den Straßen- und Sichtverhältnissen anzupassen.“ Wenn es zum Unfall kommt, ist dies nunmal nicht der Fall gewesen. Selbst wenn man nur 10 km/h gefahren ist. Das interessiert die Sherrifs nicht. Daher ist eine Mitschuld immer möglich, selbst wenn einem die Vorfahrt genommen wurde.

  4. truckstop24.net
    truckstop24.net 24/10/2010

    Da in diesem Lande eh alles scheintot/blind ist und mit voll aufgeblendeten Scheinwerfern fährt, egal ob Gegenverkehr kommt, oder man innerorts ist, wäre es noch müßiger, sich über den Gesundheitszustand der Richter Gedanken zu machen.

    Viel mehr hätte mich interessiert, wie das Urteil ausgefallen wäre, wenn der Laster dort haargenau so gestanden hätte, weil er verunfallt gewesen ist.

    Naja, alles nicht mehr normal in den deutschen Köppen – gesund ist was anderes.

  5. karsten
    karsten 24/10/2010

    mal ganz ehrlich: wie verantwortungslos und dumm muss man sein, um bei dunkelheit auf solch einer strecke mit einem haengerzug zu wenden?

    ich kenne es ja selber…da faehrt an uebers land, verpasst eine strasse/einmuendung und muss wenden…aber ich fahre dann lieber 10km geradeaus, bis sich mir eine sichere moeglichkeit bietet, bevor ich SO etwas mache.

  6. Ralf
    Ralf 24/10/2010

    @stefan: „kein Mensch fährt nachts langsam nur weil man nicht viel weiter als 70m sehen kann.“

    du hast das Urteil und den Sinn dahinter nicht verstanden. es verbietet dir auch niemand so schnell zu fahren wie erlaubt ist. Allerdings trägst du dann selber das Risiko für einen Schaden. Und das ist hier nun einmal der springende Punkt.
    Unfallverursacher war der LKW-Fahrer, dies ist unstrittig. Der Unfall hätte vermieden werden können, hätte er dort nicht gewendet. Allerdings hätte der Unfall ebenso vermieden werden können, wäre der PKW lediglich sio schnell gefahren, wie er sein Auto innerhalb seiner Sichtweite zum Stehen bringen kann.

    Ich verstehe gerade nicht was an dem Urteil unbegreifbares ist. Wenn einer bei Glatteis mit 100 Sachen über die Autobahn kachelt, wird er ohne Probleme von allen für verrückt erklärt. Bei der Geschwindigkeit ist es kaum möglich das Auto noch sicher zum stehen zu bringen.
    Wenn einer mit 100 Sachen durch den Nebel rast und 2 Meter Sicherheitsabstand hält, stellt ja auch niemand die Schuld in Frage. Bei Nebel hält man vergrößerten Abstand und fährt langsam.
    Aber bei Dunkelheit, wo man eben so wenig sehen kann, da darf man plötzlich so schnell fahren wie man will ohne jegliches Risiko übernehmen zu müssen??? Ach ja, schuld sind IMMER die anderen.

    Da muss ich mich der Frage von truckstop24 anschließen: Was wäre denn, wenn es ein Unfall anstatt eines Wendemanövers gewesen wäre?

  7. Stefan
    Stefan 26/10/2010

    @Ralf

    Ich hab, so glaube ich, schon verstanden was Du sagen willst. Ich habe auch nicht geschrieben das ich das Urteil „unbegreifbar“ oder nicht „nachvollziehbar“ finde. Im Grunde finde ich das Urteil sogar ziemlich gerecht.

    Trotzdem fährt kein Mensch immer exakt so wie sich das Gerichte wünschen würden. Wenns so währe, würde ich jeden morgen auf dem Arbeitsweg nicht schneller als 0km/h fahren. Ohne Abstandsunterschreitung und missachtung des Sichtfahrgebots währe einfach nur noch Dauerstau. Leider bin ich gezwungen eine 2-Spurige Straße mit einem DtV von ca.140´000 Kfz/24h zu benutzen. Komisch, da urteilt kein Richter das der Baulastträger 2-3 Spuren zusätzlich bauen muss um sicherers fahren zu ermöglichen.

    So gesehen hast Du recht, im Grunde sind immer die anderen Schuld. Würden die nicht alle zur selben Zeit da lang müssen, könnte ich auch schön Gesetzeskonform fahren… 🙂

    Grüße

  8. Ralf
    Ralf 26/10/2010

    @stefan: Dauerausrede bei LKW-Fahrern wenn sie wegen zu geringen Abstand angehalten werden „Der hat gebremst!!“ plus etliche Erklärungen warum ausschließlich der andere und sie selber nicht schuld sind.

    Klar kann man nicht immer so fahren das ein Unfall vermeidbar ist. Ich selber habe auch schon einen Unfall verursacht. Bei 30 km/h, in der Baustelle, bei Regen und Dunkelheit, auf unebener Fahrbahn und mit einem Auge auf den Stau vor mir.
    Die Versicherung hatte ohne Murren gezahlt. Der Kommentar von der Versicherung (besser gesagt von deren Anwalt): Das fällt schon fast unter Höhere Gewalt. Für solche Unfälle sind Versicherungen da.
    Bei einen anderen Unfall hatte eben genau die gleiche Versicherung geklagt. Ergebnis: 70/30-Teilung zu Ungunsten des Unfallgegners.
    Ein Gutachter hatte bestätigt das die Unfallschäden nicht zur Schilderung des Unfallgegners passten. Ich hätte einen Bogen fahren müssen um solch einen Schaden zu verursachen. Es war trotzdem nicht auszuschließen, dass der Unfall verhindert hätte werden können, wenn ich nicht angefahren wäre.

    Es gibt Unfälle die sind vermeidbar und es gibt Unfälle die sind kaum vermeidbar. Das Urteil sagt ganz klar aus, dass viele Unfälle vermeidbar wären, bzw. die Schäden geringer ausfallen würden, würden die Kraftfahrer erst denken und dann lenken. Und dazu gehört z.B. auch ein gewisser Sicherheitsabstand. Auch auf stark befahrenen Straßen. Auch im Berufsverkehr. Denn selbst wenn der Unfall nicht zu vermeiden ist, können seine Folgen durch eine leicht geänderte Verhaltensweise deutlich gemindert werden.

    In den oben geschilderten Fall hätte die Versicherung wahrscheinlich bereitwilliger gezahlt, wenn der Autofahrer einfach langsamer unterwegs gewesen wäre. Der Unfall wäre dann zwar auch noch passiert, jedoch mit geringeren Schäden.

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