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Kategorie: Gastbeitrag

Der letzte macht den Motor aus

Von Udo Skoppeck

Ein Feuilleton über Lkw-Fahrer, Ausbeutung und die Illusion der grünen Wende

Wenn irgendwo in Deutschland ein Lkw-Fahrer um vier Uhr morgens den Motor startet, denkt kaum jemand darüber nach, welche Geschichte hinter diesem Moment steckt.
Der Brummi rollt, die Waren kommen an, der Supermarkt ist voll – das System funktioniert. Doch was ist mit den Menschen hinter dem Steuer?

Die unsichtbaren Lastenträger der Wirtschaft

Lkw-Fahrer sind nicht die gefeierten Stars der Wirtschaft – und das s(w)ollen sie wohl auch nicht sein. Schließlich läuft das System auch dann reibungslos, wenn sie kaum jemand wahrnimmt.
Die Regale füllen sich wie von Geisterhand, die Industrieproduktion bleibt stabil, und der Onlinehandel boomt. Wer braucht da schon Gesichter hinter dem Lenkrad?

Während in Talkshows über die Zukunft der Mobilität debattiert wird, verbringen Fahrer ihre Nächte auf staubigen Rastplätzen, schlafen in ihren Kabinen und ernähren sich von Tankstellen-Sandwiches.
Fern der Heimat, mit Arbeitszeiten, die kein Büroangestellter jemals akzeptieren würde – aber wer würde sich darum kümmern?

Wichtig ist nur, dass der Transport billig bleibt und die Lieferkette funktioniert. Und wenn es um Löhne geht?
Nun ja, man kann ja immer noch billigeres Personal aus fernen Ländern holen, das sich nicht so anstellt. Lkw-Fahrer, die in der Realität aber systematisch ausgebeutet wird.

Die Abwärtsspirale begann nicht gestern. Schon vor über einem Jahrzehnt habe ich, gemeinsam mit Gleichgesinnten, Alarm geschlagen. Während Politiker über Verkehrsprojekte philosophierten, rollten osteuropäische Speditionen mit Dumpinglöhnen über die Autobahnen, angetrieben von einer Logistikbranche, die immer günstigere Preise forderte.
Speditionen, die Fahrer aus Drittstaaten für Hungerlöhne durch Europa schickten – wochen-, manchmal monatelang in den Kabinen lebend. Und was tat die Politik? Sie schaute zu.

CO₂-Preis: Die moderne Ablasszahlung der Politik

Nun, in Zeiten der Klimadebatte, tritt ein neuer Akteur auf die Bühne: der CO₂-Preis. Offiziell soll er Anreize schaffen, klimafreundlicher zu wirtschaften.
In der Praxis trifft er aber vor allem diejenigen, die ohnehin kaum noch Luft zum Atmen haben.

Symbolbild der letzte macht den Motor aus

Höhere Dieselpreise verteuern die Transporte, doch statt die Mehrkosten fair auf alle zu verteilen, werden sie auf die Fahrer und Speditionen abgewälzt.
Kleine Unternehmen gehen kaputt, während Großkonzerne mit politischem Rückenwind weiter expandieren.

Die Ironie dabei? Diesel-Lkw werden verteufelt, doch Alternativen fehlen. E-Lkw? Eine nette Idee, aber in der Praxis kaum einsetzbar für den Fernverkehr. Wasserstoff? Noch nicht marktreif.
Während die Politik Luftschlösser baut, stehen Fahrer vor der harten Realität: höhere Kosten, gleichbleibende Löhne, schlechtere Bedingungen.

Die Grünen feiern sich für ihre Klimapolitik, während auf den Rastplätzen Europas Fahrer aus ärmeren Ländern in ihren Kabinen hausen, weil sich die Übernachtung im Hotel nicht lohnt. Nachhaltigkeit? Für wen?

Engagement gegen die Windmühlen

Seit Jahren kämpfe ich mit Kollegen, Aktivisten und Unterstützern gegen diese Entwicklungen. Wir haben demonstriert, Petitionen gestartet, Gespräche mit Politikern geführt. Manchmal wurden wir gehört, oft ignoriert.
Die wahren Machtverhältnisse liegen nicht in den Parlamenten, sondern in den Chefetagen der Logistikkonzerne und bei den Lobbyisten in Brüssel.

