Von Udo Skoppeck
Die Analyse von Faire Mobilität zeigt sehr deutlich, wie sich der angebliche „Fahrermangel“ in Wahrheit darstellt: Unternehmen verbessern nicht die Bedingungen, sondern rekrutieren Fahrer aus Drittstaaten.
Je weiter deren Heimat entfernt ist, desto schlechter werden Bezahlung und Arbeitsbedingungen, desto länger müssen sie ohne Pause im Lkw leben, desto abhängiger sind sie von zweifelhaften Arbeitgebern.
Die Praxis bedeutet konkret: Kaum rechtliche Absicherung, oft nur mündliche Absprachen, überlange und unbezahlte Arbeitszeiten, Schuldenfallen durch Rekrutierungsgebühren, unsicheren Aufenthaltsstatus, willkürliche Lohnabzüge, Leben ohne ausreichende Erholung auf Parkplätzen, fehlende Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und schlechte Gesundheitsversorgung.

Das ist die Realität im europäischen Straßentransport. Und genau hier liegt das Problem: Diese Missstände gibt es nicht nur in Deutschland, sondern in vielen Ländern der EU.
Aber der Wettbewerb läuft über Deutschland als größten Binnenmarkt. Gerade hier prallen die Unterschiede besonders hart aufeinander.
Meine Erkenntnis: Solange es in Europa keine einheitlichen Regeln für Arbeitsbedingungen und Löhne gibt, werden Fahrer immer gegeneinander ausgespielt. Faire Mobilität leistet mit solchen Analysen wichtige Arbeit.
Aber die wirkliche Lösung liegt nur in einem europäischen Ansatz: Gleiche Arbeit, gleiche Rechte, gleiche Bezahlung für alle Fahrer in der EU und darüber hinaus.
Kontrolliert und mit Sanktionen gegen Auftraggeber, die Ausbeutung billigend in Kauf nehmen.
Gibt es einen allgemeinen Fahrermangel?
Oder gibt es einen Mangel an „billigen“ Fahrern?
Mir fällt auf, dass der Fahrermangel in Deutschland sich nicht – wie es nach marktwirtschaftlicher Lehre eigentlich sein sollte – in stark steigenden Fahrergehältern bemerkbar macht, sondern – wie im Beitrag beschrieben – in Bemühungen, preisgünstiges Fahrpersonal aus immer weiter entfernten Regionen anzuwerben.
Im Internet, z. B. bei den Google-Rezensionen, beschweren sich hin und wieder Fahrer aus dem europäischen Ausland über den Umgang mit ihnen an deutschen Ladestellen. Sie weisen dann ab und zu darauf hin, dass in ihren Heimatländern der Beruf des Lkw-Fahrers spürbar höher angesehen sei.
Ich kenne mich da nicht aus – ist das was dran? Das einzige, was ich dazu sagen kann, ist, dass ich in Deutschland schon öfter mitbekommen habe, dass Lkw-Fahrer pauschal schlechtgeredet wurden (auch an Ladestellen). Gibt es Länder, in denen das weniger verbreitet ist als in Deutschland?
Keine Ahnung, ob ich jetzt Klischees bediene. Aber in Deutschland und auch Österreich werden Lkw und deren Fahrer generell als ziemlich störend empfunden. Sowohl auf der Straße, als auch in Firmen.
In Italien, wo ich ja oft bin, ist das etwas anders. Stehe ich z.B. in einer Seitenstraße und will auf ne Hauptstraße, hält oft jemand an, um mich auffahren zu lassen. Auch in vielen Firmen, werde ich nett und freundlich empfangen und behandelt. Vielleicht liegt das auch daran, dass ich da in mehr kleinere Firmen bin, in denen der Umgang etwas persönlicher ist. Aber Ausnahmen gibt es immer.
Und zum Fahrermangel. Die Gehälter steigen, aber nicht stark. Wie auch? Der Druck auf die Branche ist hart. Ich denke schon, dass viele Unternehmer ihren Fahrern gerne mehr zahlen würden, aber es ist kaum mehr drin.
Die Beschreibung, wie es in Italien läuft, würde ja ein bisschen bestätigen, was ich gelesen habe.
Noch mal zu den Gehältern: In der Marktwirtschaft geht man doch davon aus, das etwas um so teurer ist, je knapper es ist. Das müsste dann nicht nur die Lkw-Fahrer, sondern auch den Lkw-Frachtraum betreffen (weil der nur angeboten werden kann, wenn es dafür einen Fahrer gibt).
„Normal marktwirtschaftlich“ gedacht müssten also auch die Frachtpreise durch die Decke gehen, weil es ja viel zu wenig Fahrer gibt für all die Lkw-Fracht.
So wie der „Mangel“ beschrieben wird, müssten die Transportunternehmer schon fast willkürlich ihre Preise festsetzen können, und der verladenden Wirtschaft bliebe nichts anderes übrig, als ggf. widerwillig und unter Verzicht auf eigene Gewinnmargen diese Preise zu akzeptieren.
Und dann gäbe es auch einen großen Spielraum für viel höhere Fahrergehälter.
Soweit die marktwirtschaftliche Theorie, die man heute bei Bedarf von fast jedem heruntergebetet bekommt.
Aber in der Praxis ist es ja offensichtlich ganz anders, also kann irgendwas an der Theorie so noch nicht stimmen.
