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Kategorie: Ärgerliches

Für alle Arbeitgeber: „Leistungsgerechte Bezahlung“

Von Udo Skoppeck

Im Fernverkehr ist es zu rund 90% üblich:

  • dreimal pro Woche eine 15-Stunden-Schicht
  • zweimal pro Woche eine 13-Stunden-Schicht

Das ergibt im Schnitt 14,4 Stunden täglich. Auf 22 Arbeitstage im Monat hochgerechnet, sind das sage und schreibe 316 Stunden!

Diese 316 Stunden im Monat verbringt nahezu jeder Lkw-Fahrer im Fernverkehr mit Arbeit. Auch wenn er natürlich gesetzlich gezwungen ist, Pausen einzulegen und entsprechend auf „Pause“ zu stellen.

Natürlich wird der Fahrtenschreiber so bedient, dass alles gesetzeskonform hinterlegt ist. Genau das wird von den meisten Fahrern im Fernverkehr so praktiziert und von den Arbeitgebern gern angenommen. 

lkw fahrer wartet darauf, dass der pieper piept und er endlich abladen kann. wartezeit ist arbeitszeit

Es gibt auch Ausnahmen, aber in etwa 80 bis 90 Prozent der Fälle ist das in dieser Branche die Realität.

Ein Lkw-Fahrer mit Herzblut, der seinen Beruf aus Leidenschaft ausübt, beschwert sich nicht ständig darüber – er bringt einfach zuverlässig sehr gute Leistung.

Wenn Sie also in Zukunft in Ihren Stellenanzeigen von einer „leistungsgerechten Bezahlung“ sprechen, dann rechnen Sie bitte mit diesen 316 Stunden.
Multiplizieren Sie diese (nur) mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn von 12,41 € in Deutschland – und schon sprechen wir von einem monatlichen Grundgehalt von mindestens 3.920 €,

Und das ohne Zulagen und ohne Spesen

Komischerweise sind viele Arbeitgeber der Meinung, Spesen seien ein Lohnbestandteil. Das ist jedoch falsch. Spesen sind Spesen – und nicht Lohn!

Zusätzlich gehört es zur Ehrlichkeit und zur Pflicht eines Unternehmens, auch die gesetzlich vorgeschriebenen Nachtzuschläge zu vergüten.
Und wenn es nur in Form einer monatlichen Pauschale geschieht, die ebenfalls „leistungsgerecht“ ist.

Pünktliche Lohnzahlung ist übrigens selbstverständlich. Schon alleine deshalb, weil ein anständiger Lkw-Fahrer seine Arbeit auch pünktlich und zuverlässig erbringt.

Ein ordentlicher und gepflegter Fuhrpark, nette Disponenten und ein gutes Arbeitsklima sind zwar wünschenswert und schön.
Nur kann davon kein Lkw-Fahrer seine monatlichen Rechnungen bezahlen, geschweige denn seiner Familie und sich selbst etwas bieten.

Sollte dies in Ihrem Unternehmen nicht möglich sein, dann sprechen Sie bitte nicht mehr von „leistungsgerechter Bezahlung“.
Denn das ist schlicht und einfach eine glatte Lüge.

Seien Sie dann lieber ehrlich und schreiben: „Wir bieten Ihnen branchenübliche schlechte Bezahlung.“

Das wäre zumindest ehrlich

Und noch etwas: Bewerber stellen Ihnen persönliche Unterlagen zur Verfügung, meist per E-Mail.
Eine Rückmeldung ist Ihre Pflicht, wenn Sie sich als gutes Unternehmen bezeichnen wollen. Das gehört einfach zum guten Ton.

Ich wünsche mir, dass sich Unternehmen endlich trauen, Klartext zu reden. Nicht mit langweiligem Politikerdeutsch zu inserieren, sondern offen und ehrlich zu sagen, was den Lohn betrifft.

Offene Karten und faire Entlohnung schaffen zufriedene und langjährige Mitarbeiter. Dann müssen Sie auch nicht ständig neue Fahrer suchen.

Doch meistens heißt es leider nur: „Fuhrparkerweiterung“.