Doch Aufgeben ist keine Option. Wenn sich eines gezeigt hat, dann, dass Veränderung nur durch Beharrlichkeit kommt. Wir haben es geschafft, das Thema Ausbeutung in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken. Aber es reicht nicht, nur darüber zu reden – es braucht politische Konsequenzen.
Faire Löhne, klare Regeln, effektive Kontrollen. Und eine Verkehrswende, die nicht auf dem Rücken derjenigen ausgetragen wird, die ohnehin schon den härtesten Job haben.

Ein System am Abgrund

Transportiert wird immer, auf die eine oder andere Weise. Die Frage ist nicht ob, sondern wie und zu welchem Preis – und wer ihn zahlt.

Seit Jahren kämpfen wir gegen Dumpinglöhne, Sozialdumping und die Ausbeutung von Fahrern, aber die grundlegenden Probleme bleiben bestehen oder verschärfen sich sogar.
Die CO₂-Bepreisung und die steigenden Dieselpreise treffen nicht die Konzerne, sondern die, die ohnehin schon am Limit arbeiten.

Kleine und mittelständische Speditionen sterben, während große Logistikkonzerne mit politischen Seilschaften im Rücken weiterwachsen.
Und die Fahrer? Sie werden durch noch billigere Arbeitskräfte ersetzt, aus Drittstaaten angeworben und unter Bedingungen gehalten, die kaum jemand für menschenwürdig hält.

Was kann man noch tun?

1. Politischer Druck und öffentlicher Diskurs

Die Wahrheit ist: Ohne politischen Druck ändert sich nichts. Wir müssen weiter laut sein – in den Medien, in der Öffentlichkeit, in den politischen Gremien.
Es reicht nicht, dass das Thema mal in einem Bericht auftaucht. Es muss dauerhaft auf der Agenda bleiben. Ein EU-weiter Mindestlohn für Fahrer, verpflichtende Sozialstandards und eine bessere Kontrolle des Kabotageverkehrs sind längst überfällig.

2. Klare Verantwortlichkeiten und Sanktionen

Das Problem ist nicht der osteuropäische Fahrer, der für einen Hungerlohn fährt. Das Problem sind die Auftraggeber, die sich um soziale Verantwortung drücken.
Großkonzerne lagern die Verantwortung aus und tun so, als hätten sie mit den Arbeitsbedingungen auf der Straße nichts zu tun. Das muss sich ändern. Wer von Dumping profitiert, muss zur Rechenschaft gezogen werden – finanziell und juristisch.

3. Technologie und faire Transformation statt blinder CO₂-Steuern

Eine echte Verkehrswende kann nicht bedeuten, dass die Preise steigen und die Schwächsten zahlen. Es braucht echte Alternativen: Infrastruktur für alternative Antriebe, praktikable Konzepte für den Güterverkehr, eine Stärkung der Bahn ohne die Vernachlässigung des Lkw-Verkehrs.
Wer einfach nur verteuert, ohne Lösungen anzubieten, betreibt Politik auf Kosten derer, die keine Lobby haben.

4. Fahrer stärken – nicht ersetzen

Es gibt immer mehr Ideen, Fahrer durch autonomes Fahren zu ersetzen, statt ihre Arbeitsbedingungen zu verbessern. Doch bis selbstfahrende Lkw wirklich eine flächendeckende Alternative sind, wird es noch Jahrzehnte dauern.
In der Zwischenzeit bräuchte es bessere Löhne, vernünftige Arbeitszeiten und menschenwürdige Bedingungen für Fahrer. Aber das kostet Geld – und daran scheitert es.

Fazit: Weiterkämpfen oder zuschauen?

Wir stehen vor der Entscheidung: Nehmen wir diese Ungerechtigkeit einfach hin, oder kämpfen wir weiter? Die Politik wird nicht von allein aktiv.
Große Konzerne werden nicht plötzlich freiwillig fairer. Aber wenn die Betroffenen selbst nicht mehr aufstehen, dann passiert gar nichts.

Also bleibt nur eins: Laut bleiben, unbequem sein und weiter Druck machen. Denn wenn sich nichts ändert, dann zahlen am Ende alle – nur eben nicht die, die am meisten profitieren. 