Ein wesentlicher Punkt wäre: Wenn Unternehmen höhere (Fracht-)Preise verlangen können, dann muss nicht automatisch etwas davon bei den Fahren ankommen. Und es gibt tatsächlich immer mal wieder irgendwo in der Privatwirtschaft Unternehmen, die ihre Preise erhöhen können, ohne gleichzeitig auch höhere Gehälter zu zahlen.
Wenn aber die Unternehmer ihren Fahrern die Gehälter nicht erhöhen, weil sie es zwar wollen, aber gar nicht können – obwohl sie eigentlich müssten, um genügend Fahrer zu finden (auch marktwirtschaftliche Theorie: Höherer Preis sorgt für höheres Angebot, in diesem Fall an Fahrern) – dann kann das ja nur bedeuten: Der Frachtraum ist anscheinend doch nicht so knapp (und damit der Fahrermangel gar nicht so groß).
Aber die marktwirtschaftliche Theorie ist ja noch ein bisschen komplexer: Man sagt ja auch, dass die Nachfrage sinkt, je teurer etwas wird – und das müsste dann auch für Transporte gelten.
Wenn man das alles einmal zusammenführt (und die Marktwirtschaft tatsächlich in etwa so funktioniert, wie die Theoretiker es sich denken), dann ergibt sich folgendes Bild:
– Bei den gegenwärtigen Frachtpreisen gibt es, im Vergleich zum Angebot an Frachtkapazität, einen erheblichen Nachfrageüberhang.
– Würde man die Fahrergehälter und in der Folge die Frachtpreise auf das Niveau erhöhen, zu dem sich genügend Fahrer finden würden, um die aktuelle Nachfrage zu bedienen, ginge die Nachfrage so stark zurück, dass es gar keinen Nachfrageüberhang und damit keinen Fahrermangel mehr gäbe.
– Fazit: Möglicherweise gibt es gar nicht per se einen Fahrermangel, sondern nur einen Mangel an (übersetze: eine Nachfrage nach) ziemlich billigen Fahrern.
Hinzu kommt noch etwas anderes. Dass manche Transportunternehmer grundsätzlich geringen Spielraum bei den Fahrergehältern haben, verwundert aus einem weiteren Grund nicht: Bei vielen Transporten ist der Preis der einzige Grund, warum die verladende Wirtschaft nicht auf eigene Lkw setzt, sondern einen Transportunternehmer beauftragt. Wenn z. B. eine Handelskette einen Transporteur beauftragt, in vollen Lkw-Ladungen Zentrallagerware zu den Filialen zu fahren (was eine ziemlich hohe Einbindung des Transporteurs in die Abläufe des Händlers mit sich bringt), dann glaube ich nicht, dass der Transporteur da irgendwelche Effizienzvorteile im Vergleich zum Händler ausfindig machen kann – der wird in der Regel hauptsächlich deshalb günstiger sein, weil er an den Fahrergehältern spart, denn selbst nach Tarif wird der beim Händler angestellte Fahrer meistens besser bezahlt als der Fahrer des Transportunternehmers.
„Der Druck auf die Branche ist hart. Ich denke schon, dass viele Unternehmer ihren Fahrern gerne mehr zahlen würden…“
Ich habe da mal eine persönliche Frage. Was verdienst Du im Monat? Also wenn ich fragen darf.
Du hast ja schon gefragt. Nur ne Antwort bekommst Du darauf nicht. Verständlich, oder?
Wenn sich hinter der Frage nicht das Interesse am Gehalt einer bestimmten Person, sondern an fundierten Zahlen allgemein verbergen sollte:
Der WSI-Lohnspiegel liefert da unter dem Suchwort „Berufskraftfahrer“ eine ganz gute Übersicht.
Falls ein Link hier erlaubt ist: https://www.lohnspiegel.de/berufskraftfahrer-13917.htm
Was nutzen die Ideen und Hinweise für alle Probleme der BKF, solange es die Gewerkschaften wie ETF, der DGB und ver. di selbst nicht verstehen oder begreifen (wollen / können).
Ich bin Mitglied der ver. di und die Verantwortlichen haben ein Problem der Umsetzung zur richtigen Lösung.
Auch die alle zust. Politiker in Deutschland und in der EU wissen es, was nun zu tun ist.
Das einzige rechtliche und juristische Problem, um ein gerechten Wettberb im gewerblichen Güterkraftverkehr innerhalb der EU herzustellen, ist der Art. 3 (4) EU und der Art. 114 (2) AEUV.
Dazu muss es eine Klage wegen Untätigkeit gegen den ER (F. Merz u Co) beim EuGH geben, denn für beide Artikel bestehen die Einstimmigkeiten der 27 EU-Staaten, wo Viktor Orban & Co bestimmt nicht mit abstimmt.
Frage
Nur wer reicht die Klage ein oder wer ist dazu bereit und berechtigt direkt vor dem EuGH zu klagen.
Damit bin ich nun im Hintergrund beschäftigt, das zu organisieren, damit es eine Klage geben kann.
Bis es später ein gerechten Wettberb im gewerblichen Güterkraftverkehr innerhalb der EU geben wird, so geht leider noch mind. 4 Jahre mit dem ruinösen Wettberb und teils unmenschlicher Behandlung der BKF weiter.
Übrigens die Festlegung der Frachtpreise hatte der EuGH schon im Jahr 2014 verneint.
So bleibt nur noch ein *EU-weiter BKF Tarifvertag mit 15 € Netto-Mindest-Gehalt (21 € Brutto) übrig, der von EuGH für notwendig beurteilt wird