Mit freundlichen Grüßen
Ein leidenschaftlicher Fernfahrer

(im Namen aller Kolleginnen und Kollegen, die täglich eine großartige Arbeit leisten)

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Rabota, Rabota, Fahrer

Wir Lkw-Fahrer sollen mehr und länger arbeiten dürfen. Also länger wie zehn Stunden pro Tag. Fordert das Thüringer Verkehrsgewerbe. Weil die Branche habe strukturelle Nachteile insbesondere gegenüber der Konkurrenz aus Osteuropa.

Sagte Martin Kammer, Hauptgeschäftsführer des Landesverbandes Thüringen des Verkehrsgewerbes (LTV), der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt. 

Deshalb brauche es eine Angleichung der gesetzlichen Regelungen mit dem EU-Ausland. Denn durch Be- und Entladezeiten, Wartezeiten an Grenzen oder langwierige Parkplatzsuchen für Ruhepausen sei die Höchstgrenze für Unternehmen in der Praxis schwer einzuhalten.

Und außerdem. Diese derzeitigen bis zu zehn Stunden Arbeitszeit pro Tag wären eh nur Makulatur. Denn eigentlich werden schon heute die Arbeitsabschnitte im Transportgewerbe regelmäßig überschritten.
Denn, laut Aussage von Kammer, werden mittlerweile rund 80 Prozent der durch Behörden geahndeten Verstöße wegen Überschreitens der Höchstarbeitszeit geahndet.

ein lkw auflieger mit werbung für den freistaat thüringen "willkommen in der denkfabrik". Thema unternehmer wollen, dass lkw-fahrer länger arbeiten. Raboti, raboti, fahrer
Thüringer wollen, dass ich länger arbeite

Bei größeren Unternehmen kämen so je Quartal mehrere Hundert Bußgeldverfahren und entsprechend hohe Geldsummen zusammen.
Deshalb brauche es eine Ausnahme für die Branche, um die maximal erlaubte Tagesarbeitszeit im Bedarfsfall überschreiten zu dürfen.

Klingt, als arbeiten meine Kollegen und ich bald länger für den gleichen oder gar weniger Lohn.

Und das, wo Arbeitszeitmodelle in meiner Branche bereits heute als überflexibel bezeichnen werden können.
Dieser Vorschlag wird kein Gewinn für uns Fahrer sein. Auch wenn es durchaus mal Umstände gibt, wo flexible Arbeitszeiten von Vorteil sein könnten. Problem ist nur, ich kann mir keine Regelung vorstellen, bei der Beschäftigte von ihren Arbeitgebern dazu nicht gezwungen werden könnten.

Zumal, Transportverbände und Unternehmer wissen heute nicht mehr, wie unbesetzte Stellen zu kompensieren sind. Denn viele Fahrer kündigen und schmeißen den Job hin, fangen in anderen Branchen an.

Neue Fachkräfte sind nicht in Sicht, oder wenn, dann oft niedrigstes Niveau.
Statt also über neue, flexible Arbeitsmodelle nachzudenken, werden höhere Arbeitszeiten gefordert.

Nee, damit kann keine Sparte auf Dauer existieren. Ich kann jeden verstehen, der von diesem Job weg will. Es wird ja nicht besser.

Wenn sich diese geforderte Mehrarbeit wenigstens lohnen würde. Aber die weitaus meisten Fahrer bekommen ein Festgehalt.

Und ich behaupte jetzt mal frech verwegen, diese dann geleisteten Überstunden werden nicht vergütet.
Denn dem Sektor Transport geht es ja so schlecht.

Das Arbeitszeitgesetz gibt eine Obergrenze an. Die liegt doch wirklich hoch genug.
Wenn nun ausgerechnet ein Transportverband daran rütteln will, zeigt das auch, wie viel Sympathie und Interesse gewisse Unternehmer an uns Fahrern haben.

Ich habe keine Ahnung, wie es anderen Kollegen geht. Aber ich habe nach einem 10-Stunden-Tag nicht das Gefühl, „zu wenig“ gearbeitet zu haben.
Ich kann, soll und will arbeiten. Nur ab einem bestimmten Punkt ist eine reine Verlängerung der Arbeitszeit einfach nur kontraproduktiv.

Von der Frage, ab wann es gesundheitsschädlich wird, für mich und auch für andere, mal ganz abgesehen. Den neun- oder zehn-Stunden-Tag halte ich für einen ausgewogenen Kompromiss zwischen Interessen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber.

Wer das wirklich ändern will, muss es gut begründen. Das Fahrer die für osteuropäische Speditionen fahren, eventuell länger arbeiten dürfen, ist aber keine gute Rechtfertigung.