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Die erschreckende Realität der Transportbranche

Von Udo Skoppeck

1. Historische Parallelen: Jahrzehnte des Missbrauchs

Bereits in den 1980er Jahren kam es in Deutschland zu wilden Streiks, beispielsweise von Fahrern der Firma Stadler in Hengersberg, die auf dem Autohof Feuerecker protestierten.

Die Missstände waren schon damals ähnlich: Unbezahlte Löhne, miserable Arbeitsbedingungen und ein völlig aus dem Ruder gelaufener Wettbewerb, der nur noch auf Lohndumping und Ausbeutung basierte.

2. Die Streiks von Gräfenhausen: Das erste Aufbäumen der Fahrer im April 2023

Rund 60 Fahrer einer polnischen Spedition legten ihre Arbeit nieder, da sie monatelang keinen Lohn erhalten hatten.
Nach zähen Verhandlungen zahlte der Arbeitgeber die ausstehenden Gehälter.

September 2023: Ein weiterer Streik folgte, diesmal mit Hungerstreik von etwa 30 Fahrern. Nach massivem öffentlichen Druck kam es erneut zu einer Lohnzahlung.
Ergebnis: Zwar erhielten die betroffenen Fahrer ihr Geld, aber an den grundsätzlichen Problemen änderte sich nichts. Politik und Kontrollbehörden schauten tatenlos zu.

3. Die neuen Opfer: Simbabwische Fahrer und der Fall Hegelmann im Januar 2025

Zehn Fahrer aus Simbabwe protestieren, nachdem sie monatelang in ihren Lkw hausen mussten und mit nur dreißig Euro pro Tag abgespeist wurden.

Berichte über Einschüchterung, Bedrohung und sogar versuchte Entführungen häufen sich.
Ihr Arbeitgeber? Eine slowakische Tochterfirma des deutschen Logistikriesen Hegelmann.

Die Fahrer fordern lediglich ihr verdientes Geld – doch ihr Kampf zeigt, dass sich in der Branche nichts verändert hat.

4. Der Fall Sherbodzek Khudayberdiev

Der usbekische Fahrer, angestellt bei Baltic Transline (Litauen), bleibt Ende Januar 2025 in Venlo stehen.
Seine Forderung: Zahlung seines ausstehenden Lohns, den er seit über sechs Monaten nicht vollständig erhalten hat.

Sein „Verbrechen„: Er nutzt sein gesetzlich verbrieftes Zurückbehaltungsrecht, um seinen Lkw und die Ladung nicht herauszugeben, bis er bezahlt wird. Reaktion des Arbeitgebers: Versuche, den Anhänger gewaltsam zu entfernen.
Einschüchterung durch eine litauische Schlägertruppe. Sperrung seiner Temporary Resident Card (TRC), um ihn in einen illegalen Status zu drängen und seine Abschiebung zu erzwingen.

Seine Angst: Er schläft kaum noch, aus Angst, überfallen oder getötet zu werden. Die erschreckende Realität: Eine Branche im moralischen Verfall.
Die Branche ist so verrottet, dass selbst bestehende Gesetze – wie das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz oder die Generalunternehmerhaftung nicht greifen.

Ein weißer lkw daf aus Osteuropa
Eine typische Kombination: Zugmaschine neutral weiß. Auflieger meist graue oder wie hier rote Plane oder weißer Kühler. Oft ohne Werbung, um nicht aufzufallen.

Unternehmen haben ein perfektes System entwickelt, um Fahrer aus Drittstaaten auszubeuten: Sie rekrutieren gezielt Arbeitskräfte aus armen Ländern.
Sie halten sie in völliger Abhängigkeit, indem sie Dokumente einbehalten oder sperren.Sie setzen auf Gewalt und Einschüchterung, um ihre Profite zu schützen.

Ein Versagen auf ganzer Linie

Nationale Behörden versagen auf ganzer Linie: Das BALM (Bundesamt für Logistik und Mobilität) kontrolliert kaum.
Verstöße gegen EU-Vorschriften werden oft nicht an ERRU (Europäisches Register für Verkehrsverstöße) gemeldet.

Unternehmen wie Hegelmann oder Baltic Transline agieren nahezu rechtsfrei, da sich die Politik nicht bewegt.
Schlussfolgerung: Wann wacht die Exekutive endlich auf? Es gibt genug Gesetze! Das Problem ist nicht die fehlende Regulierung, sondern die fehlende Durchsetzung.

