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Wie ein Stern Instinkte wecken kann

Der „Stern“ schreibt in seiner aktuellen Ausgabe etwas über die Filipinos bei DinoTrans. Toll, dachte ich mir – und da es sich nicht ziemt, eine Zeitschrift quasi schwarz am Zeitschriftenregal zu lesen, investierte ich drei Euro siebzig und kaufte mir ein Exemplar.

Hat sich diese Investition gelohnt? Für mich eher nicht. Der Tenor des Artikels geht dahin, dass sowohl die Filipinos, wie auch Ihr Arbeitgeber Staffan Resare, der Besitzer von DinoTrans, weltoffene Menschen sind, die natürlich nur gutes wollen. Dagegen sind alle anderen böse und gemein.
Russen und Ukrainer saufen zu viel, von westeuropäischen Fahrern werden die Südostasiaten beäugt, gemieden oder sogar gehasst. Der von einem Redakteur des „Stern“ begleitete phillipinische Fahrer erzählte, dass er sich jede Nacht vor Angst einschließen muß.

Genau das mache ich auch. Also die Türen verriegeln. Sowohl unterwegs im Lkw, als auch zuhause in der eigenen Wohnung. Für mich ist das ein menschlicher Instinkt, der nicht nur auf Asiaten beschränkt ist.
Instinkte bestimmen unser aller Leben. Sie sind notwendig zum Überleben, etwa wenn ein bewusster Denkvorgang zu langsam abläuft. Beispielsweise kann man eine eventuelle Unfallsituation im Straßenverkehr oft schon erahnen, bevor sie überhaupt eintritt. Instinktiv bremst man ab, um einen möglichen Unfall zu verhindern oder zumindest abzumildern.

Aber zurück zum Thema: Das Problem in der Berichterstattung ist die Nähe zur Macht bzw. zur Politik. Niemand berichtet wirklich unbefangen. Natürlich auch ich nicht. Nur ich beschäftige mich hier ja auch mit mir selbst. Oder eher mit meinem Job. Aber das macht mich auch unabhängig. Zumindest in meinem Sinne.
Von einem Magazin wie dem „Stern“ erwarte ich aber mehr. Etwa einen Autor, der sich die Mühe macht hat, außer den „üblichen Verdächtigen“ auch die „Gegenseite“ zu befragen bzw. deren Statements zu veröffentlichen.

Sätze oder Aussagen wie…

Seit Sommer protestieren deutsche Fahrer immer wieder gegen die philippinische Konkurrenz, zuletzt vor wenigen Tagen in Dresden…

oder:

Der Hass auf die Filipinos hat um sich gegriffen

…sind ein schlimmer Fall von Zensur und Falschinformation. Ich habe auf den von mir besuchten Demos keinen anderen Teilnehmer getroffen, der Unmut gegen ausländische Fahrer gezeigt hat. Im Gegenteil: Es wurde und wird immer wieder betont, dass Beleidigungen und Diffamierungen gegen osteuropäische oder philippinsche Fahrer nicht geduldet werden.

Ein Blick auf die Seite der „Actie in de Transport“ hätte genügt, um die wirklichen Ziele zu erkennen. Nämlich Perspektiven zu schaffen, auch für ausländische Lkw-Fahrer. Von Hass oder Vorurteilen lese ich da nichts.

Aber der „Stern“ zeigt viel mehr eine andere, eigene Demonstration. Nämlich wie unfähig oder überfordert Redakteure sein können und wie leicht es ist, bestimmten Leuten auf den Leim zu gehen. Das die denen damit immer neue Munition liefern, wird bewußt in Kauf genommen. Mehr noch. Lieber ergeht man sich in Verallgemeinerungen. Das ist traurig. Und schade.

Actie in de Transport
Stern.de
DinoTrans

6 Comments

  1. Donner Littchen
    Donner Littchen 07/04/2014

    Sehr schön geschrieben, genau so waren auch meine Gedanken nach dem lesen des Sternartikels.

