Drücke "Enter", um den Text zu überspringen.

Schweizer Verhältnisse

Alle paar Wochen darf ich wegen einer körperlichen Unzugänglichkeit zu einem Arzt. Im Wartezimmer sehe ich dann das ganze Elend dieser Welt: Alte Frauen die sich freuen, mal wieder Menschen zu sehen. Oder Mütter die Ihre Kinder ignorieren, nur um einige Minuten Ruhe zu haben und kahlköpfige Männer, deren gesunder Haarwuchs schon Jahre zurück liegt. Genau daran mußte ich bei dem Anblick des Bildes von Enrico Stange denken.

Enrico Stange ist Sprecher für Landesentwicklung und Infrastruktur der Linke-Fraktion in Sachsen. In dieser Funktion macht er sich für ein Nachtfahrverbot für Lastwagen stark. Er ist der Meinung, dass man so den bei drei Prozent liegenden Anteil des Güterschwerverkehrs am gesamten Straßenverkehr innerhalb eines Jahrzehnts bis 2023 um gut ein Drittel senken kann. Dieses Nachtfahrverbot soll zu mehr Schienenverkehr und damit zu mehr Umweltfreundlichkeit führen.

Gut, dass ist nur ein Vorschlag und fern jeder Realität. Trotzdem würde es mich interessieren, wie Herr Stange sich das vorstellt. Punkt 22.00 Uhr ist Stillstand angesagt? Zumindest auf der Strasse? Gleichzeitig setzen sich in ganz Deutschland Güterzüge in Bewegung – voll mit Briefen und hängenden Schweinehälften?
Oder Montagfrüh? Viele Fahrer beginnen Ihre Tour Punkt sechs. Die Verkehrsnachrichten werden nur durch kurze Sender – Jingles unterbrochen? Denn sind wir doch mal ehrlich: Weniger Lkw werden trotz gutgemeinter, wenn auch naiver Ratschläge, nicht unterwegs sein.

Vorschläge wie diesen, sollte man deshalb demütig ertragen. Zumal ich nicht weiss, was “politisieren” wirklich bedeutet und ob die Funktion eines Sprecher’s für Landesentwicklung und Infrastruktur der Linke-Fraktion in Sachsen* wirklich ausfüllend ist. Unsterblich wird man damit sicher nicht.

*Sollte ich fälschlicherweise diesen Sprecherjob falsch benannt haben, bitte ich um Entschuldigung. Bei wem auch immer.

9 Comments

  1. Matthias K
    Matthias K 21/12/2011

    Ich versuche mir das gerade bildlich vorzustellen. Beispiel Rheintalbahn Karlsruhe – Freiburg – Basel. Das Oberrheingebiet ist ein dichtbesiedeltes Gebiet, alle paar Kilometer durchschneidet die Bahnlinie eine Ortschaft. Dann soll da nachts alle paar Minuten ein Güterzug durchrattern? Die Menschen, die dort wohnen, gehen schneller auf die Barrikaden, als ein Herr Stange gucken kann…

  2. highwayfloh
    highwayfloh 21/12/2011

    Hehe,

    ich hab ein ganz anderes Bild vor Augen…

    Die A7 …. da fahren dann keine ICEs mehr sondern Güterzüge auf der Trasse … Massen von bisher Beschäftigungslosen bauen Rampen und zerren die Fracht zu den Güterwaggons, während die A7 Deutschlands größter Parkplatz wird…

    Oh Mann… und solche Typen sind „Vertreter des Volkes“ … hätte man selbst früher in der Schule solchen Dünschiss verzapft, wäre man von selbiger geflogen und hätte von den Eltern (berechtigterweise) noch ein paar Ohrfeigen kassiert!

  3. highwayfloh
    highwayfloh 21/12/2011

    Nachtrag:

    Ich meine natürlich die A7 und die daneben parallel verlaufende ICE-Trasse …

  4. René
    René 21/12/2011

    Hallo,
    als Schweizer Lastwagenfahrer kann ich dazu stehen das mir das Nachfahrverbot hier in der Schweiz gefällt.
    So kommt wenigstens ein grosser Teil der Berufsfahrer zum Schlafen in der Nacht.
    Zu deinen Schweinehälften 🙂 ich fahre zwar nicht gerade mit halben Schweinen, aber immerhin mit Frischfleisch, also bin ich viel Nachts unterwegs. So sachen wie Frischfleisch, Milchprodukte und Gemüse und einige andere sachen dürfen auch Nachts gefahren werden, mittlerweile sogar ohne genehmigung.
    Das ist auch ein Grund weshalb mir das Nachtfahrverbot gefällt, man ist alleine da draussen, man hat seine ruhe, keinen Stau und die Berufskollegen die man trifft beim Kaffee Trinken sind immer wieder mal die gleichen, man kennt sich ein wenig unter denen die Nachts fahren dürfen.
    Wenn es das Nachtfahrverbot hier nicht gäbe, müsste man es wohl erfinden.
    Gruss René