Gräfenhausen war der Anfang

Wie viele Fahrer müssen noch leiden? Wie viele müssen noch von Schlägertrupps bedroht werden, bevor Politik und Behörden reagieren?
Deutschland und Europa brauchen eine knallharte Exekutive, die gegen diese Machenschaften endlich durchgreift!

Gräfenhausen war nur der Anfang. Wenn sich nichts ändert, werden wir noch viele solcher Streiks erleben – mit Fahrern, die um ihr Leben fürchten müssen.

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Eine kurze Beschreibung der Positionen der Parteien zu den Themen Transport und Logistik, basierend auf den vorliegenden Informationen aus den Wahlprogrammen

Von Udo Skoppeck

Hier ist eine kurze Beschreibung der Positionen der Parteien zu den Themen Transport- und Logistikbranche basierend auf den vorliegenden Informationen aus den Wahlprogrammen.

1. Infrastruktur: Massiver Ausbau und Sanierung von Straßen, Brücken und Schienen, um den Güterverkehr effizienter zu machen.
Förderung von Logistik-Hubs, die multimodale Transporte (Schiene, Straße, Wasser) ermöglichen.

2. Klimaschutz: Verpflichtung zur CO₂-Reduktion im Güterverkehr durch Förderung von Elektro-Lkw und wasserstoffbetriebenen Fahrzeugen.
Subventionierung von klimafreundlicher Transporttechnologie und Ladeinfrastruktur.

3. Arbeitsbedingungen: Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Lkw-Fahrer durch fairen Lohn, bessere Raststätten und Aufnahme der Lkw-Fahrkabine in den Schutz der Arbeitsstättenverordnung.

4. Digitalisierung: Digitalisierung des Güterverkehrs durch intelligente Verkehrslenkung und Investitionen in digitale Plattformen zur besseren Koordination von Transportströmen.

CDU/CSU (Christlich Demokratische Union/Christlich-Soziale Union)

1. Infrastruktur: Planungszeiten für Infrastrukturprojekte wie Autobahnen und Brücken halbieren.
Förderung von Elektromobilität im Logistiksektor durch Ausbau der Ladeinfrastruktur.

2. Arbeitsbedingungen: Keine spezifischen Vorschläge zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Lkw-Fahrer.
Fokus auf die Digitalisierung von Transportprozessen, um Arbeitsabläufe effizienter zu gestalten.

3. Klimaschutz: Unterstützung alternativer Antriebe, wie E-Fuels und Wasserstoff, um den Straßengüterverkehr nachhaltiger zu gestalten

1. Bürokratieabbau: Einführung eines „bürokratiefreien Jahres“ für Unternehmen, um den administrativen Aufwand in der Logistik zu reduzieren.
Erleichterung bei Führerscheinerwerb und Qualifikationen für Lkw-Fahrer.

2. Digitalisierung: Förderung von autonomen Fahrzeugsystemen und KI-gestützten Technologien für die Logistikbranche. Ausbau der digitalen Infrastruktur für bessere Vernetzung von Logistikunternehmen.

3. Infrastruktur: Vereinfachung von Genehmigungsverfahren für neue Verkehrsprojekte, um den Ausbau der Logistikinfrastruktur zu beschleunigen.

1. Klimaschutz: Förderung des Schienengüterverkehrs als Alternative zur Straße.
Subventionierung von emissionsarmen Lkw und Aufbau einer klimafreundlichen Lade- und Wasserstoffinfrastruktur.

2. Arbeitsbedingungen: Keine spezifischen Vorschläge zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Lkw-Fahrern, allerdings generelle Förderung von Arbeitsrechten.

3. Digitalisierung: Einsatz von digitaler Technologie zur Effizienzsteigerung im Transportwesen.

1. Arbeitsbedingungen: Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Lkw-Fahrer durch „gemeinwohlorientierte Raststätten“.
Abschaffung von Gebühren wie Sanifair, um die Rastmöglichkeiten fairer zu gestalten. Förderung fairer Löhne und verbesserter Sozialstandards.

2. Klimaschutz: Förderung des Schienengüterverkehrs und schrittweiser Abbau des Straßengüterverkehrs.
Ablehnung von Gigalinern und Oberleitungs-Lkw.