Also will man Gesetze und Verordnungen nun so um basteln, dass diese zur angeblichen Realität passen? Denn diese geforderte Mehrarbeit wird nicht verhindern, strukturelle Probleme zu übertünchen.

Fakt ist, werden sich Kammer und sein Verband damit durchsetzen, uns Fahrern wird es niemand danken. Kein Kunde, kein Vorgesetzter.
Wenn diese Stunden dann noch unbezahlt sind, ist man auf einem weiteren Weg, der Depp vom Dienst zu sein.

Also weiter Dienst nach Vorschrift. Heißt nur die Stunden arbeiten, die auch bezahlt werden. Um den Rest der erledigt werden muss, dürfen sich gerne die Leute kümmern, die eben dafür entlohnt und honoriert werden.
Denn das zu planen ist nicht des Fahrers Aufgabe und Verantwortung.

Ich frage mich ernsthaft, wann diese Erkenntnis auch die letzten Drecksklitschen erreicht oder ob man wirklich erst warten muss, bis die letzten Boomer – ja, auch ich – unter der Erde liegen.
Denn das bissel Nachwuchs was nachkommt, lässt sich nicht so schröpfen.

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Die USA stellen die Visavergabe für gewerbliche Lkw-Fahrer mit sofortiger Wirkung ein

Nach Angaben der US-Bundesbehörden werden in den USA keine Arbeitsvisa mehr für gewerbliche Lkw-Fahrer ausgestellt. Grund dafür ist die landesweite Untersuchung eines tödlichen Unfalls in Florida, an dem ein Lkw-Fahrer ohne US-Staatsbürgerschaft beteiligt war.

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Am 21. August 2025 kündigte der Außenminister der Trump-Administration, Marco Rubio, sofortige Maßnahmen bezüglich Arbeitsvisa für Fahrer von Nutzfahrzeugen an:

Mit sofortiger Wirkung setzen wir die Ausstellung von Arbeitsvisa für gewerbliche Lkw-Fahrer aus. Die steigende Zahl ausländischer Fahrer, die große Sattelschlepper auf US-Straßen fahren, gefährdet das Leben amerikanischer Menschen und untergräbt deren Lebensgrundlage.

Rubio machte keine Angaben dazu, wie lange die Aussetzung der Erteilung neuer Arbeitsvisa dauern könnte.

Das US-Heimatschutzministerium hat außerdem zugesagt, Maßnahmen zu ergreifen, um Fahrern ohne US-Staatsbürgerschaft den Erwerb eines gewerblichen Führerscheins zu untersagen.

Der Schritt, die Visaerteilung für Lkw-Fahrer einzustellen, erfolgte vor dem Hintergrund der Aufregung über einen Unfall am 12. August auf dem Florida Turnpike.
Ein Fahrer aus Indien hatte angeblich ein illegales Wendemanöver vollzogen, bei der es zu einem Zusammenstoß kam. Dabei starben drei Menschen. Ihm wurde dreifache fahrlässige Tötung vorgeworfen.

Seit dem Unfall untersuchen das US-Verkehrsministerium (USDOT) und die Federal Motor Carrier Safety Administration (FMCSA), wie der Inder einen Führerschein ohne gültige Staatsbürgerschaft erhalten konnte.
Die Behörden machen den Bundesstaat Washington und New Mexico dafür verantwortlich, die FMCSA-Regeln im Fall Singh nicht eingehalten zu haben.

Das US-Verkehrsministerium berichtete, dass der Fahrer einen nach dem Unfall durchgeführten Englisch-Sprachtest der FMCSA nicht bestanden habe.

Der Trucker wurde wenige Tage nach dem Unfall in Kalifornien festgenommen. Die Behörden in Florida haben ihn inzwischen in Gewahrsam genommen.

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Mülltypen

Der nächste, nicht übervolle, Müllbehälter stand eigentlich nur zwanzig, dreißig Meter entfernt:

überfüllte mülltonne auf einem autobahnraststätte

Deshalb, keine Ahnung wieso Leute ihren Abfall trotzdem auf oder neben der vollen Drecktonne hinterlassen. Ja, und auch wenn es hier nicht ganz so übel aussieht und es sicher schlimmere Hinterlassenschaften gibt.