  5. highwayfloh
    highwayfloh 21/12/2011

    @René:

    verstehe ich jetzt nicht ganz, ehrlich gesagt.

    Wenn Du „Frische-Güter“ fährst, dann fährt man gewöhnlich Nachts (Kühler)… und das mit „Full-Speed“ was die Kiste hertgiebt…

    Oder sind da Eure Lebensmittel-Ketten „toleranter“, was die Anliefer-Soll-Zeit anbelangt … ?

    Ich denke da jetzt z.B. an Order-Aufträger von „Rungis-Express“ an externe Spediteure ex. Rungis-Großmarkt …. Entfernung in alle Richtungen gut 1’000 km …. Order-Auftrag: „frischtens“ etc. .. das ist mit einem Nachtfahrverbot nicht zu schaffen, wenn Du ehrlich bist… .

  6. Ralf
    Ralf 21/12/2011

    Ich muss nicht nachts fahren, mache es aber verdammt gerne. Denn wie René schon sagt, man ist ganz alleine (Na ja, nicht ganz. Aber fast 😉 ).
    Wie der auf 3% kommt würde mich auch mal interessieren. Lebensmittel werden fast ausschließlich nachts zu den Geschäften gekarrt damit sie frisch im Regal liegen bevor der Laden auf macht. Hinzu kommen noch die vielen Amazon-Päckchen die ganz dringend am nächste Tag beim Empfänger sein müssen. Das dürfte alles in allem schon deutlich mehr als 3% sein.

    Aber für eine Branche sollte man wirklich mal ein Nachtfahrverbot einführen. Überbreite Schwertransporte. Die könne sich auch mal ruhig durch den Berufsverkehr quälen 😀

  7. Thomas
    Thomas 22/12/2011

    Trotzdem würde es mich interessieren, wie Herr Stange sich das vorstellt. Punkt 22.00 Uhr ist Stillstand angesagt? Zumindest auf der Strasse? Gleichzeitig setzen sich in ganz Deutschland Güterzüge in Bewegung – voll mit Briefen und hängenden Schweinehälften?

    Nein, ich denke daß Herr Stange sich denkt, daß Transporte über mittlere bis große Entfernungen gleich auf die Schiene verlegt werden und daß die kleineren Entfernungen alle an einem Tag geschafft werden.

  8. maik
    maik 23/12/2011

    @Thomas: Ich lese folgendes:

    Enrico Stange ist Sprecher für Landesentwicklung und Infrastruktur der Linke-Fraktion in Sachsen. In dieser Funktion macht er sich für ein Nachtfahrverbot für Lastwagen stark. Er ist der Meinung, dass man so den bei drei Prozent liegenden Anteil des Güterschwerverkehrs am gesamten Straßenverkehr innerhalb eines Jahrzehnts bis 2023 um gut ein Drittel senken kann. Dieses Nachtfahrverbot soll zu mehr Schienenverkehr und damit zu mehr Umweltfreundlichkeit führen.

    Davon das Transporte, die über längere Entfernungen gehen, generell auf die Schiene sollen, lese ich nichts.
    Aber vielleicht bist Du mir ja um einiges vorraus.

    Aber wo wir beim Thema sind: Ein Großteil der innerdeutschen Transporte ist innerhalb eines Tages zu schaffen. Von daher ist Dein Gedankengang nicht ganz ausgereift.

  9. Ralf
    Ralf 24/12/2011

    Ein Großteil der innerdeutschen Transporte ist innerhalb eines Tages zu schaffen

    Innerhalb eines Tages, jedoch nicht innerhalb einer erlaubten Lenkzeit. Zumindest dann nicht, wenn man einen Großteil seiner Lenkzeit im Berufsverkehr vertrödelt.
    Also früher los fahren damit man nicht mit den nine-to-five-Leuten ins Gehege kommt.

Die Kommentarfunktion ist deaktiviert.