3. Infrastruktur: Investitionen in nachhaltige Logistik-Infrastruktur, wie emissionsarme Güterbahnhöfe und Umschlagsplätze.

1. Infrastruktur: Ausbau von Straßen und Brücken für den Straßengüterverkehr.
Ablehnung von Umweltauflagen und klimapolitischen Maßnahmen.

2. Klimaschutz: Keine Einschränkungen für fossile Energien im Transportsektor.
Kritik an Subventionen für alternative Antriebe.

3. Arbeitsbedingungen: Keine konkreten Pläne zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Lkw-Fahrer

1. Klimaschutz: Förderung von emissionsarmen Technologien, ohne den Fokus ausschließlich auf Elektroantriebe zu legen.
Ausbau des Schienengüterverkehrs als nachhaltige Alternative zur Straße.

2. Arbeitsbedingungen: Bessere Bezahlung und Arbeitsbedingungen für Lkw-Fahrer, ähnlich wie bei der SPD.
Keine genauen Aussagen zur Umsetzung.

3. Infrastruktur: Investitionen in öffentliche und nachhaltige Verkehrsinfrastruktur.

Fazit

Die SPD, Die Linke und teilweise die Grünen legen großen Wert auf faire Arbeitsbedingungen und nachhaltigen Transport. Die FDP und CDU/CSU fokussieren sich stärker auf Bürokratieabbau, Digitalisierung und technologischen Fortschritt, während die AfD den Straßengüterverkehr ohne Einschränkungen weiter fördern will.
Das BSW versucht, eine ausgewogene Position zwischen Klimaschutz und sozialer Gerechtigkeit zu finden.

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Gesellschaftliche Fehlentscheidungen: Eine Chronologie des Versagens – und die Verantwortung jedes Einzelnen

Wer meine letzten Beiträge und die der vergangenen Jahre verfolgt hat, erkennt ein klares Muster: Eine Chronologie gesamtgesellschaftlicher Fehlentscheidungen, die sich über Jahrzehnte und durch alle politischen Parteien ziehen.

Gastbeitrag von Udo Skoppeck

Diese Fehler sind nicht das Ergebnis einzelner Missgeschicke, sondern Ausdruck eines Systems, das konsequent an den Bedürfnissen der breiten Bevölkerung vorbeiarbeitet.
Von wirtschaftspolitischen Weichenstellungen über Sozialpolitik bis hin zu Themen wie Bildung, Gesundheit, Arbeitsrecht, Steuergerechtigkeit oder Klimaschutz – immer wieder wurden Entscheidungen getroffen, die kurzfristigen Interessen und Klientelpolitik den Vorrang vor langfristigem gesellschaftlichem Wohl gaben.

die aidt, ein verein von und für lkw-fahrer mit einem infostand auf der rüssel truck show in kassel
Die AidT, ein Verein von Fahrern für Fahrer, mit einem Infostand auf der Rüssel-Truckshow 2016 in Kassel

Die Konsequenzen sind offensichtlich: soziale Ungleichheit, ein überforderter Sozialstaat und eine immer weiter wachsende gesellschaftliche Spaltung, die Kluft zwischen Arm und Reich wächst, und die Gesellschaft ist zunehmend polarisiert.

Als Lkw-Fahrer erlebe ich diese Entwicklungen tagtäglich auf der Straße und in meinem beruflichen Umfeld. Ich sehe, wie hart arbeitende Menschen immer wieder unter den Folgen politischer Entscheidungen leiden, die an der Realität vorbeigehen.

Sei es der Konkurrenzkampf mit Dumpinglöhnen im Straßentransport, die Vernachlässigung der Infrastruktur oder die wachsende Bürokratie, die kleinen Unternehmen das Überleben schwer macht – all das sind keine abstrakten Probleme, sondern Dinge, die meinen Kolleginnen und Kollegen sowie mir direkt begegnen.

Mein Ziel war es immer, dagegen anzuwirken, aufzurütteln und zu zeigen, dass es anders geht. Doch während ich versuche, Bewusstsein für eine gerechtere Politik zu schaffen, stehen auf der anderen Seite Berufsnörgler und Pessimisten, die ihre Energie lieber darauf verwenden, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu untergraben.
Sie kritisieren alles, was nicht perfekt ist, ohne einen konstruktiven Beitrag zu leisten.