Trotzdem. Personen die einen Platz so hinterlassen, sind, finde ich, ignorante asoziale Arschlöcher jeglicher Prägung und jeder Herkunft. Und ich denke, auch davon wird das Miteinander zwischen uns allen nicht besser.

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Rätselhaftes

Wenn ein Pannenfahrzeug auf dem Standstreifen steht und man sieht das Auto noch weit vor dem Warndreieck, weil die Leute zu faul bequem sind, ein bissel nach hinten zu laufen. Dann können die es auch gleich bleiben lassen, eines aufzustellen.

Seit, keine Ahnung, drei, vier Jahren jede Woche wenn ich zurück von Österreich nach Deutschland fahre. Direkt an der Autobahn bei Kiefersfelden stehen immer vier Bundespolizisten unter zwei Pavillons.
Eigentlich sollen die alle ankommenden Fahrzeuge zweispurig durch einen Kontrollpunkt schleusen. Rechte Spur Lkw und Busse, links Pkw. Doch meist schwatzen die miteinander oder gucken auf ihre Handys.

Und ja. Ab und an wird einer, der trotzdem irgendwie auffällig wirkt, nach rechts geleitet und durch weitere Polizisten unter einem auf dem Rasthof stehenden anderen Zelt kontrolliert.
Fahrzeuge die da durch gecheckt werden, sehe ich dort aber selten. Vielleicht fahre ich aber auch meist zur falschen Zeit vorbei.

Aber immer fühlt es sich irgendwie so falsch an. Es ist einfach nur unangenehm, wie die da so stehen und sich komplett fühlen. Denn irgendeine Sicherheit gibt mir das jedenfalls nicht. Eher nur Unbehagen. Und peinliches fremdschämen.

Noch was. Wieso fällt es eigentlich vielen so schwer, einen Beschleunigungsstreifen richtig zu benutzen? Also das Gaspedal richtig durch treten und mit irgendwas über neunzig auf eine Autobahn zu fahren?
Interessanterweise fahren die, die das oft nicht gebacken bekommen, Autos mit 150 PS und mehr.

Übel ist auch eine neue Mode. Eine Kolonne von drei, vier, fünf Autos fährt auf die Einfädelungsspur, der letzte zieht auf die Hauptfahrbahn und bremst ab, um die vor ihm oder ihr fahrenden Fahrzeuge auffahren zu lassen. Da kommt richtig Freude auf.

Ich mache auch keinen Platz mehr, zumindest für Pkw. Denn wenn jemand nicht in der Lage ist, so zu beschleunigen, dass mit einer ausreichend hohen Geschwindigkeit auf eine Autobahn gefahren wird, dann soll man sich hinter mir einordnen.

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Die Privatisierung der Autobahnraststätten war ein großer Fehler

Von Udo Skoppeck

Die systemische Entwürdigung alltäglicher Bedürfnisse, wie der Toilettengang, spiegelt in Wahrheit ein viel tiefer sitzendes Problem wider – nämlich das systematische Zurückweichen des Staates aus seiner Verantwortung für grundlegende Daseinsvorsorge.

Sanitäre Anlagen sind kein Luxus, kein Konsumgut und kein Bonus. Sie sind eine Grundbedingung für Würde, Gesundheit und Menschlichkeit.
Die Tatsache, dass diese Einrichtungen an Autobahnen fast ausschließlich in privatwirtschaftlicher Hand sind – etwa durch Sanifair – und mit einem Geschäftsmodell operieren, das auf Notdurft Profite schlägt, zeigt, wie sehr wir uns als Gesellschaft von dieser Selbstverständlichkeit entfernt haben.

Die Ironie, dass man sich durch einen Konsumtempel zwängen muss, um überhaupt auf Toilette gehen zu dürfen und dann durch Gutschein-Mechanismen suggeriert wird, man bekäme ja „etwas zurück“, ist nichts anderes als ein Feigenblatt.

Denn in Wahrheit zahlen wir mit jedem Besuch doppelt, mit Geld und mit Menschenwürde. Und wenn man diese „Gutscheine“ nicht direkt einlösen kann, sondern sie verfallen, dann ist das kein Service, sondern ein psychologischer Trick im Konsumkorsett.