  2. Lina
    Lina 07/04/2014

    Ich kæmpfe hier oben in Norwegen tæglich gegen das Bild der verhassten osteuropaer. In Deutschland ist es ja nun endlich laaaangsam angekommen dass ein polnischer, russischer, oder wasweissichwoher Fahrer auch nur seinen Job macht und versucht seine Familie zu ernæhren. Hier oben sieht das anders aus.
    Fleissig mithelfen tuen hier auch Zeitschriften aus der Baubranche oder auch allgemeine Medien.
    Aber Norwegen ist eben auch etwas verbohrt und nicht in der EU 😉
    Einen solchen Bericht in Deutschland abzudrucken zeigt wiedereinmal, das es sich lohnt, seine eigenen Recherchen zu machen. Zu hinterfragen.
    Ich habe noch nie wirklich „Hasstiraden“ gegen die PhilippinenFahrer gehørt. Wohl aber gegen die Firma und das Konzept. Und DAS auch zu Recht.
    Osteuropæische, speziell polnische Fahrer leben seit bald 2 jahrzehnten damit, die Buhmænner zu sein und von Vorurteilen ueberhæuft zu werden. Da sind sie trotzdem. Und jammern hørt man sie auch nicht.
    Und anstatt rumzuheulen sollte der Philippine sich vielleicht mal mit einem deutschen Fahrer unterhalten. Und dann gemeinsam gegen diese Ausbeutung vorgehen. Denn solange es Menschen gibt die billigst arbeiten, kønnen Betriebe wie DinoTrans dieses nutzen. Denn die Regierung zuckt da nur die Schultern…..die haben wichtigeres zu tun. Kaffeetrinken zum Beispiel.

  3. Hajo
    Hajo 07/04/2014

    aber Maik, auch der Stern ist doch nur darauf aus, worauf es dem Blatt mit den vier Grossbuchstaben (das ja niemand liest 😉 ) ankommt: Umsatz
    .. und dafür hast auch Du jetzt gesorgt 🙁

  4. Hajo
    Hajo 07/04/2014

    .. aber ich bin ja noch schlimmer: ich habe ein Abo 🙁
    und meine Holde wehrt sich seit Jahren gegen eine Kündigung!
    Was man doch für eine Hausfrieden so alles tut.

  5. maik
    maik 08/04/2014

    Stimmt Hajo,

    auch der „Stern“ will sein Papier billig transportiert haben. Trotzdem glaube ich nicht, dass wegen diesem kleinen Beitrag auch nur ein Exemplar mehr verkauft wird.

    Ein Abo an sich ist ja nicht schlimm. Nur sollte man das geschriebene durchaus auch mal kritisch sehen.
    Aber das tust Du. Da bin ich mir sicher.

  6. Chris
    Chris 09/04/2014

    @Lina, ich arbeite bei einem Norwegischen Unternehmen. Ich darf mir fast jeden Tag ansehen was die lieben Fahrer von Girteka, Vlantana, Dinotrans usw anstellen. Du erwartest tatsächlich das man Verständnis hat für Kamikaze die mit dem falschen Material und der falschen Einstellung nicht nur die Infrastruktur zerstören sondern auch gleich Einheimische töten? Sollen wir froh sein das der Winter nicht ganz so schlimm war, sonst bin ich mir sicher hätte man schnell den ersten gelyncht! Genau das ist inzwischen der Tenor bei der Bevölkerung und es ist egal ob Zivilist oder Polizist/Zöllner/Statens Vegvesen! Und wenn Du noch nichts direkt gegen die Fahrer von Dinotrans gehört hast scheinst Du an den falschen Orten zu sein. Ich höre es oft, auch bei Kunden. Woher bist Du denn? Tyskland. Ahh kein xxx von den Philippinen.
    Und gerade die Regierung ist da mit im Boot, deine Schelte gegenüber der Regierung (in Norwegen!)ist also falsch!
    Der Stern ist nicht mehr das was er mal war, leider!

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