Dabei vergessen viele, dass persönliche Freiheiten immer mit Verantwortung verbunden sind. Wir dürfen vieles – und das ist gut so.
Aber jede Entscheidung hat Konsequenzen: Ich darf rauchen, muss aber Rücksicht auf Nichtraucher nehmen. Ich darf Alkohol trinken, darf dann aber nicht mehr fahren. Ich darf ungeimpft sein, aber Einschränkungen in Kauf nehmen, wenn dies andere schützt. Ich darf einen Ölwechsel machen, aber nicht unbedingt auf dem Parkplatz vom Supermarkt.

Diese Regeln sind keine Angriffe auf unsere Würde oder Freiheit, sondern Ausdruck des demokratischen Prinzips: Die Rechte des Einzelnen enden dort, wo sie die Rechte anderer verletzen.
Die Mehrheit hat über Parlamente Rahmenbedingungen geschaffen, die das gesellschaftliche Miteinander regeln – und das ist gut so.

Denn Demokratie bedeutet nicht, dass jeder uneingeschränkt tun und lassen kann, was er will. Sie erfordert Kompromisse und die Fähigkeit, Verantwortung für die Folgen des eigenen Handelns zu übernehmen.
Wer diese Prinzipien ignoriert, schwächt nicht nur die Gemeinschaft, sondern auch die Grundlage für die eigenen Freiheiten.

Das ist der Kern des Problems: Während viele von mehr (Meinungs)Freiheit reden oder im Umkehrschluss über Diktatur faseln, übersehen sie, dass Freiheit ohne Rücksichtnahme und Verantwortung nichts weiter ist als Egoismus.
Und dieser Egoismus treibt die gesellschaftliche Spaltung nur weiter voran – eine Entwicklung, die wir uns nicht länger leisten können.

Als Berufskraftfahrer weiß ich, wie wichtig Solidarität und Zusammenhalt sind – nicht nur auf der Straße, sondern auch in der Gesellschaft. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass Fehlentscheidungen korrigiert werden können, wenn der Wille da ist, die Ursachen zu erkennen und den Mut aufzubringen, anders zu handeln.

Doch dieser Wille muss nicht nur in der Politik, sondern auch in der Gesellschaft selbst entstehen. Jede und jeder Einzelne hat die Freiheit – und die Verantwortung –, diesen Wandel mitzugestalten.

Es liegt an uns, die Energie nicht in Nörgelei zu verschwenden, sondern in die Gestaltung einer gerechteren Zukunft.
Vielleicht braucht es noch mehr Stimmen, mehr Beharrlichkeit und vor allem mehr Menschen, die den Mut haben, den Status quo in Frage zu stellen.

Die Herausforderung bleibt: Wie schaffen wir es, eine Politik zu gestalten, die für alle da ist – nicht nur für einige wenige?
Das bleibt mein Antrieb, und ich hoffe, es wird auch der vieler anderer.

Udo Skoppeck – ein Lkw-Fahrer, der für Veränderung kämpft.

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Achtung: Es fehlen ca. 300.000 BKF

Gastbeitrag von Gregor ter Heide

Verdi, KFK, FaireMobilität, BGL?

Wer von den zuständigen Verantwortlichen für die BKF, hat das beweisbare richtige Wissen, um für die Zukunft einen gerechten Wettbewerb im gewerblichen Güterkraftverkehr zu bewirken?

Die BKF haben im beruflichen Alltag immer noch Bedingungen wie im Jahr 1887.

Das wissen auch alle zuständigen Verantwortlichen der ver.di, KFK, Faire Mobiliät, BGL und wenn die nichts wichtiges bewirken, so ist es zum Teil der eigene Untergang im Gewerbe.