Deshalb fordert meine Petition ein radikales Umdenken

Zurück mit dieser Verantwortung in öffentliche Hand. Toiletten an Autobahnen, in Bahnhöfen, in Städten, diese müssen in staatlicher Trägerschaft sein, kostenfrei und sauber.
Das ist kein überzogener Wunsch, sondern eine staatliche Grundpflicht im Sinne des Allgemeinwohls.

Die Finanzierung? Möglich und gerecht, z.B. über eine Umlage aus der Lkw-Maut (die ohnehin zweckgebunden für Infrastruktur verwendet werden soll), ergänzt durch eine Beteiligung der Bundesländer oder sogar durch gezielte Fördermittel aus dem Gesundheits- oder Arbeitsministerium.

Es geht dabei nicht nur um Lkw-Fahrer, sondern um alle Reisenden, Familien, Pendler. Also um die Menschen, die im öffentlichen Raum unterwegs sind.

Der Vorteil eines staatlichen Modells:

  • Kein Zwang zur Konsumverknüpfung.
  • Keine Schließzeiten mitten in der Nacht.
  • Keine heruntergekommenen Klohäuschen, weil man „kein Geld damit verdienen kann“.
  • Keine Diskriminierung von Berufsgruppen, die ohnehin ständig unterwegs sind.

Was wir zurückfordern, ist kein Luxus – sondern ein Mindestmaß an zivilisatorischer Normalität

Ein Staat, der seine Toiletten privatisiert, hat irgendwo ganz grundsätzlich vergessen, was seine Aufgabe ist. 

Der Link zur Petition im deutschen Bundestag:

https://epetitionen.bundestag.de/content/petitionen/_2025/_07/_01/Petition_183324.html

Warum ich diese Petition gestartet habe? Hier eine notwendige Erklärung aufgrund der vielen Einwände dagegen. 

Immer wieder werde ich gefragt, warum ich mich so energisch für eine staatlich garantierte Grundversorgung an Autobahnen einsetze, insbesondere mit Blick auf kostenfreie sanitäre Einrichtungen, bessere Versorgung für Berufskraftfahrer und einen Rückbau privater Monopolstrukturen.

ein drehkreuz vor einer sanifair toilette. der preis steigt immer weiter
50 Cent, 70 Cent, ein Euro. Der Eintritt zu den Sanitair-Einrichtungen von SaniFair erhöht sich immer weiter

Einige sagen, es gäbe Wichtigeres, andere halten es für unrealistisch oder pauschal. Deshalb möchte ich hier klar und verständlich darlegen, worum es mir eigentlich geht – und warum es weit über das Thema „Toilettengebühr“ hinausgeht.

1. Was war – und was nicht mehr ist: Von der Daseinsvorsorge zum Renditeobjekt

Früher gehörten Autobahnraststätten und ihre Infrastruktur zur öffentlichen Daseinsvorsorge. Der Staat war verantwortlich für eine grundlegende Versorgung der Menschen auf Reisen und im Transportgewerbe, sauber, sicher und möglichst kostenlos. Das galt als selbstverständlich.

Mit der Privatisierung von Tank & Rast 1998 wurde dieser Grundsatz aufgegeben. Die Verantwortung wurde an ein privatwirtschaftliches Unternehmen übertragen – inklusive fast aller Tankstellen, Restaurants und Sanitäreinrichtungen an den deutschen Autobahnen. Seitdem zählen nicht mehr das Gemeinwohl oder Versorgungssicherheit, sondern Umsatz und Rendite.

2. Tank & Rast – ein Monopol mit weltweiten Investoren

Heute gehört Tank & Rast zu 90 % ausländischen Investoren: kanadische Pensionsfonds, chinesische Staatsfonds, Kapitalgesellschaften aus Abu Dhabi oder die Allianz.
Dieses Konsortium verwaltet über 400 Rastanlagen in Deutschland und besitzt damit de facto ein privates Monopol über ein öffentliches Gut.

Was das heißt? Preise, Öffnungszeiten und Qualität richten sich nach privatwirtschaftlichen Interessen. Wer pinkeln muss, zahlt. Wer günstig essen will, hat Pech.
Und wer als Berufskraftfahrer stundenlang keinen Stellplatz mit Dusche findet, erlebt täglich, wie menschenverachtend das System geworden ist.