Fast alle BKF haben immer noch:
1.) einen 13 bis 15 Std.-Tag,
2.) auch die 6 Tage-Woche,
3.) oft schlechte rechtswidrige Arbeitsverträge,
4.) sehr wenige gültige Tarifverträge,
5.) Arbeitsstress und Zeitdruck, bei einer sehr hohen Verantwortung,
6.) kein Schlaf in einer geeigneten Schlafmöglichkeit,
7.) kein Fahrerhaus als Ruheraum mit 5,25 m² Fläche,
8.) Fahrerhaus ohne Standklimaanlage,
9.) laufend wechselnde Arbeits- und Ruhezeiten,
10.) jeden Monat viel zu lange Arbeitszeiten bis zu 260 Std.,
11.) unregelmäßige Mahlzeiten und damit ungesunde Ernährung,
12.) sehr kurze oder wenige Wochenenden bei Frau und Kindern,
13.) kaum Zeit für Haus, Garten, Freunde und Hobbys,
14.) fast immer unfreiwilliges LKW be- und/oder entladen ohne Bezahlung,
15.) viele unbezahlte bzw. nicht registrierte Arbeitsstunden,
16.) jeden Monat ca. 1 Woche Mehrarbeit ohne Freizeit-Ausgleich,
17.) fast kein gesellschaftliches oder privates Leben,
18.) nach 45 Jahren BKF-Tätigkeit zu wenig Rente
19.) bei 40 Std. Woche ein Gehalt unter dem Existenzminimum
20.) wird 45 Jahre beruflicher BKF Tätigkeit meist nicht erreichen

Wer hat nun die Lösung ?
Wieso unternehmen ver.di, KFK, Faire Mobilität und BGL nichts, um diese zwanzig Punkte politisch, rechtlich und juristisch zu beseitigen?

Die Medien und Fachjournalisten haben von den BKF-Tätigkeiten, auch was Sorgen und Nöte, sowie deren Rechte und Pflichten betrifft, sowie die Lösungen dazu aufzuzeigen, beweisbar einfach zu wenig Wissen.

Wer hat die Lösungen und/oder was muss nun geschehen ?

Siehe PDF, die geteilt werden kann: https://drive.google.com/file/d/1zOI9-2GuPo8HKFPC6Mpnr77AE7heoCyT/view?usp=sharing

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Wilder Streik von ausländischen Fahrern mit Scheinselbstständigkeit in Deutschland?


Ein Gastbeitrag von Gregor Ter Heide und Andreas Kernke

Wilder Streik der BKF mit Scheinselbstständigkeit in Deutschland? Wieso ist so etwas möglich?

Immer mehr Berufskraftfahrer (BKF) vom Multi-Transport-Unternehmen Mazur schließen sich auf der Autobahn-Raststätte Gräfenhausen dem Protest als wilden Streik an, weil sie seit mindestens drei Monaten kein Geld erhalten haben.

Mittlerweile haben sich insgesamt über 90 Fahrer auf der Rastanlage Gräfenhausen und der rund fünfzehn Kilometer weiter liegenden Rastanlage Pfungstadt-West an der A67 versammelt. …

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Gastbeitrag: Scheiß die Wand an

Jörg Schwerdtfeger, Fahrerbeauftragter einer Spedition in OWL, hat auf einer Fahrt durch das Ruhrgebiet nicht nur schönes gesehen. Danke für Deinen Bericht:

Seit mehreren Monaten das gleiche Schauspiel. Toiletten werden nicht repariert und dafür werden diese Plumsklo-Dinger aufgestellt.
Es ist ein mittelgroßer Parkplatz an der A 42 und hier wird jetzt einfach frei in die Gegend geschissen, weil die Plumsklo‘s nicht mehr ganz so sauber sind.

parkplatz holthauser bruch dortmund
Ein Parkplatz im Ruhrgebiet…

Es sind nicht nur die Kollegen, sondern größtenteils der Durchreiseverkehr. Ich habe es mal eine Zeit lang beobachtet, jeder der den Anlauf nimmt die Dinger zu benutzen, bricht gleich wieder ab.

Gesperrtes Toilettenhäuschen
…mit einem ehemals schönen Toilettenhäuschen

Ihr könnt mich gerne unterstützen, indem ihr täglich eine eMail an folgende Adresse schickt und die Zustände meldet:

Schmutzige Toilette
Klo außer Betrieb? Es ist nicht zu übersehen.

westfalen@autobahn.de
bernd.loechter@autobahn.de
andreas.uphues@autobahn.de
kontakt@strassen.nrw.de

Liebes Bundesland NRW, meine Hochachtung vor so viel Ignoranz. Die Ausreden möchte ich gar nicht hören, warum es über so eine lange Zeit so aussieht. Hier passt tatsächlich der Spruch: „Scheiß die Wand an“. 

 

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