3. Die Berufskraftfahrer als Spiegel der Missstände

Gerade Lkw-Fahrerinnen und -Fahrer trifft diese Entwicklung mit voller Härte. Sie sind täglich unterwegs, halten unsere Wirtschaft am Laufen, arbeiten unter hohem Druck – und werden dabei von einem System behandelt, das ihnen die einfachsten Bedürfnisse wie Hygiene, Pausen oder Würde abspricht.

Ein kostenpflichtiges WC ist keine Nebensache, wenn man es täglich mehrfach braucht. Eine Dusche für 7 Euro ist kein Luxus, sondern eine hygienische Notwendigkeit.
Und fehlende, überfüllte Parkplätze bedeuten: Fahrer schlafen auf dem Standstreifen, sind erschöpft, gefährden sich und andere – und bekommen noch Bußgelder dafür.

4. Der Staat darf sich nicht aus der Verantwortung stehlen

Es geht also nicht darum, ob Toiletten 70 Cent kosten oder ob man sich bei Sanifair einen Kaffee holen kann. Es geht um die grundsätzliche Frage: Ist Infrastruktur, die für das Funktionieren unserer Gesellschaft essenziell ist, wirklich ein Spielball internationaler Kapitalinteressen?

Ich sage: Nein. Der Staat muss die Verantwortung wieder übernehmen – sei es durch eigene Betreiber, durch klare gesetzliche Vorgaben oder durch staatlich subventionierte Grundversorgung.
Andere Länder zeigen, dass es geht: In Slowenien, Italien oder Frankreich sind kostenfreie oder staatlich geregelte Rastanlagen Teil der Infrastrukturpolitik.

5. Es geht um mehr als nur Verkehrspolitik – es geht um Gerechtigkeit

Meine Petition richtet sich nicht nur an Verkehrspolitiker, sondern an eine Gesellschaft, die nicht länger zuschauen darf, wie essentielle Dienste privatisiert, verteuert und verschlechtert werden – und wie diejenigen, die am härtesten arbeiten, am meisten darunter leiden.

Ich fordere kein Luxuspaket. Nein, ich fordere einen Mindeststandard an Versorgung, den man einem entwickelten, wohlhabenden Land wie Deutschland eigentlich selbstverständlich zuschreiben sollte.
Und ich fordere, dass Berufskraftfahrer, wie auch Familien, Pendler oder Reisende, nicht länger wie lästige Bittsteller behandelt werden.

Fazit: Diese Petition ist ein Appell an den gesunden Menschenverstand

Es geht um Würde. Es geht um Fairness. Es geht um Verantwortung.

Ich lade alle ein, sich mit den Hintergründen auseinanderzusetzen und nicht vorschnell über „WC-Gebühren“ zu diskutieren.
Diese Petition steht exemplarisch für eine Entwicklung, die sich durch viele Bereiche zieht: Staatliche Infrastruktur wird privatisiert, die Versorgung verschlechtert sich, die Kosten steigen – und am Ende zahlt die Allgemeinheit doppelt: an der Kasse und mit dem Vertrauen in die Politik.

Ich bin nicht naiv. Ich weiß, dass es dafür Mut braucht, politisch und gesellschaftlich. Aber genau deswegen schreibe ich diese Zeilen.
Nicht um zu klagen, sondern um anzupacken.

Es ist Zeit, dass wir wieder über Gemeinwohl reden – und nicht nur über Gewinnmaximierung.

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Abstand ist wichtig

Deutsche Ineffizienz kurz erklärt: Abstandskontrolle von einer Brücke auf der A9 bei Pfaffenhofen. Davor fünf, sechs Kilometer Stau und langsamer Verkehr.
Selbst durch die Messung fahren Autos, Lkw und Busse nur mit dreißig, vierzig km/h. Kaum wurde die Kontrolle passiert, läuft es wieder normal.

Der Dienstplan sagt „messen“, also wird gemessen. Irgendeine Logik? Zweitrangig. Hauptsache Vorschriften eingehalten.

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Es klappert und wackelt

An der Zugmaschine klappert der Einstieg, am Auflieger zerteilt sich ein Unterfahrschutz in seine Einzelteile. Ich könnte nun behaupten, die Qualität von Scania und Schmitz wäre auch schon mal besser gewesen.

Der unterfahrschutz eines auflieger ist kaputt

Vielleicht tue ich den Herstellern aber auch unrecht und es liegt eher am Zustand der deutschen und italienischen Straßen, dass sich irgendwelche Schrauben, Nieten und andere Verbindungen lösen.

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